Was Führungskräfte von HR erwarten

Personalisten sehen sich lieber als Businesspartner denn als Verwalter. Was aber erwarten die Führungskräfte, ihre Kunden, von der Personalabteilung?

Personalisten geht es oft ähnlich wie externen Beratern: Sie sollen für ihre Kunden, im speziellen die Führungskräfte, eine Leistung liefern, sind aber für deren erfolgreiche Erbringung auf die Mitarbeit und Unterstützung eben dieser Kunden angewiesen. Diese "Kunden" haben jedoch ganz anderes im Sinn, sind sie doch bis oben hin mit Aufgaben zugeschüttet und erwarten von den Personalisten daher vor allem eines: Entlastung! Je mehr ihnen die Personaler als "Dienstleister" an Arbeit "abnehmen" und je weniger diese die Führungskräfte mit irgendwelchen Systemen, Regeln und Standards "nerven und einengen", desto besser – zumindest aus Sicht der Führungskräfte.

Wann kommen Führungskräfte mit dem Personalbereich in Kontakt?

Die Erwartungen von Unternehmensleitung und den nachgeordneten Führungsebenen können dabei durchaus unterschiedlich aussehen. Fragt man Führungskräfte im mittleren Management, in welchen Situationen sie überhaupt in Kontakt mit der Personalabteilung kommen, dann lauten die häufigsten Antworten, basierend auf einer kleinen Umfrage des Leaders Circle unter 12 Bereichs- und Abteilungsleitern:

  • bei Aufnahme, Wechsel und Austritt von Mitarbeitern
  • bei arbeitsrechtlichen Fragen
  • bei Gehaltsfragen
  • wenn der Betriebsrat auf den Plan tritt, z.B. bei Beschwerden
  • beim Wunsch, die eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter weiterzuentwickeln
  • bei der Einbindung in die Entwicklung neuer PE-Instrumente
  • beim Monitoring des Personalbudgets

Führungskräfte, die für das operative Business verantwortlich sind – und darin sind auch die oberen Führungsebenen meist weit mehr involviert als ihnen lieb ist – adressieren also vor allem die vielfältigen Aspekte der operativen Personalarbeit und erwarten sich hier vor allem, wie es einer der befragten Bereichsleiter formulierte, "dass mir die Personalabteilung den Rücken freihält". Wobei durchaus das Bewusstsein vorhanden ist, das seine dazu beitragen zu müssen, um dann auch das gewünschte Ergebnis zu bekommen. Etwa durch die gemeinsame Definition des Anforderungsprofils, wenn neue Mitarbeiter gesucht werden oder die Mitarbeit bei Personalentwicklungsinstrumenten wie dem Mitarbeitergespräch, damit diese dann auch den eigenen Vorstellungen entsprechen. Aber klar ist: Je mehr die dazu nötigen, oft zeitintensiven "Vorarbeiten" wie Personalmarketing, Vorauswahl etc. der Personalabteilung überantwortet werden können, desto besser ist aus Sicht der Führungskräfte deren "Service".

Was Führungskräfte besonders schätzen

Führungskräfte wollen von einem internen Dienstleister vor allem eines: Unterstützung bei ihrem Job. Auch wenn der Vergleich etwas hinkt: So wie Führungskräfte von der IT erwarten, dass die IT-Mitarbeiter ihren Bereich mit den passenden Geräten und Programmen ausrüsten und schnell zu Hilfe kommen wenn es bei der Hard- und Software Probleme gibt, wollen sie von den Personalern schnelle Hilfe, wenn es Probleme beim Personal gibt. Konkret heißt das: schnell verfügbare Fachexpertise bei allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen, mit denen sich Mitarbeiter an ihre Führungskräfte wenden sowie Beratungs- und Methoden-Know-How durch die Personalisten, wenn es um zwischenmenschliche Themen geht. Wobei hier die Personalleiter mit einer besonderen Anforderung konfrontiert sind, auf die in den Gesprächen mehrmals hingewiesen wurde: Weit mehr als alle anderen Führungskräfte werden Personalleiter von ihren Managerkollegen vor allem als Spezialist angesprochen. Soll heißen: Wann immer sich ein gleichrangiger oder höherrangiger Manager mit konkreten Fragen an den Personalleiter wendet, erwartet er von auch von ihm selbst eine konkrete Antwort, was eine hohe Fachexpertise voraussetzt. Den Managerkollegen zwecks Antwort an einen Spezialisten im Team zu verweisen, kommt – von sehr spezifischen Fragen abgesehen – nicht gut an und weckt Zweifel an der Kompetenz des Personalleiters.

