Führungskräfteentwicklung bei Triumph Austria

Wie Triumph die Führungskräfteweiterbildung von Mittelmanagement und Nachwuchsführungskräften nutzte, um die Veränderung der Organisation voran zu treiben.

Die Vorgeschichte

Bevor Mag. Herbert Pelzer Personalchef bei Triumph Austria wurde, arbeitete er als Personalist beim Wälzlagerhersteller FAG, dem heutigen Schaeffler Austria, in Berndorf. FAG war damals Mitglied im Qualifizierungsverbund Triestingtal, bei dem sich rund 20 Firmen der Region mit insgesamt 3500 Mitarbeitern zusammengefunden hatten, um gemeinsam Weiterbildungsmaßnahmen zu organisieren. Bis ins Jahr 2005 hatte es bei der damaligen FAG, wie auch in den anderen Betrieben des Qualifizierungsverbunds, nur punktuelle Führungskräftetrainings zu den Themen Führung, Motivation, Konfliktmanagement und Zielvereinbarung gegeben. Mit eher bescheidenen und nicht sehr nachhaltigen Effekten. Aufgrund des Wunsches, Führungskräfte über einen längeren Zeitraum zu begleiten, taten sich daher im Qualifizierungsverbund mehrere Firmen zusammen, um gemeinsam ein Konzept für ein Curriculum zu entwickeln, für das man dann anschließend in einer Ausschreibung die geeigneten Trainer suchte und in Person von Dr. Erika Kleestorfer und Mag. Gerhard P. Krejci auch fand. Gewünscht waren vor allem Trainer, die möglichst durchgängig dabei sein sollten, um für Kontinuität zu sorgen und die daher in mehreren Themen gut bewandert sein mussten.

Das damalige Führungskräfteentwicklungsprogramm des Qualifizierungsverbunds bestand aus insgesamt 8 Modulen: einer dreitätigen Startveranstaltung "Vom Mitarbeiter zur Führungskraft" und dann jeweils 2-tägigen Workshops in rund sechswöchigem Abstand zu wichtigen Führungsthemen wie Selbst-, Team-, Konflikt- oder Change Management, Unternehmenssteuerung und Zukunftsgestaltung. Bei einigen Modulen gab es Kamingespräche mit interessanten Führungspersönlichkeiten und zwischen den Modulen mitunter Peergruppentreffen mit einer erfahrenen Führungskraft als Mentor für die Gruppe. Teilnehmer waren Führungskräfte aus den verschiedenen Mitgliedsunternehmen des Qualifizierungsverbundes.

Ähnliches Programm, firmenspezifische Schwerpunkte

Als Mag. Pelzer 2007 als Personalchef von Schaeffler Austria zu Triumph wechselte, war im Unternehmen ein Veränderungsprozess, durch den Vorstand Axel Dreher angestoßen, bereits seit 2006 im Laufen. Es wurde entschieden, dass die Führungskräfte von Triumph International AG in Österreich zur Unterstützung dieses Veränderungsprozesses auch im Umgang mit den sich ändernden Anforderungen an sie ein entsprechendes Ausbildungsprogramm erhalten sollten. So wurden die Grundpfeiler dieses Konzepts übernommen und die einzelnen Module für den nunmehr internen Gebrauch bei Triumph Austria mit seinen rund 2200 Mitarbeitern adaptiert. In einem ersten Durchlauf 2008 nahmen daran Führungskräften aus der 3. Ebene teil – Werksleiter und Bereichsleiter  -  für die meisten von ihnen die erste durchgängige Führungsausbildung. Besonders vorteilhaft: Die Vernetzung der Teilnehmer erwies sich als äußerst hilfreich bei dem gerade im Unternehmen stattfindenden Veränderungsprozess, zumal sich in den Modulen natürlich immer wieder Gelegenheit ergab, aktuelle Themen und Probleme einzubringen, zu diskutieren und zu bearbeiten. Ein weiterer Zusatznutzen: Auch wenn es den teilnehmenden Führungskräften teilweise fast schon unangenehm war, dass sie aufgrund der zahlreichen Trainings und Peergruppentreffen so häufig am Arbeitsplatz fehlten, einen angenehmen Nebeneffekt hatte die häufige Abwesenheit. Die Teilnehmer waren dabei auch gezwungen, systematisch Arbeit und Aufgaben an ihre besten MitarbeiterInnen zu delegieren.

2010 erfolgte der nächste Schritt, um das Thema Führung im Unternehmen auf weiteren Ebenen zu verankern: ein 5-moduliges Führungskräfteprogramm für die nächste Führungsebene von Teamkoordinatoren, Teamleitern, Projektleitern und Nachwuchskräften wurde aus dem ursprünglichen 9-stufigen Programm abgeleitet. Diesmal erfolgte der Start gleich mit vier, fast parallel durchgeführten Lehrgängen a 10-12 Teilnehmern, die im Frühsommer 2011 abgeschlossen wurden sowie zwei weiteren, die im Herbst 2011 starteten. Dafür wurde von den externen Trainern begleitend eine eigene interne Trainerin, Barbara Eder, ausgebildet, die nun jeden Lehrgang mit jeweils einem externen Trainer leitet. Mithilfe und unter Federführung der internen Trainerin wurden auch die 5 Module konzeptionell adaptiert und umgesetzt.

Während Führungskräfte dieser Ebene früher keine disziplinarische Verantwortung hatten, obwohl sie im Produktionsbereich teilweise 40 Mitarbeiter und mehr unter sich hatten – die lag meist beim Werksleiter – wandert diese Verantwortung nun seit einigen Jahren schrittweise nach unten. Dazu kommt die spezifische Situation in der Bekleidungsindustrie, dass hier an den Nähstandorten immer noch Akkordlöhne gezahlt werden. Mittlerweile wird dieses Entlohnungsmodell immer mehr in Frage gestellt, da bedingt durch die geänderten Anforderungen an die Arbeitsorganisation und durch de Komplexität der Produkte andere Stückzahlen als früher prdziert werde, gleichzeitig aber die Anforderungen hinsichtlich einer hohen Produktqualität steigen. Damit erhöhen sich naturgemäß auch die Anforderungen an die Führung.

Die bislang durchgeführten Führungskräfte-Curricula führten einerseits dazu, dass die Führungskräfte bei Triumph nun vermehrt über organisationale Anforderungen und Veränderungsnotwendigkeiten nachdenken und – nicht zuletzt durch die neu gewonnenen Kontakte zu Kollegen anderer Standorte und Bereiche – viel stärker bereichsübergreifend und in größeren Zusammenhängen denken und handeln. Zum anderen hinterfragen sie das eigene Führungsverhalten kritischer, vergleichen sich mit Kollegen und tauschen sich über alternative Vorgangsmöglichkeiten aus: Wie macht ihr das, wenn….? Eine konkrete erste Möglichkeit dazu boten hier die sogenannten "Vertiefungstreffen" zwischen den Modulen, begleitet von der internen Trainerin, bei denen gezielt über erste Anwendungserfahrungen des Gelernten reflektiert werden konnte. Diese Reflexionstreffen sind als Vorstufe von Peer-Gruppen auch auf dieser Ebene gewünscht. Dabei ist die Zielsetzung, dass die Gruppen Selbständigkeit erlangen – in Zukunft auch in der Eigeninitiative zur Organisation dieser Treffen, der eigenständigen Erarbeitung von Fällen und Aussprache von Einladungen an Experten zur Unterstützung, wenn Grenzen erreicht werden.

Wichtige Learnings

Die Vorbereitung der Vorgesetzten: Dass die Vorgesetzten mitentscheidend sind dafür, was dann von den Teilnehmern im Arbeitsalltag wirklich umgesetzt wird, ist ein alter Hut. Trotzdem beschränken sich die meisten Firmen darauf, diese unmittelbaren Vorgesetzten höchstens insofern einzubinden, als sie sie bei einem Managementmeeting kurz darüber "informieren", was in den einzelnen Modulen passiert und sie allenfalls dazu zu zwingen, mit den Teilnehmern so etwas wie Vorbereitungs- und Nachbereitungsgespräche zu führen, um zumindest mal ihre Erwartungen und Zielsetzungen zu artikulieren und eventuelle Probleme bei der Umsetzung zu thematisieren und im besten Fall zu beseitigen.

