Exzellente Manager, exzellente Führer

Marcus Buckingham, Erfolgsautor von "Erfolgreich gegen alle Regeln" beschäftigt sich in seinem neuen Buch "The One Thing" auf Basis eigener Forschungsergebnisse mit den sehr unterschiedlichen Rollen und Antrieben effektiver Manager und Führer und mit jenen Faktoren, die aus guten exzellente Manager und Führer machen.

"Hat Peter Drucker recht, wenn er Management und Führung gleichsetzt? Er hat Recht, insofern beide über den fortdauernden Erfolg einer Organisation entscheiden, und er hat nicht Recht, insofern er sie für austauschbar hält. Im Gegenteil, die Führungsrolle unterscheidet sich grundlegend von der Managementrolle. (...) Das soll nicht heißen, dass ein und dieselbe Person nicht in beiden Bereichen erfolgreich sein könnte. Das ist durchaus möglich. Aber es soll heißen: Wenn Sie in beiden Bereichen erfolgreich sein oder sich für einen der beiden Bereiche entscheiden wollen, müssen Sie die Unterschiede zwischen ihnen kennen."

Exzellente Manager

Nach Ansicht von Buckingham besteht die zentrale Managementleistung darin, "Talente der Mitarbeiter in Leistung zu verwandeln." Management verlangt, so der Autor, zwar viele Tätigkeiten, unter anderem Qualität kontrollieren, Serviceleistungen sichern, Standards setzen und leistungsfähige Teams entwickeln. Aber keine dieser Tätigkeiten ist die Hauptaufgabe von Managern, denn Ergebnisse stehen am Ende, nicht am Anfang. Der Ausgangspunkt guten Managements sind die Talente, die jeder Mitarbeiter mitbringt und die Herausforderung liegt darin, den besten Weg zu finden, wie sich die Talente in Performance umsetzen lassen. Auch wenn andere Aufgaben in der Stellenbeschreibung stehen – allein der Umgang mit den Mitarbeitern entscheidet, vom Managementaspekt her betrachtet, über Erfolg und Misserfolg. Erfolgreich ist der Manager, dessen Mitarbeiter unter ihm produktiver sind als sie es unter einem anderen vorgesetzten wären. "Und das schaffst du nur, sagen Manager, wenn deine Mitarbeiter glauben, wirklich und wahrhaftig glauben, dass ihr Erfolg für dich an erster Stelle steht."

Das mag klingen, als kämen Manager durch logische Ableitung zu diesen Schlüssen, aber das entspricht nicht der Realität. Sie tun das eher aufgrund von Instinkt und Intuition, weil sie es einfach schön finden, andere Menschen an ihren Aufgaben wachsen zu sehen und sie sich auch an winzigen Fortschritten anderer Menschen freuen können. Daher fördern sie individuelle Eigenarten und kanalisieren sie. Gute Manager überlegen für jeden einzelnen Mitarbeiter, wie, wo und wann er erfolgreich sein kann. Sie beobachten die Leistung jedes Einzelnen genau. Sie geben hier einen Tipp, schlagen dort etwas vor und begleiten die Umsetzung in der Praxis. Gute Manager geben Mitarbeitern die nötige Unterstützung, um ihre Talente in Erfolge umzumünzen. Und zwar nicht, weil das "zu ihrem Job gehört, sondern weil es ihnen Spaß macht, fasziniert und tiefe Befriedigung bereitet, ihre Mitarbeiter zu fördern."

Exzellente Führer

Welche Aufgaben haben nun Führende? Worin besteht ihr ureigenster Beitrag? Gute Führungskräfte führen Menschen in eine bessere Zukunft. Typisch für Führende ist ihre Zukunftsorientiertheit. Sie haben ein lebendiges Bild im Kopf, wie diese Zukunft aussehen könnte und dieses Bild treibt sie an. Die Führung übernehmen heißt, eine Richtung vorzugeben, und deswegen ist die einzig unverzichtbare Eigenschaft von Führenden ihre Zukunftsorientiertheit. "Ich bin nicht zufrieden" - das ist das Mantra von Führenden. Wer führt, ist nie mit der Gegenwart zufrieden. Ihn lockt die bessere Zukunft. In Menschen, die zum Führen geboren sind, reiben sich der Status quo und das was sein könnte und die Reibungswärme treibt sie an, schiebt sie vorwärts.

