Jobsuche ohne verzerrtes Selbstbild

Sören Buschmann, Geschäftsführer von Strametz & Partner, zu der Frage, was Führungskräfte bei der Jobsuche tun, was sie besser lassen und was sie über die Arbeitsweise eines Personalberaters wissen sollten.

Wenn Führungskräfte einen neuen Job suchen, was ist dann aus Ihrer Erfahrung besonders wichtig?

Je weniger eine Führungskraft gewohnt ist, sich zu bewerben, - sei es weil sie immer in der gleiche Firma war oder weil sie bisher immer abgeworben wurde und nie aktiv suchen musste – desto schwieriger ist es, zu einem angemessenen Selbstbild zu kommen. Die erste Reaktion ist häufig: "Hallo, ich bin jetzt auf dem Markt", verbunden mit der Erwartung, dass alle nur darauf gewartet haben, was leider selten der Realität entspricht. Diese starke Verzerrung zwischen Eigenwahrnehmung und Wirklichkeit erzeugt in der Folge oft massive Frustrationen und dann fallen diese Führungskräfte, wenn sie einmal zwei, drei Monate Suche hinter sich haben, ins tiefe Loch. Eine kleine Gruppe von Leuten sucht sich Unterstützung, z.B. bei einem Coach, aber der überwiegende Teil fällt in Lethargie oder aggressive Zustände.

D.h. es ist wichtig zu akzeptieren, dass die Suche kein gemütlicher Spaziergang ist?

Fakt ist: Wenn ich eine exponierte Führungskraft bin, ist klar, dass der Markt umso enger wird, je höher ich komme. Und nachdem am Markt derzeit zwar Bewegung ist, aber keine neuen Positionen generiert werden, ist die Bewegungsfähigkeit der Kandidaten natürlich kleiner. Damit meine ich: Wenn ich Finanzchef einer Anlagenbaufirma war, habe ich in Boomzeiten gute Chancen, dass irgendwo eine neue Anlagenbaufirma aufmacht, die dringend einen Finanzchef sucht. Ich habe in so einer Zeit auch gute Chancen, das eine artverwandte oder überhaupt eine andere Firma in den Markt eintritt oder zufällig eine Position besetzt und in Ermangelung guter Kandidaten aus ihrem Feld sagt: "Ok, wir nehmen den. Wir sind zwar Dienstleister, aber wir nehmen trotzdem den Finanzchef vom Anlagenbauer, denn er ist ein interessanter Typ." Diese Situation ändert sich in der Krise dramatisch: Aus zwei Gründen: Erstens gibt es keine neu in den Markt eintretenden Firmen mit Aufbauszenarien und zweitens suchen die Firmen vor allem Leute mit Branchenerfahrung und dabei haben sie die freie Auswahl am Markt. In der Krise tendieren die Entscheider dazu, das "100 %ig Richtige" zu machen und auf Kandidaten zu beharren, die aus der Branche kommen, auch dann wenn andere Kandidaten gut geeignet wären.

In der Krise haben Sie als Personalberater ja viele Kandidaten für einen ausgeschriebenen Job, oder?

Nein, keineswegs. Gerade am Beginn der Krise ist sinkt die Wechselbereitschaft extrem ab. Das Ansprache-Ergebnis sinkt enorm, d.h. der Anteil derjenigen, die wir direkt ansprechen und die grundsätzlich Interesse an einem Wechsel bekunden. Das hat sich in den vergangenen Monaten bereits wieder geändert. Nachdem fast jedes Unternehmen die Krise in irgendeiner Form spürt, macht sich inzwischen jeder Gedanken um seinen Job und wenn sich dann eine gute Gelegenheit ergibt, denkt der eine oder andere schon mal: Naja, eine gute Chance, ein attraktives Unternehmen, vielleicht ein noch besseres Unternehmen als das derzeitige, why not? Jeder macht sich in der Krise um seine Employability Gedanken, daher ist die Wechselbereitschaft inzwischen wieder auf dem gleichen Niveau, wenn nicht höher wie vor der Krise.

Wie erleben Sie den Markt derzeit? Ende 2008, Anfang 2009 war in den Zeitungen ein massiver Rückgang der Stellenanzeigen zu beobachten. Das hat sich im Frühjahr etwas verbessert, ist aber noch weit vom Niveau 2007, Anfang 2008 entfernt. Dazu kommt: Warum stehen bei so geringem Angebot die vorhandenen Positionen so lange in der Zeitung bzw. in den Jobbörsen?

Zum einen war Anfang des Jahres 2009 extrem wenig Bewegung am Arbeitsmarkt und daher wird es auch schwieriger, bei der Suche befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Das Zweite ist, dass sich die Kunden in der Krise eben nicht trauen, den „falschen“, sprich branchenfremden Kandidaten zu besetzen. Was manchen Personalberater in eine Endlosschleife führt, ist, wenn er immer nur 6-7 Leute anspricht, dann mit drei zum Kunden geht und das wiederholt, wenn keiner passt. Dann dauert das. Nur sollte das eigentlich nicht passieren, denn notwendig ist, den Teich gleich zu Beginn vollständig oder so groß wie möglich auszuschöpfen und daraus die bestmöglichen Kandidaten zu generieren. Das müssen im Mindestfall 150, im Bestfall bis zu 300 Leute als Basispool sein. Dann habe ich ein marktrepräsentatives Feedback und der Kunde eine gewisse Sicherheit, aus dem verfügbaren Markt die bestmöglichen Leute präsentiert zu bekommen.

Wie bitte kommt man auf 300 Personen?

Mit Bewerbungen, Matches in der Datenbank und Ansprache-Kontakten im Sinn von identifizierten Personen als erster Suchebene. Wenn man nicht so arbeitet, sondern nur 20 Personen identifiziert, 10 anspricht, 7 interviewt und mit drei zum Kunden geht und der diese drei ablehnt, dann fängt der Berater wieder ganz von vorne an und bis er wieder gesucht, identifiziert und eine Vorauswahl getroffen hat, dauert das.

Was die Zeitungsinserate anlangt, da muss man schon die unterschiedlichen Entwicklungen von Zeitungen und Jobbörsen betrachten. Ganz klar ist, dass die Firmen in Krisenzeiten bei Zeitungsinseraten sparen, auch deswegen, weil sie derzeit keine Employer-Branding-Notwendigkeit sehen, sondern sich sagen: "Ich bekomme eh genug Bewerber über die Onlinebörsen." Es gibt eine Marktverschiebung zugunsten des Online-Bereichs. Die Onlinebörsen hatten zwar auch Rückgänge, aber bei weitem nicht die Einbrüche der Tageszeitungen. Zumindest die erfolgreichen Jobbörsen, die weniger erfolgreichen erleben das gleiche Phänomen wie die Zeitungen, weil die Firmen dann eben nicht mehr in drei, sondern nur mehr in ein oder zwei Jobbörsen inserieren.

Macht es einen großen Unterschied für obere Führungskräfte, ob sie selbst gehen oder gegangen werden?

Früher ja, aber derzeit ist nicht eindeutig belegbar, warum jemand geht. Natürlich geht heute jeder wegen der Krise. Wenn aber nicht eindeutige wirtschaftliche Gründe dahinterstehen, muss man schon klar sagen: Viele der heute Gekündigten sind auch auf das Phänomen "Wenn Ebbe ist, sieht man, wer nackt badet" zurückzuführen. In der Krise schaut man noch genauer auf die Produktivitäts- und Qualitätsfaktoren und wenn dann jemand nicht in ausreichendem Maß performt, trennt sich das Unternehmen schneller von ihm, weil man sich sicher ist, am Markt jemand besseren zu finden oder sich sagt: Wenn der er eh so schlecht ist, kann ich ihn auch weglassen, denn er kostet mich viel und bringt mir nichts.

Wenn eine Führungskraft ausscheidet, wie geht sie dann die Suche nach einem neuen Job gut an?

Etwas, was mir immer wieder auffällt und mich erstaunt: Es mutet seltsam an, wenn Führungskräfte uns eine Allgemeinbewerbung schicken, aber die ausgeschriebenen Jobs auf der Homepage nicht angeschaut haben. Wenn man arbeitslos ist, ist man gut beraten, seine Zeit für Marktrecherchen aufzuwenden, alle Jobbörsen durchgehen und vor allem eines nicht machen: sich wahllos durch die Gegend zu bewerben. Vor allem ist es kontraproduktiv, wenn sich Führungskräfte auf Positionen bewerben, auf die sie eigentlich nicht passen. Wenn jemand z.B. CFO ist und dann sagt: „Ich habe gesehen, Sie suchen einen Leiter Buchhaltung, ich kann das auch“, dann wirkt das wie eine Verzweiflungstat. Das macht keinen Sinn und man hat da auch ganz geringe Chancen. Also ist mein Tipp: lieber wenig und gezielt bewerben! Denn sonst entsteht ein fataler Eindruck: Max Mustermann, CFO, sieht eine Stelle Leiter Buchhaltung, bewirbt sich und wir sagen ihm ab. Er sieht eine Stelle Leiter Controlling, bewirbt sich wieder, wir sagen ihm ab. Dann sieht er irgendwann tatsächlich eine Stelle kaufmännische Leitung im Sinn eines CFO, bewirbt sich wieder und wir sehen: Der hat sich auf die letzten sieben Positionen quer Beet beworben. Die Botschaft, die er damit sendet ist: "Ich bin verzweifelt." Man muss sich als Führungskraft, wenn man am Markt ist, auch darüber klar sein, dass man ein attraktives Produkt sein sollte.

