"Zeitarbeiter stabilisieren Ihren Arbeitsplatz"

Die Zeitarbeitsfirma von Ing. Trenkwalder hält seit Jahren unangefochten den Spitzenplatz unter Österreichs "am schnellsten wachsenden Unternehmen".

Herr Ing. Trenkwalder, seit wann gibt es Ihre Zeitarbeitsfirma?

Bevor ich in die Zeitarbeit eingestiegen bin, waren wir lange ein großes Ingenieurbüro mit 30 Mitarbeitern. Da haben wir zwar auch ab und zu Personal verleast – etwa wenn ein Unternehmen für einen bestimmten Auftrag einen CAD Techniker gebraucht hat – aber das war nicht unser Kerngeschäft. Anfang der 90er-Jahre war ich dann überzeugt, dass die Leiharbeit boomen wird. 1995 haben wir mit der Leiharbeitsfirma begonnen, mit Ende des ersten Jahres hatte ich 200 Mitarbeiter, heuer sind es bereits über 10.000.

Was war der Auslöser für den Umstieg?

Die internationalen Studien, die in Amerika und im westlichen Europa die Entwicklungen aufgezeigt haben. In Österreich gibt es derzeit eine Durchdringungsrate von 1,1 Prozent aller Beschäftigten, die in der Zeitarbeit tätig sind. Vor 10 Jahren gab es in Staaten wie Holland Benelux, Frankreich schon eine Penetration von 3-4 Prozent. Es war also klar, diese Strömungen kommen auch zu uns. Zum Sitchtag 31.7.2003 sind in Österreich 33.000 Personen in der Zeitarbeit tätig und alle Studien sprechen in Ö von einer Verdreifachung bis 2010. In Deutschland ist es noch extremer, dort spricht man von einer Verdreifachung der Zeitarbeit bis Ende 2005.

Warum, weil die Firmen Lohnkosten zu variablen Kosten machen wollen?

So ist es. Bei den Auftragsspitzen, die es früher nur ganz schleichend gegeben hat, hat man halt auf Lager produziert, heute wird meist nur mehr auf Auftrag produziert. d.h. es gibt übers Jahr laufende Spitzen in den Aufträgen. Das nur mit fixem Personal handzuhaben, ist trotz aller Maßnahmen, die schon in den Kollektivverträgen drinnen sind, in der Zukunft sicher zu wenig.

Wenn eine Leiharbeitsfirma Leute einstellt, wie können Sie diese Leute ständig beschäftigen?

Zum einen sind wir auf dieses Thema spezialisiert, das ist unser Kerngeschäft. Wir werden heuer ca. 4000 Kunden bedienen, d.h. wenn Projekte auslaufen, wissen wir das in der Regel rechtzeitig und können inzwischen schauen, ob wir die Mitarbeiter weiterdisponieren. Das ist schwer, aber wir erheben auch nicht den Anspruch, dass wir auf Dauer Beschäftigung anbieten können. Wir sind in der Zeitarbeit tätig, d.h. wir können auf Zeit Arbeit zur Verfügung stellen, das muss man klar sagen. Aber der Sockel der Dauerbeschäftigten wird immer größer.

Die Einsatzzeiten hängen auch von der Qualifikation ab. Je höher, desto länger die Einsatzzeiten. Im Technikerbereich sind die Einsatzzeiten, für die wir im Durchschnitt Beschäftigung auftreiben können, oft bis zu einem Jahr. Es gibt auch Leute, die schon seit zehn Jahren verleast sind. Die kaufmännischen Kräfte sind im Durchschnitt ein halbes Jahr im Einsatz, ebenso die Facharbeiter, bei den Hilfskräften sind es drei Monate, wobei man dazusagen muss, dass in Österreich mindestens 1000 Leute pro Jahr vom Beschäftiger übernommen werden. Wenn ich sage, im Schnitt, muss man wissen, das wir auch Ein-Tages-Veranstaltungen machen, z.B. mit Studenten. Ca. 40 Prozent der 10.000 Mitarbeiter sind in längerfristigen Projekten in der Industrie tätig.

Wie rekrutieren Sie Ihre Mitarbeiter?

Wir interviewen in Österreich bis zu 40.000 Leute im Jahr. Auch unterstützt von Tests, das halten wir in unseren Datenbanken fest. Mit dem Kunden wird dann besprochen, ob sein Bedarf mit unserem Angebot in Deckung kommt. Es ist ja kein Geheimnis, dass es in Österreich im Jahr rund 1,5 Millionen neue Arbeitsverhältnisse gibt. Der Unterschied zwischen anderen Firmen und uns ist also gar nicht so groß. Z.B. ist die Fluktuation im Hilfsarbeiterbereich auch in sogenannten regulären Firmen sehr hoch.

Die Zahl der jährlich neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse ist ein Hinweis, dass sich unsere Arbeitswelt komplett verändert. Die Dauerarbeitsverhältnisse von früher wird es immer weniger geben. Die Modernisierung, die Automatisierung, der Wertschöpfungsabfluss in den Osten, da ist alles im Umbruch.

