Interne Beratung - eine unmögliche Aufgabe

"Interne Beratung" steht auf keiner Visitenkarte und ist als eigene strukturell verankerte Funktion derzeit in den Unternehmen die absolute Ausnahme. Noch, denn in den letzten Jahren entstanden in vielen Firmen "Kompetenznester" in Form einzelner Personen oder Gruppen mit spezifischem Know-How und mit Fähigkeiten, die von den Organisationen verstärkt nachgefragt und genützt werden.

Wer bei Philips Österreich nach „internen Beratern“ fragt, wird voraussichtlich die Antwort erhalten: „Diese Funktion gibt es bei uns nicht“. Wenn man dem Gesprächspartner allerdings bestimmte Tätigkeiten und Leistungen beschreibt, die interne Berater erbringen, und ihn fragt, an wen er sich in so einem Fall denn intern wenden würde, lautet die Antwort wahrscheinlich: „Also, wenn sie das darunter verstehen, dann reden Sie am besten einmal mit einem unserer Qualitätsmanager oder mit jemandem aus dem Personalbereich.“

Könnten sie nicht auch...?

Ein gutes Beispiel für diesen sukzessiven Kompetenzaufbau ist auch die Generali Versicherungs AG. Ausgangspunkt war hier das Problem, der wachsende Flut an Projekten Herr zu werden, was das Unternehmen schon Mitte der 90er-Jahre dazu bewog, ein eigenes Projekt „Projektmanagement“ aufzusetzen. Projektziel war das Etablieren professioneller Standards für das Aufsetzen und Abwickeln der Projekte und die Projektkoordination.

Diese Projektgruppe mit Experten aus den verschiedensten Unternehmensbereichen baute während der Projektarbeit nicht nur eine Menge zusätzliches Know-How zu dem Thema auf,  sie blieb auch nach dem Projekt in einem Netzwerk verbunden und wurde fortan immer wieder bei Problemen zum Thema Projektmanagement von Projektleitern und Linienmanagern als Berater angefordert. Jedes der derzeit sechs Netzwerkmitglieder arbeitet nach wie vor in seiner angestammten Funktion, verfügt aber über ein gewisses Zeitbudget, um interne Beratungsaufträge zu übernehmen. Im Laufe der Zeit vollzog sich dann ein Wandel in den Anfragen. Neben dem angestammten Bereich des Projektmanagements kommen nun auch zunehmend Anfragen in Richtung Begleitung von Transformationsprozessen.

Helfen statt anschaffen

Bei Philips Österreich wiederum entstand diese neue Rolle der Internen Berater eher aufgrund organisatorischer Veränderungen, gut nachzuvollziehen am Beispiel der Qualitätsmanager. Waren Qualitätsmanager vor zehn Jahren noch richtige „Fürsten“ mit großen Abteilungen und jeder Menge Hausmacht, so bewirkten die neuen, modernen Organisationskonzepte eine sukzessive Integration der Qualitätskontrolle in den Produktionsprozess. Die Qualitätsabteilungen lösten sich dadurch entweder ganz auf oder schrumpften in den großen Fabriken zu einem Qualitätsmanager mit ein oder zwei Assistenten zusammen. Die erforderliche Änderung für die Qualitätsmanager war eine zweifache.

Zum einen mußten sie verkraften, plötzlich nicht mehr zum Managementteam zu gehören, sondern in eine Art Stabsfunktion zu wechseln. Zum anderen waren sie mit einem stark veränderten Anforderungsprofil konfrontiert, welches von ihnen forderte, vor allem unterstützend, beratend und koordinierend tätig zu sein. Ein beträchtlicher Unterschied zum früheren Macher-Image. Inhaltlich ging es nun darum, Manager und Mitarbeiter bei den Fragen zu unterstützen: Wie können wir die Prozesse weiter verbessern? Wie können wir das Qualitätsbewusstsein fördern und stärken und sicherstellen, dass das vorhandene Know-How nicht verloren geht?

Wozu Interne Beratung?

     

  • Interne Beratung, soviel ist sicher, gewinnt in Zukunft stark an Gewicht. Aus mehreren Gründen:
  • Der Kostenfaktor: Je mehr das Gestalten und Steuern von Veränderungsprozessen zum alltäglichen Brot der Manager wird, desto häufiger und teurer wird die Unterstützung durch externe Berater. Interner Know-How-Aufbau lohnt da allemal.
  • Die Verfügbarkeit: Interne Berater bieten die Möglichkeit, bei Bedarf kurzfristig Beratungsleistungen nachzufragen, während externe Berater stets Vorlaufzeiten haben (auch wenn die in letzter Zeit stark zurückgegangen sind). Zudem können interne Berater auf ein umfangreiches Organisationswissen zurückgreifen, das sich Externe in der Regel erst dadurch aneignen, dass sie zu Beginn eine teuer zu bezahlende Diagnose durchführen.
  • Vor allem aber verabschieden sich interne Berater nicht nach der Konzeption eines Veränderungsvorhabens wie es bei den großen Beratungsfirmen lange Zeit Usus war. Sie sind während und auch nach der Umsetzung noch im Unternehmen und werden damit natürlich stark in der Mitverantwortung genommen für das Gelingen oder Scheitern des Veränderungsvorhabens.

Autor: Peter Wagner, 03.1999

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