Neuer Boss, neues Spiel

Wechselt der CEO, hat das massive Auswirkungen auf die Karriereverläufe der anderen Führungskräfte, wie eine Untersuchung aus Amerika eindrucksvoll belegt.

Die Tendenz ist eindeutig. Die durchschnittliche Verweildauer von Vorstandsvorsitzenden ist in den vergangenen Jahren ständig gesunken und hält in Europa derzeit bei knapp 5 Jahren. Laut der jährlich durchgeführten CEO-Succession-Studie der Beratungsfirma Strategy& (früherer Name: Booz Allen Hamilton) haben 2014 im globalen Durchschnitt 14,4 Prozent der CEOs ihren Posten aufgegeben.

Zurück zum Start

Was aber bedeutet dieser Wechsel an der Unternehmensspitze für die Vorstandskollegen und die nachgelagerten Ebenen? Kurz gesagt bedeutet es: Die Karten werden neu gemischt. Bisherige Erfolge und Misserfolge verlieren schlagartig an Bedeutung, alle fangen ganz von vorne an. Daher fragt sich jede Führungskraft: Was ist ausschlaggebend dafür, ob ich mir als Top-Manager plötzlich selbst Sorgen um meinen Job machen muss? Worauf schaut der/die Neue an der Spitze und nach welchen Kriterien entscheidet er/sie über Halten oder Auswechseln im Vorstandsteam und auf den nachfolgenden Führungsebenen? Dass diese Fragen mehr als berechtigt sind, zeigen die Zahlen, die Kevin P. Coyne von Mc Kinsey und Edward J. Coyne von der Samford University in Birmingham, Alabama, zusammengetragen haben. Dazu sammelten und analysierten sie Daten über die Fluktuationsraten von CEOs und hochrangigen Managern während der Jahre 2002 bis 2004 in den 1000 größten amerikanischen Unternehmen und ergänzten diese durch Interviews mit Top-Managern.

Drei Vergleichsgruppen

Bereits aufschlussreich ist der Vergleich von drei Konstellationen:

  • Firmen, in denen kein Wechsel an der Spitze stattgefunden hatte
  • Firmen, bei denen der/die Neue an der Spitze aus dem Unternehmen selbst kam und
  • Firmen mit neuem Chef von außen.

Ohne Wechsel an der Spitze betrug der Anteil jener Spitzenmanager, die das Unternehmen unfreiwillig verlassen mussten, durchschnittlich 7,5 Prozent pro Jahr. Bei neuem internem CEO stieg die Zahl der unfreiwilligen Wechsler bereits um 65 Prozent auf 12,5 Prozent pro Jahr. Richtig dramatisch wurde es dann bei einem neuen CEO von außen: In diesem Fall lag der Wert jener, die das Unternehmen unfreiwillig verließen, bereits bei 26 Prozent, fast viermal so hoch wie bei Unternehmen ohne Führungswechsel an der Spitze.

Bezieht man dann noch die Führungskräfte mit ein, die freiwillig ausscheiden, sei es aufgrund von Pensionierung, Abwerbung, etc.) lag der Gesamtwert (unfreiwillige und freiwillige Wechsel) in Firmen ohne Wechsel an der Spitze bei 17 Prozent, bei Firmen mit neuem intern rekrutierten CEO bei einem Gesamtwert von 22 Prozent und bei Firmen mit neuem externen CEO bereits bei 33 Prozent! Kam der neue CEO also von außen ins Unternehmen, verließ durchschnittlich jeder dritte Manager der obersten Ebenen in den darauffolgenden 12-24 Monaten das Unternehmen, knapp 80 Prozent davon unfreiwillig.

Auch wenn die Werte auf den nachgelagerten Führungsebenen etwas geringer ausfallen, (insgesamt 15 Prozent in Firmen ohne CEO-Wechsel, 17 Prozent bei neuem internen CEO und 25 Prozent beuem externen CEO), so zeigt sich doch auch hier ein markanter Anstieg der Fluktuationsrate.

Der Wechsel bekommt den Wenigsten

Was passiert mit den Managern, die das Unternehmen verlassen? Wie viele finden bessere oder zumindest adäquate Positionen. Zumindest was die hier zitierte Untersuchung betrifft, ist das Ergebnis ernüchternd. Von den ca. 400 Spitzenmanagern (Vorstandskollegen), die im Untersuchungszeitraum das Unternehmen verließen, übernahm, so die Autoren, fast keiner einen adäquaten Posten in einem vergleichbaren Unternehmen. Gerade einmal 4 Prozent der infolge eines CEO-Wechsels ausgeschiedenen Spitzenmanager konnten sich wirklich verbessern und gerade einmal 17 Prozent fanden eine vergleichbare Position, wobei sich – auch das ein überraschendes Ergebnis – die Chancen von Managern unter 52 Jahren kaum von den älteren unterschieden. Die überwiegende Zahl hingegen wechselte in kleinere Firmen oder verschwand überhaupt vom Radar. In der Praxis erweisen sich also Wechsel dieser Art wesentlich häufiger als Karriereeinbruch denn "als das Beste, was mir rückblickend passieren konnte".

Weiter zu: Wie geht man mit neuen Chefs um?

...zurück zum Seitenanfang

Teilen: