Die Krise der Führung

Die bekannten Führungskonzepte wurden in relativ stabilen Zeiten für relativ stabile Führungssituationen konzipiert. Das Problem damit ist nicht nur, dass diese Konzepte heute nicht mehr funktionieren, sondern vor allem, dass die Führungskräfte, die sie immer noch anzuwenden versuchen, sich selbst die Schuld am zwangsläufigen Scheitern geben.

Herr A., einer meiner Coaching-Klienten, ist Führungskraft in einer Bank. Er leitet eine Abteilung von sieben Mitarbeitern, die eine hochspezialisierte interne Dienstleistung erbringt.

Herr A. beklagt sich in der Coaching-Stunde darüber, dass er zu Beginn des Jahres mit seiner Gruppe genaue Pläne erarbeitet hatte, wie sie ihre Aufträge gut bearbeiten und wie sie kooperieren würden. Sie hatten Ziele formuliert, Herr A. hatte davor Mitarbeitergespräche geführt, kurzum - alles schien für eine gute Arbeit gerüstet. Aber dann prasselte "von oben" ein unerwarteter Auftrag nach dem anderen auf sie ein und brachte ihre Pläne vollkommen durcheinander. Sie mussten ihre Projekte liegen lassen, sich den anderen Aufgaben zuwenden. So entstand in der Gruppe und bei Herrn A. das Gefühl, nicht erfolgreich zu sein, die gesetzten Ziele nicht zu erreichen und ihre Vereinbarungen nicht einzuhalten. Die gesamte Abteilung war unzufrieden.

Neue Zeiten, alte Konzepte

Auf meine Frage, wo er denn seine Hauptaufgabe als Führungskraft sehe, antwortete Herr A.: "Ziele setzen, entscheiden, planen, ausführen, kontrollieren." Der gute alte Management-Regelkreis! So hatte er das in seinen Führungsseminaren gelernt. Wir befinden uns im 21. Jahrhundert, und Herr A. bemühte sich redlich, ein Management-Konzept aus den 60er Jahren des vergangene Jahrhunderts anzuwenden. Er war aber nicht mit dem Modell unzufrieden, sondern mit sich, weil es ihm nicht gelang, diesen Fahrplan einzuhalten. Und er war verärgert über seine eigene Führungskraft, die sich ebenfalls nicht an den Plan hielt, sondern ihn immer wieder bei seiner Arbeit, bei der Umsetzung seiner Ziele störte. Was Herrn A. in dieser Sitzung klar wurde, war, dass nicht er, sondern dieses Modell von Führung das Problem war. Der Management-Regelkreis wurde in relativ stabilen Zeiten für relativ stabile Rahmenbedingungen des Führens konzipiert. Aber obwohl heute so gut wie nichts mehr stabil ist, gelten diese alten Konzepte noch immer. Das Problem dabei ist, dass sie nicht nur nicht funktionieren, sondern dass die Führungskräfte, die sie anzuwenden versuchen, sich selbst die Schuld am Scheitern geben.

Welche Antworten können wir heute Führungskräften geben, wenn die Bedingungen sich verändern, die Konzepte aber nicht nachgerüstet haben? Führungsmodelle sind immer ein Spiegel der jeweiligen gesellschaftlichen, politischen oder kulturellen Situation. Wie wird Führung derzeit thematisiert? Hier nur ein paar Skizzen:

  • In unseren Kinos laufen Filme über Alexander den Großen, über Achilles, über Howard Hughes.
  • In der Politik haben kleine Machtmänner das Sagen, die ihre Völker offenkundig und unverschämt belügen, in Kriege hetzen, sich am Staat bedienen.
  • In der Wirtschaft kassieren Bosse Summen, die man kaum buchstabieren kann.

Ist der große Held wieder gefragt? In Fachzeitungen über Führung kann man nachlesen, dass Charisma wieder gefragt ist. Führung wird wieder der einzelnen Person zugeordnet, ihrer individuellen Fähigkeit, ihrer persönlichen Kompetenz. Führungskräfte sollen charismatische Helden sein, bekommen dafür aber wenig Hilfe von Seiten der Theorie und von Seiten der Organisationen. Der ambivalente Umgang mit Führung und die inhaltliche Konzeptlosigkeit mögen ein Zeichen für eine Übergangszeit sein: So wie die gesamte Gesellschaft offenbar in einem dramatischen Wandel ihrer Werte, Strukturen und Orientierungspunkte begriffen ist, so spiegelt sich das im Umgang mit Führung in Organisationen wider.

Die Situation von Führung in Organisationen ist durch zumindest drei Problembereiche gekennzeichnet:

  • Führung wird auf ein individuelles Phänomen reduziert
  • Die Bilder von Führung sind veraltet
  • Die Konzepte von Führung sind obsolet

Führung ist kein individuelles, sondern ein Organisationsthema

Wer über Führung nachdenkt, denkt im allgemeinen über Führungskräfte nach. Im Alltagsbewusstsein wird Führung den mit dieser Aufgabe betrauten Personen zugewiesen und damit wird auch Erfolg oder Misserfolg von Führung personalisiert. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch verständlich, denn immerhin ist die Aufgabe des Führens eine, die mit Verantwortung, Macht und Rechten ausgestattet ist. Da kann man auch einiges erwarten. Zugleich wird aber ein wesentlicher Aspekt des Führens ausgeblendet: Führung ereignet sich immer in einem bestimmten Kontext. Wenn wir hier über Führung nachdenken, dann denken wir nicht über die Führung eines Bergführers oder die eines Zugführers bei der Bahn nach. Wir sprechen hier über Führung in Organisationen.

Organisationen sind in den vergangenen Jahrzehnten in sehr unklarer Art und Weise mit Führung umgegangen:

  • Einerseits werden Führungspositionen als "Währung" für Anerkennung von Mitarbeitern für Verdienste und/oder einfach für lange Betriebszugehörigkeit eingesetzt – ohne die mit diesen Positionen verbundenen Aufgaben zu definieren oder auch zu klären, ob diese Position überhaupt notwendig ist. Hier wird Führung als Gratifikation missbraucht.
  • Führungspositionen werden als Anerkennung geschaffen. Wem Gott Verstand gibt, dem gibt er auch ein Amt, könnte man wohlwollend sagen. Solche Positionen werden mit wenig Entscheidungskompetenzen ausgestattet. Die stolzen Inhaber dieser Positionen sind dann oft weiterhin Sachbearbeiter, Aus-Führer. Im Notfall aber werden Führungskräfte für alle Misserfolge und Probleme verantwortlich gemacht.

Wenn wir über Führung in Organisationen nachdenken, dann müssen wir zunächst überlegen: Was müssen Organisationen tun, um ein guter Kontext für Führung zu sein? Organisationen thematisieren Führung nur sehr ungern und daher sehr selten. Das Thema wird nach Möglichkeit in die Personalentwicklung entsorgt. Die Führung hat anderes zu tun. Dabei ist Führung wahrscheinlich das wichtigste Thema einer Organisation. Jede Organisation bzw. ihre Führung sollte sich immer wieder mit einigen zentralen Fragen beschäftigen:

  • Was leistet Führung in unserer Organisation?
  • Woran bemerken wir, wenn Führung fehlt?
  • Wie gestalten wir Führungsfunktionen?
  • Wie statten wir Führungskräfte aus?
  • Wie können wir ein optimaler Rahmen für optimale Führung werden?

Die Krise der Bilder von Führung

Solange Führung als individuelles Phänomen eingestuft wird, gibt es auch bestimmte Bilder, die sowohl gesellschaftlich als auch individuell in den Köpfen herumspuken. So mannigfaltig diese Bilder auch sein mögen, sie lassen sich doch auf einige wenige archetypische Modelle zusammenfassen. Der Psychoanalytiker Fritz Riemann hat in seiner klassischen Studie über die "Urformen der Angst" vier psychische Grundthemen definiert, die den Hintergrund für Führungsmodelle abgeben: Diese vier Themen sind allgemeine Menschenthemen, die sich in unterschiedlicher Ausprägung in allen Gesellschaften finden:

Jeder einzelne Mensch durchläuft in seiner Lebensgeschichte diese Themen, jede Gruppe, jede Organisation muss sich mit diesen Themen auseinandersetzen.

Wenn wir diese Themen auf die klassischen Modelle von Führung übertragen, dann entstehen vier archetypische Bilder von Führung, die in der einen oder anderen Form wohl überall zu finden sind:

Die Führungskraft als Meister

Ein altes Führungsprinzip, das ursprünglich aus dem Handwerk stammt: Der Beste seines Faches ist der Meister. Führungsanspruch und Autorität ergeben sich aus der Wissensdifferenz zu den Mitarbeitern und aus der inhaltlich-fachlichen Expertise. Dieses Führungsbild hatte seine Berechtigung, solange Wissen und Können so überschaubar waren, dass auch die Differenz in Wissen und Können erkennbar war, wie das eben im Handwerk der Fall ist.

Einer der größten Veränderungen in unseren Organisationen und in der Wirtschaft ist der Umstand, dass die Arbeit heute zunehmend Wissensarbeit ist. Wissensbasierte Arbeit bedeutet aber, dass Mitarbeiter teilweise an komplexen Aufgaben arbeiten und unter Umständen mehr von der Materie verstehen als ihre Führung. Damit sinkt diese Art Legitimation von Führung. Es entsteht Ratlosigkeit auf beiden Seiten.

Ich hatte vor einigen Jahren Gelegenheit, bei IBM mit Führungskräften zu arbeiten. Sie beschrieben ihre Mitarbeiter als hochqualifizierte Spezialisten, die an komplexen Projekten arbeiteten und ihre Arbeitsplätze teilweise sogar in den Räumlichkeiten der Kunden eingerichtet hatten. Diese Führungskräfte hatten weder die inhaltliche Kompetenz noch die räumliche Nähe, um in der Form des Meisters zu führen. Inhaltlich mussten sie ihren Mitarbeitern einfach vertrauen, dass diese ihre Sache richtig machten. Das Bild des Meisters hat eindeutig ausgedient.

Die Führungskraft als Held

Der "Prototyp" dieses Heldenbildes ist das Bild des "Schöpfergottes", das in unserem jüdisch-christlichen Umfeld besteht: Gott als einzelne und einzigartige Erscheinung erschafft alleine die Welt. Helden sind immer schon beliebte Identifikationsobjekte gewesen. Sie sind ein wenig wie Gott, aber eben doch Menschen. Führung und Autorität entsteht bei "Helden" durch ihren besonderen Mut, durch ihre besonderen Taten. Der Held ragt aus der Menge heraus, er ist ein Guru, ein Erlöser.

Auch heute ist der Held noch das beliebteste Bild von Führung. Jack Welch, Henry Ford, Bill Gates: alles Helden der Wirtschaft, herausragende Persönlichkeiten, auf die man hört, in deren Größe man sich sonnt. Unsere Top-Manager sind immer noch die einsamen Helden: Sie wissen alles und sie entscheiden allein. Unsere Medien beliefern uns darüber hinaus täglich mit Helden des Sports, des Pops, der Mode, der Politik. Helden sind Ver-Führer. Bei aller Liebe zu den Helden zeigt sich, dass sie in Zeiten wie diesen oft eine kurze Verweildauer in unserem Bewusstsein haben. Helden werden immer wieder hinterfragt, wie etwa die Enron-Krise zeigte. Stürzen Helden, entstehen massive Vertrauenskrisen. Helden kommen und gehen. In der Wirtschaft, in der Politik, im Kino. Kein brauchbares Konzept für Führung.

Die Führungskraft als General

Dieses Bild von Führung entsteht in hierarchischen Systemen, wo Komplexität mithilfe von Struktur gebrochen wird – Kirche, Militär, totalitäre Systeme. Das Wesen dieses Führungsbildes ist strukturelle Macht. Sie definiert Positionen, die mit Befehlsgewalt und Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet sind. Die notwendige Folgebereitschaft der "Untergebenen" gilt weniger der einzelnen Person, dem Positionsinhaber, als vielmehr der Funktion selbst. Obwohl die meisten Organisationen auch heute noch hierarchisch organisiert sind, zerbricht langsam das Bild des "Vorgesetzten". Mehr als 200 Jahre nach der französischen Revolution wandeln sich die gesellschaftlichen Wertvorstellungen zugunsten eines umfassenden Demokratisierungsprozesses in der Gesellschaft, der nicht zuletzt durch die Notwendigkeit beweglicher Strukturen angesichts globaler Wirtschaftsformen - Netzwerke, Joint Ventures, strategische Allianzen - getrieben ist.

