Neue Jobs halten nicht immer, was sie versprechen

Eine erfahrene Personalmanagerin über erprobte Suchstrategien, toll klingende Jobs, die kurz nach Antritt zum Rohrkrepierer mutieren sowie wertvolle Tipps an Kollegen.

Wie verlief Ihre Karriere bisher und welche Erfahrungen haben Sie dabei mit der Jobsuche gemacht?

Mein erster Job nach dem Studium war als Vorstandsassistentin, wo ich auch für Personalfragen zuständig war, weshalb ich den Lohnverrechner- und Arbeitsrechtskurs besucht habe. Aus dem heraus entstand das Interesse an der Personalarbeit. Dann kam mein erstes Kind zu Welt und in der Karenz habe ich den Bilanzbuchhalterkurs absolviert, weil ich wusste, dass das Unternehmen, in dem ich tätig war, verkauft werden würde und daher unklar war, was ich nach der Karenz tun würde. Ich ging dann in ein großes internationales Unternehmen in den Finanzbereich, wurde aber immer wieder im Personalbereich vorstellig und habe mein Interesse bekundet, intern zu wechseln. Dann bekam ich im Finanzbereich eine tolle Stelle angeboten. Kaum hatte ich zugesagt, rief mich eine Firma an, mit der ich früher mehrmals in Kontakt war, weil sich dort gerade durch den Abgang mehrerer Personen quasi die ganze Personalabteilung aufgelöst hatte. Nachdem ich drei Wochen überlegt hatte, fing ich dort als Schulungsassistentin an und drei Monate später wurde mir die Leitung der Abteilung angeboten, weil sie keinen anderen Kandidaten gefunden hatten, der den Top-Managern zugesagt hätte. Dort war ich vier Jahre, bis zu meinem zweiten Kind.

Nachdem mir der Geschäftsführer ziemlich unverblümt zu verstehen gegeben hatte, dass er keinen Bedarf an einer Managerin mit zwei Kindern hätte, haben wir das ausgestritten und ich habe mir nach der Karenz etwas ganz anderes gesucht und bin den Kulturbereich gegangen, zumal ich etwas weniger arbeiten und das Familienleben mehr genießen wollte. Das Angebot fand ich über ein Inserat im Standard und was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie anlangte, hat es auch super funktioniert, nur ging dort so wenig weiter, dass ich das nicht lange ausgehalten habe. Da ich noch die Abfertigung von meinem früheren Job hatte, bin nach sechs Monaten wieder gegangen und habe mir die Zeit genommen, in Ruhe etwas besser Geeignetes zu suchen.

Wie sind Sie diese Suche angegangen?

Als ich den vorangegangenen Job verlassen hatte, hatte ich vorwiegend im Internet gesucht und bereits alle Headhunter und Personalberater, die ich kenne, angeschrieben, einen Lebenslauf geschickt und ihnen mitgeteilt, dass meine Karenz dann und dann beendet wäre, ich gern wieder arbeiten und was ich gerne machen würde . Daraus hatte sich das eine oder andere Gespräch ergeben, aber nichts Konkretes. Zu der Zeit gab es zwar bereits einige Jobs im Internet, aber die wirklichen Führungspositionen waren überwiegend in der Zeitung zu finden. Das hat sich inzwischen total geändert. Ein paar Wochen nach der Entscheidung, den Job im Kulturbereich sein zu lassen, habe ich in der Zeitung ein verdecktes Inserat gesehen, ein sogenanntes "Briefkasteninserat", bei dem ein Personalberater vorgeschaltet ist, der aber alle Bewerbungen direkt an die Firma weiterleitet. Mit der Briefkastenlösung spart man sich als Personaler die Absagen und Geduldsschreiben und kann den Personalberater, wenn nötig immer noch damit beauftragen, auszusieben. Da wurde ich schnell eingeladen, hatte wenige Tage nach der Bewerbung das erste Gespräch mit der Firma, kam dann eine Woche drauf noch einmal zum Gespräch, dann haben sie meine Referenzen durchtelefoniert und am nächsten Tag haben sie mir ein Angebot gemacht und ich fing dort als Personalleiterin an.

Während meiner Bewerbungsgespräche wurde mir der Eindruck vermittelt, das Unternehmen sei gerade im Wachsen begriffen und würde laufend Bereiche zukaufen. Eines halbes Jahr nach einem Eintritt kam dann aus der Konzernzentrale die überraschende Meldung, dass das Unternehmen nicht wie geplant laufe und es die Überlegung gäbe, zwei wichtige Produkte, die in Österreich produziert wurden, einzustellen. Also haben wir im Managementteam überlegt, wie wir weitermachen. Wir haben uns als Management vor Ort zusammengesetzt, die Situation analysiert, mehrere Szenarien erarbeitet und diese im Headquarter präsentiert. Bei dem ausgewählten Szenario mussten rund 80 Mitarbeiter gehen, die wir sozial verträglich abgebaut haben. In der Folge hieß es, man hätte für mich ein Angebot in Frankreich. Ich war dann mehrmals zu Gesprächen in Paris, hatte mit der Familie bereits begonnen, den Umzug vorzubereiten, hatte aber immer noch keinen neuen Vertrag vorliegen. Dann gab es plötzlich in unserer Gesellschaft einen neuen Personalchef und als ich den endlich erreicht und auf die Versetzung angesprochen habe, hat er lapidar gemeint, daran hätte er überhaupt kein Interesse und wenn ich versetzt würde, gäbe es nur einen lokalen Vertrag. Mein direkter Chef hat mir dann geraten, mich pro forma nach einem neuen Job umzuschauen, um damit ein Druckmittel an die Hand zu bekommen.

Also habe ich mich neu umgeschaut, dann relativ schnell ein Feedback von einem Personalberater bekommen, der gerade für eine Personalleiterfunktion gesucht hat und das habe ich dann aus heutiger Sicht viel zu schnell angenommen. Durch den Frust aufgrund der Restrukturierung und den Problemen bei der Versetzung ins Ausland hatte ich Scheuklappen und habe viel zu wenig nachgefragt. Ich hatte zwei Gespräche mit den Personalberatern, dann ein Gespräch mit meinem Vorgänger in der neuen Firma, danach ein kurzes Gespräch mit dem Vorstand und dann wurde ich angerufen, wann ich den Vertrag unterschreiben komme. Bereits kurz nach dem Probemonat war mir klar, dass ich dort überhaupt nicht hinpasse und mit der herrschenden Kultur nicht zurande komme. Daraus habe ich meine die Lehre gezogen. Inzwischen klopfe ich neue Jobangebote immer sehr genau ab – wobei man selbst dann nicht sicher sein kann, dass die Situation im Unternehmen wenige Monate später eine ganz andere ist.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Personalberatern gemacht?

Ich habe immer möglichst frühzeitig, sobald eine Trennung absehbar war, bei den Headhuntern angerufen und mich gemeldet, wobei es völlig normal ist, nicht einfach zu einem Gespräch eingeladen zu werden, ohne dass es ein konkretes Jobangebot gibt, für das ich in Frage komme. Was mich jedoch aufregt, ist, dass es viele Headhunter gibt, die bei Bewerbungen auf konkrete Jobs nicht einmal ein Geduldsmail schicken. Diese Unart gibt immer noch.

Mein Glück war, dass ich nach der Firma, in die ich nicht hingepasst habe, ein halbes Jahr mit einer Freundin freiberuflich gearbeitet habe, damit hatte ich nebenbei einen kleinen Job. Zuerst habe ich es genossen, wieder mehr Zeit für die Familie zu haben. Wirklich frustriert war ich ab dem Zeitpunkt, als das AMS begonnen hat, mich in eine Schulung zu schicken. Ich konnte sie mir zwar selbst aussuchen, nur war sie leider niveaumäßig einfach miserabel und dort sinnlos meine Zeit zu vergeuden, hat mich wirklich hinunter gezogen. Komisch daran war, dass ich genau in dieser Zeit, in der ich emotional im Keller war, relativ viele Bewerbungsgespräche hatte und auch einige Personalberater angerufen und gemeint haben "Ich habe da jetzt was, schauen Sie sich das einmal an", Als die Schulung beendet war, hatte ich bereits wieder einen Job. Der Response war gar nicht so schlecht. Ich bin viel eingeladen worden. Ich habe in der ersten Phase ca. 40 Bewerbungen geschrieben und hatte pro Woche durchschnittlich zwei bis drei Gespräche und war auch immer wieder die Zweitgereihte.