Sehr wohl kann als Führungskraft jedoch eine Allgemeinbewerbung verschicken. Headhunter freuen sich durchaus über diese Bewerbungen, denn es erleichtert ihnen die Suche, wenn sie gute Profile in der Datenbank haben. Was jedoch eine nicht zutreffende Ansicht ist, ist die Überzeugung, dass es gut ist, bei Allgemeinbewerbungen anzurufen. Natürlich ergreift viele eine verständliche Enttäuschung, wenn sie beim Headhunter anrufen und glauben, dass sich der Headhunter freut, mit ihnen am Telefon ein Gespräch zu führen. Das ist leider falsch. Der Headhunter freut sich, mit ihm ein Gespräch zu führen in dem Augenblick, wo es dazu einen konkreten Anlass gibt. Im Rahmen eines Interviews für eine konkrete Position bei einem konkreten Projekt kann ich einem Bewerber gerne Expertentipps geben, was er machen soll, wenn mir etwas auffällt. Aber ich kann nicht alle Personen beraten, die sich bei uns melden. Um Ihnen die Dimension zu verdeutlichen: Wir bekommen über 10.000 Bewerbungen im Jahr, da mit jedem zu sprechen, ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit, keine Unhöflichkeit oder Geringschätzung.

Wenn eine Führungskraft aber einmal ihr allgemeines Profil schickt und dann einige Wochen später eine konkrete Position bei diesem Berater sieht, kann sie sich natürlich auf die allgemeine Bewerbung beziehen und schreiben: "Ich habe gesehen, dass Sie da ein Profil suchen, auf das ich gut passe. Ich habe Ihnen vor zwei Wochen eine allgemeine Bewerbung geschickt. Sicherheitshalber schicke ich noch einmal meinen CV mit."

Was ist für Sie wichtig bei Lebensläufen?

Ich muss als Headhunter in einem CV einen roten Faden erkennen. Nur aus der Bezeichnung CFO von der XY-AG kann ich nicht ablesen, ob diese Tätigkeit controlling-lastig war, ob da IFRS-Themen behandelt wurden, ob es eine konzernkonsolidierte-Bilanz gab oder nicht, ob es besondere Themen und Zuständigkeiten gab, ob er /sie noch die Verantwortung für HR, IT, Facility Management hatte, was auch immer. All das gehört dazu, um mir die Punkte herausholen zu können, die für mich relevant sind. Daher sollte man – je nach Dauer der Position - die letzten zwei bis drei Positionen ausführlicher beschreiben, etwa mit 2-4 Sätzen, in denen man darstellt, was man in dieser Position genau gemacht hat. Ich finde es auch immer sehr sympathisch, wenn jemand sagt, welche Erfolge er dabei erzielt hat. Z.B. "Ich konnte das und das steigern, ich konnte das und das einführen, ich habe dieses und jenes etabliert…" Das vergessen die meisten.

Was passiert eigentlich mit den geschickten Lebensläufen?

Eine Bewerbung, die hereinkommt und die grundsätzlich im Fokus dieser Personalberatung liegt, wird man mit Freude entgegen nehmen, in der Datenbank abspeichern und den Kandidaten auch anrufen, wenn man eine passende Position hat. Wenn man allerdings einem Headhunter, der nur Top-Management-Positionen besetzt, eine Fachbearbeiter-Bewerbung schickt, muss man damit rechnen, dass er sie vermutlich nicht abspeichert.
Das übliche Procedere ist: Wir schauen den CV an, versuchen die rote Linie herauszulesen, und verschlagworten die Person innerhalb unserer Datenbank mit dem, was wir aus dem CV herauslesen können. Beim Suchvorgehen schauen wir einerseits nach Schlagworten wie Branche, Funktion, Qualifikationen, inhaltliche Schwerpunktsetzungen, etc. und – damit wir sicher sind, das keiner rausfällt – nützen wir auch die Möglichkeit der Volltextsuche. Das geht auch bei PDFs. Schlecht ist es allerdings, eingescannte Lebensläufe zu schicken, denn das ist dann ein Bild und da greift die Volltextsuche nicht.

