Geht’s nicht einfacher?

In jedem Unternehmen gibt es Regeln und Usancen, die irgend wann einmal aus gutem Grund etabliert wurden. Doch viele dieser damaligen Lösungen sind inzwischen selbst zum Problem geworden, da sie weiterbestehen, obwohl der ursprüngliche Anlass längst nicht mehr existiert. Bei Opel Austria Powertrain in Aspern rückt man diesen bürokratischen Hemmnissen mit der konzernweiten Initiative "GoFast!" zu Leibe.

Wenn Jack Welch, der ehemalige CEO von General Electric, etwas nicht mag, dann sind es schwerfällige, langsame, bürokratische Strukturen. Im Jahr 1990 rief er die mittlerweile berühmt gewordene Initiative "Work Out" ins Leben, angeblich nachdem er gemerkt hatte, dass nach den teils enormen Entlassungen in den Jahren zuvor die Arbeit zwar mit weniger Mitarbeitern bewältigt wurde, diese aber in den selben alten Arbeitsprozessen weiterarbeiteten und so der angestrebte Produktivitätszuwachs weit unter den ursprünglichen Erwartungen lag.

Work Out markierte den GE-weiten Startschuss für eine neue Runde im unermüdlichen Kampf gegen Bürokratie und Schwerfälligkeit und war Ausdruck der Idee, dass es keinen Sinn macht, etwas mit viel Mühe produktiver zu gestalten, was man besser überhaupt nicht machen sollte. Der Begriff "Work Out" sollte Welchs Ziel transportieren, "allen Unsinn aus der Organisation herausarbeiten".

"Work Out" bei GE, "GoFast" bei GM

Rick Wagoner, CEO von General Motors, fordert, durchaus ähnlich, "lean" und "fast" als Handlungsanleitung in allen Unternehmensbereichen. So passte es denn auch, GE’s "work out" auf GM zu adaptieren und als "GoFast" unternehmensweit zu etablieren. "GoFast" wird über interne "zertifizierte" Coaches transportiert, die durch Externe auf ihre Aufgabe vorbereitet  wurden. In Europa übernahm diese Aufgabe der ehemalige Leiter der Abteilung Training and Development von GE Capital Österreich, Mag. Robert Dannenmaier von der Beratungsfirma IBB, Internationale Betriebsberatung, der einzige von GE im deutschsprachigen Raum lizensierte Anbieter für Work Out.

Wie "GoFast" im Unternehmensalltag bei GM funktioniert, zeigt sich am Beispiel Opel Austria Powertrain. Dort sieht man "GoFast" als sinnvolle Ergänzung  der Werkzeuge im  Methodenkoffer zur Verbesserung von Abläufen, wie AVP oder KVP.

Eine der wichtigsten Aufgaben der vier internen "zertifizierten" Coaches bei Opel Austria Powertrain in Aspern ist es daher, aus den Themen, die von den verschiedenen Unternehmensbereichen vorgeschlagen werden, jene Problemkreise herauszufiltern, die mit GoFast-Workshops am besten gelöst werden können. Hier gilt es zu erkennen, ob nicht andere Problemlösemethoden effizienter zum Ziel führen. Immerhin müssen bei GoFast-Workshops bis zu zwanzig Personen an einem bestimmten Tag an einen Tisch gebracht werden.

Gelegentlich stellte sich bereits in den ersten Gesprächen mit dem jeweiligen "Champion" - jener Führungskraft, die als "problemowner" für die Lösung des Problems verantwortlich ist - heraus, dass die Probleme durch einfache Sofortmaßnahmen aus der Welt zu schaffen waren.

Wenn beispielsweise Instandhalter das für Reparaturen benötigte "indirekte Material", also Maschinenteile bestellen wollen, sahen sie sich bislang mit einer Vielzahl von Formularen, mit einer Vielzahl von EDV-Systemen, die untereinander kaum vernetzt sind und mit jeder Menge Vorschriften – z.B. welche Unterschriften welches Formular tragen muss – konfrontiert. Die Leitfragen bei jedem einzelnen Arbeitsschritt lauten dann: Ist das wirklich notwendig? Wenn nein, dann lassen wir es künftig weg. Wenn ja, warum ist es notwendig und geht das nicht auch einfacher?

Was ist das Besondere bei GoFast?