Nach dem besagten Fehlgriff habe ich relativ lange gesucht. Nachdem gerade der Sommer vor der Tür stand, habe ich nur einige Bewerbungsschreiben geschrieben und erst mit September intensiv mit der Suche angefangen, dann hat es noch ein halbes Jahr gedauert. Da war ich einmal solange arbeitslos, wie man sein kann. D.h. ich hatte Arbeitslosengeld bis 29. April und am 1. Mai trat ich den neuen Job an. Das hatte ich mir einfacher vorgestellt. Ich hatte gedacht, ich würde maximal drei Monate suchen. Die nächste Firma fand ich deswegen interessant, weil sie ein Start-Up eines skandinavischen Konzerns war, der mehrere kleine Firmen in Zentraleuropa zusammengekauft hatte und ich für diese Länder die Personalleitung übernahm. Das Problem war, dass es so gut wie keine geregelten Prozesse gab - keine Stellenbeschreibungen, keine Jahresgespräche etc.-  und jeder vor Ort gemacht hat, was er wollte.
An sich eine herausfordernde Arbeit, nur war blöderweise zu dem Zeitpunkt nicht absehbar, dass wenige Monate später die Krise kommen und der Konzern durch seine Rohstofflastigkeit sofort damit beginnen würde, schlecht performende Unternehmensbereiche dichtzumachen. Mein Chef in der Holding hat zwar über die Krise gejammert, aber als ich ihn wiederholt darauf angesprochen habe, was er mir damit sagen will, ob sie Umstrukturierungen und Personalabbau planen und ob ich mich darauf einstellen soll, dass ich als eine der letzten an Bord gekommenen das Boot auch wieder als eine der ersten verlassen zu müssen, hat er immer entgegnet: "Nein, im Gegenteil, wir brauchen HR gerade jetzt!" Dann wurde ich eines Tages unter der Vorspiegelung eines internationalen HR-Meetings ins Headquarter eingeladen, von ihm bereits am Flughafen abgefangen und mit den Worten begrüßt, dass sie sich einvernehmlich von mir trennen wollen. Ich sollte ihm einen Vorschlag machen, was ich auch getan habe, den hat dann sein Rechtsanwalt gegengezeichnet, aber er selbst hat ihn dann nie unterschrieben, weshalb das Ganze inzwischen gerichtsanhängig ist, weil sie mir noch viel Geld schulden. Für mich war das natürlich ein Horror, erstens durch die Art und Weise und zweitens deshalb, weil ich zuerst lange gesucht hatte und nach 8 Monaten im neuen Job wieder auf der Strasse stand.

Wie geht man in Bewerbungsgesprächen damit um, dass man nur kurz bei einer Firma war? Sagt man da offen, "da habe ich nicht in diese Kultur hineingepasst" oder "durch die Restrukturierung wurde meine Position gestrichen"?

Ja und das haben die meisten auch akzeptiert. Es war ja nicht mein Bestreben, häufig den Job zu wechseln. Ich bin viel eher jemand, der gerne lange bleibt - ein sehr loyaler Mensch - das haben mir auch alle abgenommen. Als ich hier die Zusage bekommen habe, habe ich andere Jobs absagen müssen, wo ich auch im Gespräch war und denen hat es allen leid getan. Es ist diesmal viel flotter gegangen mit dem Suchen, obwohl es mir psychisch viel schlechter gegangen ist als im Jahr zuvor. Der Job hier war im März ausgeschrieben, auch über einen Briefkasten, wobei mich der Berater angerufen hat und mir gesagt hat: Es geht um das und das Unternehmen, können Sie sich das vorstellen? Ich habe dann noch am gleichen Nachmittag von meiner Vorgängerin eine Einladung zum Gespräch bekommen, war am Dienstag darauf hier, habe am Mittwoch den Geschäftsführer kennen gelernt und war am Donnerstag noch einmal allein beim Geschäftsführer. Er hat mich dann noch zu einem anderen Personalberater geschickt, mit dem er gut kann, der sollte mich "anschauen" und meine Referenzen überprüfen. Einige Tage drauf hat mich die Vorgängerin angerufen und gefragt, wann ich den Vertrag unterschreiben will. Zu dem Zeitpunkt hatte ich dann zwei Gespräche mit dem Geschäftsführer geführt, was wichtig war, da er ja die Person ist, mit der ich vor allem arbeiten muss. Er hat abgeklopft, was ihm wichtig war und ich habe das auch gemacht. Etwa indem ich sehr genau nachgefragt habe, wie hier mit bestimmten Situationen umgegangen wird, auch um zu klären, ob wir auch wertemäßig auf derselben Wellenlänge sind. Mir war wichtig, dass das mit ihm menschlich funktioniert und mir war wichtig, ein Gefühl zu bekommen, wie das Unternehmen tickt. Mein Glück war, dass ich über meinen Bekanntenkreis jemanden kannte, der hier als Führungskraft gearbeitet hatte und der nur Gutes über das Unternehmen erzählt hat. Eine andere Möglichkeit sich zu informieren ist, frühere Führungskräfte über Xing zu suchen und gezielt ansprechen, damit vergibt man sich ja nichts.

Wie ist das eigentlich mit Referenzen? Wird da bei den bisherigen Firmen einfach bei den früheren Chefs angerufen und Erkundigungen eingeholt?

Nein, das ist ein absolutes No-Go. Sie dürfen nur die vom Bewerber angegebenen Referenzen anrufen, alles andere ist aus Datenschutz-Gründen verboten und wäre ein massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.

Wie stark war in diesen Zwischenphasen der finanzielle Druck?

Es ging sich immer irgendwie aus. Da mir die letzte Firma noch viel Geld schuldet, ist mein Konto derzeit im Minus. Im Moment geht es sich knapp aus, wir haben heuer sparsam Urlaub gemacht. Wir kommen gerade über die Runden, aber dieses Jahr hat es wirklich in sich. Zwei Wochen, nachdem ich meinen neuen Job angetreten hatte, hat mich mein Mann im Büro angerufen und gemeint "Jetzt habe ich viel Urlaub". Nun sucht er.

Was würden Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen Führungskollegen raten?

Erstens muss man authentisch sein und sollte nicht irgendwelche Märchen erzählen. Man kann sich nicht auf Dauer verstellen und wenn nach einigen Monaten herauskommt, dass man falsche Angaben gemacht hat, fällt einem das auf den Kopf. Wien ist klein, auf gewisse Dinge kommt man einfach drauf. Man kann gewisse Dinge aber auch durch die Blume mitteilen. Wichtig ist, sich die Mühe zu machen, möglichst viele Informationen über die jeweilige Firma und die Firmenkultur zu sammeln. Wenn ich mich jeden Tag ins Büro quälen muss und irgendwann Schlafstörungen habe, habe ich nichts davon. Man sollte sich also einen Plan für sich selber machen: Wie soll mein zukünftiger Job ausschauen und wie soll dieser Job in mein Leben passen? Da habe ich z.B. gemerkt, dass ein Job wie der letzte auf Dauer gar nicht mehr gegangen wäre, weil mein älteres Kind inzwischen ins Gymnasium geht und ich nicht mehr zwei Tage die Woche nicht da sein kann. Hier schaut dich keiner schief an, wenn du als Führungskraft einmal die Gleitzeit nützt und früher nach Hause gehst. Also sollte man ein möglichst klares Bild davon entwickeln, wie der eigene Traumjob ausschauen soll und das dann mit dem jeweiligen Angebot matchen: Passt das in den wichtigen Punkten oder nicht? Es ist durchaus anspruchsvoll, das herauszufinden. Ich habe mir dazu u.a. meinen Lebenslauf angeschaut und bei jedem Job analysiert: Was hat dort gut gepasst und was hat nicht gepasst? Als ich mir überlegt habe, was mir beim meinem ersten Job wichtig war, was beim zweiten usw., habe ich auch gemerkt, dass sich meine Wertigkeiten über die Zeit verändert haben.

Was ist beim Lebenslauf wichtig?

Ich finde es wichtig, nicht nur die bisherigen Positionen anzuführen, sondern auch die jeweiligen Schwerpunkte. Diese würde ich aber, je nach ausgeschriebener Position unterschiedlich betonen, je nachdem was dort besonders gefordert wird. Ist es ein Job im CEE-Raum, würde ich den internationalen Job herausstreichen, den ich gemacht habe und betonen, dass ich bereits mit arbeitsrechtlichen Fragen in diesem Raum befasst war und mit Rekrutierungswegen, die länderweise sehr unterschiedlich sind. Ich habe außerdem immer auch ein einseitiges Motivationsschreiben mitgeschickt, in dem ich mich auf die Kriterien der Ausschreibung bezogen und begründet habe, warum ich ihnen entspreche. Was meiner Erfahrung nach sehr wichtig ist auch ein gutes, freundliches Foto. Seit ich das neue Foto habe, bin ich zu jeder Bewerbung eingeladen worden, vorher zu jeder dritten. Ich habe das Dokument als eine Art Mappe angelegt. Vorne drauf steht "Bewerbung von XY", dann folgt eine kurze Inhaltsübersicht, wobei ich die einzelnen Inhalte mit den nachfolgenden Seiten verlinkt habe, sodass man mit einem kurzen Click immer sofort auf die passende Seite kommt. Außerdem steht auf jeder Seite in der Fußzeile meine Anschrift und Telefonnummer, weil Personalisten nicht erst nach den Kontaktdaten suchen wollen. Inzwischen gehe ich jedes Mal, wenn ich von einem Headhunter angerufen werde, auch zu einem Gespräch hin – obwohl ich mich hier sehr wohl fühle und gerne lange bleiben würde -  einfach um Kontakt zu halten und mich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Denn wenn ich in den vergangenen Jahren eines gelernt habe, dann dass es oft anders kommt als geplant. Ich fühle mich hier sehr wohl und möchte gerne lange bleiben, aber was, wenn der Geschäftsführer plötzlich wechselt und der Nachfolger nicht mit mir kann?

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