Die Projekt-GmbH

Dipl.Ing. Jürgen Hamader, Geschäftsführer der Peneder Service Consulting GmbH, über die zahlreichen positiven Effekte aufgrund der Gründung einer eigenen Projektmanagement-Gesellschaft.

Die Firmengruppe Peneder hat eine eigene Firma gegründet, in die das Projektmanagement ausgelagert wurde. Wozu eine eigene Firma?

Die Idee dazu entstand im Rahmen eines Workshops, wo es eigentlich darum gegangen ist, eine Bewertung unsere Stärken und Schwächen vorzunehmen. Grundsätzlich hat ein Unternehmen ja drei Ebenen, die es erfüllen muss, wenn es erfolgreich sein will: die strategische Ebene, dazwischen die Projektebene und dann die Tagesgeschäftsebene. Vereinfacht gesagt: Die strategische Ebene will etwas und muss das mittels Projektebene ins Tagesgeschäft übertragen. In der damaligen Bewertung gaben wir uns auf der strategischen Ebene 80 von 100 Punkten, auf der Tagesgeschäftsebene 96 von 100 und auf der Projektebene 20 von 100. Damit war klar, dass wir in diesem Bereich den größten Verbesserungsbedarf hatten.

Früher haben wir Projekte im Prinzip nebenbei abgewickelt. D.h. die Personen, die im Tagesgeschäft tätig waren, haben all das, was in Projektform stattfand - von der Forschung und Entwicklung bis hin zu bestimmten Marketingaktivitäten - nebenbei gemacht. Das Problem dabei ist: die Projektarbeit wird massiv beeinflusst durch das Tagesgeschäft. Wenn ein großer Auftrag hereinkommt oder ein Problem auftritt, dann siegt im Zweifelsfall der Kunde – was ja gut ist – , aber eben auch zu Lasten des Projekts. Die Folge war, dass es immer enormer Anstrengungen bedurfte, die Projekte voranzutreiben und umzusetzen. Mit dem Effekt, dass wir uns dann oft mit 95 Prozent des angestrebten Ziels zufrieden gegeben haben.

D.h. ein ständiger Kampf um die Resourcen

Ja. Ich war am Beginn meiner „Peneder-Laufbahn“ ebenfalls einmal als Stabstelle auch für Projekte zuständig und musste die Projekte natürlich mit den Personen aus dem Tagesgeschäft umsetzen. Nachdem wir keine Hierarchie in dem Sinn gehabt haben, sondern in Teams entlang des Wertschöpfungsprozesses organisiert sind, musste ich zwar nicht zu Führungskräften gehen und mit denen z.B. über die Resourcen von zwei Technikern für das Projekt verhandeln, sondern ich habe das mit den Technikern direkt gematcht, aber vom Ergebnis her war es das gleiche: Die Projekte wurden nicht in der Geschwindigkeit und der Qualität abgewickelt, wie es für das Unternehmen gut gewesen wäre.
Zudem hat sich mit der Zeit auch unser Anspruch an die Projekte geändert. Durch das starke Wachstum sind wir inzwischen eine Firmengruppe mit in- und ausländischen Standorten, wo die Multiplikation von Prozessen eine wesentliche Bedeutung hat. Wenn wir unsere Produkte auch im Ausland verkaufen wollen, dann muss die Firma multiplizieren können - Vertriebsstrukturen, Abwicklungsprozesse, etc. Damit wuchs auch der Zwang, diese Prozesse besser zu dokumentieren.

Es gab also einen Leidensdruck und den Wunsch der Eigentümer, etwas zu tun, bevor der Druck weiter wächst.

Genau. Und bei dem Workshop kam vom Ing. Weichselbaum, unserem Berater, die Idee: Warum macht ihr denn nicht eine Projektfirma? Ich glaube, dass das Modell, wie wir heute Projekte machen, gut ist für jede Firma, aber es muss keine eigene GmbH sein, es muss auch kein eigener Standort sein. Aus unserer Sicht gab es eine Notwendigkeit, hier ganz bewusst Energie hinein zu stecken, um eine deutliche Verbesserung zu erzielen. Also haben wir uns gefragt: Was ist die stärkste Form, um als Unternehmen diese Wichtigkeit zu demonstrieren? Ein starker symbolischer Akt ist es auf jeden Fall, eine eigene Firma dafür zu gründen und dann Resourcen, die noch im Tagesgeschäft arbeiten, dort hinein zu geben.

Wie entscheidet man in so einem Fall, welche Resourcen man aus dem Tagesgeschäft herauszieht?

