Studie: "Leaders on Leadership"

Die international tätige Unternehmensberatung DDI Development Dimensions International wollte wissen, wie Executives ihren Arbeitsalltag auf den oberen Führungsebenen wahrnehmen und mit welchen Hindernissen sie zu kämpfen haben. In persönlichen Gesprächen haben 201 Top-Führungskräfte aus UK, Frankreich und Deutschland die Licht- und Schattenseiten ihrer Positionen bewertet. Eine Zusammenfassung.

Einige markante Ergebnisse zu Beginn:

     

  • 96 % der Führungskräfte in UK haben kein Problem, wenn ihre Entscheidungen in Frage gestellt werden, dieser Prozentsatz fällt auf 52% in Deutschland und 29% in Frankreich.
  • 80 % der Führungskräfte in UK glauben noch viel lernen zu müssen, dies wiederum denken 66% der Führungskräfte in Deutschland und nur 30% der Franzosen.
  • 50 % der Führungskräfte in UK sind nicht sicher in ihrem Team die richtigen Talente zu haben, um allen Herausforderungen begegnen zu können, wohingegen in Frankreich 80% und in Deutschland 70% sicher sind.
  • Auf die Frage, was das Beste daran ist Führungskraft zu sein antworten:
    65% der Franzosen, 46% der Deutschen und 39% der Engländer: die Unabhängigkeit, Entscheidungen treffen zu können.
    41% der Franzosen, 36% der Deutschen und 16% der Engländer: die Möglichkeit, Personalentscheidungen treffen zu können.
    70% der Engländer, fast 50% der Deutschen und nur 14% der Franzosen: die Möglichkeit, talentierte Mitarbeiter weiterentwickeln zu können.
    55% der Engländer, 44% der Deutschen und 33% der Franzosen schätzen die Möglichkeit, Einfluss nehmen zu können.
    31% der Franzosen, 16% der Deutschen und nur 2% der Engländer schätzen an ihrer Führungsrolle die Beachtung, die sie als Führungskraft in der Öffentlichkeit finden.

Die Unterschiede, als Typologien verpackt

Der Autokrat

Der Franzose schätzt die Freiheit, selbstständig Entscheidungen treffen zu können, er liebt Prestige und Ansehen. Er ist es gewohnt weniger im Team als im Wettbewerb innerhalb der Führungsriege zu arbeiten. Er rekrutiert eher Mitarbeiter, als dass er intern Mitarbeiter weiterentwickelt. Er nutzt weniger die Möglichkeit, für sich Netzwerke aufzubauen.

Der Demokrat

Der Deutsche bevorzugt Konsens und sucht Übereinstimmung in wichtigen Entscheidungen. Hohe Aufgabenorientierung und soziale Verantwortung sind wichtig. Eigenes Machtstreben ist weniger bedeutsam als die Verantwortung gegenüber anderen. Misserfolge werden als etwas sehr Negatives  erfahren, was häufig zu Einsamkeit und Angst führt.

Der Meritokrat

Für den Briten zählt hauptsächlich die Leistung. Er zeigt sich eher als gelassener Entscheidungsträger, der seine Rolle nicht als Bürde sondern als Privileg versteht. Er schätzt es Mitarbeiter zu führen und zu fördern, und betont die wichtige Rolle die dem Team gebührt.

FINDING 1: Sehr unterschiedliche Führungsstile

Führungsstile in Frankreich, England und Deutschland variieren zum Teil erheblich. So zählt für britische Top-Führungskräfte hauptsächlich die Leistung. Sie zeigen sich als gelassene Entscheidungsträger, die ihre Rolle nicht als Bürde sondern als Privileg verstehen. Sie schätzen es, ihre Mitarbeiter zu führen und zu fördern und betonen die wichtige Rolle, die dem Team gebührt.

Französische Executives pflegen einen vergleichsweise autokratischen Führungsstil. Sie schätzen insbesondere die Entscheidungsfreiheit und den hohen sozialen Status, welcher mit ihrer Position innerhalb und außerhalb des Unternehmens einhergeht. Der charakteristische Ehrgeiz der Executives spiegelt die Elite-Ausbildung des französischen Bildungssystems wieder. So liegt hier der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Durchsetzungsvermögen und Disziplin und weniger auf der Entwicklung der Persönlichkeit.

