Stärken stärken

Viele Führungskräfte sprechen davon, bei ihren Mitarbeitern Stärken zu stärken, doch in der Praxis gilt ihr Hauptaugenmerk dem Ausmerzen von Fehlern und Schwächen. Damit bleiben sie weit unter den möglichen Ergebnissen.

Die meisten Unternehmen gehen, was Menschen und ihre Entwicklung betrifft, von folgenden Prämissen aus:

     

  1. Jeder Mensch kann Kompetenzen auf fast allen Gebieten erwerben
  2. Der größte Raum für Leistungssteigerung jedes Menschen liegt in seinen größten Schwächen.

Sie glauben, das trifft auf Ihr Unternehmen nicht zu? Sind Sie sicher? Wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Unternehmen nach diesen Annahmen handelt oder nicht, können Sie das leicht überrpüfen. Suchen Sie einfach nach folgenden Merkmalen:

     

  • Ihr Unternehmen gibt mehr Geld für die Ausbildung von Leuten nach der Einstellung aus als dafür, sie von Anfang an richtig auszuwählen.
  • Ihr Unternehmen bündelt die Leistung seiner Mitarbeiter durch die Regulierung des Arbeitsstils. Dies bedeutet, der Schwerpunkt liegt auf Arbeitsregeln, Politik, Verfahren und "Verhaltenskompetenzen".
  • Ihr Unternehmen wendet den größten Teil seiner Zeit und Ausgaben für Ausbildung mit dem Versuch auf, die Lücken in den Fähigkeiten oder Kompetenzen der Mitarbeiter zu schließen. Diese Lücken heißen beschönigend "Entwicklungsfelder".
  • Ihr Unternehmen befördert Mitarbeiter auf Grundlage der von ihnen erworbenen Fähigkeiten oder Erfahrungen.

Diese Konzentration auf eine Minimierung der Schwächen ist trotz aller Schönfärberei keine Förderung, sondern Schadensbegrenzung! Vor allem aber ist es keine besonders wirksame Strategie, um Mitarbeiter und Unternehmen auf Weltklasseniveau zu heben.

Die beiden Annahmen, nach denen stärkenorientierte Unternehmen und Manager handeln, lauten:

     

  • Die Talente jedes Menschen sind dauerhaft und einzigartig.
  • Der größte Spielraum für Leistungssteigerung liegt bei jedem einzelnen Menschen in den Bereichen seiner größten Stärken.

Das erklärt,

     

  • warum diese Manager sorgfältig nach Talent für jede Aufgabe suchen,
  • warum sie bei der Leistung ihrer Leute den Schwerpunkt auf die Ergebnisse legen, statt sie in eine bestimmte stilistische Form zu pressen,
  • warum sie nicht der Goldenen Regel der Gleichbehandlung folgen, sondern jeden Mitarbeiter unterschiedlich behandeln und
  • warum sie die meiste Zeit mit den besten Leuten verbringen.

Der Schlüssel zum Aufbau einer Stärke ist, die dominierenden Talente zu erkennen und sie dann mit Wissen und Können zu verfeinern.

Wie erkennen Sie die Talente Ihrer Mitarbeiter?

Die meisten Menschen wissen zwar genau Bescheid über ihre zahlreichen Schwächen, aber nur wenig über ihre wirklichen Stärken. Die Mitarbeiter nach ihren Stärken zu fragen, hilft daher nur selten weiter.

Talent, so definieren es die Autoren Marcus Buckingham und Donald Clifton in dem Buch "Entdecken Sie Ihre Stärken, jetzt!" ist "jedes nachhaltige Denk-, Gefühls- oder Verhaltensmuster, das produktiv eingesetzt werden kann."

Schritt 1: Beobachtung

Betrauen Sie Ihre Mitarbeitern mit neuen, für sie unbekannten Aufgaben und Tätigkeiten und beobachten Sie, wie schnell sie die Aufgaben erfassen, ob sie möglicherweise typische Schritte im Lernprozess überspringen und sich selbständig Kniffe und Tricks aneignen, die einem üblicherweise von erfahrenen Kollegen beigebracht werden. Prüfen sie, ob Sie in dieser Tätigkeit in einem Maß aufgehen, dass sie Ihr Zeitgefühl verlieren.

Sollte Ihnen bereits der Einwand "Ich habe doch nicht die Zeit, ständig alle meine Mitarbeiter zu beobachten" auf den Lippen liegen, bedenken Sie folgendes: Erstens müssen Sie nicht "ständig und zweitens nicht "alle" beobachten. An einem Punkt kommen Sie aber nicht vorbei: Ohne genaue Beobachtung werden Sie die Stärken Ihrer Leute kaum entdecken. (Genau aus dem Grund kennen ja so wenige Führungskräfte die Stärken ihrer Leute, während sie die Schwächen jedes Einzelnen selbst im Schlaf herunter beten können.)

Eine hilfreiche Frage an die Mitarbeiter ist in diesem Zusammenhang: Welche Tätigkeiten sind Ihnen immer schon leicht gefallen? (Da aber viele Menschen von der falschen Annahme ausgehen "Ach, das ist doch nichts besonderes, die anderen können das sicher genau so gut", werden auftauchende Ideen oft gleich wieder verworfen, was dann zur Antwort führt: "Keine Ahnung." Daher bietet sich an, den Mitarbeiter/die Mitarbeiterin zu bitten, diese Frage an einige Menschen zu richten, die ihn/sie gut kennen, z.B. Familienmitglieder, Freunde, langjährige Arbeitskollegen und deren Antworten bis zum nächsten Gespräch zu sammeln.

Weitere Hinweise auf besondere Stärken und Talente sind:

     

  • Sehnsüchte
  • schnelles Lernen und
  • Befriedigung.

Um Ihre Mitarbeiter zu unterstützen, ihren Stärken (wieder) auf die Spur zu kommen, könnten Sie mit ihnen auch die folgenden Punkte und Fragen abhandeln:

Sehnsüchte: offenbaren häufig die Gegenwart eines Talents, vor allem wenn sie zu Beginn des Lebens zu spüren sind: Von welchen Tätigkeiten fühlten Sie sich als Kind angezogen? Eine weitere Frage in diese Richtung: Wenn Sie könnten, wie Sie wollten, was würden Sie dann am Liebsten tun?

Schnelligkeit des Lernens: Manchmal überhört man den inneren Ruf des Talents, doch sobald man mit dem Erlernen einer neuen Fähigkeit, einer neuen Arbeit beginnt, scheint das Gehirn aufzuleuchten als ob plötzlich eine ganze Schalterreihe auf "Ein" gestellt worden wäre. Schon bald lassen Sie Ihre Klassenkameraden bzw. Kollegen hinter sich, Sie gewinnen Vorsprung und versuchen Dinge, bevor sie nach dem Lehrplan an der Zeit wären. Die neue Fähigkeit "fliegt Ihnen einfach so zu".

Befriedigungen: bieten ebenfalls Hinweise auf Talent. Was sind Tätigkeiten, die Ihnen psychologische Stärke und Zufriedenheit zu bringen scheinen? Was sind "Herausforderungen", die Sie besonders reizen, deren Bewältigung Ihnen eine besondere Befriedigung, einen besonderen Kick verschafft? Welche Situationen sind das? Weisen sie Gemeinsamkeiten auf?
Letzter Hinweis: Was sind Tätigkeiten, die wie im Flug zu vergehen scheinen? Bei denen Sie sich spontan denken: Wann kann ich das das nächste Mal tun und erleben?

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