Maßnahmen, je nach Vorgaben und Konzernlogik

Wie wirkt die Krise auf die Personalarbeit im Tochterunternehmen eines internationalen Konzerns?

Wann wurde bei Ihnen die Krise spürbar?

In Zahlen relativ spät, erst Anfang dieses Jahres. Es war aber schon im Herbst eine gewisse Nervosität spürbar, weil wir mitbekommen haben, dass sich die Krise bereits in anderen Ländern ausgewirkt hat. Es gab eine Mischung aus Erleichterung, weil es uns noch besser ging und Unsicherheit, wann die Krise dann bei uns ankommt, was inzwischen passiert ist.

Wie hat sich in den vergangenen Monaten die Arbeit im Personalbereich verändert?

Es sind gewisse Aufgaben weggefallen, vor allem was Neueinstellungen angeht und was die Trainings betrifft, die teilweise auf Eis gelegt wurden. Sämtliche Projekte, die Geld kosten und vor allem dazu gedacht sind, die Mitarbeiter "glücklich zu machen" – wie  die Organisation von Events oder etwa Wellness-Projekte etc. - wurden gestrichen. Abgesehen davon haben wir trotzdem sehr viel Arbeit, was relativ wenig mit der Krise zu tun hat, weil derzeit viele HR-Projekte bei uns laufen, die gerade in einer heiklen Phase sind.

Bereitet sich HR auf die Krise vor, indem bestimmte Maßnahmen zur Personalkosteneinsparung geplant werden oder ist das noch kein Thema?

Durchaus. Erstens schauen wir, dass Urlaube verbraucht werden und wir haben bereits Mitarbeiter abgebaut, die mit dem Gedanken gespielt haben, in Frühpension zu gehen. Hier können wir einsparen, weil aufgrund der Konzernrichtlinien Umstrukturierungskosten auf andere Kostenstellen gehen, die sich nicht auf unser Betriebergebnis schlagen. Dazu gehören auch Abfindungen. Dadurch sparen wir Personalkosten, selbst wenn wir jemanden mit einer Abfindung nach Hause schicken. Es hat auch bereits selektiv Personalabbau in einzelnen Bereichen gegeben. Als Vorbereitung hat man natürlich angeschaut, in welchen Geschäftsfeldern man welche Rückgänge erwartet und wo man daher voraussichtlich Leute abbauen wird müssen. Da wurden einzelne Personen gekündigt bzw. in Frühpension geschickt und wo möglich, wurde umgeschichtet, z.B. auf Positionen, die wir sonst extern nachbesetzen hätten müssen. Teilzeit ist bei uns eigentlich kein Thema, weil bei uns immer Headcounts gerechnet werden. Wenn von oben die Headcounts gekürzt werden, hilft uns das also nicht, andererseits bringt es schon etwas, wenn wir dadurch die Kosten herunterbekommen und unsere Zahlen schaffen.

Momentan arbeiten die Leute wie wild, dass sie ihre Zahlen schaffen und gleichzeitig gibt es ein rigoroses Sparprogramm: Es sind Flüge gestrichen, es sind Trainings gestrichen und es wird an allen Ecken und Enden gespart. Alle sind angehalten, mit dem Geld der Firma –etwa mit Handys oder mit Spesenkarten möglichst sparsam umzugehen. Das Flugverbot außer mit Einzelbewilligung ist bei uns ein ziemlicher Wandel, weil die Leute bisher international extrem viel unterwegs waren, was internationale Meetings anlangt.

Kommen von oben Vorgaben, wo man dann intern versucht, das elegant zu umschiffen?

Zum Teil sicher. Es gibt immer wieder einmal Maßnahmen, die vom Gesamtunternehmen aus gesehen nicht wahnsinnig sinnvoll sind, uns vor Ort aber helfen, die Vorgaben hinsichtlich der Gewinnspanne zu schaffen oder zumindest möglich wenig darunter zu liegen. Wenn der geplante Umsatz nicht erreichbar ist, versuchen wir daher zumindest, durch Kostensenkung die Gewinnspanne zu schaffen. Wenn also jemand mit einer Zahlung in Frühpension geschickt wird, fallen die Kosten aus dem Betriebsergebnis, unsere Kosten sinken und damit steigt die Spanne. Und ein Land, dass die Spanne weniger verfehlt, bekommt weniger Probleme und weniger Headcounts gestrichen.

Nachdem wir sehr kurzfristig ticken und in Monaten und Quartalen rechnen, mussten wir einige Mitarbeiter kündigen, einige wenige unfreiwillig, und damit haben wir es für dieses Quartal einmal geschafft. Jetzt müssen wir einmal schauen, wie das nächste Quartal wird. Zum einen weiß keiner, wie dann unsere Zahlen ausschauen werden, zum anderen weiß niemand, um wie viel wir unsere Ziele verfehlen dürfen. Die Ziele, die vor einem Jahr festgelegt wurden, zu 100 Prozent zu schaffen, ist Illusion. Das ist auch dem Headquarter klar. Die Frage ist, wie steht man im Vergleich zu anderen Ländern da und da scheinen wir mit unserem Sparprogramm gar nicht so schlecht zu fahren.

Eine Krise wirkt ja nicht auf alle Abteilungen gleich. Manche arbeiten noch mehr, andere haben kaum etwas zu tun, oder?

Ja. Recruiting steht derzeit komplett. Im Vertrieb gibt es Bereiche, die einigermaßen gut performen und andere, die momentan sehr leiden, weil es hier Konkurrenz am freien Markt gibt, die deutlich billiger ist. Zudem bieten wir unseren Kunden auch Produktschulungen an und der Bereich ist derzeit auch massiv unter Druck. Intern unter Druck ist in solchen Situationen natürlich immer alles, was Backoffice ist und keinen direkten Umsatz generiert. Gleichzeitig bietet so eine Krise, wenn die Arbeit in normalen Tagesgeschäft etwas weniger wird, auch die Chance, endlich jene Projekte anzugehen, die zwar auch wichtig, aber nicht so dringend sind und daher bisher auf die lange Bank geschoben wurden. Z.B. werden jetzt Prozesse neu überdacht, die wir schön lange verändern wollten und es werden gewisse interne Trainings entwickelt, die HR auch selbst anbieten kann. Es gibt zwar keine Order von oben, dass man keine Trainings mehr machen darf, aber die Kostenstellenverantwortlichen müssen jedes Training bewilligen. Die Kostenstellenverantwortlichen sagen derzeit meistens Nein, und falls dann etwas zu uns kommt, fragen wir noch einmal kritisch nach, warum das gerade jetzt notwendig ist.

Beobachten Sie eine Veränderung in der Führungsarbeit?

Im Vertrieb machen die Führungskräfte sicher mehr Druck, weil sich dort entscheidet, welche Zahlen wir haben und das wiederum entscheidet, wie es mit uns allen weitergeht. Da wird hart gearbeitet, obwohl die Leute gleichzeitig kostenmäßig kurz gehalten werden. Der Vorteil für das Unternehmen, was natürlich die Verkäufer nicht freut, ist, dass die Mitarbeiter im Vertrieb ja recht hohe variable Anteile haben. Wenn also der Umsatz einbricht, leidet der Verdienst der Vertriebler, die dafür in guten Zeiten sehr gut verdienen.

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