Das ist dann eine zutiefst menschliche Angelegenheit. Manche tun sich leichter, auch etwas herzugeben, manche tun sich schwerer. Es gab damals zwei Firmenhauptstandorte, Atzbach und Breitenaich, und jeweils einige Personen, die stabstellenähnlich organisiert und schon bisher schwerpunktmäßig im Projektgeschäft tätig waren und meist schon informell Projektleitung gemacht haben. Und dann gab es den klaren Beschluss, dass je nach Bereich mindestens die Resourcen, die früher aus dem Tagesgeschäft für Projekte zur Verfügung gestellt worden waren, mitwandern mussten. Da man aber kaum von einer Person 20% und von der anderen 10% abschneiden kann, mussten also Personen in die neue Firma wandern. So haben wir dann mit 18 Leuten gestartet und heute sind wir 28.

Also einerseits die Frage der Größenordnung und dann die Frage des benötigten Know-Hows, oder?

Genau, in Summe es ist es - glaube - ich sehr gut geglückt. Einerseits haben wir in der neuen Firma in Wels eigentlich nichts anderes getan als vorher. Gleichzeitig hat sich aber mit einem Schlag enorm viel verändert, vor allem mental: Denn nachdem das jetzt eine eigene Firma war, musste die Firma auch normale Kunden-Lieferantenverhältnisse und einen normalen Angebots- und Auftragsprozess zu den operativen Firmen aufbauen. So haben wir den schriftlichen "Projektauftrag" erfunden, den wir heute noch haben. Heute ist jedem klar, dass wir nichts machen, wenn wir keinen klaren Auftrag dahinter haben. 95% des Volumens gibt es heute schriftlich, mit einem kleinen Graubereich, der auf Zuruf geht. Aber gegenüber früher hat sich die Relation total umgedreht, denn vorher waren die Leute sogenannte "Sowiesokosten". Die Mitarbeiter waren ja „sowieso“ da und haben auf Zuruf vom jeweiligen Geschäftsführer dann eben auch in Projekten mitgearbeitet.

Aber es war schon vorher so, dass bei Ihnen nur die Geschäftsführer Projektaufträge erteilt haben?

Ja. Durch die damalige "Kleinheit" des Unternehmens war das am Anfang noch sehr auf die beiden Eigentümer-Brüder Karl und Franz Peneder fokussiert. Trotzdem war von Anfang an klar, dass wir nicht ohne schriftlichen Projektauftrag arbeiten. Das wurde – im positiven Sinn – sehr "bürokratisiert", indem es nun eine klare Struktur gab.

Was hat sich dadurch verändert?

Dadurch hat sich viel verändert. Erstens einmal wurden die Kosten 100%ig transparent. Nachdem wir in der Projektfirma mit einer Vollkostenkalkulation arbeiten, haben wir dadurch erst einmal den Wert unserer Arbeit bewerten müssen. Ich muss ja bei einer Anfrage zuerst einmal sagen können, was das denn kosten wird. Selbst wenn man natürlich bei Bedarf diverse Variablen eingebaut hat, weil weder wir noch der Kunde am Anfang immer präzise wissen, wie einzelne Dinge dann im Detail ausschauen werden. Aber klar war: Jedes Projekt braucht ein klares Budget und wir bekommen keinen Auftrag, wenn wir nicht sagen können, was das Projekt im Minimum kosten wird.

In dem Augenblick aber, als die Projektkosten plötzlich transparent wurden, kamen natürlich Reaktion wie: „Ihr seid ja verrückt, das kostet ja ein Vermögen!" auf der anderen Seite waren wir dadurch aber plötzlich auch in der Lage, eine Amortisationsrechnung für ein Projekt aufzustellen. Wenn ich weiß, was mich das kostet - auch wenn es nur eine ungefähre Größenordnung ist - dann ist das schon viel mehr, als wir früher oft gewusst haben. Und wenn ich weiß, was es kostet, kann ich auch sagen, was es mir bringen wird, selbst wenn das auch wieder nur eine grobe Schätzung ist. Das ist zweitrangig, denn das ist ja immer so: Wenn wir unsere Pläne für die Zukunft aufstellen, sind das immer nur Einschätzungen – aber in unserem Fall war es eine qualitativ wesentlich bessere Einschätzung als vorher. Und im Laufe der Jahre wurden wir im „Schätzen“ von Projektkosten immer besser und immer präziser.

Muss man dafür eine eigene Firma gründen, das kann man intern genauso machen?

Unsere Organisationsform könnte auch als Abteilung funktionieren, aber wichtig ist, dass es auch die nötige äußere Energie bekommt und das war für uns durch diese Lösung leichter zu erreichen. Wenn wir diese Unterfangen selbst als Projekt aufgesetzt hätten, hätte es wahrscheinlich das gleiche Schicksal erlitten wie viele bisherigen internen Projekte.

