Action Learning - Lernen am realen Problem

Man löse reale Probleme am Arbeitsplatz und verbinde damit noch einen intensiven Erfahrungsaustausch: Lernen an realen Problemen voneinander und miteinander - das ist der zentrale Ansatz des Action Learning.

Woher kommt Action Learning?

Als geistiger Vater gilt der 1907 geborene britische Kernphysiker Reginald Revans. Als Mitglied einer neu gebildeten Kohlebehörde in Essex beeindruckte Revans, wie sich die – überwiegend ungelernten – Bergarbeiter während ihrer Zechenbesuche in gemeinsamen Gesprächen über ihre Probleme vor Ort unterhielten und nach praktischen Lösungen suchten. Seine Schlussfolgerung, dass Wissen allein ein Produkt des Handelns und der gemeinsamen Reflexion ist, brachte ihn schließlich zur Idee des Action Learning, die er in den nächsten Jahrzehnten in zahllosen Projekten ständig weiter entwickelte.

Revans hegt ein tiefes Misstrauen gegenüber so genanntem Expertenwissen. Gängigen Management- und Führungstheorien mit ihrem überwiegend direktiven Charakter steht er äußerst kritisch gegenüber. Stattdessen plädiert er dafür, sich in Lerngruppen von Gleichgesinnten offen über die eigene Unwissenheit auszutauschen und daraus die richtigen Fragen abzuleiten.

Was ist nun Action Learning?

Beim Action Learning werden Mitarbeiter in Unternehmen ermutigt, sich spontan in Kleingruppen für kurze Zeit zusammenzufinden, um anderen ihre Sichtweise von Problemen und ihre Lösungsvorstellungen zu gewissen Aufgabenstellungen zu erklären – klar nach dem Prinzip, dass das gegenseitige Lehren die effektivste Form des Lernens ist. Auslöser zur Bildung von Action-Learning-Gruppen sind reale Probleme, an deren Lösung einzelne Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen aktuell arbeiten. Initiator ist oder sind größtenteils die Problembesitzer (Fallbringer).

Dem ursprünglichen Wesen des Action Learning widerspricht es zwar, fertige Strukturen und Konzepte vorzugeben, dennoch hat es sich in der Praxis bewährt, in diesen Gruppen Methoden einzusetzen, die diesen lebendigen Lernprozess auf dem Weg zur Lösung unterstützen. Was sind nun Charakteristika von Action-Learning-Programmen sowie Voraussetzungen, damit Action Learning wirklich funktioniert?

Charakteristika und Vorraussetzungen

     

  • Bearbeitet wird ein ebenso reales wie akutes Problem mit unmittelbarem Bezug zum Arbeitsplatz, für das es keine vorgefertigten Lösungsschemata gibt.
  • Der 'Problemeigentümer' fungiert als Auftraggeber des Action-Learning-Programms. Er hat ein dringendes Interesse an der Problemlösung, gibt der Lerngruppe einen konkreten Auftrag und wird von dieser regelmäßig über den Stand des Projekts informiert.
  • Die Teilnehmer einer Lerngruppe engagieren sich aus eigenem Interesse an dem Programm und arbeiten uneigennützig an einer Lösung zu Gunsten des Auftraggebers.
  • Jeder Teilnehmer einer Lerngruppe sucht sich innerhalb der Organisation einen so genannten Förderer für regelmäßige persönliche Reflexionsgespräche. Der Teilnehmer erhält dadurch mehr Klarheit über sich und seinen Beitrag zur Lösung der Projektaufgabe. Der Förderer wiederum erkennt aus den Darstellungen des Teilnehmers Schwachstellen und Entwicklungspotenziale der Organisation. Er agiert damit innerhalb der Organisation als zusätzlicher Katalysator des Lernprozesses.
  • Das Action-Learning-Programm wird vom Top-Management vorbehaltlos unterstützt. Es stellt aus seinen Reihen eine Führungskraft, die für die Verlaufzeit des Programms die Rolle des Trägers übernimmt. Dieser sorgt dafür, dass der Lerngruppe die nötigen materiellen, personellen und zeitlichen Ressourcen zur Verfügung stehen.
  • Die Lerngruppe ist möglichst heterogen zusammengesetzt, um eine einseitige Überbewertung des Fachwissens zu vermeiden bzw. das Fachwissen einzelner Gruppenmitglieder mit dem gesunden Menschenverstand der anderen kritisch zu spiegeln.

Wir finden Ansätze und einzelne Ideen der ebenso einfachen wie überzeugenden Action-Learning-Philosophie von Revans bereits in einigen Konzepten des arbeitsplatznahen Lernens, in Qualitätszirkeln oder in Lernprojekten für Führungskräfte wieder.

