Leiten UND Moderieren?

Eine oft zitierte Meeting-Regel besagt: Sie können eine Sitzung entweder moderieren oder mitdiskutieren, beides zusammen geht nicht. Klingt gut, hat aber einen Schönheitsfehler. In der Praxis vereinen die meisten Sitzungsleiter nun einmal beide Rollen in sich. Wie also können Sie als Führungskraft mit dieser Gleichzeitigkeit mehrerer Rollen professionell umgehen?

Die eingangs zitierte Regel hat einen wahren Kern: In der Tat gibt es weniges, das Sitzungsteilnehmer mehr nervt als ein Boss, der eine Sitzung höchst einseitig leitet, Teilnehmer selektiv zu Wort kommen lässt, selbst ständig zwischen Steuerung des Ablaufs und inhaltlichen Positionen hin- und herspringt und zu allem Überfluss felsenfest überzeugt ist, "neutral zu moderieren".

Insofern ist es bereits ein erster wichtiger Schritt, sich überhaupt bewusst zu werden, dass Moderation und inhaltliches Engagement zwei unterschiedliche Rollen sind, mit denen sich auch unterschiedliche Anforderungen verbinden:

     

  • Aufgabe eines Moderators ist es, den Prozess zu steuern, mit den Beteiligten Spielregeln zu vereinbaren und darauf zu achten, dass sie eingehalten werden, die Agenda im Auge zu behalten, sich gegenüber den verschiedenen Standpunkten "allparteilich" zu verhalten, allen Beteiligten dasselbe Recht zu verschaffen, ihren Standpunkt darlegen zu können, auf Einhaltung der Zeit zu achten und darauf hinzuwirken, dass die angestrebten Ergebnisse tatsächlich zustande kommen.
  • In der Rolle als Vorgesetzter hat man aber natürlich gleichzeitig ein berechtigtes Interesse, sich auch immer wieder inhaltlich zu beteiligen, die eigenen Vorstellungen zu deponieren, auf unverrückbare Rahmenbedingungen hinzuweisen ("So lautet die Strategie, das sind unsere Vorgaben, zur Diskussion steht heute, wie wir das umsetzen.") und auf die Richtung des Gesprächs Einfluss zu nehmen.

Die unterschiedlichen Rollen von Leiter und Moderator

Besprechungen leiten Besprechungen moderieren
Leiter ist inhaltlich beteiligt Moderator ist inhaltlich unbeteiligt
Wenig Interesse an kreativen Methoden Großes Interesse an kreativen Methoden
Leiter konzentriert sich auf Durchsetzung seiner Interessen Moderator konzentriert sich auf Willensbildung der Gruppe
Leiter gibt Arbeitsziele vor Moderator erarbeitet Arbeitsziele mit Teilnehmern
Leiter vermeidet/übergeht Störungen Moderator geht auf Störungen ein
Leiter gibt Regeln vor Moderator erarbeitet Regeln des Zusammenarbeitens mit Teilnehmern
Leiter delegiert Aufgaben Moderator verhilft zu Entscheidungen
Leiter arbeitet mit Autorität Moderator setzt Vielfalt von Methoden ein

Übergänge klar markieren

Wenn Sie als Führungskraft beide Rollen gleichzeitig übernehmen, brauchen Sie daher Rollenklarheit, d.h. Sie sollten wissen, wann Sie in welcher Rolle agieren und das auch gegenüber den anderen immer wieder klar ausschildern. Am besten erreichen Sie das, indem Sie "Übergangssätze" verwenden, die solche Rollenwechsel während der Sitzung deutlich anzeigen.

Vom Diskussionsteilnehmer zum Moderator

Stecken Sie gerade in einer inhaltlichen Diskussion, die auszuufern oder abzudriften droht und Sie wollen den Blick wieder auf den Prozess lenken, könnten Sie beispielsweise sagen:

     

  • "Ich finde momentan die Diskussion auch sehr interessant, aber da ich auch für die Moderation und die Ergebniserzielung verantwortlich bin, bitte ich Sie, das jetzt zu stoppen und zu dem anstehenden Tagesordnungspunkt zurückzukehren. Lassen Sie uns den Aspekt aber festhalten, damit wir ihn bei Gelegenheit wieder aufgreifen können..."
  • "Das sind wirklich sehr interessante Aspekte, die wir nicht aus dem Blick verlieren sollten, aber eigentlich haben wir uns heute folgende Punkte vorgenommen, also....."
  • "Ich muss kurz aus der Diskussion aussteigen, weil ich sie darauf aufmerksam machen möchte, dass wir zeitlich schon sehr unter Druck sind und am Anfang vereinbart haben, unsere heutige Agenda pünktlich zum Abschluss zu bringen. Was machen wir?"

Vom Moderator zum Diskussionsteilnehmer

Einen Wechsel von der Moderatorenrolle zum Diskussionsteilnehmer könnten Sie hingegen markieren, indem Sie sagen:

     

  • "Fein dass wir das jetzt ausgemacht haben, konzentrieren wir uns nun auf den nächsten Punkt der Agenda. Hier würde ich mich gerne wieder in die Diskussion einklinken und einige Dinge beisteuern, die mir da wichtig erscheinen...."
  • "Da wir die weitere Vorgehensweise geklärt haben, würde ich jetzt gerne kurz meine Moderatorenrolle verlassen und zum nächsten Punkt auch inhaltlich etwas sagen....."
  • "Da wir unser Zeitmanagement wieder in Ordnung gebracht haben, hätte ich jetzt noch inhaltlich zwei Punkte, die ich Ihnen noch mitteilen möchte...."

