Management Development Programme in großen Unternehmen

Management Development Programme sind heute bei allen großen Unternehmen Standard. Doch wie gut gelingt es ihnen tatsächlich, diese so zu gestalten, dass ihre Unternehmensstrategie damit gut unterstützt wird?

Eine Studie der Trigon Unternehmensberatung "Managment Development Programme in internationalen Unternehmen" beleuchtete diese Frage mittels ausführlicher teilstrukturierter Interviews mit HR-ExpertInnen aus 20 internationalen Unternehmen und fand dabei vier unterschiedliche Zugänge in der Herangehensweise der Unternehmen:

     

  1. Competency-Modelle sind Basis für das gesamte Management Development Programm
  2. Führungsgrundsätze und Führungsleitbilder bestimmen Inhalte von MD-Programmen
  3. Inhalte von MD Programmen bieten Unterstützung für aktuellen Qualifizierungsbedarf zur Strategie-Umsetzung
  4. Konzepte und Programme werden kontinuierlich überarbeitet und an veränderte Rahmenbedingungen angepasst

1. Competency-Modelle als Basis für das Management Development Programm

Eine der stringentesten Formen der Verbindung von Unternehmensstrategie und Management Development besteht darin, ein unternehmensweit gültiges Competency Modell zu entwickeln und auf dieses das gesamte Kompetenzmanagement des Unternehmens an allen internationalen Standorten aufzubauen. Die Competencies werden – mit zum Teil hohem unternehmensinternen Entwicklungsaufwand - aus der Unternehmensstrategie und aus der Erforschung des Verhaltens erfolgreicher Führungskräfte generiert. Diese Kompetenzen werden in operationale Anforderungskriterien übersetzt und bilden die Basis für Potenzialerkennung und Leistungsbeurteilung. Dazu werden Zielprofile für bestimmte Gruppen von Führungskräften auf Basis des Kompetenzmodells definiert, die Erreichung dieser Zielprofile mit verschiedenen Methoden der Potenzialdiagnostik und Beurteilung gemessen. Ebenso orientieren sich die Inhalte von Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen am Kompetenzmodell.

2. Führungsgrundsätze und Führungsleitbilder bestimmen Inhalte von MDProgrammen

Die "Basis-Übung" der Strategie-Orientierung des Management Development besteht darin, die Inhalte eines Führungsleitbildes oder zentralen Werte-Kataloges als Grundlage für die Konzeption von Management Development Programmen heranzuziehen. Bei der Festlegung der Lernziele und Lernformen der einzelnen Elemente der MD Programme wird sorgfältig darauf geachtet, dass damit wirksam jene Fähigkeiten verbessert werden, die entsprechend dem Führungsleitbild wesentlich sind. Auch bei der Formulierung der Anforderungskriterien für Potenzialdiagnostik, Beurteilung, 360° Feedback etc. dient das Leitbild als Grundlage –aber ohne den Anspruch, alle in ein unternehmensweit und international gültiges Competency-Modell zu integrieren. Diese "losere" Form der Strategie-Orientierung von Management Development geht in der Regel auch einher mit einer großen Autonomie der Unternehmensstandorte in den einzelnen Ländern bzw. gewissen Autonomie einzelner Unternehmensbereiche bezüglich der Art und Weise der Umsetzung der strategischen Leitlinien.

3. Unterstützung für aktuellen Qualifizierungsbedarf zur Strategie-Umsetzung

Die Konzeption von MD Programmen auf Basis von Leitbild und Kompetenzmodell sichert den vorausschauenden, zukunftsorientierten Aufbau von strategisch relevanten Qualifikationen. Ergänzend dazu müssen MD Programme flexibel genug sein, damit das Unternehmen auf einen aktuellen Bedarf der Strategie-Umsetzung rasch reagieren und die Führungskräfte bei der Bewältigung aktueller Problemlagen optimal unterstützen kann. Dies wird möglich,

     

  • wenn MD Programme direkt und kurzfristig als Antwort auf aktuelle Herausforderungen der Strategie-Umsetzung konzipiert werden
  • wenn die Inhalte von MD Programmen zwar in einer allgemeinen Form festgelegt sind (z.B. Workshops oder Trainingsmodule zum Thema „strategische Führung“ oder „Konfliktmanagement“), konkret aber in diesen Modulen an Problemlagen aus der aktuellen Strategie-Umsetzung gearbeitet wird. Voraussetzung dafür ist, dass keine Standard-Trainings angeboten werden, sondern für die aktuelle Situation maßgeschneiderte Trainings-Workshops.

