Werden Manager falsch ausgebildet?

Ein immer größerer Teil der heutigen Top-Manager ist geprägt von MBA-Rezepten und dem "Triumvirat aus Kennzahlendenken, Kostensenken und Kurssteigerung" (Klaus Werle).

Studien-Abschluss an einer renommierten Universität, Auslandserfahrung, MBA-Abschluss an einer bekannten Business School, einige Jahr Beratungserfahrung bei einem der großen internationalen Strategieberater und/oder Einstieg als Vorstandsassistent– betrachtet man die Lebensläufe von Aufsteigern ins Top-Management, wird deutlich, wie stark sich heutige Karriereverläufe von der Vorgängergeneration unterscheiden.

Dieser angelsächsisch geprägte, kühl analytische Managementstil, bei dem Unternehmen und Unternehmensteile scheinbar nur mehr als Manövriermasse fungieren, muss sich jedoch selbst zunehmend die kritische Frage gefallen lassen, ob die Manager bei ihrer Ausbildung das richtige Rüstzeug an die Hand bekommen. Denn weder verhalten sich Unternehmen in der Realität so, wie es die berühmten Case-Studies der MBA-Programme nahe legen, noch folgen sie der mechanischen Logik von Kästchen auf elaborierten Power-Point-Präsentationen, die sich wie Bauklötze beliebig hin und her schieben, abstoßen oder zukaufen lassen.

Manager-Klone

Entsprechend problematisch ist es, so Klaus Werle in dem Artikel "Die Manager-Klone" im Manager Magazin von April 2008, wenn die Ausbildung fachlich zwar exzellente Manager mit hohen Analysefähigkeiten und Kennzahlenfixierung produziert, diese jedoch unter einem Tunnelblick leiden und den im Studium gelernten Rezepten den Vorzug vor Reflexion geben: "Die Fallstudiendenke von MBA und Beratungen fördert einen mechanischen Ansatz, als wären Unternehmen keine dynamischen Systeme, sondern Kästchen auf dem Spreadsheet. Aber ist der global genormte, mit einer Toolbox vorgefertigter Methoden gerüstete Manager die richtige Antwort auf künftige Herausforderungen?"

Schon in seinem Buch "Manager statt MBAs" kritisierte der kanadische Professor Henry Mintzberg den "oberflächlichen, kurzatmigen, führungsfreien und einseitig auf Shareholder-Value fxierten" MBA.Stil. In einer von Heidrick & Struggles für das Manager Magazin durchgeführten Studie wertete der Headhunter seine Management-Audits aus und identifizierte dabei vier Typen von Managern, bei denen bestimmte Kernkompetenzen besonders ausgeprägt sind – der Lerner, der Denker, der Ausführer, der Visionär. Dabei zeigte sich dann wenig überraschend: Zwar sind die deutschen Manager, ähnlich wie britische und amerikanische Manager gute Denker – gut in Analyse und konzeptionellem Denken – doch gerade der Typus des "Lerners", der flexibel ist, offen für Neues, der Marktentwicklungen und soziale Trends erkennt, ausgerechnet der ist unter Deutschen unterdurchschnittlich repräsentiert. Noch schlechter schneiden nur die Amerikaner ab. Wohl auch kein Zufall, dass fast jeder zweite MBA-Absolvent im Finanz- oder Beratungsbereich landet, dort ist man dann unter seinesgleichen.

Kennzahlen gaukeln Präzision vor

Was bei diesen Ausbildungen jedoch häufig außen vor bleibt, sind zwischenmenschliche Fähigkeiten – Kommunikation und Führung - samt der nicht unwichtigen Erkenntnis, dass tolle Pläne erst den Mitarbeitern verständlich und plausibel gemacht werden müssen, so sie denn auch umgesetzt werden sollen.

Inzwischen haben viele Business-Schools ihre Programme aufgerüstet. Da gibt es dann eigene (Wahl-)Seminare zum Thema "Leadership und Ethik" oder "social skills", doch an der stark finanzwirtschaftslastigen Ausbildung ändert das wenig. Ebenso wenig wie an den dadurch immer normierteren, stromlinienförmigeren Managern, die dann in den Konzernen nach oben klettern. "Schließlich kann bei uns jeder aufsteigen", zitiert das Manager Magazin die pointierte Aussage des Personalvorstand eines DAX-Unternehmens, "vorausgesetzt, er hat einen MBA, Beratungserfahrung und trägt gedeckte, dunkle Anzüge." Auch auf die Aussage des Geschäftsführers eines großen Beratungsunternehmens, man würde schon seit Jahren Mitarbeiter aus den verschiedensten Studienrichtungen einstellen,  hat der Manager Magazin Artikel eine treffende Antwort parat: Entscheidend sei schließlich nicht, wie viele Exoten man einstelle, sondern wie exotisch sie nach drei Jahren – in denen sie die Kunden mit standardisierten Analyseinstrumenten traktieren - noch sind. Werle: "In der Windkanalkarriere müssen Querdenker mit Ideen, die nicht binnen zwei Quartalen Rendite bringen, leider draussen bleiben." Das einzig Gute daran: Wenn alle nach dem selben Muster spielen, profitieren wieder die Individualisten.

Quelle: Klaus Werle: Die Manager-Klone, in Manager Magazin 04/2008

...zurück zum Seitenanfang

Teilen: