Wenn Top-Manager Shareholder Value zu wörtlich nehmen

Dr. Rudolf Wimmer, Prof. an der Universität Witten-Herdecke und Gesellschafter der Beratungsfirma OSB über die veränderte Logik bei der Bezahlung von Topmanagern und das Abrücken vieler Vorstände von einer einseitigen Bedienung der Kapitalmarktinteressen.

Ein immer brisanter werdendes Thema ist die Frage der Glaubwürdigkeit des Topmanagements. Stichwort Shareholder Value, Bilanzskandale, dazu die Debatte um rasant wachsende Managementgehälter, mit gleichzeitigem Druck auf die Gehälter der Mitarbeiter sowie auf Arbeitnehmerrechte. Die Schere scheint immer weiter auseinander zu gehen.

Ich sehe das mit sehr gemischten Gefühlen, weil die Glaubwürdigkeitsprobleme des Managements primär kapitalmarktgetrieben sind. Man ist da allerdings in den vergangenen Jahren schon ein Stück gescheiter worden, weil man gesehen hat, dass eine sehr strikte Koppelung der Unternehmensführung an die Logik des Kapitalmarktes, an die Interessenlage der institutionellen Anleger, den Unternehmen nicht gut tut. Es ist ja kein Zufall, dass keiner der ehemaligen Gallionsfiguren des Shareholder Value-Konzepts in Deutschland noch im Amt ist. Der letzte, Jürgen Schrempp, ist gerade abgetreten und der Aktienkurs ist bei Bekanntgabe des Rückzugs um 4 Mrd. Euro hinaufgeschnellt, d.h. der Kapitalmarkt hat das bejubelt. Die Revolution frisst ihre Kinder. Man hat inzwischen gelernt, dass Unternehmensführung noch einmal etwas ganz anderes ist als nur die kurzfristigen Erwartungen des Kapitalmarktes periodisch zu bedienen.

Die Grundlage all dieser theoretischen und praktischen Bemühungen der vergangenen Jahre ist letztlich die Frage, wie man das Principal Agent Thema am besten bearbeiten kann Damit ist die Informationsasymmetrie zwischen den Investoren, d.h. den Aktienbesitzern einerseits und den Entscheidungsträgern, den Topmanagern andererseits gemeint. Dazu wurden zwei Grundstrategien vorgeschlagen: Die eine war die Idee des Shareholder-Value-Konzepts, den postulierten Interessensgegensatz zwischen Managern und Anlegern durch Aktienoptionsprogramme und ähnliche kapitalmarktorientierte Incentives zu nivellieren. Die Annahme ist: Wenn die Manager einen unmittelbaren Nutzen aus der Wertsteigerung ziehen, werden sie dementsprechend agieren.

Die andere Strategie beschäftigt sich mit Fragen der Transparenz. Wie bekommt man Einblick in die Unternehmensentwicklung und welche Berichtspflichten sind dafür geeignet? Welche Wirtschaftsprüfungsmechanismen kann man bauen, um mehr Glaubwürdigkeit in die Berichterstattung hinein zu bekommen? Das sind die beiden Stellhebel der letzten Jahre. Diese versuchte Gleichsetzung der Interessenslage der Topmanager mit den Anlegern hat zu diesen riesigen Glaubwürdigkeitsproblemen geführt, weil sie erst die Strukturen für diese Selbstbedienungsmentalität geschaffen hat und die Grenzen verwischt hat,, wie man zu Geld kommt, was man kürzlich auch bei Infineon gesehen hat. Ich bin mir sicher, dass das kein Einzelfall ist. Es gibt viele Grauzonen.

Bei der Lektüre des ManagerMagazins liest man in jeder Ausgabe von irgend einem Vorstand, ist gerade mal Monate im Amt war, dann wieder ausscheidet und mit mehreren Millionen Euro Abfindung von dannen zieht. Fühlen sich da die Mitarbeiter nicht verarscht? Wer soll sich in so einer Firma noch ernsthaft engagieren, wenn die Leute oben alles abcashen, was sie zusammenraffen können, aber den Mitarbeitern erzählen, dass Veränderungen notwendig sind und Opfer erfordern?

Das sind genau die aktuellen Glaubwürdigkeitsprobleme, denen sich diese Unternehmen mit ihrer Kapitalmarktorientierung gegenüber sehen. Dass der Jürgen Schrempp jetzt geht, ohne sich den Vertrag auszahlen zu lassen ist ja bereits ein Eingeständnis. Auch dass er nicht in den Aufsichtsrat wechselt. Hier hat offensichtlich erstmals ein deutscher Aufsichtsrat gesagt, wenn wir diese üblichen Spiele weiter spielen, dann haben wir wirklich Feuer am Dach. Wichtig erscheint mir, die Mechanismen zu sehen, die sich hier etabliert haben. Die Gehaltsentwicklung an der Spitze ist nicht mehr nur aus firmeninternen Überlegungen und Relationen verstehbar. Interne Relation meint: Das Verhältnis zwischen dem, was ein Vorstand und dem, was ein Arbeiter verdient, muss in irgendeiner Relation stehen. Diese internen Relationen haben sich bei den meisten börsennotierten Unternehmen total aufgelöst.

Die Vergleichsmaßstäbe sind eben nicht mehr interne, sondern - das ist meine These - börsennotierte Unternehmen gewinnen ihre eigene Wertigkeit in Relation zu anderen börsennotierten Unternehmen unter anderem daraus, was ihr Topmanagement wert ist. Das heißt: Die Gagen, die dort gehandelt werden, sind auch ein Spiegel, in dem sich die Wertigkeiten der Unternehmen untereinander ablesen lassen. Wenn man heute CEO der Deutschen Bank oder von Daimler oder Siemens ist und das Unternehmen gehört zu den bedeutsamsten und größten Unternehmen der Welt, dann ist der Maßstab nicht mehr die Relation innerhalb des Unternehmens, sondern die Vorstandsbezüge der 50 DAX Unternehmen.

Das bewirkt eine Endlosspirale nach oben. Denn dann nehme ich den einsamen Bestverdiener mit seinen wahnwitzigen Aktienoptionen und lizitiere alle nach oben.

Ja, so ist es auch.

Die ursprüngliche Idee war doch, dass die Vorstände davon profitieren sollen, wenn das Unternehmen im Wert steigt. Doch mittlerweile verdienen sie selbst dann jedes Jahr mehr, wenn das Unternehmen weniger verdient oder in die Krise rutscht und der Wert des Unternehmens sinkt. Es gibt sogar Beispiele, dass die Preise für die Aktienoptionen einfach hinuntergesetzt werden, damit der Vorstand die Optionen doch noch ausüben kann. Wie sollen die noch glaubwürdig agieren?

Die Frage ist, wer ist meine Bezugsgröße und meine Referenzgruppe? Wenn das die Vorstände der anderen großen Unternehmen sind und sich beispielsweise der Herr Ackermann fragt, ob er angemessen bezahlt wird, dann schaut er eben nicht, was seine Leute in der Bank verdienen, sondern er schaut auf den Kreis von Großunternehmen in Europa oder andere Großbanken weltweit mit ähnlichem Rating. Und dann sagt er, da bin ich eh im Mittelfeld oder sogar im unteren Bereich, da braucht sich niemand aufregen. Das ist der Musterwechsel, der durch die Kapitalmarktorientierung etwa der letzten 10 Jahre passiert ist – man orientiert sich bei den Gehältern der Topmanager nicht mehr an internen Relationen, wie das bei der europäischen Unternehmenskultur bisher der Fall war, sondern an externen Bezugsgrößen.

Zudem koppelt es sich nicht mehr nur an den Wert des Unternehmens, sondern an die Spielklasse, in der ich mich bewege. Ein durchaus brauchbarer Vergleich ist der Blick auf die Bundesliga, die Clubs und ihre Trainer. Hier lassen sich die Gewinnerwartungen, die an den Club oder eben auch an das Unternehmen gerichtet werden, auch daran ablesen, was die Spitzenleute bezahlt bekommen. Hier haben sich spezifische Referenzgruppen gebildet, an denen sich die Gehälter orientierten und das Gehaltsniveau der Vorstände ist der Spiegel, in den die Vorstände aber auch die Unternehmen hineinschauen, um daran abzulesen, wie sie im Vergleich zu anderen in der Spielklasse positioniert sind. Das hat natürlich keine Grenze nach oben.

