Mentoring – eine Beziehung, die allen nützt

Warum wird Mentoring in den Unternehmen immer populärer, was genau ist Mentoring und wofür wird es eingesetzt?

Als Odysseus, König von Ithaka, in den trojanischen Krieg zog, betraute er seinen Freund, den griechischen Gelehrten Mentor, mit der Ausbildung seines Sohnes Telemachos. Diese Beziehung beschränkte sich aber nicht auf die klassische Unterweisung eines Schülers durch seinen Lehrer. Vielmehr erwies sich Mentor für Telemachos auch als wichtiger und wertvoller Vertrauter, Förderer und väterlicher Freund.

Mentoring steht daher als Synonym für eine Beziehung besonderer Qualität, in der ein Mentor einem Mentee bei der Lösung von Problemen und der persönlichen Entwicklung mit all seiner Erfahrung wohlwollend und unterstützend zur Seite steht. Mentoring ist beileibe kein neues „Konzept“, neu ist allerdings sehr wohl, dass diese Art von Beziehung derzeit in den Unternehmen eine wahre Renaissance erlebt und immer mehr Firmen dazu übergehen, für eine Situation, die es „informell“ immer wieder einmal geben kann, bewusst und gezielt mittels eines Mentoring-Programms einen offiziellen Rahmen zu schaffen.

Warum wird Mentoring wieder populär?

Die Gründe für das Interesse von Unternehmen an Mentoring haben ebenso mit den Veränderungen zu tun, die unter den Begriffen Informations- und Wissensgesellschaft subsumiert werden wie mit den geänderten Arbeitsbedingungen in den Unternehmen:

     

  • Je wichtiger Wissen als Produktionsfaktor wird, desto wichtiger für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens werden auch die "Wissensträger" und ihre Vernetzung. Wenn junge, noch nicht so erfahrene Führungskräfte und/oder Fachleute vom den Erfahrungswissen älterer Kollegen systematisch partizipieren können, ist das sowohl für die handelnden Personen als auch für die Organisation ein enormer Vorteil. Gerade dieser Wissenstransfer durch die Bereitstellung wertvollen Erfahrungswissens ist aber eines der Kernelemente von Mentoring. Insofern ist Mentoring eine bewährte und höchst effiziente Form gelebten Wissensmanagements.
  • Da Wissen bekanntlich Macht ist, ist die Bereitschaft, andere am eigenen Wissen teilhaben zu lassen und dafür auch noch Zeit aufwenden zu müssen, der kritische Punkt jedes Wissensmanagements. Richtig aufgesetztes Mentoring legt den Grundstein für die Art von vertrauensvoller Beziehung, die Voraussetzung ist für diesen so wertvollen Wissens- und Erfahrungsaustausch. Denn Mentoring wirkt nicht nur in eine Richtung, es ist keine einseitige Beziehung, bei der nur der Mentee vom Mentor profitiert. Auch der Mentor profitiert in vielfältiger Weise. Zum einen gewinnt er durch die Schilderungen des Mentee neue Einblicke in das tatsächliche Funktionieren bzw. Nicht-Funktionieren der Organisation und er bekommt so (ungefilterte) Informationen, an die er sonst kaum oder gar nicht gelangen würde. Etwa über die aktuellen Probleme und Arbeitsweisen von Bereichen oder Abteilungen oder über die Alltagssorgen seines Schützlings. Durch diese verbesserte Realitätssicht verbessert sich auch die Wirksamkeit der eigenen Führungsleistung. Zum anderen ist die Mentorenrolle (je nach Zielsetzungen des Unternehmens) immer an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Nicht jeder kann Mentor sein. Das aber bedeutet eine explizite Anerkennung und Würdigung der Kompetenzen des Mentors und das wiederum bringt einen positiven Zirkel in Gang: die Bereitschaft, anderen nützlich zu sein, bringt Dank und Anerkennung – damit steigt die Bereitschaft, Wissen und Erfahrungen zu teilen, womit sich die Wirksamkeit von Mentoring weiter erhöht – das wiederum erhöht die Zufriedenheit der Beteiligten und verstärkt den positiven Kreislauf.
  • Durch die Mentoring-Beziehungen zwischen sehr erfahrenen und weniger erfahrenen Mitarbeitern entsteht nicht nur eine besondere Zweier-Beziehung, es bilden sich auch neue Netzwerke und Informationskanäle im ganzen Unternehmen – z.B. durch abteilungs- und bereichsübergreifend zusammengesetzte Mentoren-Mentee-Paare oder durch wiederkehrende Mentoren- und Menteetreffen zum Erfahrungsaustausch. Quasi als Nebenprodukt werden so neue Kommunikations- und Kooperationsstrukturen aufgebaut, die in der Folge viel Sand aus dem Getriebe nehmen können.
  • Dazu kommt: Langfristige Beziehungen, bei denen man die Kollegen bzw. Führungskräfte seit langem kennt und daher gut einschätzen kann, werden in sich ständig reorganisierenden Unternehmen immer seltener. Beziehungen, die schon absehbar "befristet" angelegt sind, bleiben aber auch oberflächlicher – man lässt sich gar nicht mehr richtig aufeinander ein. Damit bleibt das zutiefst menschliche Bedürfnis nach Stabilität und Sicherheit zunehmend unerfüllt. Hier einen Mentor zur Seite zu haben, der einem immer wieder mit Rat und Tat oder einfach nur als Zuhörer zur Verfügung steht, ist ein nicht zu unterschätzender, stabilisierender Faktor in sich rasch verändernden Unternehmen.