Wenn eine Führungskraft lange in einer Firma war, tut sie sich mitunter schwer mit der Selbsteinschätzung. Man unterschätzt oder überschätzt sich und ist nicht gewohnt, sich passend zu verkaufen. Vielleicht möchte man auch die Gelegenheit nutzen, etwas ganz anderes zu machen.

Gerade wenn ich als Führungskraft spüre, dass mein Selbstbild und das Fremdbild, das ich über Feedback bekomme, nicht zusammenpassen, macht es Sinn, das mit einem Coach zu besprechen. Denn je weiter das auseinanderklafft, desto schwerer tut man sich am Arbeitsmarkt. Ganz generell kann man schon sagen, dass eine der Grundqualifikationen, die jeder Bewerber für Senior-Manager-Positionen mitbringen muss, eine gewisse Reflexion über die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten ist.

Zum zweiten Punkt: Etwas ganz anderes zu machen, ist gerade in einer Krise extrem unrealistisch. Das muss man ganz klar sagen. Es gibt viele Führungskräfte, die meinen: "Ah, das ist eine tolle Möglichkeit, jetzt meinen Fokus zu ändern." Die klare Antwort darauf ist: "Nein, jetzt ist der schlechtestmögliche Zeitpunkt, den Fokus zu ändern." Den Fokus kann ich ändern, wenn der Markt boomt und händeringend qualifiziertes Personal gesucht wird, denn dann gibt es Chancen. Derzeit muss man es leider vereinfacht sagen: In der Krise können Sie nur das machen, was Sie können! Gerade jetzt ist es hochgradig unrealistisch, die große Neuorientierung zu vollziehen – außer Sie machen sich selbstständig. Dagegen  ist auch nichts einzuwenden, erst recht, wenn Sie eine tolle Expertise in einem bestimmten Bereich oder einer bestimmten Branche haben und die Krise nützen wollen, unternehmerisch tätig zu werden. Aber auch dann konzentriert man sich am besten auf das, worin man besonders kompetent und erfahren ist und nicht auf etwas ganz Neues.

Bringen die modernen "Social Networks" etwas?

Ja. Ein Großteil der Personalberater arbeitet vor allem für große Unternehmen. Es gibt sicher lokale Player, die überwiegend mit Mittelständlern arbeiten, aber gerade die Mittelständler holen sich gerne neue Leute durch ihre sozialen Netzwerke, z.B. über Empfehlungen von Mitarbeitern. Daher macht die Investition, wenn man sich in Richtung kleiner Unternehmen orientieren will, Sinn. Social Networks bei Großunternehmen bringen höchstens Infos über freie Stellen, was durchaus hilfreich ist, aber im Bewerbungsprozess selbst gibt viel zu viele Augen, um deswegen bereits die Stelle zu bekommen. Daher macht das für Top-Positionen nur bedingt Sinn, wobei es im politischen und politiknahen Bereich natürlich wieder anders ist. Social Networking hilft jedoch im Sinn eines Vertrauensvorschusses, in dem Sinn, dass man eben bestimmten Leuten im Unternehmen schon bekannt ist.

Ich habe gerade in letzter Zeit von mehreren Führungskräften gehört, dass sie sich für eine ausgeschriebene Position beworben und mehrere Gespräche geführt haben, sogar den Vertragsentwurf zur Unterschrift zugeschickt bekommen hatten und dann hieß es plötzlich: "Sorry, wir stellen doch niemanden ein." Ist das nicht lächerlich?

Ich verstehe den persönlichen Ärger, aber man muss das aus der heutigen Unternehmensrealität sehen: Es gibt einen offenen Headcount, also sucht die Firma jemanden. Dann fällt der Konzernleitung ein, "wir machen Headcountfreeze" und auf einmal ist die Position zu. Das kann mitten im Suchprozess passieren. Wir merken das insofern in Suchprojekten, als unsere Kunden es alle sehr eilig haben, weil sie alle Angst haben, dass ihnen Headcount weggestrichen wird. Das ist leider ein Effekt, der in Krisen immer wieder passiert. Bei einem Suchprozess, die seriöser Weise zwei Monate dauert, wird es immer schwerer vorherzusagen, ob die Firma in zwei Monaten noch die Position hat. Noch unangenehmer ist es, wenn Bewerber ihren Job kündigen, den neuen Job antreten wollen und der genau dann gestrichen wird. Wichtig ist, so eine Entscheidung sofort zu kommunizieren, aber dass es von Zeit passiert, können Sie als Berater nicht verhindern.

Ganz schwer tun sich bei der Suche Personen, die 20 Jahre in einem Großkonzern waren, dort sozialisiert wurden, vielleicht etwas zu jung in eine sehr verantwortungsvolle Position gekommen sind und jetzt in einer Krise auf den Arbeitsmarkt kommen. Denn erstens denken da viele: "Der hat jetzt seit 20 Jahren den Konzernstempel auf der Stirn, ob wir den in unser Unternehmen integrieren können, weiß ich nicht." Dazu kommt: Je größer das Unternehmen war, desto höher war die Qualifikation, sich in diesem Unternehmen überhaupt einmal auszukennen, und das ist mitunter ein erheblicher Anteil der Qualifikation. Wenn man diese spezifische Kompetenz wegrechnet, reduziert das die Nettofähigkeiten, die jemand hat, teils beträchtlich. Dann wird es sehr schwer. Da sind wir als Headhunter natürlich in einer undankbaren Situation. Denn wir arbeiten im Auftrag unseres Kunden, möchten das bestmögliche Resultat für unseren Kunden erzielen. Pointiert gesagt: Unser Auftrag ist es, den bestmöglichen Kandidaten für den Auftraggeber zu finde, nicht, jedem Kandidaten zu einem Job zu verhelfen oder ihn da hin zu coachen. Das klingt brutal, ist aber so.

Als Bewerber hätte ich nach einer Bewerbung gern in einer angemessenen Zeit eine Information und ein Feedback. Das scheint oft nicht zu klappen. Wie schaut das aus Sicht des Personalberaters aus?

Das muss man dreiteilen. Ich verstehe den Ärger der Kandidaten, aber da muss ich mit einem klaren Gerücht aufräumen. Erstens: Wenn ich eine Bewerbung schicke und mir bereits aufgrund meiner Unterlagen abgesagt wird, weil ich dem Profil nicht entspreche, oder wenn ich eine Allgemeinbewerbung ohne konkreten Anlass schicke, dann kann ich mir aus den bereits oben angesprochenen Gründen kein persönliches Feedback erwarten. Das ist einfach nicht machbar. Die Absage nach einem reinen Bewerbungsschreiben hat aus unserer Sicht so schnell wie möglich zu erfolgen, aber sie kann keine vertiefte Auseinandersetzung sein. Es hilft nichts, wir sind nun einmal Dienstleister des Kunden.

Der zweite Punkt ist: Die Schnelligkeit der Antwort, wenn ein Bewerbungsprozess einmal im Laufen ist, wird häufig dem Personalberater angelastet, das stimmt aber nicht immer, das kann auch am Kunden liegen. Denn wir können natürlich niemandem absagen, solange es noch keine Entscheidung des Kunden gibt. Und wenn sich der Kunde wie vorher besprochen gerade Gedanken darüber macht, ob er die Stelle überhaupt besetzten kann, bekommt der Bewerber in dieser Zeit keine Antwort. Ein seriöser Headhunter schickt dann ein Geduldsmail und sagt: "Bitte um Verständnis. Im Prozess gibt es Verzögerungen, daher können wir Ihnen noch keine Entscheidung mitteilen."

Der dritte Teil, den ich absolut nachvollziehen kann: Wenn ich in einem Bewerbungsprozess drinnen stecke und mit einem Personalberater für eine konkrete Position ein persönliches Gespräch geführt habe, dann habe ich natürlich das Recht auf ein qualifiziertes Feedback, warum es nichts geworden ist. Realistischer Weise muss man sagen, dass es auch manchmal Feedbacks gibt, die man dem Kandidaten nicht so leicht vermitteln kann, wenn es z.B. um Sympathie und Antipathie geht, da haben wir manchmal die Feigenblattfunktion für den Kunden. Man muss also auch nicht jede Absage akribisch hinterfragen, es liegt manchmal auch einfach an der fehlenden Chemie, die der Kunde aber nicht kommuniziert haben will.

Wenn man als Führungskraft Unterstützung sucht, um klar zu bekommen, was man will und um Selbst- und Fremdeinschätzung halbwegs in Deckung zu bringen, was würden Sie da empfehlen?

Einen Coach. Es gibt auch Personalberater, die Bewerbercoaching anbieten, aber das halte ich für ethisch nicht vertretbar, denn ich kann nicht auf der einen Seite die Arbeitgeberseite und auf der anderen die Arbeitnehmerseite vertreten. Was mache ich denn mit einem Bewerber, den ich coache und für den es eine möglicher Weise passende Position gibt? Da bin ich sofort in einem Interessens- und Gewissenskonflikt.

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Sören Buschmann, Geschäftsführer von Strametz & Partner