Das Burnoutmodell von Maslach und Leiter

Mag. Stefan Geyerhofer von der Webster University über das von Maslach und Leiter entwickelte Burnoutmodell "Job-Person Fit", das sechs Bereiche des Arbeitsumfeldes als wichtige Einflussfaktoren für Burnout identifiziert hat.

Christina Maslach und Michael P. Leiter sprechen von der Passung zwischen Person und Job. Wohl jeder hat schon die Erfahrung gemacht, dass bestimmte Menschen mit einer bestimmten Arbeit sehr gut zurecht kommen, andere aber nicht. Die gleichen Arbeitsbedingungen können also bei der einen Person zum Burnout führen, bei einer anderen aber nicht. Ausschlaggebend ist daher, welche Erwartungen Menschen haben und wie diese Erwartungen mit dem zusammen passen, was sie vorfinden. Laut Maslach & Leiter haben vor allem die folgenden 6 Faktoren wesentlichen Einfluss auf Lust oder Frust im Job:

1. Faktor: die Arbeitsbelastung

Chronische Arbeitsüberlastung leistet Burnout Vorschub. Das Gefühl, zuviel in zu wenig Zeit mit unzureichenden Mitteln schaffen zu müssen, führt zu Überforderung und Überlastung. Kann man hingegen das Verlangte auch schaffen, dann erhält das das Job Engagement. Man ist zwar vielleicht müde, erlebt sich aber als leistungsfähig und der Aufgabe gewachsen.

2. Faktor: das Ausmaß an Kontrolle

Manche Menschen erwarten sich klare Vorgaben und Richtlinien, andere erwarten sich einen größeren Spielraum. Es gibt Firmen, in denen Mitarbeiter klare Vorgaben erwarten und wenn sie sie finden, dann erhält das deren Job Engagement. Das sind aber gleichzeitig auch Organisationen, in denen die Mitarbeiter mit viel Freiraum nicht gut umgehen können. Für viele dieser Mitarbeiter wäre es schnell eine massive Überforderung, wenn sie plötzlich große, wichtige Entscheidungen selbst treffen müssten. In anderen Unternehmen verhält es sich genau umgekehrt: Je geringer die Vorgaben, desto größer das Job Engagement der Leute. Sie möchten selbst gestalten und fühlen sich durch zu enge Vorgaben eingezwängt und überreglementiert.

Haben Beschäftigte zudem keine oder zuwenig Kontrolle über die Ressourcen, die sie für die Aufgabenerledigung benötigen, werden dann aber für Arbeitsergebnisse verantwortlich gemacht, die aufgrund eines Mangels an Kapazitäten nicht erbracht werden können, führt zu einem hohen Stresspegel.

3. Faktor: Anerkennung und Belohnung

Burnout ist auch eine Folge erwarteter, aber nicht bekommener Anerkennung. Wenn überhaupt nicht gesehen wird, was ich als Mitarbeiter mache - Menschen also im schlimmsten Fall das Gefühl haben, es ist ganz egal ob sie ihre Arbeit gut oder schlecht machen, da das keinen zu interessieren scheint, weder den Chef, noch die Kollegen - dann ist das zutiefst kränkend. Ebenfalls zermürbend ist eine als unzureichend erlebte finanzielle Abgeltung der erbrachten Leistung.

4. Faktor: die Gemeinschaft

Wenn es nur gegeneinander geht und ständig Spannungen und Konflikte herrschen, dann führt das zu Burnout. Ziehen die Leute hingegen gemeinsam an einem Strang, trägt das wesentlich zum Job Engagement bei. Bei einigen der untersuchten Firmen (z.B. im Sozialbereich) zeigte sich, dass dieses Gemeinschaftsgefühl jener Aspekt war, der die Leute (angesichts hoher Arbeitsbelastung, schlechter Bezahlung geringer Anerkennung usw.) überhaupt noch zusammen hielt. Fängt dann in solch einem Fall auch noch dieser Bereich zu bröckeln an, ist die Hölle los.

5. Faktor: die Fairness

Dieser Faktor bezieht sich auf das Gefühl, dass es hier gerecht zugeht, dass Aufstiegsmöglichkeiten, Resourcen, Prämien etc. gerecht verteilt werden, dass es keine "Freunderlwirtschaft" gibt, dass wirklich zählt, was man kann und was man geleistet hat und nicht, wen man kennt und mit wem man Essen war. Fehlt dieses Gefühl, sind die typischen Folgen Illoyalität, Frust und Zynismus.

6. Faktor: die Werte

Wenn die Rahmenbedingungen passen und wenn es gemeinsam geteilte Werte gibt, bleibt man durchaus gerne mal länger sitzen, denn dann macht die Arbeit Spaß und Sinn. Dann ist man auch bereit, einmal über eine längere Zeit Mehrarbeit zu leisten und eine Arbeitsüberlastung auszuhalten. Aber etwas zu tun, das man als unethisch empfindet, den eigenen inneren Werten widerspricht oder einen in innere Konflikte treibt, oder eine Organisation zu vertreten, die das Gegenteil von dem lebt, was sie nach außen vertritt, zermürbt Menschen.

Bei hohem Job Engagement geht der Mitarbeiter trotz Arbeitsbelastung immer noch mit dem Gefühl nach Hause, er hat zwar heute wieder viel gearbeitet, aber die Arbeit war interessant, in einem tollen Team, wo es fair zugeht und man seine Arbeit auch selbst kontrollieren kann. Und das erhält über lange Zeit, auch wenn die Arbeitsbelastung hoch ist, das Job Engagement. Wir haben es bei vielen Firmen erlebt: Es ist in vielen Fällen nicht die Arbeitsbelastung, die Menschen ins Burnout treibt!

Obwohl die Arbeitsbelastung das Erste ist, woran die Menschen bei Burnout denken, zeigen die Untersuchungen: Meistens ist das nicht die Ursache. Meistens sind es Gründe aus den anderen Bereichen, warum Menschen in der Früh gar nicht mehr aufstehen und nicht mehr zur Arbeit gehen wollen, warum sie chronische Symptome entwickeln, bis hin zu Depressionen, Zusammenbruch oder gar Selbstmord.

zum Interview mit Mag. Geyerhofer

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