 

Was ist Mentoring?

Mentoring ist eine Eins-zu-Eins-Beziehung zwischen einem „Berater“ (Mentor) und einem „Ratsuchenden“ (Mentee), in der über einen längeren Zeitraum regelmäßige Gespräche geführt werden. Darin werden vor allem Themen aus dem beruflichen Alltag besprochen. Ziel ist, als Mentor so nützlich wie möglich zu sein, indem man die eigenen Erfahrungen und das eigene Wissen zur Verfügung stellt, aus dem sich der Mentee dann das herauspickt, was ihm bei der Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Fähigkeiten und der Förderung der beruflichen Entwicklung am hilfreichsten erscheint. Dabei steht der Mentor als Vertrauter und loyaler Berater zur Verfügung, hört zu und hinterfragt, bringt sein Wissen und seine Erfahrungen ein und unterstützt den Mentee auf diese Art bei der Umsetzung des Gelernten.

Einsatzfelder von Mentoring

High-Potential-Mentoring: Mentoring wird eingeführt mit dem Ziel der Entwicklung junger Führungskräfte und der Förderung von High-Potentials. Zentrales Anliegen ist die Nachfolgeplanung: Anerkannte und erfahrene Mentoren tragen langfristig, aktiv zur Entwicklung der Karriere und der Führungskompetenz ihrer Mentees bei.

Know-How-Mentoring: Mentoring wird eingeführt mit dem Ziel, dass Fachmentoren wichtiges, firmeninternes Fachwissen schnell und aktuell an ihre Mentees weitergeben, damit dieses nicht verloren geht.

Skills-Mentoring: Mentoring wird eingeführt mit dem Ziel, dass Mentoren ihre besondere Fähigkeiten und Fertigkeiten in sogenannten „Kompetenz-Tandems“ in einer Art Einzeltraining an ihre Mentess weiter vermitteln.

Leadership-Mentoring: Mentoring wird als fixer Bestandteil der Führungsrolle eingesetzt, um eine Möglichkeit zu schaffen, die Rolle als Führungskraft laufend zu reflektieren, auf Wirksamkeit zu prüfen und weiterzuentwickeln. In manchen internen Programmen wird es als Baustein einer Qualifizierungsreihe eingesetzt, den alle Führungskräfte durchlaufen.

Mentoringprogramm für Frauen: Viele Unternehmen setzen Mentoring dazu, die Gleichstellung von Frauen voranzubringen, besonders in Führungspositionen.

New-Hired-Mentoring: Neue Mitarbeiter/Trainees werden mit Hilfe des Mentors effizient in das für sie neue soziale Umfeld integriert. Außerdem gewinnen sie rasch Einblick in formelle und informelle Strukturen des Unternehmens. Der Mentor kann in der kritischen Anfangsphase mögliche Hindernisse und Probleme erkennen und einer Lösung zuführen.

Autor: Peter Wagner

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