Netzwerke für den Geschäftserfolg nutzen

Networking wird immer wieder als wichtiger Erfolgsfaktor für die eigene Karriere gepriesen. Also stellt sich die Frage: Welche Haltung und Vorgangsweisen braucht man für ein erfolgreiches Netzwerken?

Der französische Soziologe Paul Bordieux hat die Summe der Beziehungen, über die eine Person verfügt, als soziales Kapital bezeichnet. Es entscheidet über Möglichkeiten zum gesellschaftlichen Aufstieg, es hilft, in bestimmte Positionen und damit zu wirtschaftlichem Erfolg zu gelangen und es ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, von anderen "angespielt" zu werden. Die Ausgangsbedingungen sind allerdings sehr unterschiedlich: Während einige Personen von Beginn an gut ausgestattet sind, müssen sich die meisten das soziale Kapital erst erarbeiten. Die Art und Weise, wie wir Beziehungen aufbauen und diese führen, ist der Schlüssel zum Aufbau unseres sozialen Kapitals.

Angelpunkte für ein strategisches Networking

Jede/r pflegt Beziehungen, die meisten machen sich dazu auch Gedanken. In unseren Seminaren hören wir immer wieder von Teilnehmern, sie würden ohnehin mit verschiedenen Personen kooperieren. Wir betrachten Networking aber als mehr als das alltägliche Beziehungsverhalten: Es geht um ein strategisches, aktives und langfristiges Aufbauen und Pflegen von Beziehungen und darum das Netzwerk als gesamtes zu sehen und zu betreiben, also um arbeiten und werken = NetzWerken. Der Erfolg des NetzWerkens basiert auf den mitgebrachten persönliche Haltungen, Kommunikationsmustern und dem Verhaltensrepertoire einer Person, geht aber über diese "social skills" hinaus. Es beinhaltet Kompetenzen in strategischer Planung, die Fähigkeiten, mögliche Koalitionen aufzuspüren und diese auch im unwegsamen Gelände zu einem Erfolg zu bringen (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: das spezielle Verhaltensrepertoire für NetzWerker

     

  • Vernetztes und offenes Denken
  • Akzeptanz von Widersprüchlichem und Unklarem ("in Schwebe halten")
  • Strategische Planung der eigenen Tätigkeit
  • Orientierung am Gesamten und Verantwortlichkeit gegenüber dem Resultat
  • Offenheit und Sensibilität in der Kommunikation mit "entfernteren" Kooperationspartnern
  • Management von Kooperation und Konkurrenz in Beziehungen
  • Vakuum in Verantwortlichkeiten aufspüren und überbrücken
  • Verhandlungsfähigkeit
  • Konfliktmanagement-Skills

Wer sein soziales Kapital oder seine persönliche Wirksamkeit durch NetzWerken aufbessern möchte, sollte sich klar werden, dass dies nicht von selbst geschieht, sondern einer Investition bedarf. Vier Schritte sind dabei von Bedeutung:

     

  1. Strategische Planung und Bewertung des bestehenden Netzwerkes (Analyse des sozialen Kapitals),
  2. Aufbau neuer Beziehungen,
  3. Pflege bestehender Beziehungen,
  4. Auswertung, Neubewertung.

Strategie als Ausgangspunkt

Ausgangspunkt aller Netzwerkaktivitäten ist eine solide und aufrichtige Planung und Analyse. Für viele Personen ist das systematische Entwickeln einer Strategie etwas Ungewöhnliches, denn sie werden im Arbeitsleben meistens mit Aufgaben und Zielen versorgt, der eigene Gestaltungsspielraum wird als eher gering eingeschätzt. Zielvorgaben und persönliche Handlungsstrategien müssen einander aber nicht widersprechen, vielmehr können solche Vorgaben hilfreich sein, um eigene Ziele zu orientieren und zu präzisieren – es sei denn, man steht den Vorgaben nicht besonders ambitioniert oder gar ablehnend gegenüber.

Die zu Beginn durchzuführende strategische Netzwerkplanung hat zunächst die Aufgabe, den Zielfokus klar zu bekommen. Sie geht von einer Zielformulierung aus, d.h. von der Beantwortung der Frage, was ich mit dem Netzwerk im Kern erreichen möchte (siehe Tabelle 2.). Je präziser die Zielformulierung ist, desto leichter sind nachfolgend die Wege zur Zielerreichung zu finden. Andererseits gilt auch: Je enger die Zielformulierung ausfällt, umso wahrscheinlicher ist es, dass durch Ereignisse oder Entwicklungen diese immer wieder umdefiniert werden müssen.

Tabelle 2: Fragen in der strategischen Netzwerkplanung

     

  • Welches Ziel will ich erreichen?
  • Wer könnte mich bei der Erreichung dieses Zieles weiterbringen? In welcher Form (als Unterstützer, Wissensträger, Entscheider, Beziehungsmanager)?
  • Wen habe ich dazu bereits in meinem Netzwerk? (wer kann was? wer kennt wen (der wen kennt)? Wer weiß was?)
  • Wer,- an den ich bisher nicht gedacht habe- kommt in Frage?
  • An welchen Stellen habe ich „weiße Landkarten“?
  • Bis wann will ich es geschafft haben?

Wenn ein neuer Netzwerk-Partner gefunden werden soll, dann stellen sich folgende Fragen:

     

  • Was erwarte ich von ihm?
  • Was sind seine Interessenslagen?
  • Was kann meine Leistung für ihn sein, die ich bereit bin ihm zur Verfügung zu stellen?
  • Welche Möglichkeiten an diese Personen heranzukommen habe ich?
  • Welche persönliche Empfehlung könnte mich weiterbringen?
  • Wie viel Zeit möchte ich investieren?

Als zweiter Schritt steht nun der Entwurf eines Netzwerkes an, das zur Erreichung dieser Zielsetzungen geeignet ist. Ausgangspunkt ist ein Bild über die Struktur und Funktionalität des bestehenden Beziehungsnetzwerks. Ganz praktisch meinen wir damit tatsächlich ein Bild in Form eines Radar-Modells, mit mir als Ausgangspunkt im Zentrum (siehe Abbildung 1.). Die anderen Personen können dann rundherum, auch in eigenen Segmenten (z.B. im Unternehmen, im eigenen Team, in speziellen Branchen etc. angeordnet werden. Um das Bild beweglich zu halten empfiehlt sich die Anwendung variabler Symbolen wie Kärtchen oder Post It´s.

Das Netzwerk-Radar

In einer strategischen Netzwerkanalyse setzt man das Netzwerk-Bild mit den Zielen kritisch zueinander in Beziehung, etwa entlang der Frage "Ist das bestehende Netzwerk geeignet, die Zielsetzung zu erreichen?" Auf diese Weise werden Stärken und Schwächen des bestehenden Beziehungsnetzwerks deutlich und es können Hinweise für das weitere NetzWerken abgeleitet werden. So kann es darum gehen, neue Beziehungen zu suchen und aufzubauen, bestehende Beziehungen zu pflegen oder besser zu nutzen oder auch – dort wo Beziehungen nicht zielführend sind, auf diese nicht mehr weiter zu setzen.

 Rollen im Netzwerk

Aufbau des Netzwerkes

Experten raten es einhellig (Ferrazzi 2005, Mackay 1997, Scheler 2003) und persönliche Erfahrungen bestätigen es immer wieder: ein Netzwerk erst dann aufzubauen, wenn ich es brauche ist eigentlich zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt fehlt oft die Zeit und Kraft die Beziehungen aufzubauen. Ein nachhaltiges NetzWerken ist also immer auch eine Investition in die Zukunft – mit Unwägbarkeiten behaftet, denn es kann gar nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass alle diese Beziehungen tatsächlich einen Nutzen bringen werden. Netzwerke sind Optionen, mit ihnen steigt die Chance auf Verbesserungen in der Zukunft.

Worauf ist beim Netzwerkaufbau zu achten? NetzWerken heißt Kontakte und Begegnungen aktiv herstellen, mit Freude und Interesse mit anderen Menschen Gespräche zu führen und Spaß daran zu haben, Beziehungen zu pflegen und langfristig zu gestalten. Zentraler Punkte beim Netzwerkaufbau ist das eigene "Anschieben": nicht selten heißt das, sich aus der Komfortzone des eigenen Büros, des eigenen Teams, der Sicherheiten hinaus und in ein fremdes Terrain hinein zu bewegen. Es fällt den wenigsten Personen leicht, den ersten Schritt zu einer Kontaktaufnahme zu machen.

Die Angst zurückgewiesen zu werden, das unbehagliche Gefühl wenn man mit Gleichgültigkeit konfrontiert wird, sind soziale Urängste. Wir fürchten einen Gesichtsverlust vor uns selbst und vor anderen. Eine Kundenbetreuerin bei einer Kundenveranstaltung: Sie entdeckt eine, etwas abseits stehende, ihr unbekannte Frau. Die Betreuerin geht hin und sagt: Darf ich Sie etwas fragen? Nach kurzem Erstaunen über das plötzliche Angesprochenwerden willigt die Befragte ein und die beiden beginnen eine ein interessantes Gespräch über die Inhalte der Veranstaltung.

Die Szene könnte auch anders ausgehen: Die Befragte sieht die ihr unbekannte Kundenbetreuerin an und schüttelt den Kopf: "Ich habe jetzt leider keine Zeit mehr." Die Betreuerin ist enttäuscht. Nach 5 Minuten startet Sie bei einer anderen Person einen neuen Anlauf. Das angeregte Gespräch kurz darauf zeigt: Das "Nein" von vorhin ist vergessen. Netzwerk-Beziehungen müssen nicht wie Freundschaften gehandelt werden, sie haben eher jenen Charakter, der auch in diesem Beispiel vorkommt: Sie sind getragen von einem Ziel (z.B. etwas zu erleben), einem Interesse an der anderen Person (z.B. Du hast etwas, das mir gefällt) und dem Bedürfnis mit dem anderen etwas gemeinsam zu machen (z.B. gemeinsam zu spielen).

Eine kurze hoch aktive NetzWerk-Phase reicht nicht aus, vielmehr geht es darum, dass NetzWerken als ein langfristiges Projekt zu betrachten, das bewusst und kontinuierlich betrieben wird. Für ausserordentliche NetzWerker ist es allerdings mehr als ein Projekt, sie leben es kontinuierlich und selbstverständlich, im beruflichen und privaten Bereich. Für den Aufbau sollte bedacht werden, dass wirklich solide Netzwerke sehr differenziert sind und Beziehungen aus unterschiedlichen Lebensbereichen beinhalten: Freundeskreis, Firma, Kollegen aus früheren Arbeitsbeziehungen, Bekannte aus der Ausbildungszeit, Nachbarn, Personen, die man auf Veranstaltungen, im Flugzeug, im Urlaub, beim Sport, beim Hausbau, in Vereinen etc. kennen gelernt hat. Es ist nicht immer erforderlich, allzu viel Zusatzaufwand zu betreiben, viele alltägliche Situationen lasse sich gezielt für einen Netzwerkaufbau nutzen, wenn man einige Regeln beachtet :

 Ansatzpunkte für den Netzwerkaufbau

Auch wenn man sich ein eher eng gestecktes berufliches Entwicklungsziel vorgenommen hat - es gibt häufig Netzwerkpartner aus anderen Bereichen, die behilflich sein können, das Ziel direkt oder indirekt zu erreichen. Des Weiteren gilt: Jeder Netzwerkpartner hat selbst ein Netzwerk, das bei entsprechendem Anlass von diesem auch angespielt und genutzt wird. So kann sich der Netzwerkeffekt potenzieren, was zum Beispiel sehr ertragreich sein kann, wenn es um Empfehlungen geht.

Die Pflege eines Netzwerks

Pflege, Wartung und Gestaltung– jawohl! es ist eine herausfordernde mit erheblichem Aufwand verbundene Arbeit. Aktive Kommunikation ist damit ebenso verbunden wie das Stiften von Beziehungen im Umfeld, die Empfehlung von Personen, das Geben von Rat und Hilfe. Schließlich ist auch ein "Tracking" der Stammdaten erforderlich, d.h. Daten wie E-Mail Adressen, Arbeitsplatzwechsel, Änderungen im Familienstand, Doktorehren etc. sind immer wieder zu aktualisieren. Nur ein aktives Pflegen ist im Stande, ein lebendiges Netzwerk einigermaßen abzubilden.

Was hält ein Netzwerk zusammen?

Netzwerke leben von einer langfristig ausgeglichenen Bilanz des Gebens und Nehmens der Partner, aus diesen Tauschhändeln entfalten sie ihre Kraft. Entstehen Schieflagen, werden Beziehungen unattraktiv, möglicherweise sogar konflikthaft, jedenfalls werden sie auf Eis gelegt und sterben früher oder später ab. Die Bilanzen sind aber auf den ersten Blick nicht immer eindeutig: Unterschiedliche Leistungen wie Wissensaustausch und Beziehungsqualität können ins Spiel kommen und emotionale Färbungen spielen eine Rolle. Bei aussichtsreicher "Gewinneinschätzung" einer Beziehung kann aber auch die eine oder andere negative Färbung über einen längeren Zeitraum akzeptiert werden. Allerdings steht eine solche Beziehung immer unter besonderer Beobachtung und man sollte bei wiederholt negativer Einschätzung nicht davor zurückschrecken, den Platz zu räumen.