Die Schnelligkeit im Ablauf:

GoFast ist im Zeitablauf um einiges schneller als KVP oder andere Problemlösungsansätze. Während ein typischer GoFast-Prozess vom ersten Gespräch bis zum Workshop und dem Start der Umsetzung ca. 7 Wochen beansprucht, dauert ein typischer AVP-Prozess aufgrund des komplexeren Designs und der vielen Schritte an die 16 Wochen.

Die Schnelligkeit der Entscheidungen:

Entschieden wird in GoFast-Workshops grundsätzlich am selben Tag. Nach jedem präsentierten Vorschlag hat das "Decision Panel" vor der Gruppe sofort kundzutun: "Ja, machen wir" oder "Nein, machen wir nicht", wobei ein Nein mit einer entsprechenden Begründung zu versehen ist. Ein Go-Fast-Prozess zwingt daher die Führungskräfte dazu, schnell zu entscheiden.

Woraus besteht ein GoFast-Prozess?

     

  • Am Beginn steht die Auswahl des Themas sowie die Erkennung eines Champion dafür: Wer ist für diesen Geschäftsprozess/Ablauf verantwortlich - schon das kann sehr erhellend sein.
  • Dann werden die passenden Teilnehmer ausgesucht: ein GoFast-Workshop dauert genau einen Tag, nicht mehr und nicht weniger, daher muss das gesamte nötige Wissen in einem Raum sein, dazu muss man im Vorfeld feststellen: wer ist aller an dem betreffenden Prozess beteiligt?
  • In einer 3-4 stündigen "Framing Session" zwischen Coach und Champion wird der Rahmen für das weitere Vorgehen abgesteckt. Hier kommt es darauf an, die Problemstellung so einzugrenzen und zu definieren, dass das Problem tatsächlich an einem Tag lösbar ist. Andernfalls müssen andere Instrumente eingesetzt werden. Weiters passiert hier die Bestimmung des Decision Panels, jener Führungskräfte, die die tagsüber von der Gruppe erarbeiteten Vorschläge dann am Ende des Workshops präsentiert bekommen und dann vor Ort sofort darüber zu entscheiden haben. Die Voraussetzung dafür, erklärt Robert Polaschek, der verantwortliche Koordinator von GoFast in Aspern, ist: "Für das Gelingen eines GoFast-Workshops benötigen Sie eine uneingeschränkte Entscheidungskompetenz im Raum. Daher darf dort keine Person sitzen, die dann sagt, ‚das kann ich nicht entscheiden’. Und wenn es zur Entscheidung mehrere Führungskräfte braucht, weil z.B. mehrere Bereiche davon betroffen sind, dann müssen die eben alle in dem Panel drinnen sein." Nicht zuletzt muss der Termin für den Workshop selbst fixiert werden.
  • Der Workshop selbst dauert 10 Stunden und folgt einem klar durchstrukturierten Ablauf. Zu Beginn stellt der Champion das Problem und die bei etwaigen Lösungen zu beachtenden Rahmenbedingungen vor. Dann verlässt er den Workshop. Nun sind die Teilnehmer am Zug. Im ersten Schritt, genannt Ideengalerie, geht es darum Problemursachen zu eruieren und Prioritäten bei der Themenbearbeitung festzulegen. Im zweiten Schritt passieren Problemanalyse und die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen die nicht mehr als ca. drei Monate zur Umsetzung bedürfen, zumeist in Kleingruppen. Im dritten Schritt kommt es zur Zusammenführung der Ergebnisse und zur Vorbereitung der Präsentation. Letzter Schritt im Workshop ist dann die Präsentation der Vorschläge an das am Abend zur Gruppe stoßende "Decision Panel" sowie dessen unmittelbare Entscheidungen.
  • Unmittelbar nach diesem Workshop startet die Umsetzungsphase, die auf drei Monate begrenzt ist.

GoFast-Initiativen, meint auch Christina Mohr, Leiterin OE, Training und Recruiting und bereits selbst einmal Champion eines Go-Fast-Prozesses, "bieten eine Lösung auf mehreren Ebenen gleichzeitig: Zum einen natürlich Lösungen für konkrete Probleme, darüber hinaus aber auch einen gut strukturierten Rahmen, um alle für die Lösung einer bestimmte Problemstellung nötigen Personen gleichzeitig miteinander ins Gespräch zu bringen, und zum dritten ein Instrument, das Führungskräfte aufgrund des Settings dazu ermuntert, sofort Entscheidungen zu treffen. Und das strahlt positiv ins ganze Unternehmen aus."

12.2001

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