Wissensmärkte und –netzwerke bei Swiss Re

Die Swiss Re kann bereits auf eine lange Tradition des internen Wissensmanagements verweisen. Bereits 1987 kam es zum Aufbau einer eigenen Informationsabteilung, die sich im Gegensatz zu vielen anderen gleichlautenden Abteilungen in anderen Unternehmen nicht nur mit Informationssammlung beschäftigte, sondern bereits frühzeitig die Integration internen und externen Wissens als strategisches Ziel definierte.

Gut ein Jahrzehnt vor den meisten anderen Firmen begann man bei Swiss Re, internationale Zeitschriften und Fachblätter einzuscannen, eine allen Mitarbeitern zugängliche zentrale Datenbank aufzubauen und seit 1990 auch die bislang dezentral verstreuten Dokumentationen und Informationsinseln zu integrieren. 1992 gründete man dann einen zentralen „research desk“ mit einem eigenen Recherche-Team als Anlaufstelle, um den Mitarbeiter beim schnellen Finden des jeweils relevanten Wissens behilflich zu sein.

Netzwerke, Infrastruktur, Kultur

Im Zuge einer großen Neustrukturierung im Jahr 1997 startete der Konzern auch eine gruppenweite Knowledge Management Initiative, um den Wissensaustausch des mittlerweile auf knapp 10.000 Mitarbeiter angewachsenen Unternehmens weiter voranzutreiben. Der Leiter des Informationsbereiches, Rudolf Frei, formierte damals ein internationales Team mit der Aufgabe, die Etablierung von Netzwerken quer durch den Konzern zu fördern. Daraus entstand in der Folge eine Gruppe um Niels Viggo Haueter, die dies auch als interne Consulter unterstützten. Die drei zentralen Elemente waren knowledge networks, knowledge infrastructure and knowledge culture. Heute steht jedem Netzwerk bereits eine interaktive Plattform zur Verfügung, mit Funktionen wie „must reading“, einer Art Bibliothek mit einschlägigen Büchern, Artikeln und Newslettern, „ask the network“, um spezielle Fragen und Vorschläge in das Netzwerk einzuspeisen oder „experts directory“ mit einem Verzeichnis der Netzwerkmitglieder und ihrer speziellen Expertise.

Als entscheidend für das gute Funktionieren dieser Netzwerke erwiesen sich klare Regeln und Rollen, um die Aktivitäten zu koordinieren. So ist es nicht nur Aufgabe der Netzwerkmanager, Wissensidentifizierung, -sammlung, -verteilung, konsolidierung und –veröffentlichung zu ermöglichen und zu fördern, sondern es auch so zu organisieren, dass Doppel- und Dreifacharbeiten tunlichst vermieden werden. Um die strategische Orientierung der Netzwerke sicherzustellen, sind die Netzwerkführer bei der Swiss-Re zudem jeweils einem Sponsor verantwortlich, der meist ein Mitglied des Vorstandes ist.

„Knowledge Fair“

Eine andere Form, den internen Wissensaustausch zu fördern, wählte kürzlich die Division Europe. Im Februar dieses Jahres veranstaltete sie unter Federführung von Bruno Hermann, der in diesem vom Prämienvolumen her wichtigsten Bereich des Konzerns für Innovations- und Knowledge Management verantwortlich zeichnet, einen „Wissensmarkt“ mit etwa 160 Teilnehmern, rund einem Drittel der Bereichsmitarbeiter. Ziel war, den Mitarbeitern der gesamten Division einen Überblick zu ermöglichen über die derzeit laufenden Projekte und neu entwickelten Produkte. Im Vorfeld erfolgte eine Ausschreibung mit der Aufforderung an alle bereichsweit existierenden Projektteams, sich mit einem eigenen, selbst zu gestaltenden „Marktstand“ zu präsentieren. Die Rückmeldungen übertrafen die Erwartungen und die 30 verfügbaren Marktstände waren schnell belegt.

Am Beginn dieser Wissensmesse erläuterte der Berater Christof Schmitz die Voraussetzungen, damit Wissen wirklich fließen kann und die Mitarbeiter überhaupt bereit sind, ihr Wissen weiter zu geben. Denn nur zu sagen "gib Dein Wissen her" ist eine zu einfache Rechnung. Dann klärte er die oft gestellte Frage, was denn nun der Unterschied zwischen Informations- und Wissensfluss sei. Das folgende Design bestand aus einer Stunde Zeit, „über den Markt zu flanieren“ und sich bei den einzelnen Ständen über die Projekte zu informieren, gefolgt von mehreren parallelen Workshops, in denen die Inhalte, Ziele und Erfahrungen einzelner Projekte genauer vorgestellt wurden. Im Anschluß daran fanden sich die Teilnehmer in Austauschgruppen zusammen, um über ihre bisherigen Eindrücke, Erkenntnisse und Ideen zu reflektieren. Nach den Pausen folgten weitere Runden des Dreischritts flanieren, Workshop und Austauschgruppen.

Ziel der Veranstaltung war aber nicht, ein Maximum an Wissen zu sammeln, sondern eher Kollegen mit ihren Arbeitsinhalten, Schwerpunkten und Interessen kennenzulernen. Bruno Hermann formuliert das prägnant als „connecting statt collecting“. Da Wissensaustausch in dem Sinn nicht gesteuert und kontrolliert werden kann, so Bruno Hermann weiter, gelte es, „Räume“ zu öffnen, um das Fließen von Wissen zu ermöglichen und zu erleichtern. Dazu bietet sich solch ein Wissensmarkt ideal an.

03.2000

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