Stärken erkennen

Die meisten Führungskräfte sprechen zwar gerne davon, "Stärken zu stärken", doch in der Praxis gilt ihr Hauptaugenmerk nach wie vor dem Ausmerzen von Fehlern und Schwächen. Damit bleiben sie weit unter den möglichen Ergebnissen.

Die meisten Unternehmen gehen von falschen Prämissen aus, was Menschen angeht, nämlich den Überzeugungen:

  1. Jeder Mensch kann Kompetenzen auf fast allen Gebieten erwerben
  2. Der größte Raum für Leistungssteigerung jedes Menschen liegt in seinen größten Schwächen.

Wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Unternehmen auch nach diesen Annahmen handelt oder nicht, suchen Sie nach folgenden Merkmalen:

  • Ihr Unternehmen gibt mehr Geld für die Ausbildung von Leuten nach der Einstellung aus als dafür, sie von Anfang an richtig auszuwählen.
  • Ihr Unternehmen bündelt die Leistung seiner Mitarbeiter durch die Regulierung des Arbeitsstils. Dies bedeutet, der Schwerpunkt liegt auf Arbeitsregeln, Politik, Verfahren und "Verhaltenskompetenzen".
  • Ihr Unternehmen wendet den größten Teil seiner Zeit und Ausgaben für Ausbildung bei dem Versuch auf, die Lücken in den Fähigkeiten oder Kompetenzen der Mitarbeiter zu schließen. Es nennt diese Lücken "Entwicklungsfelder".
  • Ihr Unternehmen befördert Mitarbeiter auf Grundlage der von ihnen erworbenen Fähigkeiten oder Erfahrungen.

Diese Konzentration auf Minimierung der Schwächen ist aber keine Förderung besonderer Leistungen, sondern Schadensbegrenzung! Keine sehr gute Strategie, um Mitarbeiter und Unternehmen auf Weltklasseniveau zu heben.

Die beiden Annahmen, nach denen die "besten Manager der Welt" (Buckingham, Coffman) handeln, lauten hingegen:

  1. Die Talente jedes Menschen sind dauerhaft und einzigartig.
  2. Der größte Spielraum für Leistungssteigerung liegt bei jedem Menschen in den Bereichen seiner größten Stärken.

Das erklärt,

  • warum diese Manager sorgfältig nach Talent für jede Aufgabe suchen,
  • warum sie bei der Leistung ihrer Leute den Schwerpunkt auf die Ergebnisse legen, statt sie in eine bestimmte stilistische Form zu pressen,
  • warum sie nicht der Goldenen Regel der Gleichbehandlung folgen, sondern jeden Mitarbeiter unterschiedlich behandeln und
  • warum sie die meiste Zeit mit den besten Leuten verbringen.

Manager, die der zweiten These folgen, schwimmen gegen den Strom und verstoßen "gegen alle Regeln konventioneller Managementweisheit".

Der Schlüssel zum Aufbau einer Stärke ist, die dominierenden Talente zu erkennen und sie dann mit Wissen und Können zu verfeinern. auch das größte Talent wird dieses ohne intensives Üben und Anwenden nicht ausschöpfen und zur Meisterschaft bringen können. Umso wichtiger ist es, Menschen genau dort einzusetzen, wo sie ihre Talente zur Entfaltung bringen können.

Wie erkennt man nun die eigenen Talente?

Die meisten Menschen wissen zwar genau Bescheid über ihre zahlreichen Schwächen, aber nur wenig über ihre wirklichen Stärken. Talent, so definieren es die Autoren Marcus Buckingham und Donald Clifton in dem Buch "Entdecken Sie Ihre Stärken, jetzt!", ist "jedes nachhaltige Denk-, Gefühls- oder Verhaltensmuster, das produktiv eingesetzt werden kann."

Wichtigster Schritt: Selbstbeobachtung. Betrachten Sie der Reihe nach verschiedene Tätigkeiten und sehen Sie, wie schnell Sie sie erfassen, wie schnell Sie Schritte in einem Lernprozess überspringen und Kniffe und Tricks beherrschen, die Ihnen noch nicht beigebracht wurden. Prüfen Sie, ob Sie in dieser Tätigkeit in einem Maß aufgehen, dass Sie Ihr Zeitgefühl verlieren.

Eine hilfreiche Frage ist in diesem Zusammenhang: Welche Tätigkeiten sind Ihnen immer schon leicht gefallen? (Oft begleitet von der falschen Annahme, "Ach, das ist doch nichts besonderes, die anderen können das sicher genauso.") Ebenfalls hilfreich ist die Frage an Personen im eigenen Umfeld (Kollegen, Freunde): "Habe ich deiner Ansicht nach irgendein besonderes Talent? Wie kommst du zu dieser Überzeugung, woran hast du das beobachtet?"

Weitere Aspekte, die hier zu beachten sind: Sehnsüchte, schnelles Lernen und Befriedigung.

  • Sehnsüchte offenbaren häufig die Gegenwart eines Talents, vor allem wenn sie zu Beginn des Lebens zu spüren sind: Von welchen Tätigkeiten fühlten Sie sich als Kind angezogen? Eine weitere Frage in diese Richtung: Wenn Sie könnten, wie Sie wollten, was würden Sie dann am Liebsten tun?
  • Schnelligkeit des Lernens: Manchmal überhört man den inneren Ruf des Talents, doch sobald man mit dem Erlernen einer neuen Fähigkeit, einer neuen Arbeit beginnt, scheint das Gehirn aufzuleuchten als ob plötzlich eine ganze Schalterreihe auf "Ein" gestellt worden wäre. Schon bald lassen Sie Ihre Klassenkameraden bzw. Kollegen hinter sich, Sie gewinnen Vorsprung und versuchen Dinge, bevor sie nach dem Lehrplan an der Zeit wären. Die neue Fähigkeit "fliegt Ihnen einfach so zu".
  • Befriedigungen bieten ebenfalls Hinweise auf Talent. Was sind Tätigkeiten, die Ihnen psychologische Stärke und Zufriedenheit zu bringen scheinen? Was sind "Herausforderungen", die Sie besonders reizen, deren Bewältigung Ihnen eine besondere Befriedigung verschafft? Sammlen sie solche Situationen und versuchen Sie, den gemeinsamen Nenner zu finden.

Letzter Hinweis: Was sind Situationen, die wie im Flug zu vergehen scheinen? Bei denen Sie sich spontan denken: Wann kann ich das das nächste Mal tun, erleben?

...zurück zum Seitenanfang

Teilen: