"Unternehmer sein befreit!"

Mag. Dietmar Ecker, geschäftsführender Gesellschafter der PR-Agentur Ecker & Partner, über seinen frühen und ungeplanten Karrierestart in der Politik, den Wechsel ins Unternehmerdasein und den perfekten Ausgleich zur schnellen Welt der Kommunikation.

Wenn sich meine Ohren nicht irren, sind Sie kein geborener Wiener, oder?

Richtig. Ich stamme aus Oberösterreich, bin in Wels geboren und habe dort Handelsakademie und Matura gemacht. Nachdem mich Kommunikationsprozesse, Meinungsbildungsprozesse und soziologische Fragen schon als Jugendlicher interessiert haben und man damals Kommunikationswissenschaften in Salzburg oder Wien studieren konnte, bin ich nach Wien gegangen. Eigentlich mit dem Plan, ein, zwei Jahre in Österreich zu studieren und dann das Studium in den USA fortzusetzen. Aber dann kam alles anders.

Was ist passiert?

Ich hatte schon mein Stipendium in der Tasche, als Ferdinand Lacina, der damalige Finanzminister, angerufen und mir einen Job im Ministerium angeboten hat: einen sogenannten B-Job im Ministerium, der zeitlich befristet war. Da ich mein Studium selbst finanziert habe und mit diesem Job so viel Geld verdienen konnte, dass ich meine Schulden als Student loswerden und sogar noch ein bisschen Geld für die USA sparen konnte, habe ich zugesagt. Daraus wurde letztendlich der Pressesprecherjob beim Finanzminister, den ich dann acht Jahre gemacht habe.

Wieso rief der Finanzminister gerade bei Ihnen an?

Ich war damals Studentenvertreter und habe Ferdinand Lacina über eine Podiumsdiskussion an der Universität kennen gelernt. Er hatte damals eine Leistungsreduktion bei der Familienbeihilfe durchgesetzt und ich war sozusagen der Studentenvertreter, der ihn am heftigsten attackiert und argumentativ in einer großen Runde gepunktet hat. Vielleicht hat ihn das beeindruckt. Vielleicht war auch nur ganz einfach so, dass seine Tochter, die meine Kollegin in der Studentenvertretung war, mich empfohlen hat, als er jemanden suchte. Dr. Lacina wurde 1986 Finanzminister und ich kam dann 1987 zu ihm.

Was war der erste Job im Ministerium?

Der ursprüngliche Job war in der Öffentlichkeitsabteilung des Finanzministeriums, die u.a. Events vorbereitet und bei strategischen Themen mitarbeitet hat. Eines Tages hat mich der Ferdinand Lacina dann angerufen und gesagt: "Morgen um 11.00 im Parlament möchte ich mit dir was besprechen." Also habe ich dort gewartet, bis er gekommen ist und dann meinte er nur kurz und knapp: "Ab Oktober bist du mein neuer Pressesprecher", hat sich umgedreht und ist wieder gegangen. Ich habe dann sofort mit seinen Pressesprechern geredet, die mir herzlich gratuliert haben, denn die wollten weg und hatten bereits neue Jobs. So bin ich in diesen Job hineingeschlittert und das war dann auch das Ende meines geplanten USA-Studiums.

War Ihnen klar, was man als Pressesprecher macht?

Ich war 22 Jahre, ich hatte keine Ahnung, woher auch? In Wirklichkeit war es fahrlässig, einen 22-jährigen zum Pressesprecher zu machen, aber das entsprach Lacinas Zugang zum Thema Öffentlichkeitsarbeit. Ich selbst habe natürlich unglaublich viel gelernt und bin durch die Beamten sehr unterstützt worden. Auch die Journalisten haben mich total korrekt behandelt.

Worauf kommt es in diesem Job an?

Zum einen darauf, dass Sie kein Privatleben führen, weil das sinnlos wäre. Zum anderen dürfen Sie nicht abheben und sich charakterlich nicht verderben lassen. Wenn Sie Pressesprecher des Finanzministers werden, bekommen Sie plötzlich unglaublich viele "Freunde". Da müssen Sie eine klare Grenze ziehen, wer ein wirklicher Freund ist und wer ein Begleiter Ihrer Funktion. Das merkt man mit der Zeit.

Und nebenher hatten Sie noch Zeit zu studieren?

Naja. Ich habe Soziologie und Politikwissenschaften fertig studiert, aber Mathematik, das mich auch interessiert hat, habe ich dann gelassen. Im Nachhinein gesehen war der Job ein Lebensglück. Denn wenn man als junger Bursche acht Jahre so an der Front steht, hat man wirklich alles gelernt. Das war schon phantastisch. Und mit Lacina hatte ich eine politische Persönlichkeit als Chef, die hoch anständig war. Dadurch bekam ich einen Maßstab für die spätere Bewertung politischer Vorgänge. Da verdanke ich ihm ungeheuer viel.

Agiert man dabei vor allem als Sprachrohr nach außen oder auch nach innen?

Beides. Das Wichtigste ist ein gutes Vertrauensverhältnis. Beispielweise hatte ich von ihm das OK, mit verschiedenen Medien inhaltliche Linien zu machen, manchmal noch bevor ich wusste, wohin er marschieren wird. Zudem hatte ich das Glück, dass mich die Beamten rasch akzeptiert haben und der Auffassung waren: "Schauen wir, dass der junge Mann keinen Blödsinn macht, helfen wir ihm ein wenig." Da waren sie wirklich sehr korrekt. Man braucht sich nur vorstellen, man bekäme als Pressesprecher eine Unterlage, bei der wichtige Teile fehlten und ging damit an die Öffentlichkeit. Ich wurde aber immer ausführlich informiert und darauf hingewiesen, bei welchen Aspekten und Fragen ich vorsichtig sein sollte.

Heute sind Sie Geschäftsführer des eigenen Unternehmens. Wenn Sie zurückblicken, was lernt man in so einer Funktion über Steuern und Führen?

Du lernst Führungsaufgaben, denn das ist einem ja nicht angeboren. Du lernst den Respekt vor Mitarbeitern und du lernst vor allem, unterschiedliche Charaktere und unterschiedliche Interessen an einen Tisch zu bringen. Du lernst zu koordinieren und strategisch zu arbeiten. Du lernst sozusagen das Steuern komplexer Systeme. Das klingt vielleicht überheblich, aber du lernst die Prozesse zu steuern, die zu Entscheidungen führen. Das hilft mir bis heute. Ich tue mir bei Lobbying- oder Kommunikationskonzepten einfach viel leichter, weil ich aus Erfahrung weiß, wie die Prozesse laufen, was klug ist und was nicht.

D.h. man bekommt ein Gefühl für die notwendigen Schritte: Wann muss man mit wem reden, wen einbinden...

Genau. Vor allem hat man es immer mit höchst unterschiedlichen Interessen zu tun. Das ist natürlich in jungen Jahren faszinierend, denn so eine Ausbildung bekommt man sonst nirgends.

Was kam nach diesem Job?

Als Ferdinand Lacina mir gesagt hat, dass er als Minister gehen wird, war das gerade zu der Zeit, als meine Lebensgefährtin ein Kind bekommen hat und ich nicht mehr ständig 16 Stunden am Tag arbeiten wollte. Also haben wir dann mit wenigen Monaten Abstand Ende 1994, Anfang 1995 beide das Ministerium verlassen. Ich hatte mehrere Angebote, wollte aber nicht der typische Ministersekretär werden, der Geschäftsführer in einem staatsnahen Unternehmen wird. Also habe ich mich für ein Angebot der Arbeiterkammer entschieden. Ich wurde Leiter der Umweltpolitik und der Marketingagenden, mit dem Ziel, die Themen stärker in die Medien zu bringen, was sehr gut gelungen ist. Nach einem ¾ Jahr hat mich dann die Brigitte Ederer angerufen, die damals Bundesgeschäftsführerin der SPÖ war und gefragt, ob ich den Wahlkampf der Partei leiten wolle, nachdem klar war, dass die ÖVP die Koalition aufkündigen würde.

Das war 1995 und die Ausgangslage war nicht besonders gut. Die ÖVP mit Wolfgang Schüssel lag schon leicht vorne und ich hatte nur wenige Tage Zeit, eine Strategie zu basteln. Nachdem der Bundeskanzler und SPÖ-Parteivorsitzende Vranitzky in den Umfragen sehr schlechte Werte hatte, noch schlechter als die Partei, war der logische Schluss, nicht die Person herauszustreichen, sondern sich auf etwas anderes zu konzentrieren, auf zentrale Werte der Partei wie Gerechtigkeit und Slogans wie "Wir werden nicht zulassen... " .Damit, so die Überlegung, könnten wir hoffentlich genügend Wähler mobilisieren und knapp vor der ÖVP bleiben. Das Konzept ging auf, auch deswegen, weil Schüssel Vranitzky immer wieder persönlich angegriffen hat und wir dadurch Vranitzky als den sachlichen, ruhigen Staatsmann präsentieren konnten. Die Wahl ging gut aus, aber dazu gehört auch Glück.

Was passierte nach der Wahl?

Nach der Wahl wurde ich Kommunikationschef der SPÖ, mit dem Auftrag, das Kommunikationssystem der SPÖ umzubauen. Innerhalb eines halben Jahres habe ich mich dann mit vielen der Betonköpfe in der Partei so auf Kriegsfuß begeben, dass ich zum Dr. Vranitzky marschiert bin und gemeint habe: "Entweder ihr sprecht jetzt ein Machtwort und wir verändern das System wie geplant oder ich gehe." Meine Annahme war, dass wir mit dem Wahlsieg im Rücken endlich die nötigen Strukturreformen anpacken könnten. Als ich gesehen habe, dass das nicht möglich ist, habe ich gekündigt, worüber mir viele in der Partei lange böse waren. Wie auch immer: Ich hatte genug von der politischen Öffentlichkeitsarbeit, zumal ich das die letzten 12 Jahre gemacht hatte.

Damals kam Hans Schmid, Chef der Werbeagentur GGK auf mich zu. Die GGK hatte eine Tochterfirma, DDM, bei der ich dann mit 25% eingestiegen bin. Die DDM hatte zu der Zeit ungefähr 50% Aufträge aus der roten Reichshälfte und 50% aus der freien Wirtschaft. Da Hans Schmid wusste, dass ich ein Motorradfreak bin, hat er mir eines Tages ein Motorrad vor die Tür gestellt und gemeint: "Schau, so geht das bei uns, das ist dein neues Dienstmotorrad." Ich habe mich irrsinnig gefreut und bin dann mit 25% bei der DDM eingestiegen. Das Ergebnis war, dass die SPÖ dort innerhalb von 3-4 Monaten alle ihre Aufträge abgezogen hat, weil sie auf mich sauer waren. Ich habe die Situation analysiert und dann die Mehrheit übernommen. Daraus ging ein Jahr später die neue Firma "Ecker & Partner" hervor, die jetzt zu 100 % mir gehört. Am Beginn waren wir drei Leute, heute haben wir 40 Mitarbeiter.

Wie war es, plötzlich Unternehmer zu sein?

Befreiend, wirklich befreiend. Die Firma läuft gut, ich investiere, habe mir nebenbei mit meiner Frau einen Reitstall aufgebaut, genieße meine Freiheit und bin vom Leben, wenn Sie so wollen, wirklich gut behandelt worden. Ich hatte eine faszinierende Zeit in der Politik, und habe jetzt eine hochinteressante Zeit in der Wirtschaft. Ich bin von der Persönlichkeit her so gestrickt, dass ich nicht anders kann als marschieren und tun. Ich kann nicht irgendwo sitzen und etwas verwalten, da werde ich verrückt.

Halfen beim Start die vielen Netzwerke von früher?

Kaum. Ich habe gerade am Anfang sehr darauf geachtet, meine persönlichen Freundschaften nicht dafür auszunützen, dass meine Firma wächst. Einer der ersten Kunden war die Firma Römerquelle. Das hat sehr gut funktioniert, wodurch dann der Nächste angerufen hat und so ist das Geschäft durch Empfehlungen sukzessive gewachsen.

Natürlich hast du als Unternehmer auch Nächte, wo du schlecht schläfst. Z.B. wenn du viel investierst. Inzwischen haben wir 40 Mitarbeiter in Wien, ich möchte internationalisieren und noch einige Segmente besetzen. Da schläft man schon manchmal schlecht, das kennt jeder, der etwas aufbauen will. Aber heute ist es meine Entscheidung, mein Risiko, und es gibt kein Gremium, wo 20 Leute sitzen, die sich darüber lustig machen, wenn du scheiterst. Es gibt diese typisch österreichische Mentalität, wo die meisten Leute erste Reihe Fußfrei sitzen und darauf warten, dass du scheiterst, während das psychologische System zu fehlen scheint, dass man es toll findet, wenn jemand investiert, macht und Risiken eingeht. Das hat man gerade gut beim Frank Stronach gesehen: Ob man ihn nun mag oder nicht, der Mann hat in Österreich Milliarden investiert, viele Arbeitsplätze geschaffen und viel bewegt, aber in den Medien behandeln sie ihn wie einen Volltrottel. Diese Mentalität verstehe ich nicht.

40 Mitarbeiter ist bereits eine Größe, die nach Strukturen verlangt.

Ja, wir haben auch eine klare Struktur in der Firma. Es gibt vier Geschäftsleitungsmitglieder und 7 Units mit einer klaren Verantwortung. Seit drei Jahren gibt es eine eigene Ausbildungsakademie, in die wir Top-Leute von außen holen, die über Strategie, Taktik, Krisen, psychologische und soziologische Momente der Kommunikation, Ablauf in einer Redaktion und vieles andere mehr reden. Die Mitarbeiter brauchen ein fundamentales Wissen und das bekommen sie hier. Gleichzeitig konnten wir dadurch in den letzten 2,5 Jahren schon vier Units mit Leuten aus dem eigenen Haus besetzen. Als weitere Verstärkung habe ich ein Geschäftsleitungsmitglied in die Firma geholt, das sich neben seinem Bereich explizit um den Personalbereich kümmert.

Sie haben einen hohen Frauenanteil in der Firma, Strategie oder Zufall?

Es hat sich ergeben, wobei es insofern kein Zufall ist, weil Frauen mehr Gespür haben für psychologische und emotionale Vorgänge in Kommunikationsprozessen. Sie haben meiner Erfahrung nach mehr Feingefühl, während Männer oft eher martialisch an das Thema herangehen. Den hohen Frauenanteil haben wir aber auch in der Geschäftsleitung, in der ein Mann und drei Frauen vertreten sind.

Macht Ihnen Führen eigentlich Spaß?

Ja, sehr. Zu wenig Zeit zu haben ist immer eine Ausrede. Dann stimmt etwas nicht in der Struktur deines Tagesablaufs. Aber ich weiß auch, dass ich bei der jetzigen Größe Leute brauche, die Dinge operativ übernehmen, weil ich das nicht mehr leisten kann. Darauf haben wir schon reagiert. Führen heißt für mich in erster Linie Respekt zu haben vor den Mitarbeitern.

Sie haben vorher den Reitstall erwähnt, den Sie nebenbei aufgebaut haben. Wie kam es dazu?

Durch meine Frau. Sie hatte immer Pferde und ich wollte immer so etwas wie einen Bauernhof. Wir haben sogar schon mal überlegt nach Kanada auszuwandern und uns eine Schaffarm zu kaufen. Dann haben wir zufällig in der Hinterbrühl einen tollen Grund gefunden, einen alten Steinbruch, wo wir unsere Idee verwirklichen konnten. Heute bin ich ein glücklicher Mensch. Es ist zwar viel Arbeit, jeden Abend noch am Hof zu arbeiten, aber es ist ein herrlicher Ausgleich. Das ist meine Erdung. Wir bilden Pferde für den Sportbetrieb aus und haben nebenbei noch eine Hühnerzucht mit japanischen, australischen und indischen Hühnern und einige Hunde.

Macht es da noch Spaß, in die Stadt ins Büro zu fahren?

Ja, es ist das schöne Leben der Gegensätze. Ich möchte keines missen. Dort allein im Wald, hier der volle Trubel und die Faszination – und ich glaube, das gilt für alle, die im Öffentlichkeitsgeschäft arbeiten – dass man nahe an der Informationsgesellschaft dran ist.

Wie klar unterscheidet sich Ecker & Partner von anderen PR-Agenturen?

Wenn man die vier Großen nimmt, sind wir vom Leistungsportfolio her alle ähnlich. Wir unterscheiden uns höchstens insofern, dass ich wahrscheinlich nicht den selben Deckungsbeitrag habe, weil ich versuche, dass meine Leute um 19.00 ins Kino oder Theater gehen können, sprich auch noch Privatleben haben. In anderen Agenturen gehen die Leute oft erst um 22.00 oder 23.00 Uhr nach Hause und mit 35 Jahren sind sie dann ausgebrannt. Das will ich nicht. Das ist ein schöner Job, aber den kannst du nur gut machen, wenn du frei im Kopf bist. D.h. bei mir haben die Units weniger Kunden, die sie dafür besser betreuen können. Ich verdiene eh gut, ich brauche keine übertriebene Rendite. Meine Leute sind glücklich, bis hinunter prämienbeteiligt, uns geht es gut und so will ich es weiterhin haben. Im positiven Sinn heißt das, dass man bei uns noch individuelle Betreuung bekommt.

Mit welchen Anliegen kommen die Firmen zu Ihnen?

Es gibt drei große Säulen: Erstens, die Unternehmen haben akut eine Krise. Das zweite ist Lobbying. Sie haben ein großes Projekt und es gibt z.B. ein Gesetzesvorhaben im Parlament oder in den Ländern, das gut oder schlecht für sie ist. Die dritte Säule ist die klassische Kommunikationsstrategie, bei der es darum geht, das Image einer Person, einer Firma, eines Produkts zu verankern. Dazu kommt vermehrt auch die interne Kommunikation: Der ständig zitierte Satz von Watzlawick – "Man kann nicht nicht kommunizieren" - stimmt eigentlich nicht. Man kann sehr wohl nicht kommunizieren, provoziert damit aber Frust bei den Mitarbeitern. In den letzten Jahren haben immer mehr Vorstände die Wichtigkeit der Kommunikation für den Unternehmenserfolg erkannt. Dadurch haben auch die PR-Agenturen insgesamt mehr Bedeutung gewonnen.

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Mag. Dietmar Ecker, Eigentümer von Ecker & Partner