Diese Einführung des Projektauftrags hat uns eine Struktur gegeben, die wir vorher nicht gehabt haben. Wir waren jetzt gezwungen, für jedes Projekt ein klares Ziel zu formulieren, den Projektinhalt zu definieren und einen Zeit- und einen Kostenplan für das Projekt aufzustellen. Im Grunde genommen das gleiche, was wir gegenüber unseren externen Kunden immer schon gemacht haben. Es ging weniger darum, dass wir das nicht können, sondern mehr darum, dass wir es jetzt tun müssen. Es ist eben ein Unterschied, ob ich mitten in einem Bauvorhaben bin und weiß, wenn ich diese Baubesprechung nicht protokolliere, kann das sehr schlecht für mich sein, oder ob es um die Protokollierung von einer internen Besprechung geht. Durch den äußeren Rahmen gab es plötzlich den Zwang, bei Projekten innerhalb der Firmengruppe ähnlich zu agieren wie wir es nach außen gewohnt waren. Durch dieses Kunden-Lieferanten-Verhältnis gab es nun logischerweise immer auch einen Diskussionsprozess für jedes Projekt. Z.B. hat der Auftraggeber gesagt, das ist mir zu teuer, was machen wir da? Daher gibt es heute keinen Projektauftrag, der nicht ausführlich besprochen wird. Ein weiterer Effekt transparenter Kosten und transparenterer und geplanterer Inhalte war also, dass heute keine Projekte ins Blaue hinein mehr gemacht werden.

Gab es noch andere Effekte?

Ein weiterer Effekt war, dass mit den klaren Kosten auch die Frage – was bringt´s – viel schärfer gestellt wird. Natürlich gibt es auch Projekte, wo man kaum einschätzen kann, was sie bringen. Dort haben wir bzw. die Unternehmensführung lernen müssen, dass man manchmal bewusst etwas investiert, wo man sich nur auf die Bauchentscheidung berufen kann. Das gab es zwar früher auch, aber heute unterlaufen auch solche Projekte einer minimalen Prüfroutine. Und dabei werden Projekte nicht nur von den Eigentümern und Geschäftsführern hinterfragt, sondern auch von allen, die das dann danach nutzen sollen. Damit wird jedes Projekt sozusagen auf die Rüttelstrecke gelegt.

Sie brauchen doch nach wie vor die Mitarbeit von Leuten aus dem Tagesgeschäft, oder nicht? Ich kann doch nicht am grünen Tisch planen?

Ja, nur werden die Personen aus dem Tagesgeschäft viel zielgerichteter und viel punktgenauer zur Mitarbeit herangezogen. Oft als wichtige Impuls- und Feedbackgeber, aber weniger zur eigentlichen Abarbeitung des Projektes. Darum ist der Resourcenkampf heute um auch den Faktor 20 kleiner als früher und damit auch wesentlich leichter bewältigbar. Die Leute aus dem Tagesgeschäft, die gerne bei Projekten mitmachen, brauchen keine Angst mehr haben, dass das für sie in große Arbeit ausartet. Sondern sie können sich über weite Strecken aufs Input Geben reduzieren. Zudem trennen wir heute klar zwischen Konzept- und Umsetzungsphase. Der einfache Hintergrund dafür: Solange ich in der Konzeptphase bin, habe ich noch keine Irreversibilität erzeugt. Das Ziel in der Konzeptphase ist immer, eine gute Entscheidungsgrundlage zu bekommen: Mache ich ein Projekt oder mache ich es nicht? Am Ende der Konzeptphase steht die Entscheidung. Wenn ich die beiden Dinge nicht trenne – so wie oft früher -  dann fängt man immer viel zu schnell damit an, umzusetzen. Dann kann man irgendwann nicht mehr zurück bzw. kostet das dann sehr viel Geld. Diese Trennung haben wir mit der Firmengründung eingeführt.

Was ist da z.B. früher in die Hose gegangen, weil die Trennung nicht beachtet wurde?

