Wie messen Unternehmen Führungsleistung?

Wenn Top-Manager ihre Führungskräfte beurteilen, welche Kriterien legen sie dann an, um neben den üblichen quantitativen Zielen auch die Führungsqualität zu messen?

Um näheres über die Qualität der Führungsleistung in einem Unternehmen zu erfahren, gibt es zwei einfache Wege. Man fragt den jeweiligen Vorgesetzten einer Führungskraft nach seiner Einschätzung und man bittet ihre Mitarbeiter um eine Einschätzung. Viel interessanter als die Urteile selbst ist es allerdings, herauszufinden, welche Kriterien Vorgesetzte und Mitarbeiter diesen Urteilen zugrunde gelegt haben: Worauf schauen Vorgesetzte, wenn sie zwischen außergewöhnlicher und ungenügender Führungsleistung unterscheiden, und aufgrund welcher Beobachtungen benoten Mitarbeiter die „Leistung“ ihrer Führungskraft?

Wichtig ist, was beobachtet wird

Weithin bekannt ist, dass Menschen ihr Verhalten an dem orientieren, „was hier wirklich zählt“. So wie jeder neu ins Unternehmen gekommene Mitarbeiter gleich in den ersten Tagen eine Menge Hinweise bekommt, „was in diesem Laden wichtig ist, was man daher unbedingt tun und was man besser lassen sollte“, haben auch Führungskräfte ein Sensorium dafür, wodurch man im jeweiligen Unternehmen als Manager am schnellsten positiv oder negativ auffallen kann. Und mindestens ebenso wichtig: Sie wissen auch, welche Handlungen oder Resultate üblicherweise überhaupt nicht registriert werden, d.h. für die eigene Beurteilung irrelevant sind.

So unterschiedlich die Kriterien im Einzelfall sein mögen, drei Tendenzen sind in den letzten Jahren, speziell in den größeren Unternehmen,  deutlich zu erkennen:

     

  • die Betonung von Führung als eigener Profession mit einem spezifischen Kompetenzprofil, samt der Bereitschaft, Fehlbesetzungen ohne großen Gesichtsverlust der Betroffenen wieder zu korrigieren, nimmt kontinuierlich zu.
  • regelmäßige Manager-Feedbacks in Form von Mitarbeiterbefragungen oder 360° Feedbacks signalisieren stärkere Beobachtung der Führungs-Performance
  • die Koppelung von quantitativen UND qualitativen Zielen mit variablen Gehaltsbestandteilen verstärken die Wichtigkeit von „People Management“ für den eigenen Führungserfolg.

Fach- versus Personalverantwortung

Auch wenn die vielerorts bereits realisierten Fachkarrieren bei Jungmanagern von ihrem Image her wohl noch lange nicht an die klassischen Führungspositionen herankommen („Wie viele Leute haben Sie unter sich?“ „Warten Sie, ich heb den Fuß, dann können Sie zählen!“ Ó Ing. Ernst Weichselbaum), wird die Trennung von Fach- und Personalverantwortung mit ihrer Betonung unterschiedlicher Schlüsselkompetenzen doch immer verbreiteter und auch akzeptierter. So unterschiedet etwa die Firma Beko Engineering & Informatik AG auf Teamleiterebene zwischen Teamleitern mit Fachverantwortung und Teamleitern mit Personalverantwortung, während etwa der amerikanische Konzern W.L. Gore gleich hierarchieübergreifend zwischen Business Managern und People Managern differenziert und sich mit dieser bislang einzigartigen Trennung bereits seit Jahrzehnten höchst erfolgreich am Markt behauptet.

Viele Augen sehen mehr als zwei

Führung als Geschehen zwischen Führungskraft und ihren Mitarbeitern erschließt sich für den nächsthöheren Vorgesetzten oft nur indirekt. Meist ist er ja nicht als direkter Beobachter dabei, sondern erfährt den Großteil über Hörensagen. Umso wertvoller sind ergänzende Beobachtungen und Einschätzungen, sei es über Mitarbeiterbefragungen, oder – immer beliebter – via 360° Feedback.  Sehr unterschiedlich ist hingegen, wie oft, wie regelmäßig oder unregelmäßig und zu welchem Zweck diese Feedbacks eingesetzt werden. Schließlich macht es, so die Erfahrung von Dr. Martin Hagenlocher, Country Manager des Chemie- und Pharmakonzerns Bayer in Österreich, einen großen Unterschied, ob die Ergebnisse im Sinne eines Diagnosetools verwendet und daraus Schlüsse für etwaige Entwicklungsziele und -maßnahmen gezogen werden oder ob die Ergebnisse direkt in die Leistungsbeurteilung einfließen, was beträchtliche Auswirkungen auf das Antwortverhalten haben könne.

Der Vorteil wiederum ist, dass solche regelmäßigen Befragungen die Wichtigkeit des Themas untermauern, indem sie „den Scheinwerfer darauf richten“ und mithelfen, die oft eher verschwommenen Erwartungen und Anforderungen an Führungskräfte zu präzisieren; im Vorfeld bei der Festlegung der geeigneten Fragen und danach beim mit Abstand wichtigsten Punkt dieser Befragungen: der Diskussion der Ergebnisse und daraus zu ziehender Konsequenzen mit den eigenen Mitarbeitern und mit dem eigenen Vorgesetzten.

Tool: 12 Fragen: Was erwarten Mitarbeiter von einem guten Arbeitsplatz?

Money, Money, Money

Wenn es in einem Unternehmen heißt: „Führung ist bei uns wichtig, aber bezahlt werden Sie nach den Ergebnissen!” dann ist das eine Aussage, die üblicherweise so übersetzt wird: „Als Führungskraft können Sie sich eine Menge leisten, solange die Zahlen stimmen“. Mit Sonntagsreden und auf Hochglanz gedruckten Führungsleitlinien allein lässt sich so eine Kultur nicht verändern. Viel eher schon mit einem neuen Gehalts- und Bonussystem, bei dem sich quantitative und qualitative Ziele der Manager die Waage halten. Ob und wie das im einzelnen passiert, ob über die Balanced Scorecard oder die Aufsplittung des Bonus von Umsatz- und Ertragsziele einerseits und Leadership-Ziele andererseits, ist nicht so wichtig. Entscheidend ist das deutliche Signal der Organisation, dass „tolle Zahlen mangelnde Führungsperformance nicht einfach aufheben“. Da sich in immer mehr Firmen die Erkenntnis durchzusetzen scheint, dass die Folgekosten schlechter Führungsperformance die „tollen“ Zahlen schnell alt aussehen lassen, gewinnen diese neuen Bonussysteme deutlich an Boden. Wohl auch dies eine Folge einer veränderten Aufmerksamkeit: Nur weil ich auf bestimmte Kosten nicht schaue (z.B. Fluktuations- und Abwesenheitskosten frustrierter Mitarbeiter etc.), heißt das nicht, dass sie nicht entstehen. Gute Manager wissen das natürlich  wie die folgende Firmenbeispiele zeigen:

Führungskräftebeurteilung aus Sicht eines Geschäftsführers

Führungskräftebeurteilung aus Sicht eines Personalchefs

Führungskräftebeurteilung aus Sicht eines Geschäftsfeldleiters

03.2005

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