Studie: Führungskultur in den Headquarters

Was beschäftigt Führungskräfte in den Osteuropa-Zentralen und Länderorganisationen internationaler Konzerne? Eine Studie von Train-Consulting untersuchte Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Steuerungsmodellen amerikanischer und österreichischer Konzernzentralen.

Nach wie vor haben viele internationale Konzerne ihre Headquarters für die Aktivitäten in Zentral- und Osteuropa (CEE) in Österreich angesiedelt. Die Firma Train Consulting nutzte die Gelegenheit zum Vergleich und befragte 115 Führungskräfte aus amerikanischen und österreichischen Unternehmen mit CEE-Headquarter in Wien, um die möglicherweise unterschiedlichen Steuerungs- und Führungskonzepte näher zu beleuchten.

Weltweit einheitlich

Tatsächlich scheinen die Verantwortungs- und Entscheidungsspielräume bei amerikanischen Unternehmen enger und klarer gezogen als bei heimischen Unternehmen, wenn man die Unterscheidungen "zentral versus dezentral geführt", "Kontrolle versus Eigenverantwortlichkeit", "One Size fits all versus Wir helfen nur auf Anfrage" zugrunde legt. Prozesse und Instrumente, so die Studienleiterin Mag. Claudia Wenzl-Wintersteiger, sind bei den global agierenden US Unternehmen üblicherweise weltweit vereinheitlicht, während Konzerne mit österreichischem Ursprung ihre Konzernzentralen stärker als "Serviceorganisation" sehen, die sich intensiv mit der Frage beschäftigen: "Wie viel Freiraum benötigen die Länder und wie viel sollen wir uns einmischen?". Doch auch hier ist ein deutlicher Trend in Richtung Vereinheitlichung spürbar. Wurden zu Beginn der Expansion in den Osten meist Strategien und Ziele zentral vorgegeben, während die Umsetzung lokal – mit möglichst geringer Einmischung von der Zentrale – erfolgen sollte, werden nun vermehrt "Servicebereiche" wie IT, Personal oder Marketing zwecks einheitlichem Marktauftritt zentralisiert.

Eine naheliegende Erklärung für die Unterschiede zwischen US- und österreichischen Unternehmen lieferte der IBM Manager Cornelius Granig bei einer von der Tageszeitung "Die Presse" organisierten Diskussionsrunde zur Studie: "Osteuropa ist für amerikanische Unternehmen nur eine Region unter vielen. Wir haben (bei IBM) in Indien viermal so viele Mitarbeiter wie in CEE, dabei beschäftigen wir in Ungarn 3500 Leute oder in Tschechien 1700, das sind also keine kleinen Einheiten. Der Fokus der Unternehmenszentrale ist also ein anderer, denn österreichische Unternehmen konzentrieren sich in der Regel total auf Osteuropa."

Verstärkt wird der Trend zur Zentralisierung auch durch die Dominanz des Shareholder-Value-Ansatzes mit seinem kurzfristigen und zahlenorientierten Quartalsdenken, das sich u.a. in einem extremen Kosten- und Umsatzdruck und starker Kontrolle durch den Mutterkonzern niederschlägt.

War for Talents

Zunehmend problematisch für alle in Zentral- und Osteuropa tätigen Konzerne wird es, gute Mitarbeiter zu finden und die oft extremen "Kulturunterschiede zwischen Alt und Jung" zu managen. Während die "jungen" Mitarbeiter bereits im westlichen Denken groß geworden sind und über oft exzellente Ausbildungen und Mehrsprachigkeit verfügen ("In Madrid spricht keiner Englisch, in Polen sogar der Taxifahrer"), kommen die "alten" Mitarbeiter noch aus der früheren "Versorgungsgesellschaft", was sich u.a. in der Angst äußert, eigenständige Entscheidungen zu treffen ("Unsere Führungskräfte fühlen sich unsicher und überlastet, sie sind nicht gewohnt, eigenverantwortlich zu agieren, fragen vor Entscheidungen immer nach."). Generell sind Führungskarrieren im Osten in jüngerem Alter möglich, sind hier Führungskräfte "doch im Schnitt um 15 Jahre jünger".

Dominante Führungsthemen

Aufschlussreich sind auch einige Detailergebnisse der Studie, etwa das Ranking der Antworten auf die Frage nach "den wichtigsten Themen, die Sie als Führungskraft/Personalist derzeit beschäftigen" im Vergleich von US-Unternehmen und österreichischen Konzernen.

 

In seiner Dominanz mit 54% doch überraschend ist "Work-Life-Balance" als Spitzenwert der US-Unternehmen, nach Ansicht von Claudia Wenzl-Wintersteiger Ausdruck zahlreicher Reorganisationen, vermehrtem Arbeitsdruck durch Jobabbaumaßnahmen und die gerade in amerikanischen Unternehmen üblichen länderübergreifenden Funktionen, die oft auch noch Mehrfachfunktionen beinhalten. Z.B. die HR-Leitung für drei Länder sowie Europaverantwortung für Management Development. Eng mit diesen länderübergreifenden Aufgaben in Matrixstrukturen zusammen hängt der hohe Wert von 49% bei "Virtual Leadership", ganz im Gegensatz zu österreichischen Unternehmen, in denen diese Thema mit 8% derzeit noch als weit weniger drängend wahrgenommen wird.

Erfüllung der Führungsaufgaben

Ebenfalls erhellend ist die Bewertung der Erfüllung einzelner Führungsaufgaben (siehe nachfolgende Graphik): Hier zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen der Vereinbarung von Zielen und ihrer Überprüfung, die schwächste Bewertung beim Punkt "Geben von Feedback an die Mitarbeiter" und ein markanter Unterschied bei der Förderung von Mitarbeitern zwischen amerikanischen und österreichischen Unternehmen, was deutliche Kürzungen der Personalentwicklungs- und Bildungsausgaben bei den amerikanischen Konzernen vermuten lässt.

Nähere Infos zur Studie erhalten Sie bei Train Consulting: Tel: +43/1/ 513 47 97, E-Mail: train@train.at

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