4. kontinuierliche Anpassung des Programms an veränderte Rahmenbedingungen

Management Development Programme, die die Strategie-Umsetzung unterstützen sollen, müssen auch selbst ständig weiterentwickelt werden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer professionellen Steuerung: Steuergruppen, Beiräte, unternehmensinterne ProjektleiterInnen müssen für eine laufende Evaluierung sorgen und sicherstellen, dass strategisch bedeutsame Inhalte in die Programme Eingang finden. Viele unserer InterviewpartnerInnen bestätigten diese Notwendigkeit der laufenden Anpassung bzw. waren zum Zeitpunkt der Befragung gerade damit beschäftigt.

Welche Lernformen werden eingesetzt?

Die Praxis der eingesetzten Lernformen in den von uns untersuchten internationalen Unternehmen zeigt:

     

  1. Der Trend im MD geht hin zu multiplen und flexiblen Settings und Konzepten mit einer Kombination verschiedener Lernformen.
  2. Das Angebot im MD ist stark differenziert, es werden "passgenaue" Programme für spezielle Zielgruppen entwickelt.
  3. Nur einige wenige große Unternehmen haben Erfahrungen mit e-learning gemacht und wenden dieses erfolgreich an.
  4. Im Rahmen von MD wird an strategischen Projekten gearbeitet.

1. Trend hin zu einer Kombination verschiedener Lernformen.

Die meisten der in dieser Studie untersuchten Unternehmen bieten im Bereich Management Development einen Mix aus Trainingsmodulen, Projektarbeit, Lerngruppen, Coaching, Mentoring, Training on oder near the job, Workshops und Kamingesprächen an. Zusätzlich gibt es bei einigen Unternehmen noch Lernreisen (z.B. zu Wettbewerben im Sinne des Benchmarking oder zu Auslandsniederlassungen) und Job Rotation. Oft werden fixe und individuelle oder frei wählbare Bestandteile kombiniert.

Eine zentrale Rolle spielen Methoden, die den Transfer des Gelernten in den Arbeitsalltag sicherstellen, wie z.B. Lerngruppen zwischen einzelnen Trainingsmodulen, Transferaufgaben, Peer Groups oder Projektarbeit. Ein weiterer Trend geht dahin, dass es kein Programm im engeren Sinne mehr gibt, sondern auf die persönliche Situation und Entwicklung abgestimmte Angebote. Beispielhaft dafür sind in vielen Unternehmen die Talente-Pools für Potenzialträger. Letztere werden in strategische Projekte eingebunden, tauschen sich in Workshops mit dem Top-Management zu unternehmensrelevanten Themen aus oder erhalten individuell wählbare Entwicklungsangebote.

2. passgenaue Programme für spezielle Zielgruppen

Neben dem oben benannten Trend existieren auch weiterhin klassische MD Programme. Insbesondere für Nachwuchsführungskräfte und Führungskräfte unterer Ebenen wird meist eine grundlegende Managementausbildung, oft in der Landessprache, angestrebt. Alle untersuchten Unternehmen differenzieren ihr Angebot stark nach Zielgruppen. Hierbei spielen Führungsebenen (z.B. Top Management, mittleres Managements, Team- und Gruppenleiter) eine zentrale Rolle, es gibt aber auch Angebote für Nachwuchsführungskräfte, Trainees, Potenzial- und Leistungsträger, neuernannte Führungskräfte oder beispielsweise für Manager im Vertrieb.

Während die Programme für Nachwuchsführungskräfte und untere bis mittlere Führungsebenen häufig in Zusammenarbeit mit externen TrainerInnen und Beratungsfirmen entwickelt und durchgeführt werden, nehmen Top-Führungskräfte auch individuell an den Curricula renommierter internationaler Business Schools teil. Oft betreffen diese exklusiven Angebote die oberste internationale Führungsebene, werden von der Zentrale aus organisiert und finden in Kooperation mit Institutionen statt, die auf einen bekannten Namen (z.B. IMD, INSEAD, Stanford, Harvard...) verweisen können. Auch bei MBA Programmen, die einem bestimmten Kreis von Potenzial- und Leistungsträgern angeboten werden, wird auf die Zusammenarbeit mit Universitäten und Fachhochschulen gesetzt. Nur wenige Unternehmen entwickeln hingegen in Zusammenarbeit mit Business Schools ihr eigenes Management Curriculum.

Die Komplexität in der Angebotspalette zum MD wird bei internationalen Unternehmen erhöht durch eine Differenzierung in nationale und internationale Programme. So gibt es z.B. bei einer Großbank einen internationalen Talentepool und ein internationales Top Executive Development Program oder bei einem Technologieunternehmen mit über 10 internationalen Standorten und mehr als 1000 MitarbeiterInnen ein Global Leadership Development Programm für den oberen Führungskreis und parallel dazu nationale und internationale Talente-Pools für untere Führungsebenen.

Wie Zielgruppenorientierung mit einer Unterscheidung in lokale und internationale Programme verknüpft wird, verdeutlicht dieses Beispiel eines Industrieunternehmens, das Standorte in mehr als 10 Ländern auf mehreren Kontinenten und weit über 1000 MitarbeiterInnen hat:

Es gibt vier Ebenen:

Förderkreis 1: Grundqualifikationen für alle Mitarbeiter, wird lokal gestaltet und organisiert.

Förderkreis 2: weltweite Potenzialträger. Lehrgang mit fünf Modulen à vier Tagen. Dualer Ansatz – Aufbau von Management Know-how und Leadership Kompetenz kombiniert (nicht modulartig getrennt).

Förderkreis 3: Mittleres Management international, Inhalte: 70% persönliche Kompetenz.

Förderkreis 4: Top Management (ca. 25 Personen weltweit), aktuelle Trends, Erfahrungsaustausch, als Teilnehmer bei Kamingesprächen und Projektsponsoren.“

Im Bereich des Top Managements finden sich am wenigsten firmeninterne Angebote. Meist beschränken sich diese auf Coaching sowie Workshops, ein Unternehmen bietet eine spezielle Sommerakademie an, die neben dem inhaltlichen Austausch auch die internationale Vernetzung zum Ziel hat.

Aktuell scheint eine zentrale Herausforderung im Bereich MD für viele Unternehmen darin zu bestehen, die Balance zu finden zischen dem flexiblen Eingehen auf lokale und individuelle Bedürfnisse (inhaltlich, methodisch und sprachlich) einerseits und der internationalen Vernetzung von Managern sowie der unternehmensweiten Standardisierung von Angeboten und Inhalten andererseits.

3. wenige Erfahrungen mit e-learning

Die meisten der in dieser Studie untersuchten Unternehmen, vor allem die kleineren, haben gar keine Erfahrungen mit der Anwendung von e-learning gemacht. Größere Unternehmen, die e-learning Elemente einführten, berichten von schlechten bis gemischten Ergebnissen: E-learning Elemente werden als aufwändig und kostenintensiv in der Entwicklung erlebt, oft nicht ausreichend bedarfsorientiert und mit geringer Akzeptanz der Nutzer. Sie können aber vor allem dann sinnvoll sein, wenn es um die schnelle und standardisierte Vermittlung von Fachinhalten geht. Eine Alternative zum reinen e-learning ist für einige wenige Unternehmen das blended learning.

4. Im Rahmen von MD wird an strategischen Projekten gearbeitet

Viele Unternehmen gestalten Teile ihrer MD Programme oder Programme für ausgewählte Zielgruppen direkt rund um strategische Projekte. Statt seminaristischem Lernen steht die Projekt-Arbeit im Vordergrund – das Lernen wird über spezielle Reflexionsschleifen sichergestellt: Die Erfahrungen, welche die Führungskräfte oder Nachwuchskräfte bei der Arbeit an den strategischen Projekten machen, werden systematisch und mit professioneller Unterstützung durch HR reflektiert.

Kurzgefasst: 10 Erfolgsfaktoren für die Gestaltung von MD

AutorInnen: Dr. Martina Scheinecker, Mag. Wolfgang Grilz, Dr. Susanne Skandera

Weitere Infos zur Studie unter: www.trigon.at

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Dr. Martina Scheinecker, Trigon Unternehmensberatung