Veränderungen des Arbeitsmarktes führen zu einer wachsenden Gruppe von "Selbständigen", die in Mehrfachkooperationen stehen und keine unbedingte Folgebereitschaft zeigen. Mitarbeiter tragen diese gesellschaftlichen Werte in ihre Unternehmen und weigern sich, das Spiel der Unterwerfung zu spielen, wenn sie in ihrem Privatleben und in ihren Rollen als Staatsbürger, Konsumenten und Eltern als verantwortungsvolle Menschen angesprochen werden. Auch der General ist kein gutes Führungsbild mehr.

Die Führungskraft als Vater

Dieses Bild ist mehr als nur eine Metapher. Es hat sich in Familienunternehmen entwickelt, in denen Führung und Familienoberhaupt eine Personalunion war. Die Rollen- und Kontextvermischung von Familienunternehmen ist in diesem Bild perfekt: Führung ist als liebevoll lobende und strafende Autorität gezeichnet, Führung wird über Emotion und Bindung ausgeübt. Dieses Bild setzt eine besondere psychodynamische Konstellation von Mitarbeitern voraus bzw. stellt sie her: die Bereitschaft von erwachsenen Menschen, sich im Rahmen ihrer Arbeit wie ein Kind zu verhalten und behandeln zu lassen.

Angesichts des Zerfalls von Familien ist auch dieses Bild kein zeitgemäßes Modell mehr. In Zeiten der Ich-AG brauchen wir keine Väter, wir sind ja selbst wer. Außerdem wird die emotionale Bindungsbereitschaft und- möglichkeit von Mitarbeitern an ihre Führungskräfte und ihre Unternehmen durch die unsichere Situation sowohl im Arbeitsmarkt als auch in shareholder-value getriebenen Unternehmen so sehr reduziert, dass solche Sentimentalitäten keinen Platz mehr haben. Auch das also kein gutes Bild von Führung.

In der Literatur finden wir immer wieder Beispiele dafür, dass nach neuen Bildern für Führung gesucht wird:

  • Eine Weile hat sich die Führungskraft als "Coach" ganz gut gemacht und ist wohl immer noch ein beliebtes Bild.
  • Vorschläge finden sich auch bei Peter Senge (Die fünfte Disziplin, Klett-Cotta, 1996, Seite 411ff)). Die neuen Rollen-Bilder sind für ihn: Designer, Steward und Lehrer
  • Peter Drucker ist ebenfalls auf der Suche nach neuen Vor-Bildern: "Moderne Unternehmen müssen die Vorgesetzten-Untergebenen-Polaritäten hinter sich lassen und sich statt dessen einer Mischung aus Sponsoren-Mentoren-Beziehungen zuwenden. (...) Die neu entstehenden Unternehmen müssen auf gegenseitiges Verständnis und Verantwortung setzen." (Die Kunst des Managements, Econ, 2000, Seite 260).

Der Entwurf von neuen Leitbildern und Modellen für Führung ist somit ein aktuelles Thema von Organisationen. Dort muss geklärt und vereinbart werden, wie Führung verstanden und gelebt wird.

Die Krise der Führungskonzepte

So wie die klassischen Bilder von Führung heute nicht mehr taugen, so taugen auch die meisten Führungskonzepte nicht mehr. Unter Führungskonzepten verstehen wir verdichtete und auf die Praxis orientierte Theorie oder Theoriebausteine über Führung. Solche Konzepte beinhalten meistens ein Stück Theorie und dazu eine Reihe von Empfehlungen für die Praxis bzw. Umsetzungsinstrumente.

Die in den Standardwerken über Führung aufgelisteten Führungskonzepte der vergangenen 50 Jahre – beginnend bei Kurt Lewins Führungsstilanalyse bis zu moderneren Ansätzen, etwa Hersey/Blanchards Konzept des situativen Führens oder Management-Tools vom Management-Regelkreis bis zur Balanced Scorecard – haben etwas gemeinsam: Sie sind allesamt Versuche, ein komplexes Thema auf einige wenige Parameter zu reduzieren. Ob das nun der Führungsstil des Einzelnen, die "Reife" des Mitarbeiters oder die vier Themen der BSC sind, jedes dieser Modelle baut auf einer horrible simplification auf.

Hinter jedem dieser Modelle steckt die Grundannahme, dass Führung durch die einseitige Handlung einer Führungskraft definiert werden kann, dass Führung mit der Qualität der Machbarkeit ausgestattet ist. Vom biblischen "mach dir die Erde untertan" über die Aufklärung und den Siegeszug der Naturwissenschaften der Neuzeit hat sich in unserer westlichen Welt die Idee verfestigt, dass Wirkungen, Veränderungen, Einflussnahme und Steuerung beliebig erzeugbar und machbar seien. Die von Technik beherrschte Welt hat ihr "mechanistisches Denken" in den vergangenen Jahrhunderten über alle Lebensbereiche gestülpt und unterstellt die Machbarkeit von beinahe allem. Was nicht machbar ist, wird als Scheitern gesehen.

Zugleich wird immer mehr gescheitert. Führungskräfte stehen ratlos vor neuen Situationen: Macht und Hierarchie sind Auslaufmodelle, weil sie der Dynamik und Komplexität der Realität nicht mehr gewachsen sind, neues Arbeitsmittel ist Wissen, das in den Köpfen der Mitarbeiter sitzt und ein besonderer Stoff ist. Global operierende Konzerne können ihre Führungsfunktionen nur noch mittels Flugzeug und/oder über digitale Kommunikationswege gestalten, Führungskräfte haben internationale und interkulturelle Teams zu führen, in denen niemand die eigene Sprache spricht. Wer spricht da von Stil, von Reife oder von Machbarkeit?

Die Theorie hat in den vergangenen Jahren nichts bedeutend Neues mehr hervorgebracht. Führungskräfte sind mehr denn je gefordert, ohne unterstützt zu werden und sie suchen daher nach neuen Tools, nach Instrumenten, die endlich funktionieren. Diese verzweifelte Suche nach Tools verstellt aber den Blick auf den Umstand, dass das Problem des Führens nicht durch neue, bessere oder modernere Instrumente gelöst werden kann, sondern durch ein neues Verständnis und Wissen über die Wirkungszusammenhänge im Führungsgeschehen – und die sind komplexer, als es die meisten Modelle und Tools zeigen.

Merkmale neuer Führungsmodelle

Ein Modell ist ein Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis. Ein gutes Führungsmodell muss einerseits theoretisch fundiert und andererseits in der Praxis anwendbar sein. Einerseits besteht der Anspruch, dass ein solches Konzept die hohe Komplexität des Führungsgeschäfts abbildet, zugleich aber soll es auch einfach genug sein, um in der Praxis Orientierung und Handlungsimpulse zu geben. Dazu einige abschließende Überlegungen:

  1. Führung von Organisationen muss sich an den Merkmalen sozialer Systeme orientieren, die - wie wir wissen - keine trivialen Systeme sind. Die Steuerung solcher Systeme setzt einige Prinzipien voraus: Wachsamkeit nach innen und nach außen, Wertschätzung der Ressourcen und Chancen im Inneren und im Umfeld, Wirksamkeit.
  2. Die Professionalität von Führung erweist sich zwar in der täglichen Praxis, aber sie hat eine Reihe von Voraussetzungen: erstens ein theoretisches Verständnis über die relevanten Themen des Führens: Organisation, Steuerung lebender Systeme, Kommunikation; zweitens eine hohe Rollenklarheit, die den Rahmen des Verhaltens und Handelns absteckt und die Differenz zwischen der professionellen Rolle und den Eigenheiten der Person klar macht; und drittens braucht professionelle Führung ein Set an Instrumenten und Methoden, um wirksam werden zu können.
  3. Schließlich müsste ein neues Führungsmodell abbilden, dass Führung sich gleichzeitig auf unterschiedlichen Praxisfeldern ereignet: dem Feld der eigenen Person mit der Aufgabe der Selbstreflexion und Selbstorganisation, d.h. der Selbstführung; dem Feld der Kooperation mit Mitarbeitern und der Aufgabe der Kommunikation, d.h. der Personalführung; dem Feld der Organisation bzw. des Aufgabenbereichs und damit die Aufgabe des Entscheidens, d.h. Unternehmensführung.

Ein umfassendes und differenziertes Führungsmodell sollte diese Ebenen des Führens in einer einfachen und dennoch komplexen Form abbilden. Damit wird klar, dass alle einfachen Modelle in keiner Weise mehr genügen können. Und damit wird auch klar, dass jene, die sich mit Führung beschäftigen, sich der Mühe unterziehen müssen, diese Dimensionen des Führens zu erkunden und nicht nur auf die schnellen Tools zu schielen.

Autor: Dr. Ruth Seliger, Train Consulting

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