Doch der eigentliche Knackpunkt wäre eigentlich, sie darauf vorzubereiten, was bei so einem Curriculum voraussichtlich auf sie zukommt: Teilnehmer, die das Gelernte auf die eigene Situation umlegen, das Verhalten der eigenen Führungskraft in Frage stellen und dann mit mehr oder weniger Kritik, Anregungen und Veränderungswünschen zurückkommen. Umso wichtiger wäre es daher, bereits im Vorfeld zu überlegen: Wie reagiert man darauf als Vorgesetzter? Genau diese Auseinandersetzung unterbleibt meist aus Zeit- und Kostengründen. Die Folge sind Abwehrverhalten und Konflikte, die viele der anfänglich positiven Entwicklungs- und Veränderungsimpulse der Teilnehmer wieder zerstören. Ist es beispielsweise Bestandteil des Curriculums, dass die Teilnehmer ein 360°-Feedback erhalten, ist es natürlich wichtig, dass ihre eigenen Vorgesetzten das Instrument möglichst schon beherrschen und als role-model fungieren können, d.h. einerseits klar und konkret Feedback geben, wenn etwas nicht passt, aber gleichzeitig auch potenzialorientiert argumentieren können. Eine Vorbereitung bzw. "Auffrischung" im Umgang mit dem Instrument im Vorfeld wäre daher dringend anzuraten.

Der Aufbau: Bewährt hat sich laut Rückmeldung der Teilnehmer der modulartige Aufbau über das ganze Jahr verteilt, wodurch der Führungsprozess während dieses Jahres sozusagen mit begleitet wird. Ebenfalls beibehalten sollte das Unternehmen den Austausch der Teilnehmer zwischen den Modulen, bei dem sie eigene Themen einbringen und sich über die Anwendung des Gelernten und die neu ergebenden Fragen austauschen können. Eine Form der Vertiefung, bei der sie auch selbst aktiv werden. Auch als hilfreich erlebt wurden die Kaminabende, bei denen Top-Führungskräfte oder Führungskräfte aus anderen Organisationen eingeladen waren, ihr eigenes Führungsverständnis erläuterten und für die stets spannende Frage - Wie machen Sie das in Ihrer Organisation? - zur Verfügung standen. Man könnte also auch sagen: Im Rahmen eines Gesamtveränderungsprojekts der Firma Triumph Österreich wurde eine Führungskräfteentwicklung angeboten, damit die Führungskräfte mit den Veränderungen und dem veränderten Führungsanspruch besser umgehen können.

Gibt es beobachtbare Auswirkungen?

Mag. Pelzer: "Ja, es gibt ein anderes Führungsverständnis. Ich würde nicht sagen, dass es weniger Konflikte gibt. Aber man geht ehrlicher miteinander um und die Führungskräfte gehen vielleicht auch bewusster in Konflikte hinein, weil sie erkannt haben, dass ein Konflikt nicht per se etwas Negatives ist, sondern dass man durchaus einen Entwicklungsschritt dabei machen kann. Die Mitarbeiter merken, dass sich etwas verändert hat, weil die Führungskräfte anders mit ihnen umgehen gehen, mehr zuhören, sich selbst auch mal in Frage stellen und die Dinge, die sie ansprechen, anders ansprechen als früher: Sie geben nicht nur Anweisungen, sondern machen Angebote. Zudem ist meines Erachtens nach bei vielen Teilnehmern das Selbstbewusstsein als Führungskraft gestiegen, sie fühlen sich sicherer in ihrer Rolle als vorher.  Auch unsere Betriebsräte meinen: 'Die Führungskräfte gehen anders mit den Mitarbeitern um: Sie hören mehr zu, binden die Mitarbeiter und auch die Betriebsräte mehr ein, sie reden anders.' Betrachtet man die Gesamtorganisation, so hat sich parallel zur Durchführung der Curricula auch das Ergebnis verbessert, wobei ich hier keinen Kausalzusammenhang herstellen würde, aber es hat in diese Richtung sicher einen positiven Effekt gehabt.

Ein weiterer Punkt ist: Die Vorgesetzten der geschulten Führungskräfte haben gemerkt: In der Anfangsphase gab es vielleicht etwas mehr Konflikte und Diskussionen, doch inzwischen ist mehr delegierbar, mehr einforderbar und sie brauchen sich um manche Dinge nicht mehr ausschließlich selbst kümmern, weil das jetzt die nächste Ebene macht. Das schafft Luft und Raum für andere Aufgaben. Wirklich überraschend war die Dankbarkeit der Teilnehmer darüber, dass die Firma ihnen diese Möglichkeit geboten hat. Sie fühlen sich nicht mehr allein gelassen mit ihrer Führungsarbeit und es gibt nun so etwas wie eine gemeinsame Sprache über Führung. Oft ist es ja so, dass sich etwas in der Organisation verändert, die Führungskräfte aber das Gleiche machen wie bisher, merken, dass das nicht mehr funktioniert, aber nicht wissen, was sie stattdessen tun sollen. Bekommen sie da Instrumente vermittelt und die Möglichkeit, mit Kollegen über die Situation zu reflektieren, dann ist das schon viel wert."

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