Ein Beispiel war die Vormontage der Para-Bogendächer. Da war die Idee, Teile dessen, was auf der Baustelle passiert, als Vormontage in die Werkstatt zu verlagern, um dann mit größeren Bauteilen auf die Baustelle zu kommen. Ähnlich wie ein Fertigteilbau. Die Idee an sich ist faszinierend, nur wurde in diesem Fall aufgrund der großen Begeisterung sofort mit der Umsetzung begonnen. Dadurch haben sich einige technische Fehler eingeschlichen, die sich aber erst nach zwei Jahren herausgestellt haben. Erst dann kamen Reklamationen.
Wenn man dasselbe aber sauber auf der Konzeptebene macht und dabei erkennt, dass einige Unsicherheitsfaktoren enthalten sind, die man erst nach zwei Jahren feststellen kann, dann macht man eben ein Testprojekt, oder simuliert dies physikalischen Einflüsse mittels diverser technischer Hilfsmittel. Die Fehler, die wir dann mit Geld korrigieren mussten, hätten wir uns so sicher ersparen können.

Man kommt zu einer saubereren Arbeitsweise.

Ja. Das alles ist nichts Neues. Wenn Sie auf der Uni eine Vorlesung über Projektmanagement besuchen, dann hören Sie in der Theorie, wie man es richtig machen würde. Wenn Sie dem in der Organisation aber nicht durch geeignete Maßnahmen Rechnung tragen, bleibt es eben Theorie. In vielen Firmen funktioniert das Projektmanagement, weil die handelnden Personen ein Naturtalent dafür haben, aber wenn Sie sich nicht nur auf das Glück verlassen wollen, einige Naturtalente in der Firma zu haben, dann brauchen Sie Strukturen und Regeln.

Gibt es da eine klare Regelung bezüglich Priorisierung der Projekte?

Regel gibt es keine. Aber es gibt regelmäßig Geschäftsführerklausuren und Besprechungen, wo alle am Tisch sitzen und das quasi im Wettkampf der Resourcen ausgeredet wird. Größere Projekte versuchen wir durch intensive Kommunikation so zu reihen, dass es für alle passt. Das geht nur, wenn die Kommunikation erstens stattfindet und zweitens auch funktioniert. Das ist eine Kulturfrage und die haben wir Gott sei Dank.

Was hat sich durch die neue Firma in Bezug auf die Führung geändert?

Es wurde insofern anders, als der Job und das Talent des Projektleiters mehr Gewicht bekommen hat, zumal es auch meine Aufgabe ist, unsere Leute auf der Projektebene in diese Richtung permanent aus- und weiterzubilden. Früher war es eher so, wenn einer ein Naturtalent mitgebracht hat, hat er es eben gemacht. Heute muss jemand, der im Projektmanagement arbeiten will, die technische, organisatorische und Managementseite für Projektleitung mitbringen oder sie sich eben aneignen.

Benötigen Projektleiter andere Fähigkeiten als Linienmanager?

Das ist bei uns insofern eine komische Frage, weil unsere gesamte Organisation die klassische Linienorganisation nicht kennt. Für das Verkaufsteam im Bereich Bau ist jedes Bauvorhaben ebenfalls ein Projekt. Insofern ist in den eigentlichen Managementaufgaben, glaube ich, kein großer Unterschied, ob ich in den operativen Firmen oder in der Projektfirma bin. Gute Projektleiter von Bauvorhaben sind auch gute Projektleiter von internen Projekten. Der Unterschied liegt eher darin, dass ein Bauvorhaben kaum einen Multiplikationsanspruch hat und daher dort der Zwang der Dokumentation viel geringer ist.

Worauf schauen Sie, um gute Projektleiter zu finden und aufzubauen?

Grundsätzlich einmal schaue ich bei der Personalauswahl auf drei Faktoren. Erstens: Ist die Person in der Lage, gute Menschenführung zu betreiben? In unserer Unternehmenskultur geht mit Druck wenig, mit Sog alles. Zweitens schaue ich darauf, ob die Leute von ihrer Ausbildung her ein theoretisches Potenzial mitbringen, um komplexere Dinge überhaupt zu beherrschen. Ich schaue also auch: Hat die Person die Chance gehabt, eine gewisse Breite im Leben kennen zu lernen, aus der sie dann auch schöpfen kann, wenn es darum geht, neue und innovative Lösungen zu finden? Drittens muss man einen gewissen Hang zur Genauigkeit und zur Nachhaltigkeit haben. Wenn jemand kein Interesse daran hat, dass am Ende seines Projektes eine ordentliche Dokumentation und Schulungsunterlage vorhanden ist, ist er auf der Projektebene falsch angesiedelt.

Natürlich habe ich bei fast 30 Leuten die gesamte Bandbreite, aber diese drei Kernfähigkeiten – gute Menschenführung, breiter theoretischer Background und Hang zur Präzision – das ist das, worauf ich achte.

Der Projektauftrag bei Peneder

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Dipl.Ing. Jürgen Hamader, Geschäftsführer der Peneder Service Consulting GmbH