Deutsche Top-Führungskräfte sind die Demokraten unter den Executives und agieren äußerst diplomatisch. Bevor sie weit reichende Entscheidungen treffen, versuchen sie in der Regel Einvernehmen herzustellen und den für alle Involvierten bestmöglichen Kompromiss zu finden. Es geht ihnen in erster Linie nicht um die Verwirklichung eigener Ambitionen sondern den Dienst an einem größeren Ganzen. „Man muss bescheiden bleiben“, formuliert es ein deutscher Befragter. Ihre Aufgaben gehen die deutschen Executives zielgerichtet und sachlich an, konkrete Resultate bestätigen sie in ihrem Engagement.

FINDING 2: keine Alleinherrscher, sondern Teamplayer

Die Herausforderungen an der Spitze eines Unternehmens werden durch Globalisierung, wachsenden Konkurrenzdruck und hohe Ansprüche der Kunden zunehmend härter. Laut Studie verstehen sich Executives mehr den je als Mitglied ihres Führungsteams und versuchen, dem auf ihnen lastenden Druck durch verstärktes Teamwork entgegenzuwirken. Sie sind überzeugt, dass es für das Unternehmen erfolgs-kritisch ist, sich mit dem richtigen Führungsteam zu umgeben. Ein Beleg für die hohe Wertschätzung, die Executives ihren Teams entgegenbringen, ist laut Studienautoren die Zeit, die sie aufwenden, um ihren Führungskräften Rückmeldungen über deren Leistungen zu geben. Länderübergreifend erklärten 85 Prozent der Befragten, dass sie regelmäßig Zeit in individuelles Feedback für ihre Manager investieren.

Die Beurteilung der Führungsteams fällt dabei überwiegend positiv aus. In Deutschland sind 70% der Executives der Auffassung, dass die Mitglieder ihres Teams über das erforderliche Talent verfügen, um das Unternehmen zum Erfolg zu führen. Neun von zehn Befragten bestätigen darüber hinaus, dass ihre Führungskräfte effektiv im Team zusammenarbeiten.

FNDING 3: "Talente fördern" zählt neben Selbstverwirklichung zu den Highlights der Executive-Position

Analog zu den verschiedenen Führungsstilen variieren auch die Vorzüge, die Top-Führungskräfte an ihrer Position schätzen. Länderübergreifend lassen sich allerdings zwei Tendenzen beobachten:

Viele der 201 befragten Top-Führungskräfte sehen einen Vorteil ihrer Tätigkeit darin, ihre Ideen verwirklichen zu können. Sie schätzen die Freiheit ihrer Entscheidungen und empfinden es als angenehm, Einfluss auf ihr Umfeld auszuüben.

Es erstaunt daher nicht, dass die Entwicklung talentierter Mitarbeiter als weiteres Highlight ihres Aufgabenspektrums genannt wird. Dies gilt insbesondere für britische Executives, von denen dies 70 Prozent bestätigen. Aber auch in Deutschland wird das Entwickeln von Talenten als vorrangig betrachtet; rund die Hälfte der Befragten nannte dieses Kriterium.

FINDING 4: Die vier unangenehmsten Aspekte einer Executive-Position

An erster Stelle der unangenehmen Begleiterscheinungen nannte die Hälfte der Executives den Mangel an Freizeit. Verallgemeinernd kann man hier anführen, was auch immer ein Unternehmen im Hinblick auf eine ausgeglichene Work-Life Balance unternimmt, die Entscheidung, die Position einer Top-Führungskraft zu bekleiden, bringt stets auch Konsequenzen für das Privatleben mit sich.

Der Mythos über die „Einsamkeit an der Spitze“ scheint sich zumindest teilweise zu bewahrheiten. Jeder fünfte Befragte nennt dies als einen der drei unangenehmen Aspekte seiner Position. Hinzu kommt, dass ein Drittel der befragten Top-Führungskräfte glaubt, die Distanz zu den Mitarbeitern sei größer geworden.
Als einen weiteren Negativaspekt ihrer Position nannte ein Drittel der Befragten die Tatsache, dass ein Scheitern auf diesem Level als große persönliche Niederlage gesehen werden würde. Dieser Punkt wurde besonders häufig in Deutschland erwähnt. Während britische Top-Führungskräfte das Lernen aus Fehlern als natürlichen Bestandteil ihres Arbeitsalltags betrachten, gehen deutsche Executives strenger mit sich ins Gericht. Fehler zu machen verknüpfen sie oft direkt mit der Gefahr beruflichen Scheiterns.

Entscheidungen treffen zu müssen, die anderen Mitarbeitern möglicherweise schaden, empfinden besonders die deutschen Befragten als schwierig. Fast jeder zweite nannte diesen Punkt. Europaweit war fast jeder Dritte der Meinung, dass dieser Aspekt einer der unangenehmsten im Rahmen einer Executive-Position ist.

