Meetingitis

Sind Sie einsam? Arbeiten Sie alleine? Hassen Sie es, Entscheidungen zu treffen? Dann halten Sie eine Besprechung ab! So können Sie Leute sehen, Diagramme zeichnen, sich wichtig fühlen, Ihre Kollegen beeindrucken – alles während der Arbeitszeit.

So wichtig es für Führungskräfte ist, die passenden Kommunikations-gelegenheiten zu schaffen, so wichtig ist es, unpassende und überflüssige Zeitfresser als solche zu erkennen und abzustellen oder zumindest in nützliche Events zu verwandeln. Ganz oben auf der Liste findet sich da die Eindämmung des täglichen Besprechungswahnsinns.

Manager verbringen durchschnittlich 40 bis 60 Prozent ihrer Zeit damit, herumzusitzen und miteinander zu reden – so die amerikanischen Autoren Robert Kriegel und David Brandt in ihrem Buch "Das letzte Muh der heiligen Kuh". "Ich hab das Gefühl, dass ich zu überhaupt nichts mehr außer Besprechungen komme", zitieren sie einen leitenden Versicherungsangestellten. "Richtig arbeiten kann ich erst am Abend, wenn alle anderen nach Hause gegangen sind."

Wenn das für Sie keine lohnende Perspektive ist, finden Sie nachstehend einige Anregungen, um das Besprechungsunwesen radikal einzudämmen.

Machen Sie sich klar, was eine einstündige Besprechung kostet.

Sie werden überrascht sein! Was kostet eine Arbeitsstunde eines Geschäftsführers, eines leitenden Angestellten, eines Projektmanagers? Was also kostet Sie eine Stunde Besprechung, an der - sagen wir - der Geschäftsführer, zwei Bereichs- und drei Abteilungsleiter teilnehmen? Betrachtet man einmal nur die Gehaltskosten (ohne Raumkosten, etwaige Anfahrtskosten etc.) sind das in einem Mittelbetrieb überschlagsmäßig 200,- bis 300,- Euro pro Stunde, in einem Großunternehmen leicht das Zwei- bis Dreifache. Ein Vorstandstreffen in der Bank Austria als derzeitigem Spitzenreiter bei den Vorstandsbezügen schlägt übrigens mit etwa 4000,- bis 5000,- Euro pro Stunde zu Buche.

Logische erste Frage: Ist diese Besprechung überhaupt notwendig? Wozu genau wurde sie eigentlich einberufen?

Pünktlichkeit:

Sollte die Besprechung tatsächlich notwendig sein, ist die erste sofortige Maßnahme das nachdrückliche Einfordern von pünktlichem Erscheinen. Denn allein das Warten, bis alle Teilnehmer endlich anwesend sind, verursacht eine Kostensteigerung von 15-25 Prozent. Ein Hinweis auf die dadurch verursachten Kosten bewirkt manchmal Wunder. Noch wirkungsvoller ist es allerdings, den zu spät kommenden Teilnehmern die dadurch verursachten Kosten zu verrechnen.

Teilnehmerauswahl:

Der nächste Punkt ist natürlich, sich genau zu überlegen, wer bei dieser Besprechung warum teilnehmen muss. In den meisten Besprechungen sitzen mehrere Personen, für die die Teilnahme zwar informationshalber interessant sein mag, deren Anwesenheit aber nicht unbedingt erforderlich ist. Fragen Sie sich: Wie hoch ist der Anteil an Statusteilnehmern ("Wenn wir den A einladen, müssen wir auch den B einladen, sonst fühlt sich der übergangen")? Senken Sie diesen Teil radikal, indem Sie eine neue Regel einführen: Wer nicht dabei sein muss, darf nicht dabei sein!

Besprechungslänge:

Besprechungen gleichen oft der heißen Luft, die sie produzieren. Sie dehnen sich aus oder verkürzen sich, um die zur Verfügung stehende Zeit auszufüllen. Wenn Besprechungen für eineinhalb Stunden angesetzt sind, werden die Leute diese Zeit auch ausfüllen. Kürzen Sie die Besprechung auf eine Stunde oder eine Dreiviertel Stunde, wird im allgemeinen das gleiche Pensum bewältigt.

Konzentration:

Eine bestens bewährte, aber viel zu selten eingesetzte Technik, um die Konzentration aufrecht zu erhalten und Abschweifen so weit als möglich zu verhindern, ist die Verwendung eines Computerprojektors. Man tippt Informationen in einen Computer, der mit einem Bildschirm verbunden ist, den alle gut sehen können. Indem man sich regelmäßig vergewissert, dass die Teilnehmer den Aufzeichnungen zustimmen, bringt der Projektor die Leute dazu, sich darauf zu konzentrieren, das Pensum zu bewältigen und ein Gefühl von Zusammenarbeit kommt auf. Zudem ermöglicht es, die Teilnehmer am Ende sofort mit einem Ausdruck dessen zu versorgen, was besprochen wurde und erspart aufwändige Protokolle, die die eine Hälfte "nie bekommen hat" und die andere Hälfte auch nicht liest.

Vorbereitung:

Allen seit Jahrzehnten bekannten Techniken zum Trotz sind die meisten Meetings nach wie vor grottenschlecht vorbereitet. Würde man vor den Konferenzräumen den ankommenden Teilnehmern die Frage stellen, "Worum genau geht es in diesem Meeting?" wäre die häufigste Antwort wohl Achselzucken. ("Kann ich nicht genau sagen, muss aber wichtig sein, sonst hätten sie mich nicht eingeladen"). Dementsprechend viel Zeit geht dabei drauf, zuerst einmal alle Teilnehmer auf den gleichen Informationsstand zu bringen. Von gut vorbereiteten Teilnehmern kann dann sowieso keine Rede sein.

Einen hilfreichen Leitfaden, der Problemlöse-Meetings entweder ganz überflüssig macht oder radikale verkürzt, finden Sie unter Wie Mitarbeiter Probleme selbst lösen

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