Eine meiner Überlegungen, da einzusteigen und das Ingenieursbüro auf der Seite zu lassen, war der Unterschied der Arbeitswelt in Amerika und Europa. Bei uns machen die Beschäftigten in der Industrie noch rund 20% aus, in Amerika 10, der Dienstleistungsanteil differiert zwischen Europa und Amerika immer um rund 20%. Das ist die Richtung, in die wir gehen. Die Industrie in Amerika ist nach Asien gegangen und in Europa geht sie in den Osten. Vor kurzem habe ich gelesen, 4000 Arbeitsplätze in der Elektroindustrie sind verloren gegangen. Wo gehen die denn hin? Nach Györ beispielsweise, dort wird jetzt in einfachen Arbeitsschritten das Assembling gemacht. Das ist ein dauernder Prozess. Wir haben in Ungarn vor ein paar Tagen die Grenze von 1000 Beschäftigten überschritten, das ist rapide hinaufgegangen. Unser Verkaufspreis in Ungarn ist 3,50 Euro, in Österreich 22 Euro. Ein mächtiger Unterschied. In Italien 17,- Euro in Deutschland 18,- Euro. Das erschwert die Sache.

Wo kommen die entlassenen Mitarbeiter dann noch unter, wenn die Arbeitsplätze verschwinden?

In Amerika arbeiten 5 Prozent der Beschäftigten in der IT, bei uns 1 Prozent. Hausdienste, Altenversorgung, etc. das wird sich verstärken. In Amerika gibt es eine Firma namens Olsten, die hat 600.000 Mitarbeiter, die in der Altenbetreuung arbeiten. Oder nehmen Sie den Wellnessbereich, da werden neue Arbeitsplätze entstehen.

Wer soll sich die Dienstleistungen noch leisten können? Die Einkommensentwicklung zeigt ja, die Vermögenden legen weiter zu, aber der untere und mittlere Bereich stagniert oder sinkt ab.

Es wird sicher ein bisschen zu einer Amerikanisierung kommen. Da geht es eben darum, Arbeit aufzustellen. In Österreich, das ist mein Ansatz, werden im Jahr so und so viele Stunden an Arbeit geleistet, die ändern sich nicht. Wir haben zwar mehr Arbeitslose, aber auch mehr Beschäftigte. In Summe leisten die aber genauso viele Stunden wie vor ein paar Jahren, weil der Anteil der geringfügig Beschäftigten und Teilzeitarbeiter zugenommen hat. Das heißt, wir müssen schauen, dass wir mehr Arbeit schaffen. Wir brauchen mehr Arbeitsstunden, die wir leisten können.

Kern- und Randbelegschaft, was heißt das fürs Personalmanagement?

Die unterschiedliche Bezahlung ist jetzt nicht mehr das Thema. Seit Ende letzten Jahres gibt es in Österreich den Kollektivvertrag für Leasingkräfte, ab 1.1.2004 wird es ihn auch in Deutschland geben. Dieses Thema ist vom Tisch. Aber es geht gar nicht so sehr um den Preis, an erster Stelle des Kundenwunsches ist Qualifikation und Zuverlässigkeit, der Preis steht an fünfter Stelle. Obwohl die Industrie abbaut, wachsen wir trotzdem, weil wir größere Projekte fahren können. Wenn jemand plötzlich 200 Hilfsarbeiter braucht, ist es ja eine unheimliche Arbeit, die überhaupt zu finden.

Dazu kommt, wir wissen so viel, dass kann ein einzelner Personaler gar nicht wissen. Wir arbeiten hier in Österreich mit hundert Kollektivverträgen und Zeitmodellen und es gibt in Österreich keine andere Stelle, die so ein großes Know-how hat wie wir. Niemand so umfassend. Wir schulen unsere internen Mitarbeiter in drei Stufen im Arbeitsrecht, die müssen alles können vom Mutterschutz bis zu Urlaubsregelungen. Da steht eine unheimliche Ausbildung dahinter, damit das richtig und gesetzeskonform abgewickelt wird. Wir müssen ja die Modelle und Bedingungen beim Kunden genauestens erfragen, kalkulieren und es dann in der täglichen Arbeit auch handhaben können.

Wie geht es den Mitarbeitern mit diesen temporären Arbeitsverhältnissen? Sind die nicht sehr verunsichert

Nein. Erstens ist es besser, zeitweise zu arbeiten als gar keine Arbeit zu haben. Zweitens ist häufiger Arbeitswechsel doch schon längst alltägliche Realität. Denken Sie an den 1,5 Millionen neue Arbeitsverträge pro Jahr. Außerdem haben wir haben dazu eine Mitarbeiterbefragung gemacht und über 75 Prozent der Mitarbeiter waren sehr zufrieden oder zufrieden. Am wichtigsten ist, dass das Geld pünktlich kommt.

Wie hat sich Markt für Leasingskräfte in den letzten Jahren entwickelt?

In Ö. gibt es 1000 Firmen, viele Kleinanbieter, ein paar davon habe ich gekauft. Die meisten haben ein Grundwissen, nur - bei uns arbeiten eben 30 Leute ständig an der Weiterentwicklung, das können wir die Kleinen nicht. Es wird weiter zu Konzentrationen kommen und für die Kleinen dadurch immer schwieriger. In Holland haben die größten acht Anbieter einen Marktanteil von 80 Prozent. Das ist eine Konzentration wie im Handel.

Wie vertragen sich Stammbelegschaft und Leasingkräfte?

Die Spannungen, die es früher zwischen Angestellten und Leiharbeitern gegeben hat, teils massive Spannungen, sind fast verschwunden. Denn inzwischen haben die Mitarbeiter in den Firmen gemerkt, dass ihnen das ja auch etwas bringt. Sie erleben ja selbst die starken Schwankungen in der Produktion mit und sie froh, dass die Leiharbeiter da die Puffer sind. Das stabilisiert ja ihren eigenen Arbeitsplatz.

Herr Trenkwalder, vielen Dank für das Gespräch.

10.2003

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