Jedoch hat Action Learning auch einen Pferdefuß: Für Revans ist das gegenseitige Eingeständnis der eigenen Unwissenheit die treibende Kraft des Lernprozesses, "weil der Einzelne stark motiviert ist, seine eigene Verwirrung zu verstehen und auch die seines Kameraden zu klären". Für gestandene Führungskräfte im europäischen Raum wird jedoch das Eingeständnis des eigenen "Nichtwissens und Fehlermachens" größtenteils noch als Blöße gesehen, die sie sich weder geben können noch wollen.

Action Learning erfordert somit von Führungskräfte unbedingt den Mut und den Willen, die Rolle eines gleichberechtigten Lernpartners einzunehmen.

Prinzipielle Voraussetzungen
  • Der 'Problemeigentümer' fungiert als Auftraggeber des Action-Learning-Programms. Er hat ein dringendes Interesse an der Problemlösung, gibt der Lerngruppe einen konkreten Auftrag. Der Auftraggeber kann wahlweise an der Action-Learning-Gruppe teilnehmen oder wird von dieser über die Ergebnisse informiert.
  • Die Teilnehmer einer Lerngruppe engagieren sich aus eigenem Interesse an dem Programm und arbeiten uneigennützig an einer Lösung zu Gunsten des Auftraggebers.

 

Themen für Action-Learning

Vorraussetzung: Ein ebenso reales wie akutes Problem mit unmittelbarem Bezug zum Arbeitsplatz, für das es keine vorgefertigten Lösungsschemata gibt.

Dazu einige Beispiele: 

  • Der Auftraggeber (weiter kurz A) hat ein akutes Problem, für das es noch keine vorgefertigten Lösungsschemata gibt.
    > Eine Mitarbeitergruppe versucht durch ihr Verhalten einen einzelnen Mitarbeiter zur Kündigung zu bewegen.
  • A steht vor einer neuen Herausforderung/Veränderung, wo kreative Ideen, ungewöhnliche Angehensweisen gefragt sind.
    > eine Verkaufsstrategie entwickeln für eine neue Produktgruppe
  • A steht vor einer schwierigen Situation, die eine Entscheidung erfordert, möchte mögliche Handlungsalternativen und Chancen oder Risken erarbeiten.
    >  entweder Mitarbeiter kündigen und wertvolles Expertenwissen verlieren oder störendes Verhalten tolerieren?
  • A hat ein wiederkehrendes Problem, für das er noch keine wirklich befriedigende Lösungsalternative gefunden hat.
    > Kollegen, Vorgesetzte halten sich nicht an Zusagen und Vereinbarungen und gefährden dadurch wiederholt Projekte.
  • A hat bereits für einen konkreten Plan für ein Projekt entwickelt und möchte dazu verschiedene Meinungen und Blickwinkel einholen.
    > ein neues System der Auftragsabwicklung wurde entwickelt und A möchte sichergehen, das nichts übersehen wurde.
Der Ablauf

1. Auftrag
Mitarbeiter bringt einen Fall ein (Kurzbeschreibung)

  1. Nennung von Wunschteilnehmern oder Wünschen zur Zusammensetzung der Gruppe
    ! Teilnehmer mit unterschiedlichen Hintergründen empfehlenswert

  2. Teilnahme des Auftraggebers empfehlenswert, aber nicht immer unbedingt notwendig

2. Einladung
Teilnehmer werden (z.B. von neutralem Organisator oder Auftraggeber) zur Bearbeitung des Falles eingeladen
! Eine Anzahl von 3-7 Teilnehmern hat sich bewährt   

Die Teilnahme erfolgt immer freiwillig

3. Durchführung

Die Durchführung erfolgt in fünf Schritten

  1. Vorstellung des Auftrages und Rückfragen zur Klärung
  2. Austausch von Ideen und Sichtweisen und Hypothesen
  3. Entwickeln und Bewerten erster Lösungsansätze und Weiterverfolgen passender Ansätze
  4. Sammlung und Übergabe aller Ergebnisse an Auftraggeber 
  5. Reflexion nach Umsetzung
Hilfreiche Methoden zur Durchführung der einzelnen Schritte:

Kollegiale Beratung
6 Denkhüte
.......

Weiterführende Literatur:

• Otmar Donnenberg (Hrsg.): Action Learning. Ein Handbuch, Klett-Cotta, Stuttgart 1999, ISBN: 3-608-91945-7.
• Reginald Revans: Abc of Action Learning. Empowering Managers to Act and to Learn from Action, The Mike Pedler Library, 1998, ISBN: 1-898001-42-1.

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