Das hieße, wenn ich meinem Bankvorstand mehr zahle als der Vorstand der UBS verdient, dann erhebe ich zumindest den Anspruch, wir sind gleichwertig oder höherwertig als die UBS, auch wenn wir derzeit vielleicht wesentlich weniger Gewinn machen.

Genau. So ist es.

Was bewirkt das nun intern?

Das ist der Pferdefuss. Das wird intern natürlich beobachtet, auch diese Entkoppelung der Gehälter vom Unternehmensergebnis. Die führungsbezogene Glaubwürdigkeit wird dadurch ganz sicher nicht gestärkt. Das dient als Vorbild höchstens im Sinn von „auf sich selbst schauen“. Auch die Durchsetzungsfähigkeit von wirtschaftlich vielleicht durchaus brauchbaren Strategien wird damit fraglich. Diese Art von Selbstbezüglichkeit, nur auf sich schauen, die von allen Mitarbeitern beobachtet wird, verbreitet sich dann seuchenmäßig im ganzen Unternehmen. Warum soll ich mich quälen und kasteien, wenn ich merke, rundherum bin ich damit der Dumme? Gerade großflächige Opfer, die man einer Organisation abverlangt, benötigen ein geteiltes Problembewusstsein. Geteilt heißt, über alle Ebenen hinweg.

Nach welcher Logik funktioniert dann so ein Topmanagementteam?

Sie setzen Maßnahmen, bei denen sie davon ausgehen, dass sie am Kapitalmarkt positiv goutiert werden und in Folge positiver Erwartungen Aktien gekauft werden, was den Aktienkurs hochtreibt. Wenn das nicht wie gewünscht klappt, muss man manchmal selbst mithelfen, indem man als Unternehmen selbst Aktien zurückkauft.

Interessanterweise ist häufig gerade bei den Unternehmen, die sich am intensivsten dem Shareholder Value Konzept verschrieben haben, diese Wertsteigerung ausgeblieben. Siehe Daimler Chrysler.

Die Untersuchungen die ich kenne, sowohl aus Familienunternehmen als auch börsennotierten Unternehmen, beschreiben sehr schön, dass die Langperformer, d.h. Unternehmen, die über lange Zeit gut am Kapitalmarkt abschneiden, alles Firmen sind, die sich diesen vordergründigen Shareholder-Value-Prinzipien nicht unterworfen haben, sondern eigentlich das Gegenteil gemacht haben. Sie haben primär auf die wirkliche Werthaltigkeit der Realwirtschaft geschaut und den Unternehmen Zeit für diese eigene Entwicklung gelassen. Diese Unternehmen haben alle bis zu 10 Jahre Transformationszeit gehabt, bis sie ein bestimmtes Leistungsniveau erreicht haben und das dann auch halten konnten. Auch die erfolgreichen Familienunternehmen macht genau das aus: Sie können ausreichend in ihre eigene Unternehmensentwicklung investieren und sind nicht kurzfristigen Beobachtungskriterien ausgeliefert, wodurch sie diese katastrophalen Strategieschwenks vermeiden, wie sie z.B. die Deutsche Bank in den vergangenen Jahren vollzogen hat. Mal raus aus dem Retailgeschäft, dann wieder hinein, mal Firmenkunden abstoßen, dann wieder bewerben. Da fragt sich ja jeder Kunde, ob die noch alle Tassen im Schrank haben. Meine Kernthese ist ja, dass die konsequente Orientierung am Kapitalmarkt die Führbarkeit nach innen hin unterwandert und die Glaubwürdigkeit erodiert.

Welche Möglichkeiten hat denn die zweite und dritte Reihe bei Entscheidungen wie dem Abstoßen von sogenannten "Nicht-Kernbereichen" um den Analysten zu gefallen, wenn sie sehen, dass damit wichtige Zukunftspotenziale aus kurzfristigen Erwägungen den Bach hinunter gehen?

