Die Ausgangssituation analysieren

Wer neu auf eine Führungsposition wechselt, muss sich nicht nur schnell in der Fülle von Themen und Problemen orientieren, sondern ist gezwungen, bereits Entscheidungen zu treffen, ohne bereits ausreichend informiert zu sein. Was also tun, wenn eine Analyse der Situation, in der alle Elemente erfasst werden, nicht möglich ist?

Dr. Peter Fischer schlägt in seinem Buch „Neu auf dem Chefsessel“ vor, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen, um ein möglichst scharfes Bild der Situation zu gewinnen. Laut Fischer haben sich insbesondere folgende fünf Perspektiven bei der Analyse der Ausgangssituation bewährt:

Perspektive 1: Die Regeln und Selbstverständnisse, die die Person leiten
Perspektive 2: Die Themen, die die Organisation beschäftigen
Perspektive 3: Die Fakten, die das Handeln bestimmen
Perspektive 4: Das Innovationspotenzial, das zur Verfügung steht
Perspektive 5: Die Ressourcen, auf die Sie bauen können

Perspektive 1: Die Unternehmenskultur:

Erfolgreiche Führungskräfte saugen die neue Organisation und ihre Kultur geradezu in sich auf. Sie achten auf die Sprache, fragen nach den Regeln und beobachten die Gewohnheiten. Sie könnten sich also, so der Vorschlag von Peter Fischer, fragen:

     

  • Wie sprechen die Mitarbeiter vom Unternehmen bzw. von ihrer Abteilung?
  • Welche Gewohnheiten sind Ihnen in den ersten Tagen aufgefallen?
  • Welche Geschichten wurden Ihnen als erstes erzählt?
  • Welche Personen hat man Ihnen als wichtig vorgestellt?
  • Wer kommuniziert mit wem? Wer mit wem nicht?
  • Gibt es auffällige Kommunikationsangewohnheiten wie Unterbrechen, Kritisieren oder das Ausschließen von Problemen?
  • Wie spricht man über Kunden und andere Abteilungen?
  • Welche Bedeutung haben Status und Macht?
  • Wie ist die Stimmung?
  • Wie erklärt man sich Erfolge, wie Schwierigkeiten?
  • Gibt es Leitsätze und wie wird mit ihnen umgegangen?

Perspektive 2: Sortieren der Themen

Sie müssen wissen, was aus Sicht Ihre Vorgesetzten dringend gelöst werden muss und welche Hoffnungen Ihre Mitarbeiter mit Ihrem Kommen verbinden. Dabei kommt es darauf an, die Liste der genannten Probleme nicht anders als eine Beschreibung der Situation aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten. Einer der größten Fehler wäre, die Beschreibung von Problemen als objektive Tatsachen zu werten.

     

  • Fragen Sie Ihre Mitarbeiter, wie sie die Themen in eine Reihenfolge bringen würden.
  • Fragen Sie, welche Themen miteinander verknüft sind und was nach Meinung Ihrer Mitarbeiter aus der Sicht der Kunden am dringendsten gelöst werden müsste.
  • Fragen Sie, welche Probleme sie mit Bordmitteln für lösbar halten, aber fragen Sie auch danach, ob die genannten Probleme schon lange bekannt sind.
  • Fragen Sie, was bereits alles versucht wurde und warum es bisher zu keiner dauerhaften Lösung gekommen ist.

Fast 80%, so die Einschätzung von Peter Fischer, sind Dauerthemen. D.h. Themen, an denen sich schon eine Reihe von Personen vor Ihnen die Zähne ausgebissen haben.

Perspektive 3: Die Fakten erfassen

Wie steht es um Ergebnis und Deckungsbeiträge, wo fallen welche Kosten an und was wurde bisher unternommen, um sie zu reduzieren? Sie brauchen Zahlen über den Stand der einzelnen Produkte im Markt und Infos über die strategischen Überlegungen. Oft gibt es einen interessanten Widerspruch zwischen den Beschreibungen der Probleme und den Fakten.

Wie steht es um

     

  • Die Ergebnisse
  • Die Kosten
  • Das Produktportfolio
  • Zukunftsstrategien
  • Pannen, Beschwerden

Perspektive 4: das Innovationspotenzial

Wenn in Ihrer neuen Position wichtige Veränderungen gefordert sind, müssen Sie auch wissen, wie es um die Innovationsfreude Ihre Unternehmens bzw. Bereiches steht. Fragen dazu wären:

     

  • Welche innovativen Projekte, Strategien und Veränderungen gab es in der letzten Zeit?
  • Wer ist verantwortlich für den Stand der Innovation?
  • Werden Ideen, Flexibilität und Veränderungsbereitschaft gefördert, unterstützt oder abgeschnitten?
  • Konzentriert man sihc mehr auf die Ziele oder die Abläufe?
  • Gibt es Kreativmeetings, eigenwillig zusammengestellte Task-Forces und/ oder anregungen durch Externe?
  • Falls Sie nur schwer fündig werden, suchen Sie nach Ausnahmen. Sie gibt es immer.

Perspektive 5: Ressourcen, auf die Sie bauen können

Wenn Sie die Regeln und das Selbstverständnis des Unternehmens kennen, die die Mitarbeiter beschäftigen, Fakten kennen und die Bereitschaft zu Innovation und Veränderung einschätzen können, brauchen Sie noch die Ressourcen, auf die Sie bauen können. Sie werden nicht erfolgreich sein, wenn Sie nicht die Stärken Ihrer Mitarbeiter und der Organisation kennen. Viele Führungskräfte sind darauf konditioniert, Schwachstellen zu entdecken, erfolgreiche Führungskräfte verfügen über die Fähigkeit, Ressourcen zu entdecken. Was nicht zuletzt deswegen von Bedeutung ist, weil es kaum möglich ist, Veränderungen ohne das Vertrauen in die eigenen Stärken in Bewegung zu setzen.

     

  • Nennen Sie die drei Stärken Ihres neuen Bereiches, auf die Sie sich in schwierigen Zeiten verlassen können.
  • Worauf sind Ihre Mitarbeiter besonders stolz?
  • Welche Ressourcen haben Ihre neuen Mitarbeiter überhaupt noch nicht entdeckt?

Quelle: Dr. Peter Fischer: Neu auf dem Chefsessel

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