Einen zweiten wichtigen Kitt stellt das Vertrauen dar, das mit wichtigen Netzwerkpartnern aufgebaut wurde. Vertrauen ist ein sehr einflussreicher Faktor: es selektiert zwischen Personen ("wem vertraue ich mehr, wem weniger"), fördert Entscheidungen ("weil ich Dir vertraue, trau ich mich") und ermöglicht dem Einzelnen mehr Risiko im Umgang miteinander, in der Entwicklung von Projekten etc. zu nehmen. Vertrauen und das Potenzial von Kooperationen stehen in einem engen Verhältnis zueinander: je größer das Vertrauen ist, desto intensiver und damit auch erfolgsträchtiger kann die Kooperationstätigkeit ausfallen.

Wer auf Vertrauenswürdigkeit in seinen Beziehungen achten möchte, sollte folgende Grundregeln bei sich berücksichtigen und bei anderen beobachten:

     

  • Persönliche Beziehungen: Mit wem trifft man sich gerne, wo ist es holprig, wo gibt es Probleme? Das wirkliche Potenzial von Beziehungen zeigt sich in konkreten Kooperationen und nicht im Reden. Die Vertrauensbasis muss sich in diesem Sinne immer wieder neu beweisen.
  • Offene Kommunikation: Eigene Zielsetzungen werden verfolgt, bei gleichzeitigem Respekt gegenüber den Zielsetzungen der anderen. Wenn es gelingt, den Eigennutzen mit dem Nutzen für das Netzwerk ins Gleichgewicht zu bringen, steigen die Chancen für langfristige Erträge.
  • Commitment durch schlüssiges Verhalten. Das wirkliche Commitment zeigt sich durch "gelebte" Prioritätensetzung: Was wird wirklich investiert? Wie werden Versprechungen eingehalten? Wie werden Termine eingehalten? etc.

 Fünfzehn Denkanstösse für den NetzWerker

Ein Erfolgsfaktor – Der Beitrag des Unternehmens

Um NetzWerken in -Unternehmen erfolgreich einzuführen bzw. umzusetzen ist es erforderlich, passenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen auf unternehmenskultureller Ebene zu schaffen. So sollte das NetzWerken zum Thema im Unternehmen werden und als Erfolgsstrategie Anerkennung finden. Die Mitarbeiter sollten zu mehr Außenorientierung ermutigt und beim NetzWerken gefordert und gefördert werden. Kontaktpunkte nach außen in andere Unternehmen und Branchen sollten nicht als Bedrohung sondern als Chance gesehen werden, allerdings ist auch auf deren Bearbeitung und Auswertung Wert zu legen um zu verhindern, dass man in Folge des Soges der Netzwerke die strategischen Grundüberlegungen aus dem Auge verliert.
In Meetings und Besprechungen kann die Kommunikationskultur "netzwerkfreundlich" gestaltet werden, indem Führungskräfte immer wieder betonen, wie wichtig es ist, über "den Tellerrand" zu schauen und entsprechende Initiativen einbringen. Weiters ist auf der Ebene der Arbeitsteilung Spezialistentum gefragt: Erst wenn  jemand besonders kompetent in seinem Gebiet wird, fördert das die Kooperation und das NetzWerken. Ein zentrales Instrument könnte schließlich die Vereinbarung kooperationsfördernder Ziele sein um vernetztes Handeln zu unterstützen.

Eine Voraussetzung allerdings muss deutlich angeführt werden: Um den Mitarbeitern die Möglichkeit des NetzWerkens zu erleichtern, ist es erforderlich, Entscheidungsspielräume für die Mitarbeiter zu schaffen. Damit ist gemeint, dass der Mitarbeiter die für den Aufbau, die Pflege und die Wartung seines Netzwerkes notwendigen Mittel (Ausgabenbudget, Kommunikationshardware, Besprechungsplatz, arbeitszeitliche Freiräume) zur Verfügung hat.

Die Autoren:

Fritz Arbeiter, langjährige Tätigkeit als Kundenbetreuer und Manager in einer Bank, tätig als Trainer und Personalentwickler im Finanzdienstleistungsbereich, Kooperationspartner von Lemon Consulting.

Dr. Hubert Lobnig, Geschäftsführer von Lemon Consulting, tätig als Trainer und Organisationsberater mit den Schwerpunkten Kooperationen und Netzwerke, Führung und Change

...zurück zum Seitenanfang

Teilen: