Wissensmanagement in KMUs

Klein- und Mittelbetriebe haben gegenüber global agierenden Konzernen in Bezug auf Wissensmanagement einen großen Vorteil: sie sind überschaubarer. Allerdings wirkt das darauf gründende Argument „bei uns kennen sich alle, da weiß eh jeder, was die anderen machen“ auch als Killerargument, um eine nähere Beschäftigung mit dem Thema abzublocken.

In Klein- und Mittelbetrieben existieren sehr ähnliche Probleme wie in Großkonzernen, wenn auch in anderem Maßstab: Auch hier ist für das Überleben des Unternehmens entscheidende Wissen oft in den Köpfen einzelner Mitarbeiter gebunkert und reger Wissensaustausch fernab persönlicher Machtspielchen ist mitunter ebenso schwierig zu bewerkstelligen wie in großen Unternehmen. Zumal die Unternehmenskulturen auch in KMUs nicht unbedingt nahelegen, Wissen gerne und bereitwillig anderen zur Verfügung zu stellen. Wo können also KMUs ansetzen? Es gibt eine Fülle an Möglichkeiten:

Nicht jedes Wissen ist gleich wichtig

Wurde etwa wirklich schon klar definiert, was die strategische Ausrichtung des Unternehmens ist, vor allem aber klar bestimmt, welches Wissen in welchen Feldern überhaupt notwendig ist, um diese Strategie tatsächlich umsetzen zu können? Und wenn dieser erste Schritt bereits getan sein sollte, folgt die Bestandsaufnahme: Welcher Teil dieses benötigten Wissens ist bereits im Unternehmen vorhanden und welcher Mitarbeiter, welcher Bereich verfügt worüber? Welche Maßnahmen sind darüber hinaus vorgesehen, um das noch fehlende Wissen zu beschaffen? Was davon soll intern aufgebaut, was von außen zugekauft werden?

Wissen orten

Eine „Wissenslandkarte“ zu erstellen, aus der ersichtlich ist, wer worüber was weiss, ist in einem kleineren Unternehmen zwar leichter und schneller zu bewerkstelligen, nur - haben Sie so etwas schon? Hilfreich sind auch die Fragen: Wo ist in unserem Unternehmen überall Wissen über unsere Kunden, ihre Wünsche, Bedürfnisse, Anregungen, Ideen und Beschwerden vorhanden und dokumentiert? Gibt es möglicherweise verschiedene, selbstgestrickte Access- oder Excell-Tabellen einzelner Mitarbeiter im Verkauf, Marketing, Servicebereich etc., die mit Argusaugen bewacht werden und deren Benützung allen anderen verwehrt ist? Wo gibt es Marktforschungsstudien und Unterlagen, die bereits vorhanden, aber kaum jemanden bekannt sind?

Klein beginnen

Wenn einmal halbwegs klar ist, „was bei uns überraschenderweise alles gewußt wird“, macht es Sinn, sich auf wenige Problembereiche mit großer Hebelwirkung zu konzentrieren. Schließlich geht es nicht um das Wissen an sich, sondern um eine bessere Nutzung im Sinn der Geschäftsziele: Wie finden wir besser und systematischer heraus, welche Probleme bei unseren Kunden auftauchen? Welche Lösungen gibt es bei uns bereits? Wer hat die damals entwickelt? Wie ist er/sie auf diese Lösung gekommen? Welche Ansätze haben nicht funktioniert und warum nicht?

Wissensaustausch zu fördern, fängt bereits damit an, am Freitag nach einem Seminarbesuch um 16.00 Uhr zu einer Runde Freibier einzuladen und den Kollegen zu erzählen, was man auf dem Seminar / dem Kongreß gelernt hat und was davon das Unternehmen weiterbringen würde (Wissen vergemeinschaften!). Oder: Man nützt das wöchentlich stattfindende Meeting und verwendet die letzte halbe Stunde dafür, dass jeder der Anwesenden kurz über wichtige Ereignisse, Schwierigkeiten, Erfolge und Fehler im eigenen Bereich erzählt, um dann hinter jedem Bericht die Frage zu diskutieren: Was davon läßt sich auch in den anderen Bereichen umsetzen, lernen, vermeiden? Wenn man die in dieser Runde ausgetauschten Erfahrungen dann auch noch ins Intranet legt und jeder interessierte Mitarbeiter nachschauen und nachfragen kann, erzielt man natürlich noch mehr Wirkung.

Ähnlich einer einfachen, graphischen Prozeßanalyse könnte man einmal im Führungskreis diskutieren: Von wem zu wem muß welches Wissen fließen, damit die Leistungserbringung überhaupt klaglos bewerkstelligt werden kann? Wo in diesem Fluß gibt es Staudämme und Blockaden und worin sind sie begründet? Gibt es ein systematisches „lessons learned“ mit Fehlerlisten, aus denen hervorgeht, welche Fehler wie häufig auftreten und was bisher mit welchen Wirkungen dagegen getan wurde?

Warum ging das schief?

Kaum genutzt werden auch einfache Fragerunden in den üblichen Meetings:

     

  • Wie ist es möglich, dass zwei Projektteams fast dasselbe machen und wir kommen erst nach einem halben Jahr drauf?
  • Wie ist es möglich, dass ein und derselbe Kunde von uns zwei Angebote bekommt?
  • Wie ist es möglich, dass ein Mitarbeiter im Labor aufgrund einer Kundenanfrage in wochenlanger Arbeit eine scheinbar neue Rezeptur entwickelt, obwohl diese Rezeptur schon längst entwickelt und auch gut dokumentiert ist?

 

Dr. Jörg Stäheli von Novartis bringt den sinnvollsten Zugang zum Wissensmanagement vortrefflich auf den Punkt: „Ich denke, mit Wissensmanagement zu beginnen, ist relativ einfach und wenn man es nicht einfach sieht, dann kann und soll man es nicht machen.“

03.2000

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