Studie: Wollen Frauen führen?

Streben Frauen grundsätzlich Führungspositionen an, scheitern dann jedoch aufgrund äußerer Bedingungen oder haben Frauen generell eher weniger Interesse, Führungsaufgaben zu übernehmen? Eine neue, qualitative Studie ging dieser Frage auf den Grund.

Frauen streben weniger nach Führungspositionen als Männer. Sie trauen sich weniger zu, definieren den Karrierebegriff anders als Männer, sind mit dem Erreichten weit zufriedener und planen ihre Karriere weniger ziel- und karriereorientiert. So lauten in Kurzform einige der Ergebnisse der von der Personalberatung Lindlpower in Auftrag gegebenen und von Karmasin Motivforschung durchgeführten Studie "Wollen Frauen führen?", bei der 180 ManagerInnen (50% Männer, 50% Frauen) befragt wurden. Nachfolgend einige Studienergebnisse im Detail:

Die persönlichen Lebensziele

Die persönlichen Lebensziele von Frauen und Männern sind in wesentlichen Aspekten sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Im Hinblick auf ihre Lebensziele streben die meisten Frauen ein zufrieden stellendes Privatleben an (43%), gefolgt von Selbstverwirklichung (37%) und Wohlstand (37%). Ein erfüllender, herausfordernder Job wird von 35% der Frauen als Lebensziel genannt, das Thema Karriere von 31%.

Bei Männern zeigen sich teilweise gänzlich andere Wertigkeiten, auch sind die Äußerungen im Hinblick auf ihre Lebensziele deutlich weniger umfangreich, was unter Umständen darauf schließen lässt, dass Männer sich weniger mit konkreten Wünschen ihre Lebensplanung betreffend auseinandersetzen. _Bei den Männern steht die berufliche Karriere im Vordergrund – rund ein Drittel (34%) nannten dies als angestrebtes Lebensziel. Mit nur 28% (versus 43% bei den Frauen) hat ein zufrieden stellendes Privatleben bei Männern einen deutlich geringeren Stellenwert in ihrer Lebensplanung.

Familie und/oder Karriere

Interessante Unterschiede zeigen sich auch hinsichtlich der Karriereaspekte: Während für Männer die "Karriere auf einer Führungsebene" wichtiger ist (Mw. 1.8 versus 2.0 bei Frauen), ist die Wertigkeit bei der "Karriere auf einer fachlichen Ebene" genau umgekehrt (Mw. 1.8 bei Frauen versus 2.1 bei Männern).

Auch in punkto Familienplanung (Kinder haben und eine eigene Familie gründen) gehen die Wertigkeiten von Frauen und Männern deutlich auseinander. Während Männer diesen Aspekt als sehr wichtig hinsichtlich ihrer Lebensplanung erachten (Mw. 1.8), hat die Familienplanung bei Frauen einen eher untergeordneten Stellenwert (Mw. 2.4).

Insgesamt zeigt sich also, dass das Thema Partnerschaft und Familie für Männer relevanter ist. Dies ist unter Umständen darauf zurückzuführen, dass es nach wie vor an den Frauen liegt, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu schaffen und eine Work-Life-Balance zu finden, während Männer sich primär auf ihren Beruf/ihre Karriere konzentrieren können. Während das Thema Familie für Männer also keine Belastung, sondern eher ein Imagefaktor ist (soziale Erwünschtheit etc.) - sozusagen Karriere UND Familie - sind Frauen im Management besonders stark mit dem Thema Work-Life-Balance konfrontiert und stehen daher kaum überraschend viel stärker vor der Entscheidung Karriere ODER Familie.

Karriereverständnis

Auf die Frage nach der Definition des Begriffs Karriere zeigen sich bei Frauen und Männern teilweise unterschiedliche Zugänge:

Die Mehrheit der Frauen versteht unter dem Begriff Karriere eine Führungsposition/einen beruflichen Aufstieg (47%), in weiterer Folge auch Selbstverwirklichung (26%) und die Verwirklichung persönlicher Ziele und Träume (21%). Für die Mehrheit der Männer bedeutet Karriere die Verwirklichung ihrer Ziele und Träume (39%), für 30% auch konkret eine Führungsposition. Dieser unterschiedliche Zugang zeigt sehr deutlich, dass Karriere bei Männern ein offensichtlich sehr stark angestrebtes persönliches Ziel ist, Frauen jedoch den Begriff mehrheitlich eher neutral ohne wertendes Urteil und emotionalen Bezug mit einer Führungsposition definieren.

Hemmende Faktoren

Auf die Frage nach den Chancen von Frauen im Vergleich zu Männern, eine Führungsposition zu erlangen, zeigt sich ein eindeutiges Ergebnis dahingehend, dass Frauen es schwerer haben als Männer, eine Führungsposition zu erlangen. Diese Sichtweise wird gleichermaßen von Frauen und Männern geteilt und zeigt auch bei Berufseinsteigern bzw. Personen in Führungspositionen dieselben Tendenzen. Ausschlaggebend für die geringeren Chancen erachtet man – und zwar sowohl aus der Sicht der Frauen als auch der Männer – die Familienplanung.

Auch in der gestützten Abfrage nach möglichen Hemmnissen für eine berufliche Karriere von Frauen zeigt sich das vorab eingebrachte essenzielle Thema, nämlich Kinder/mögliche Schwangerschaft sowie mangelnde Kinderbetreuungseinrichtungen und Doppel- bzw. Mehrfachbelastung. Diese Ansicht teilen sowohl Frauen als auch Männer. Frauen sehen darüber hinaus auch noch eine mangelnde zeitliche und örtliche Flexibilität als wesentlichen Hemmfaktor.

Relativ deutlich – im Vergleich zur Ansicht der Männer – kommt auch noch zum Ausdruck, dass etliche Frauen von sich selbst sagen, dass sie es sich nicht zutrauen/geringes Selbstbewusstsein (Mw. 2.4) bzw. über wenig bzw. keine Netzwerke verfügen (Mw. 2.5). -Rund drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass es Branchen und Bereiche gibt, in denen Führungsfunktionen für Frauen generell leichter erreichbar sind. Insbesondere Befragte aus dem Topmanagement vertreten diese Ansicht (83% Frauen, 87% Männer). Zu diesen Branchen/Bereichen zählen vor allem der Sozialbereich sowie der Bildungssektor, aus der Sicht der Frauen verstärkt auch Tourismus und Freizeitwirtschaft.

Die Situation von Personen in Führungsfunktionen

Männer haben ihre Führungsposition eher bewusst angestrebt als Frauen (65% versus 56%). Bei 44% der Frauen (und 35% der Männer) hat sich die Führungsfunktion zufällig ergeben. Speziell Männer im Topmanagement (71%) haben ihre Führungsfunktion sehr zielgerichtet angestrebt.

Für das bewusste Anstreben einer Führungsposition haben eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle gespielt, insbesondere jedoch dass berufliche Herausforderungen dieser Art einen besonderen Anreiz darstellen, dass die Tätigkeit besonderen Spaß und Befriedigung bereitet (eher bei Frauen als bei Männern), dass man es schätzt, Verantwortung für andere zu übernehmen, dass man in seinem Bereich Spitzenleistungen erbringen kann (eher Frauen als Männer), dass wichtige Entscheidungen selbst treffen zu können und die Tatsache, generell ein ehrgeiziger Mensch zu sein und im Leben etwas erreichen zu wollen.

Ganz besonders deutlich kommen diese Faktoren bei weiblichen Topmanagerinnen zum Tragen und zwar deutlich mehr als bei den männlichen Kollegen in derselben Führungsebene. Es zeigt sich hier auch ein bisweilen deutliches Auseinanderklaffen zwischen Frauen im Topmanagement und Frauen in mittleren Führungspositionen, bei Männern zeigen sich viel weniger zielgruppenspezifische Divergenzen. Dies lässt darauf schließen, dass Frauen, die den Weg ins Topmanagement bewusst gesucht und auch geschafft haben, über eine sehr starke Zielorientierung und entsprechende persönlichkeits-spezifische Merkmale verfügen. Frauen im Topmanagement gaben auch vielfach an, sich schwer unterordnen zu können und eher „Machtmenschen“ zu sein.

Was die Voraussetzungen anbelangt, die die Befragten für die angestrebte Führungsposition mitgebracht haben, so zeigen sich auch hier wieder geschlechtsspezifische Unterschiede. Während Frauen hauptsächlich ihre soziale Kompetenz (48% versus 33% bei den Männern) eingebracht haben, sehen Männer primär ihre Fachkompetenz (60% versus 45% bei den Frauen) als Voraussetzung, die sie für die angestrebte Führungsposition mitgebracht haben. Frauen meinen auch, dass ihre Persönlichkeit eine Rolle gespielt hätte (39%), Männer wiederum argumentieren eher mit der Einsatzbereitschaft (36%).

Die Gesamtstudie mit ca. 140 Seiten kann gegen Gebühr unter manuela.lindlbauer@lindlpower.com oder unter der Telefonnummer 01/513 88 22 bestellt werden.

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