Der Unterschied zwischen Management und Führung

Management und Führung – beides ist für nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens unentbehrlich, hat aber laut Buckingham jeweils einen völlig unterschiedlichen Fokus: "Management setzt bei den Mitarbeitern an, betrachtet deren Talente, Fähigkeiten, Kenntnisse, Erfahrungen und ziele und entwirft anhand dieser Gegebenheiten eine bestimmte Zukunft, in der die Einzelnen Erfolg haben können. Der Erfolg einzelner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen steht beim Management im Vordergrund. Führende haben eine andere Sichtweise. Sie entwickeln eine Vision von der Zukunft, einer besseren Zukunft, die zunächst nur in ihrer Fantasie existiert. Über diese Zukunft reden sie, sie denken und grübeln über ihre Vision nach, planen und entwickeln sie. Erst wenn sie das Bild ganz klar vor Augen haben, fangen sie an, andere zu überzeugen, mitzureißen und mit ihnen gemeinsam an einer besseren Zukunft zu bauen. Trotz aller notwendigen Nebenschauplätze liegt ihr Focus stets auf der Zukunft."

Wo gute Manager vor allem ein Gespür brauchen, wie sie andere zum Erfolg begleiten können, da brauchen Führende vor allem Optimismus und Ichstärke. Das heißt nicht, dass Führende blauäugige Träumer sind. Sie beurteilen die Gegenwart erstaunlich klarsichtig. Aber trotz dieser realistischen Einschätzung der Schwierigkeiten glauben sie an sich und daran, dass sie die Kraft haben, alle Schwierigkeiten zu überwinden und weiterzukommen. Entsprechend unterschiedlich sind die erforderlichen Fähigkeiten, um das jeweils Beste aus seinen Talenten Zum Managen und/oder führen zu machen.

Die Fähigkeiten eines Managers

Manager müssen erstens gute Mitarbeiter auswählen und dabei extrem vorsichtig vorgehen, da sich Menschen entgegen einem weitverbreiteten Glauben nur in den seltensten Fällen "zurecht biegen lassen". Die zweite Grundfähigkeit eines guten Managers ist, klare Erwartungen zu definieren – was leichter klingt als es ist, wissen doch mit schöner Regelmäßigkeit laut Umfragen weniger als 50% der Angestellten, was von ihnen konkret erwartet wird. Die dritte Grundfähigkeit bezieht sich auf Loben und Anerkennen, womit jedoch die meisten Vorgesetzten geizen oder es einfach wahllos verteilen. Die letzte grundlegende Fähigkeit ist beunruhigend "weich", also diffus und schwer zu definieren: Sie müssen sich um Ihre Leute kümmern – zahlreiche Umfragen belegen, dass Mitarbeiter produktiver sind, wenn sie das Gefühl haben, dass sich jemand in der Firma für sie ernsthaft und ehrlich interessiert.

Wenn Sie alle vier Punkte umsetzen, so der Autor, werden Sie in Managementpositionen kein Fiasko erleben. Allerdings garantiert Ihnen das noch lange keinen Erfolg. Dazu ist es nötig, das Besondere, Einzigartige an jedem Menschen zu entdecken und zu nützen. Und dazu benötigen Sie eine gute Beobachtungsgabe und ein wirkliches Interesse an anderen Menschen. Klingt banal, ist es aber nicht.

Die drei Hebel – oder: Was müssen Manager von ihren Mitarbeitern wissen?

Um MitarbeiterInnen wirksam bei Leistungssteigerungen unterstützen zu können, müssen Sie drei Dinge wissen: Erstens müssen Sie die Stärken und Schwächen der Person herausfinden, zweitens ihre Motivation (Was treibt die Person an, was schätzt sie am meisten) und drittens ihre Art zu lernen.

Fragen zu den Stärken:

     

  • Wenn Sie die drei letzten Monate Revue passieren lassen, welcher Arbeitstag hat Ihnen am besten gefallen?
  • Was haben Sie an dem Tag getan?
  • Warum hat Ihnen das so gut gefallen?

Fragen zu den Schwächen:

     

  • Und welcher Tag war der schlimmste?
  • Was haben Sie an dem Tag getan?
  • Warum hat er Sie so belastet?

Fragen zu den Triggern:

     

  • Zu welchem Vorgesetzten hatten Sie das beste Verhältnis und wie würden Sie dieses Verhältnis beschreiben?
  • Warum hat es so gut funktioniert?
  • Welches würden Sie als das größte Lob bezeichnen, das Sie je bekommen haben?
  • Warum ist es für Sie das größte Lob?

Fragen zum Lernstil:

     

  • An welchem Punkt Ihrer Karriere haben Sie Ihrer Überzeugung nach das meiste gelernt?
  • Warum war diese Zeit so lehrreich?
  • Wie lernen Sie persönlich am besten?

Was Führende wissen müssen

Die Fähigkeit, individuelle Unterschiede beiseite zu lassen und an die wenigen Gefühle oder Bedürfnisse anzuknüpfen, die wir alle teilen, ist für Führende ungeheuer wichtig. Managen bedeutet, zwischen den Individuen und dem Unternehmen zu vermitteln, und wie alle Intermediäre können Manager nur dann gut sein, wenn sie ihre Rolle jeweils von Person zu Person annehmen. Führende übernehmen eine ganz andere Aufgabe. Sie sollen Menschen in eine bessere Zukunft führen, sie sind also keine Mittelsmänner oder -frauen. Sie sind Anstifter. Demnach können Führende ihre Rolle nur dann ausfüllen, wenn sie viele Menschen unabhängig von deren jeweiliger Besonderheit für diese Zukunftsvision begeistern und von deren Realisierbarkeit überzeugen.

Während gute Manager also das Einzigartige in jedem Menschen entdecken und damit arbeiten, verlangt Führen das genaue Gegenteil: Das eine, was Führende wissen müssen ist: Entdecke und nutze das Universelle. Aber was ist uns nun allen gemeinsam? Getreu dem Motto: Frag nach den Ängsten, wenn du mehr über die Bedürfnisse eines Menschen willst, beschreibt Buckingham fünf Paare, die für erfolgreiche Führung von besonderer Bedeutung sind.

Ängste/Bedürfnisse

     

  • Todesangst – Sicherheitsbedürfnis
  • Angst vor Ausgrenzung – Geselligkeitsbedürfnis
  • Zukunftsangst – Klarheitsbedürfnis
  • Angst vor Chaos – Ruf nach Autoritäten
  • Angst vor Bedeutungslosigkeit – Wunsch nach Anerkennung

Menschen streben nach Sicherheit, Gemeinschaft, Klarheit, Autorität und Anerkennung, doch der effektivste Weg, Angst in Vertrauen zu verwandeln, ist nach Buckinghams Argumentation Klarheit. Durch Taten, Worte, Bilder, Vorstellungen, Vorbilder und Ziele müssen Führende ein klares Bild der Zukunft zeichnen. Z.B. als Antwort auf die Frage: Wem dienen wir hier? Wem sollen wir es recht machen? Oder: Wo liegt unsere zentrale Stärke? Welches ziel verfolgen wir? Was ist unser zentrales Erfolgskriterium? (Was ist etwa der Erfolg einer Haftanstalt: Die Zahl der Ausbrüche oder die Zahl der Rückfälligen?) Stiftet Ihre Antwort Klarheit oder Verwirrung?

Quelle: Eine ausführliche Beschreibung dieses Ansatzes finden Sie in: Marcus Buckingham: "The One Thing"; Linde Verlag

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