Potenzialanalyse bei der Porsche-Bank

Am Anfang stand in der Porsche Bank in Salzburg der Plan, zur Standortbestimmung der jungen Potenzialträger im Unternehmen ein Audit durchzuführen. Dabei entschloss sich der Vorstand, zuerst einmal einen Selbstversuch zu wagen, bevor das Instrument bei den Mitarbeitern angewendet wurde.

"In den 90er Jahren begannen wir als Porsche Bank, in den Osten zu expandieren. Dadurch benötigten wir immer wieder Leute, um dort Aufgaben und Projekte zu erledigen oder die Geschäftsführung neuer Töchter zu übernehmen. Jedes Mal, wenn wir dafür Mitarbeiter gefunden haben, tat sich wiederum hier in Salzburg ein Loch auf, das gefüllt worden musste. Aus diesem Grund und zur Vorbereitung des Generationenwechsels, der ab 2000 einsetzte, wurde schließlich die Idee geboren, einen Pool von High-Potentials zu schaffen, auf die wir bei Bedarf zugreifen können.

In einem ersten Schritt gaben wir den Führungskräften den Auftrag, aus jedem Bereich ein bis zwei Potenzialträger zu nennen. Dann wählte der Vorstand aus den 28 gemeldeten Personen 12 Personen aus. Unser Hauptkriterium war: Wem geben wir das meiste Vertrauen in die notwendigen Fähigkeiten und Potenziale? Dazu kamen Zusatzkriterien wie: relativ jung; aus jeder Abteilung maximal einer, damit der Betrieb nicht gestört wird und ein Éinigkeitsprinzip im Vorstand."

Um aber sicherzugehen, so Dkfm. Preinerstorfer, damals Vorstandssprecher der Porsche Bank und mittlerweile Vorstand der Porsche Versicherung, dass das vermutete Potenzial auch tatsächlich vorhanden war, entschied man sich auf Vorschlag der Beratergruppe Neuwaldegg (BGN), diese Potenzialträger einem Audit zu unterziehen. Ziel war eine Standortbestimmung, um gezielte, auf den einzelnen Potenzialträger abgestimmte Entwicklungsmaßnahmen setzen zu können.

Potenzial wofür?

In einem ersten Schritt wurde mit dem Vorstand ein Grobentwurf der künftigen Anforderungen an Führungskräfte erarbeitet, dem als Basis ein vom Konzern entwickeltes Papier mit dem Titel "die Anforderungen an unsere Mitarbeiter in fünf Jahren" zugrunde lag. Dann folgte die Etablierung einer Steuergruppe, in der die "sieben Schlüssel-Qualifikationen, dargestellt in Form eines Diamants" präzisiert und auf konkrete Verhaltens- und Situationsbeschreibungen - wo und wie zeigt sich das? - heruntergebrochen wurden.

Mag. Eva-Maria Preier von der BGN: "Die Steuergruppe hat eine wichtige Funktion. Sie ist sozusagen das Ohr und Auge in der Organisation, denn solche Projekte bringen viel Aufruhr und Unruhe in die Organisation und das versuchen wir im Prozess so gut wie möglich aufzufangen und zu bearbeiten. Wichtig ist vor allem, das schnell das Unternehmen darüber informiert wird. Z.B. in einer Start-Veranstaltung, in der sich das Top-Management hinstellt und den Führungskräften sagt: das haben wir vor, das ist die Zielsetzung, das ist die Zielgruppe, das sind die Berater, die uns dabei begleiten und das ist der grobe Ablauf."

Der Vorstand geht in Vorlage

Im konkreten Fall ging der Vorstand aber um einiges mehr in Vorlage. Einerseits um den verunsicherten Potenzialträgern die Angst zu nehmen, anderseits auch um zu wissen, wie so ein Verfahren abläuft und dann die Ergebnisse besser beurteilen zu können, entschloss sich der dreiköpfige Vorstand, zuerst sich selbst einem Audit zu unterziehen. Gleichzeitig erging das Angebot an alle bereits erfahrenen Führungskräfte, sich – falls gewünscht – ebenfalls auditieren zu lassen, was auch in Anspruch genommen wurde.

Das Audit selbst bestand dann aus drei Teilen:

     

  • einem ausführlichen Einzelinterview,
  • einem Fragebogen zur Selbsteinschätzung und
  • einem Fragebogen zur Fremdeinschätzung, der an vier bis fünf sogenannte "kritische Freunde" verteilt werden sollte.

Im Fall von Josef Preinerstorfer waren die "kritischen Freunde": der Aufsichtsratsvorsitzende, ein Joint Venture Partner, ein Holdinggeschäftsführer und seine Sekretärin.

Nichts Neues – oder doch?

Auf Basis des Tiefeninterviews sowie der Selbst- und Fremdeinschätzung erstellte die Beraterin einen schriftlichen Bericht, der jedem Vorstand vorab zuging. Darin enthalten waren ein genaues Feedback zu jeder der sieben Schlüsselqualifikationen, den Stärken und Entwicklungsfeldern sowie weitere Empfehlungen. Dann folgte ein ausführliches Feedbackgespräch mit jedem Vorstand. Den Abschluss bildete eine gemeinsame Sitzung, in der Frau Mag. Preier dem Vorstand eine Gesamtauswertung - eine Analyse des Vorstandsteams - präsentierte, die dann auch ausführlich diskutiert wurde. "Im Grunde", so Dkfm. Preinerstorfer, "erfährt man – wenn man Kritik schon bisher zugelassen hat - nicht wirklich viel Neues. Man weiß eh, wo der Hund begraben ist. Nur ist eben ein Unterschied, etwas zu wissen, sich etwas vorzunehmen und vor allem es dann auch wirklich zu tun. Und da gab es sicher einige hilfreiche Anstösse."

Als nächste Runde folgten die Audits der ausgewählten Potenzialträger, durchgeführt nach dem selben Muster. Von diesen Audits bekam der Vorstand, entsprechend der Arbeitsweise der BGN, nur einen Gesamtbericht vorgelegt. Die vermuteten Potenziale hatten sich erfreulicherweise durchgehend bestätigt und die Basis für das dann zu konzipierende Nachwuchsführungskräfteprogramm war gelegt.

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