Da kehrt sehr viel Zynismus ein. In solchen Situationen überlebt man meiner Ansicht nach nur, wenn man sich in erster Linie um sich selber kümmert. Und so schauen diese Unternehmen dann auch aus. Seinen eigenen Bereich möglichst in Ordnung halten, abschirmen von den Verrücktheiten der anderen. Aber das sind genau die Mechanismen, die solche Firmen dann nicht mehr führbar machen. Weil man keinen glaubwürdigen Zusammenhalt mehr herstellen kann.

Pointiert gesagt, wird also das Topmanagement zum Erfüllungsgehilfen des Kapitalmarktes und die konflikthaften Entscheidungen zwischen Renditeerwartung und realwirtschaftlichen Marktmöglichkeiten und –erfordernissen – eigentlich eine der zentralen Aufgaben des Top-Managements - werden auf die nächste Managementebene verlagert. Oben werden irgendwelche Renditeziele vorgegeben und die nächsten Ebenen müssen sich dazu irgendetwas überlegen. Und wenn die oben versprochenen Renditen ausbleiben, tönt es von oben, ihr habt es eben nicht gebracht. Was wäre die Alternative?

Es gibt erstens eine Reihe von Unternehmen, die dieses Spiel so nicht mitgemacht haben haben, Stichwort Porsche, die also diese Spaltung nicht ins Unternehmen hineinkommen lassen. Meist sind das Unternehmen, hinter denen starke Investorengruppen oder Familien stehen. Das sind Unternehmen, die zeigen, dass es auch anders geht und man damit erfolgreich sein kann. Die Lösung ist, dass der grundsätzliche Zielkonflikt zwischen der Bedienung von Investoreninteressen einerseits und der Sorge um die mittel- und langfristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens andererseits im Top-Management bearbeitet werden muss. Genau diesen Zielkonflikt will der Shareholder-Value-Ansatz ausschalten  durch eine einseitige Präferenz für die Investoren – das aber schädigt langfristig beide Seiten. Das Unternehmen wird damit in seiner Problemlösungsfähigkeit massiv geschädigt und damit verlieren auch die Investoren an Wert.

Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass der Herr Zetsche jetzt bei Daimler eine andere Politik machen wird als Schrempp, so wie der Kai-Uwe Ricke bei der deutschen Telekom jetzt eine andere Politik macht als Ron Sommer.  Die Alternative heißt, dass das Topmanagement für die strategische Ausrichtung und für die Vitalität des Unternehmens wieder voll in die Verantwortung geht und diesen Zielkonflikt mit dem Kapitalmarkt auch einzugehen bereit ist.

Wenn ich nun in einem solchen Konzern, der sich dem Shareholder Value verschrieben hat, Führungskraft bin, was heißt das für meine konkrete Arbeit? Was heißt das auch für das Führungsverständnis solch eines Vorstandes?

In vielen Unternehmen, die sich dem Shareholder-Value-Ansatz verschrieben hatten, wird eine Sanierung der Führungsstrukturen erforderlich sein, indem wieder andere Standards gesetzt werden. Denn im Hintergrund ist da eine enorme Skepsis gewachsen. Dass Mercedes als Herzstück von DaimlerChrysler über Jahre die ganzen Abenteuer finanziert hat und jetzt selber ein Sanierungsfall geworden ist, das muss man erst einmal zusammenbringen. Das ist die Tragik. In solchen Fällen ist wieder ein ganz mühsamer Vertrauensaufbau erforderlich. In vielen dieser Unternehmen sind viele Führungskräfte inzwischen innerlich auf Distanz gegangen und eine Reihe deren Top-Leute hat sich da in den letzten Jahren bereits verabschiedet.

Der Kapitalmarkt tickt ja so, dass die aktuelle Performance immer nur als Indikator für weitere Gewinnchancen genommen wird. D.h. es geht um die Bildung von Zukunftserwartungen. Als Vorstand muss ich schauen, an welchen Stellhebeln ich drehen kann, um den Aktienmarkt in seinen künftigen Erwartungen bei Laune zu halten. Etwas, womit man kurzfristig nicht daneben liegt, ist Sparen. Nur mit Sparen allein ist noch kein Unternehmen auf Dauer erfolgreich geworden, im Gegenteil. Wenn man an wichtigen Zukunftsressourcen spart, an Entwicklungskosten, bei jungen, neuen vielversprechenden Geschäftsfeldern, in die man jetzt noch investieren müsste, damit sie einen künftig nach vorne bringen, dann schwächt das mittelfristig die Unternehmen.