Wann ist Moderation angesagt?

Markante Zeitpunkte, bei denen man als Leiter nicht versäumen darf, die Moderatorenrolle (wieder) zu übernehmen, sind unter anderem:

     

  • Die Einführung am Beginn, mit Vorstellung der Agenda, Klärung des Ablaufs, gegebenenfalls Vereinbarung von Spielregeln
  • Wenn die vorgesehene Zeit eines Punktes der Agenda abgelaufen ist (Besser natürlich bevor die Zeit abläuft)
  • Wenn das Ergebnis eines Themenblocks fest steht und eine Überleitung zum nächsten Punkt erforderlich ist
  • Wenn es darum geht, sicherzustellen, dass vereinbarte Spielregeln eingehalten werden z.B. die Verteilung der Redezeit, die Einbindung aller, untergriffigen Bemerkungen oder gegenseitigen Angriffen
  • Wenn unterschiedliche Standpunkte deutlich werden und es darum geht, die dahinter stehenden – für eine tragfähige Lösung wichtigen – Interessen, Bedürfnisse und Wünsche herauszuarbeiten.
  • wenn es Zeit ist für den Abschluss und an die Sammlung aller Ergebnisse und Aktionspunkte geht.
  • wenn es darum geht, ein klares Commitment aller Beteiligten zu den getroffenen Entscheidungen einholen.

Die Rollen aufteilen

Eine Möglichkeit, sich als Sitzungsleiter das Leben etwas zu erleichtern, besteht darin, zu Beginn der Sitzung (besser noch bereits im Vorfeld) einzelne Moderationsaufgaben zu delegieren und z.B. einen eigenen Zeitmanager und/oder einen Protokollanten zu benennen.

Die Aufgaben des Timemanagers: Check zu Beginn: Ist klar, wie viel Zeit für welchen Punkt vorgesehen ist? Check während der Sitzung: Einhalten des vorgesehenen Zeitrahmens. Wenn Punkt nicht abgeschlossen wird: Wann soll das dann passieren?

Die Aufgaben des Protokollanten: Fokussierung auf die Frage: Werden die vereinbarten Ergebnisse erbracht? Nach jedem Punkt der Agenda wird geprüft: Was muss hier konkret an Ergebnissen, Entscheidungen festgehalten werden und sind alle damit wirklich einverstanden?  ? Wer muss daher was bis wann leisten (Wichtig: nicht einzelne Tätigkeiten, sondern vereinbarte/erwartete Ergebnisse festhalten! Check: Gibt es dazu das explizite OK der als Verantwortliche benannten Leute? Haben Sie ausreichend Klarheit über die jeweiligen Aufgaben und die dafür nötigen Resourcen? Gibt es noch Bedenken hinsichtlich möglicher Hindernisse, Stolpersteine? Am Ende wird explizit das Commitment der benannten Verantwortlichen eingeholt: Passt das so? Sind Sie damit einverstanden?Kennen sich alle aus, was von Ihnen erwartet wird?

Der Co-Moderator: Diese/r kann während der Besprechung einzelne Themenbereiche übernehmen, wie zum Beispiel Diskussionen oder Themenbearbeitungen. Einerseits können Sie sich so kurzfristig bei heiklen Themen besser auf den Inhalt konzentrieren, andererseits die Ressourcen von Teilnehmer nützen und sie einbeziehen bei Themen, bei denen sie sich möglicherweise inhaltlich kaum beteiligen hätten können.

Kommt es zu solch einer Rollenaufteilung, ist es Aufgabe des Sitzungsleiters, diese Rollen und deren Aufgaben in der Runde einzuführen, vor jeder Sitzung zu klären, wer welche Rolle in der Besprechung übernimmt und die Rollenträger bei Ihrer Ausführung zu  unterstützen und sicherzustellen, dass sie die Aufgabe wirklich übernehmen und erfüllen.

Mit der bloßen Aufgabenzuweisung alleine ist es kaum getan, denn ein gutes Zusammenspiel funktioniert nicht von heute auf morgen, sondern muss erst eingeübt werden. Erst recht, falls diese Rollen immer wieder von unterschiedlichen Teilnehmern wahrgenommen werden.

Bei einmaligen Besprechungen ist es hilfreich, diese Rollen, wenn möglich, schon in der vorab versandten Agenda öffentlich bekannt zu machen und die Rollenträger bezüglich ihrer Aufgaben im Vorfeld zu briefen. Fällt die Entscheidung zur Rollenaufteilung spontan am Beginn des Meetings, macht es Sinn, die jeweiligen Aufgaben offen vor der Gruppe zu klären. Z.B. "Herr Mayer, könnten Sie bitte bei jedem Punkt dann noch einmal durchgehen, was wir festhalten und das noch einmal vorlesen?"

Weiter zu den Tools:

Spielregeln einführen und deren Einhaltung sicherstellen

Durchführung einer Moderation

Ergebnisorientiert protokollieren

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