FINDING 5: Das Bild des „fertigen Managers“ ist überholt - Executives suchen Feedback, um sich weiter entwickeln zu können

Es herrscht die Auffassung vor, dass wer an der Spitze angelangt ist, gelernt hat, was man lernen muss, um erfolgreich zu sein. Dies trifft jedoch nur bedingt zu. Ständige Veränderungen in Unternehmen verlangen immer wieder nach neuen Kompetenzen. Die Executives sind sich einig, dass sie nach wie vor nach Möglichkeiten für ihre eigene Weiterentwicklung suchen. Viele von ihnen haben in ihrer bisherigen Karriere von einem professionellen Talent Management oder einer persönlichen Förderung profitiert und sehen im Stillstand eine Gefahr für sich und ihr Unternehmen. „Sobald man aufhört zuzuhören und lernen zu wollen, sollte man seinen Job aufgeben“, erklärt dazu ein britischer Executive.

Die befragten Top-Führungskräfte sind der Meinung, dass lebenslanges Lernen notwendig sei, um ihren Beruf bestmöglich auszuüben und fast 90 Prozent fragen regelmäßig aktiv nach Rat und Feedback.

FINDING 6: Von der Schwierigkeit ehrliches Feedback zu bekommen

Trotz der hohen Kritikfähigkeit der befragten Top-Führungskräfte bleibt ihnen dennoch regelmäßiges Feedback oft verwehrt. Länderübergreifend bestätigt knapp die Hälfte der Befragten, dass ihre Entscheidungen nur selten hinterfragt und meist als endgültig betrachtet werden. Seltene Rückmeldung birgt ihrer Meinung nach sowohl persönliche Gefahren als auch Gefahren für das Unternehmen.

Ein weiteres Problem ist die fehlende Offenheit bei Rückmeldungen. Besonders in Deutschland ist die Differenz zwischen dem Wunsch nach ehrlichem Feedback und der Wahrscheinlichkeit, dieses zu bekommen, groß: Nahezu 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie es schwer finden, offene Rückmeldungen zu ihrer Leistung zu bekommen. „Man muss sich bewusst sein, dass die Leute einem gefallen wollen und daher selten ehrliches Feedback geben“, bringt es eine deutsche Top-Führungskraft auf den Punkt.

FINDING 7: Job-Schock - der Schritt zum Executive ist gewaltig

"Weder Training noch Vorbereitung– ganz gleich, wie intensiv – schließt die Lücke zwischen der Leitung eines Unternehmens und der Wahrnehmung von Führungsverantwortung. Diese Lücke ist wesentlich größer als ich dachte, und sie ist von außen nicht sichtbar." Die Aussage dieses Executives bringt zum Ausdruck, was viele denken: Der Schritt zur Unternehmensleitung ist sehr groß. Die Befragten sind sich einig, dass es schwierig ist, sich im Vorfeld ausreichend auf die neuen Aufgaben und die damit einhergehende Verantwortung vorzubereiten. Die Top-Führungskräfte fühlen sich in ihren neuen Aufgabengebieten oft ausgeliefert.

Die Misserfolgsquote auf der Führungsebene ist sehr hoch. Umso wichtiger ist es für Unternehmen über ein funktionierendes Nachfolgemanagement zu verfügen. Zukünftige Top-Führungskräfte müssen durch planmäßige und anspruchsvolle Herausforderungen, möglichst früh in ihrer beruflichen Laufbahn, auf bevorstehende Aufgaben vorbereitet werden. Darüber hinaus ist es entscheidend, angehende Executives konsequent zu unterstützen, sobald sie die nächste Führungsebene und damit Neuland erreicht haben. Unternehmen scheinen dies nach und nach zu erkennen. Ein Anzeichen dafür ist die starke Zunahme von Führungskräfte-Coachings, die angehende Executives auf ihre Postition vorbereiten sollen.

Information zur Studie:

Die Ergebnisse basieren auf einer vom Befragungsinstitut MORI Ende 2005 durchgeführten Studie. CEOs, Geschäftsführer, Vorsitzende und Finanzvorstände sowie weitere Mitarbeiter der Vorstandsebene wurden in Telefoninterviews und persönlichen Gesprächen befragt. Insgesamt wurden 100 Teilnehmer in Großbritannien von MORI sowie 50 in Deutschland und 51 in Frankreich durch das Marktforschungsunternehmen Westcombe interviewt. Die Ergebnisse wurden im Anschluss von MORI zusammengeführt und ausgewertet

Kurzfassung und englische Langfassung finden Sie auf der Deutschland-Seite von www.ddiworld.com unter "Aktuelles": http://www.ddiworld.com/globaloffices/whatsnew_links_de.asp?id=1583

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