Bonus gibt´s für Business und People

Markus Schaschinger, Personalchef von Microsoft Austria (mittlerweile Personalchef bei Tele2UTA), über die verschiedenen Bestandteile der Führungskräftebeurteilung im Unternehmen.

Herr Schaschinger, wie und wonach wird bei Microsoft Führungsleistung beurteilt?

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Im Sales-Bereich gibt es bei der Leistungsbeurteilung zwei Komponenten. Zum einen hat jede Führungskraft einen gewissen Umsatzanteil, den er mit seiner Abteilung erbringen muss, daraus ergibt sich der sogenannten "revenue based incentive", an dem er gemessen wird. Zum anderen hat bei uns jede Führungskraft MbO-Ziele, in denen explizit Führungsaufgaben wie Teambuiding, Nachfolgeplanung, Diversity Goals etc. festgehalten sind. Das sind bei Microsoft die beiden formalen Bestandteile der Leistungsbeurteilung.

Dazu kommt bei Microsoft zweimal im Jahr das sogenannte Managerfeedback, bei dem Mitarbeiter Feedback zu ihrem Vorgesetzten abgeben. Da haben wir durchaus schon Fälle gehabt, wo wir Führungskräfte aufgrund mehrmaliger schlechter Manager-Feedbacks, speziell wenn die Kurve nach unten ging, ausgetauscht haben. Manche dieser Führungskräfte sind dann aus dem Unternehmen ausgeschieden, manche in Spezialistenfunktionen zurückgekehrt.

Also einerseits gibt es klare Zahlenziele...

Ja, genau. Wir sind eine Vertriebsniederlassung und klarerweise werden unsere Manager auch an Zahlen gemessen. Tolle Stimmung in der Abteilung, aber die Zahlen im Keller - das geht nicht. Das ist klar, es braucht eine gewisse Ausgewogenheit. Das drücken wir dadurch aus, dass der Bonus, den ein Manager erzielen kann, geteilt ist. Die eine Hälfte des Bonus fußt auf dem revenue based incentive, die andere basiert auf den MbO-Zielen.

D.h. es gibt fixe Gehaltsbestandteile und variable, die wiederum zweigeteilt sind...

Genau. Die MbO-Ziele sind von Abteilung zu Abteilung unterschiedlich, aber ein Ziel, das alle Manager haben, speziell die Geschäftsleitung, ist Nachfolgeplanung, weil uns das sehr, sehr wichtig ist. Wir wollen systematisch High-Potentials aufbauen und Nachfolger ausbilden, die dann einmal in eine Geschäftsleitungsposition nachfolgenden können. Eine klare Vorgabe von unserem Geschäftsführer heißt daher: Du kannst erst dann den nächsten Karriereschritt machen, wenn Du einen Nachfolger aufgebaut hast. Unser Vice-President für Western Europe, Jens Moberg, hat das einmal folgendermaßen formuliert: Every year a peer.

Derzeit ist Nachfolgeplanung ein explizites Ziel für GM (Geschäftsführung) und GM-1 (erste Führungsebene), künftig wird das auch auf GM-2 (zweite Führungsebene) ausgedehnt, um eine kontinuierliche Nachfolgeplanung zu schaffen. Damit das nicht halbherzig passiert, muss man so ein Ziel dem alltäglichen Geschäft gleichstellen. Es muss klar sein, wenn du das nicht erreichst, dann warst du bei wesentlichen Zielen nicht erfolgreich.

Was haben Sie als Personalleiter für Ziele?

Ich habe ebenfalls konkrete Ziele bezüglich der Nachfolgeplanung: Es gibt z.B..ein sheet mit den Namen der High-Potentials, deren Entwicklungsstand wir in drei Phasen einteilen: "ready now", "one step away", "two steps away". Bis 2006 müssen – das ist meine Zielvorgabe - 70% der High Potentials auf dem Sheet den Status "ready now" haben. Ready now heißt: Wenn heute eine Führungskraft ausfällt, könnte der Nachfolger morgen einspringen. Das ist keine Papierübung, sondern jeder dieser High Potentials hat einen klaren Entwicklungsplan, in dem genau festgehalten ist, welche Schritte er noch machen muss. Z.B. er sollte für ein bis zwei Jahre nach EMEA gehen. Oder: von Österreich aus ein internationales Projekt leiten, das mind. 10% seiner täglichen Arbeitszeit beansprucht. Oder: er sollte im kommenden Jahr als business sponsor für einen großen Kunden fungieren. Ich muss also auch klare Entwicklungspläne für diese Personen nachweisen und der jeweilige Status muss von verschiedenen Managern, die diese Person kennen, eingeschätzt werden.

Worauf wird jetzt bei Microsoft primär geschaut? Was muss man machen, um im Top-Management angenehm oder unangenehm aufzufallen?

Da unterschiedet sich Microsoft nicht sehr von anderen Unternehmen. Aufmerksamkeit kann man durch vielen Arten hervorrufen. Durch tolle Umsätze, durch Super Ideen, indem ich tolle High-Performer in meinem Bereich hervorbringe, etc. Da gibt es viele Möglichkeiten.

Ich für meinen Teil finde z.B. dass eine Führungskraft unter anderem dann einen guten Job macht, wenn sie weiß, wann ein Mitarbeiter für Veränderung bereit ist. Unvorbereitet aus allen Wolken zu fallen, wenn ein Mitarbeiter eine andere Stelle annimmt oder kündigt, ist nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass der Manager einen guten Überblick über seine Abteilung hat. Das gelingt nur, wenn er mit den Leuten wirklich im Gespräch ist und dafür muss er sich mit ihnen beschäftigen.

Wenn man Mitarbeiter fragen würde, wonach hier die Führungskräfte gemessen werden, was würden die sagen?