Wie nützt mir das als Mittelmanager für mein Überleben?

Am Dieter Zetsche lässt sich das ganz gut beobachten. Der ging nach Amerika um Chrysler zu sanieren und musste dort schmerzhafte Restrukturierungen durchbringen. Wie hat der das als Deutscher in Detroit geschafft, denn er hat es wirklich geschafft. Das kann nicht nur an den Einsparungsprogrammen allein liegen. Es musste sowohl eine kostenseitige Sanierung gemacht werden als auch eine Produktoffensive. Und beides hat er gemacht. Er hat geschafft, dass seine Maßnahmen im Unternehmen, aber auch von den externen Beobachtern so eingeschätzt wurden, dass sie dem künftigen Wohl des Unternehmens dienen und nicht der kurzfristigen Performancesteigerung und der eigenen Selbstdarstellung.

Es hängt in hohem Maß davon ab, ob das Topmanagement es schafft, gerade auch schmerzhafte Maßnahmen so zu vermitteln - und das ist vor allem eine Kommunikationsleistung hinein ins Unternehmen -  dass geglaubt wird, dass diese Maßnahmen dem Unternehmen und seiner langfristigen Sicherung dienen und nicht den kurzfristigen Zielen öffentlichkeitsgeiler Topmanager.
Es müssen Maßnahmen sein, die zumindest von einem erheblichen Teil der Führungskräfte, auch wenn sie als schmerzhaft empfunden werden, angesichts der Unternehmenssituation als plausibel erscheinen.

Ist den Top-Managern die Folge dieser einseitigen Orientierung am Kapitalmarkt bewusst?

Ich glaube, dass das auch ein Lernprozess ist, der in den letzten 10-15 Jahren in Mitteleuropa läuft. Wir haben keine so lange Tradition wie in Amerika, wo das historisch gewachsen ist und es sehr viele gibt, die damit gut spielen können. Allen voran Jack Welch, der auf dem Klavier hervorragend gespielt hat und als Top-Manager als Standardsetzer für den Kapitalmarkt fungiert hat. Das muss dir erst einmal gelingen. Wir haben diese Tradition nicht, wir kommen aus einer relativ geschützten Eigentümerwelt, sei es durch die starke Familienunternehmerstruktur, sei es das, was man salopp die Deutschland-AG genannt hat, wo sich die Unternehmen untereinander verflochten und gehalten haben. Diese Welt des Top-Managements musste sich gegenüber einem aggressiven Kapitalmarkt nie bewähren, weil es den damals nicht gegeben hat. Die Aufsichtsräte waren Teile der Seilschaften. Ich sehe da einen Lernprozess, sowohl was die Kapitalmarktvertreter anlangt als auch was die Manager anlangt. Es ist ja kein entweder oder.

Ich sage nicht, ignoriert den Kapitalmarkt und kümmert euch nur um das Unternehmen, das wäre auch in einem Familienunternehmen dumm. Auch dort muss ich sehr führsorglich und sorgfältig darauf schauen, was die Familiengesellschafter treiben, was deren Interessen sind und sie eng ans Unternehmen binden, damit die Identifikation aufrecht bleibt. Dort habe ich halt ein Familienmanagement zu betrieben, im anderen Fall ein Investors Relationship, mit einer anderen Logik, ganz klar, aber als Managementaufgabe ist es da wie dort ein zentrales Geschäft an der Spitze.

Hier gibt es Interessenskonflikte, die gemanagt werden müssen. Da braucht es auf beiden Seiten Leute, die mit dem Konflikt gut umgehen können. Und speziell in den 90er-Jahren mit der Börseneuphorie wurde dieser Konflikt sicher unterschätzt. D.h. die Shareholder-Value Ideologie wurde ein Stück zu wörtlich genommen, aber da bin ich ganz optisch. Da sind inzwischen Leute ans Ruder gekommen, die den Mund nicht mehr so voll nehmen.

09.2005

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Dr. Rudolf Wimmer, OSB