Was Führungskräfte gar nicht gern haben

Personal hat als Querschnittsfunktion das gesamte Unternehmen im Blick und ist mit der Aufgabe betraut, für Einheitlichkeit der Prozesse und Instrumente zu sorgen. Folgerichtig versuchen Personalabteilungen, gewisse Standards zu etablieren, um Fairness und Vergleichbarkeit herzustellen, Komplexität zu reduzieren und ein gewisses Qualitätsniveau sicherzustellen. ("Geben wir einem Ausnahmefall nach, kommen fünf andere und wollen das auch"). Führungskräfte empfinden das zuweilen als Einschränkung ihrer Handlungsfreiheit. Sie fühlen sich von der Personalabteilung gegängelt, beklagen deren Abgehobenheit ("keine Ahnung von den Notwendigkeiten unseres Geschäfts") und ärgern sich über "bürokratische Vorgangsweisen", die ihren eigenen Bedürfnissen zuwiderlaufen, z.B. bei der Festlegung von Gehältern, der Zuerkennung von Boni oder einer bevorzugten Rekrutierung von außen, wenn die Regel gilt, dass Stellen zuerst intern auszuschreiben sind.
Werden sie jedoch auf den möglichen Nutzen solcher Standards angesprochen, zeigt sich, dass ihnen die Vorteile solcher Regelungen durchaus bewusst sind, da vordefinierte Bandbreiten und Abläufe viel Zeit sparen und einem Wildwuchs an höchst unterschiedlichen individuellen Vereinbarungen entgegenwirken, die ständig neu ausgehandelt werden müssen. Dazu kommt: Die Personalabteilung mag zwar federführend an der Konzeption, der Einführung und dem Monitoring solcher Systeme beteiligt sein, beauftragt und entschieden wird darüber aber in aller Regel in der Geschäftsführung.

Minderheitenprogramm Personalstrategie

Was Personalabteilungen gerne wären, was die Unternehmensleitung tatsächlich von ihnen will und was die Rahmenbedingungen in Hinblick auf strategische Einbindung im konkreten Fall überhaupt zulassen sind drei unterschiedliche Paar Schuhe. Klar ist, dass die meisten Personalleiter gern wesentlich intensiver in strategische Überlegungen und Strategieprozesse eingebunden wären. ("Was nützen die tollsten Strategien, wenn die personalwirtschaftlichen Voraussetzungen und Konsequenzen nicht mitgedacht werden?") Klar ist auch, dass dies in der Entscheidungsmacht der Manager an der Unternehmensspitze liegt, während die Linienmanager der nächsten Ebenen stark auf die Qualität der operativen Unterstützung fokussieren.
Die typische Erklärung - mangelnder Wille des Top-Managements, HR-Themen die nötige Aufmerksamkeit zu schenken - greift aber eindeutig zu kurz. So legen mehrere Untersuchungen den Schluss nahe, dass die Einbindung oder Nicht-Einbindung der Personaler in strategische Überlegungen durch Top-Manager wesentlich davon abhängt, wie groß diese ihren eigenen Handlungs- und Entscheidungsspielraum in der HR-Belangen einschätzen. Ist der eigene Handlungsspielraum eher gering, weil z.B. wesentliche Grundsatzentscheidungen in einer fernen Konzernzentrale getroffen werden ("Das ist nun mal Konzernstrategie. Punkt") oder wesentliche HR-Fragen im betreffenden Land stark reguliert sind (z.B. umfassender Kündigungs- und Versetzungsschutz, starke Mitbestimmungsrechte, mächtige Arbeitnehmervertreter), dann sinkt die Berücksichtigung von HR mitunter deutlich. Und zwar auch dann, wenn das Interesse am Thema im Vorstand hoch ist und seine Wichtigkeit fürs Unternehmen erkannt wird.

Interview: Linienmanager – Personalchef - Linienmanager
Interview: Entlastung ja, Einschränkung nein

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