Sie werden sicher sagen, einerseits nach Umsatz und MbO-Zielen, andererseits nach Manager-Feedback. Das Manager-Feedback besteht immer aus denselben rund 40 Fragen, denn nur dadurch wird es vergleichbar. Erhoben werden Bereiche wie Communications, Development, Teambuilding, Customer Satisfaction, Diversity oder Cross Group Collaboration. Zu jedem dieser Bereiche gibt es mehrere Aussagen und jeweils 5-stufige Antwortmöglichkeiten von "strongly agree" bis "strongly disagree". Unter Communications beurteilt der Mitarbeiter beispielsweise Aussagen wie : 

     

  • I feel comfortable bringing up difficult issues with my manager“ oder
  • “My manager speaks the truth even when it is not popular“ oder
  • “Do you and your manager have 1:1s at least once a month?”

Werden die Mitarbeiter nicht mit der Zeit „befragungsmüde“?

Bis jetzt zumindest nicht. Beim letzten Managerfeedback hatten wir eine Beteiligungsrate von ca. 95%. Die Auswertung erfolgt anonymisiert durch eine externe Firma. Jeder Manager kann dann seine eigene Auswertung abrufen und spezielle Analysen fahren, z.B. Vergleiche mit früheren Befragungen. Die Unternehmensleitung und HR bekommen alle Ergebnisse, die Führungskräfte sehen ihre eigenen sowie die Ergebnisse der von ihnen geführten Manager. Zusätzlich bekommen sie einen Durchschnittswert für ihren Bereich bzw. ihre Abteilung. Das wichtigste ist aber, dass der einzelne Manager die Ergebnisse auswertet und dann Aktionen setzt. Sprich: Was macht er, informiert er seine Mitarbeiter, bespricht er das? Wer will, bekommt dafür Unterstützung von HR.

In welcher Bandbreite bewegen sich die variablen Gehaltsbestandteile bei Microsoft?

Bei 100 % Bruttojahresgehalt gibt es 43% variable Bestandteile, jeweils 21,5 % für die Umsatzziele und 21,5 % für die MbO-Ziele. 21,5 % erhält man es bei 100% Zielerreichung, erreicht man mehr, steigt der Prozentsatz, das gleiche gilt bei MbO-Zielen. Dort gibt es eine Notenvergabe: 2,5 ist die schlechteste Note, 5,0 die beste. Bei jedem der beiden Bestandteile könnte man bei extremer Zielübererfüllung theoretisch bis zu 50% des Bruttojahresgehalts bekommen, d.h. maximal sein Jahresgehalt verdoppeln. Das hat aber bis dato noch niemand geschafft.
Hingegen ist es durchaus möglich, in einem Bereich keinen Bonus zu bekommen, z.B. keinen Umsatzbonus aufgrund eines Markteinbruchs, aber sehr wohl den Bonus bei den MbO-Zielen. Das unterschiedet glaube ich, unser Bonusmodell von anderen Modellen in der IT-Branche, die nur auf den revenue-based incentive fokussieren. Für uns ist aber eben auch wichtig, dass die Leute Teamplayer sind, dass sie Informationen weiter geben, dass sie nicht nur auf ihr eigenes Schärflein schauen und mit ihren Mitarbeitern regelmäßige one-to-one-Gespräche führen.

Was ist, wenn sie das nicht machen?

Dann bekommen sie ein schlechteres Manager-Feedback. Wenn das über einen längeren Zeitraum schlecht ist, dann macht die Führungskraft einfach einen schlechten Job. Dann nimmt sie einen wichtigen Teil ihrer Aufgaben nicht wahr, denn ein Teil ihrer Zeit ist für People Management reserviert. Wenn der Manager das nicht macht, dann brauche ich ihn nicht als People Manager. Vielleicht ist er ja ein guter Account Manager oder ein guter Sales Manager, die brauche ich auch, aber das ist eine andere Funktion. Dann macht es Sinn, über einen Wechsel nachzudenken.

Man sieht als Top-Manager ja seine Führungskräfte meistens nicht beim Führen. D.h. man erfährt vieles über Hören Sagen und  über das Manager-Feedback, oder?

Nein, das bekommt man schon mit. Wie läuft es in der Abteilung, wie arbeiten Mitarbeiter intern zusammen, wie kooperieren sie mit anderen Abteilungen – das muss man nicht messen oder ständig beobachten, um es beurteilen zu können. Wir haben derzeit rund 170 festangestellte und 50 temporäre Mitarbeiter, das ist eine Größe, wo Sie noch vieles mitbekommen. Das Manager-Feedback ist dann eine zusätzliche Information, ebenso wie das Kundenfeedback. Aus der Summe dieser Informationen bekommen Sie als Vorgesetzter schon ein ganz gutes Bild.

Wie wird man bei Ihnen Führungskraft?

Jeder, der bei uns Manager werden will, durchläuft einen Interviewprozess mit Managern aus verschiedenen Bereichen. Eine Art AC auf Interviewbasis, bei externen Kandidaten ebenso wie bei internen.

Was sollte bei Microsoft als Führungskraft besser nicht tun?

Entscheidungen, die in einem Führungsteam gemeinsam gefällt wurden, danach in Frage zu stellen und in der eigenen Abteilung als die Entscheidung anderer zu verkaufen. Wenn ich beispielsweise als Personalleiter in meiner Rolle als Mitglied der Geschäftsleitung etwas beschlossen habe, dann stehe ich dazu auch in meiner Abteilung, auch wenn das für mein Team unangenehme Konsequenzen hat. Sich da aus der Verantwortung stehlen zu wollen, kommt nicht gut an.

Herr Schaschinger, vielen Dank für das Gespräch.

03.2005

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Markus Schaschinger, Personalchef Microsoft Austria