Die Innovationsstrategien der Top-Unternehmen

Ein vierjähriges Forschungsprojekt liefert handfeste und praktikable Antworten darauf, wieso es in jeder Branche einige wenige Unternehmen schaffen, überdurchschnittlich innovativ und erfolgreich zu sein.

Ausgangspunkt des mehrstufigen Forschungsprojektes "Was Top-Unternehmen anders machen" war Richard D'Avenis Modell der Hypercompetition, demzufolge Wettbewerbsvorteile heute durch die Konkurrenten immer schneller wettgemacht werden. Es kommt zu einem Qualitäts-Preis-Wettbewerb, in dem Unternehmen permanent innovieren und die Qualität steigern müssen – bei gleichzeitigem Druck, die Preise zu senken. Doch egal welche Branche man betrachtet, man findet immer auch einige Unternehmen, denen es gelingt, dieser Schere zu entkommen und zu innovieren, ohne unter Preisdruck zu geraten. Herauszufinden, wie diesen Unternehmen das gelingt und welche Erfolgsmuster sie auszeichnet, war Ziel der Studie, bei der insgesamt über 1.100 Führungskräfte befragt wurden. Durchgeführt wurde die Studie vom Beratungsunternehmen IMP, Innovative Management Partner, in Kooperation mit dem Institut für Unternehmensführung der Universität Linz und dem Institut für Strategisches Management an der Universität Innsbruck.

Spirale nach unten

Der ständig steigende Qualitätsanspruch bei gleichzeitigem Preisdruck gefährdet die Rentabilität vieler Unternehmen. Die Ergebnisse der ersten Befragungsrunde von 371 Führungskräften in Deutschland, Österreich und der Schweiz bestätigen diese Hypothese:

     

  • Für über 70% der befragten Unternehmen hat sich das vom Markt geforderte Qualitätsniveau beträchtlich erhöht und mit einem weiteren Anstieg ist zu rechnen.
  • Fast 60% der Unternehmen konnten trotz ständiger Produktverbesserungen und höherem Qualitätsniveau keine höheren Preise am Markt realisieren.
  • Über 30% der Unternehmen mussten trotz gestiegener Qualität sogar mit sinkenden Preisen bei ihren Produkten und Dienstleistungen leben.
  • Nur rund 14% der Unternehmen gelingt es, gegen den Strom zu schwimmen, (in der Studie "Veränderer" genannt im Vergleich zu den "Optimierern") d.h. zu innovieren und gleichzeitig höhere Preise durchzusetzen. Sind diese "Veränderer" aber auch profitabler als die anderen? Klare Antwort: Ja! Über 56% dieser Unternehmen hatten eine höhere Rentabilität als der Branchendurchschnitt, knapp 40% lagen im Durchschnitt und der Rest darunter.

Systemverbesserung - Systemveränderung

Aus Sicht der befragten Führungskräfte hängt die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen wesentlich davon ab,

     

  • inwieweit es den Unternehmen gelingt, Ihre Kostenstrukturen so zu verändern, dass sie den dramatischen Herausforderungen des Preiswettbewerbs gewachsen sind
  • inwieweit es den Unternehmen gelingt, das Engagement der Mitarbeiter zu steigern und damit deren tatsächliche Potenziale zu nutzen, um die Organisation im internationalen Wettbewerb flexibel, innovativ und schlagkräftig zu machen
  • inwieweit es den Unternehmen gelingt, trotz des enormen Kostendrucks die Kundenorientierung weiter zu erhöhen
  • inwieweit es den Unternehmen gelingt, Innovationen erfolgreich in den Märkten einzuführen.
Aus: Bailon, Matzler, Tschemernjak: Was Top-Unternehmen anders machen, S. 27

Die Graphik liefert bereits einen ersten Einblick in die unterschiedlichen strategischen Denkmuster der Entscheidungsträger. Die "Optimierer" suchen ihr Heil vorwiegend in Verbesserungen des Bestehenden und lassen sich vom Paradigma der Kostensenkung leiten - Mitarbeiterabbau, Effizienzsteigerung, Weiterentwicklung von Produkten mit möglichst geringen Investitionskosten, neue IT zur Marktbearbeitung. Die "Veränderer" hingegen sind vom Paradigma der Differenzierung getrieben, sie setzen auf die Entwicklung teils "radikaler" marktverändernder Innovationen. Dabei blenden sie die Kostenoptimierung keineswegs aus, aber sie stellt für sie nicht die treibende Dimension unternehmerischen Handelns dar.

Ein besonders interessantes Detailergebnis der Studie ist, dass zwar 75% aller befragten Manager in "Optimierer-Unternehmen" darauf hinweisen, in den letzten Jahren umfassende Kostensenkungsprogramme durchgeführt zu haben, es ihnen aber trotzdem kaum gelungen ist, ihre Kostenstrukturen im internationalen Vergleich zu verbessern. (Eigentlich kein Wunder, denn wenn alle dasselbe machen, hebt sich der Effekt natürlich wieder auf). Pointiert gesagt: Die Geschichte kennt nur wenige Beispiele für Unternehmen, die durch Gesundschrumpfen groß geworden sind. Während also bei den "Optimierer-Unternehmen", die Kostensenkung als erklärtes Ziel haben, nur 34% der Unternehmen geschafft haben, das relative Kostenniveau nachhaltig zu senken (30% konnten das Niveau halten, bei 26% sind die Kosten weiter gestiegen), konnten mehr als zwei Drittel der "Veränderer" quasi als Nebenwirkung ihrer Innovationsdynamik ihre Kosten senken und damit ihre Wettbewerbsposition nachhaltig verbessern.

Was heißt nachhaltiger Unternehmenserfolg?

Im nächsten Schritt  des Forschungsprojektes erfolgte die Operationalisierung der kritischen Erfolgsfaktoren, das "IMP-Modell":

Marktorientierung das Ausmaß, in dem Informationen über den Markt (Kunden, Wettbewerber, Branchenänderungen etc.) systematisch generiert werden, ob dieses Wissen zwischen den Abteilungen weitergegeben und geteilt wird und ob es tatsächlich auch die Grundlage für Entscheidungen ( z.B. Produktentwicklung, Strategien) bildet.
Innovation der Marktleistung gelingt es den Unternehmen, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die einen Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb darstellen und gelingt es, diese Innovationen auch erfolgreich am Markt einzuführen?
Competence-Based Management Das Bemühen eines Unternehmens, Kernkompetenzen aufzubauen, zu schützen und im Wettbewerb auszuspielen.
Kernkompetenzen einzigartige Fähigkeiten, Technologien, Ressourcen, Know-How und/oder Prozesse, die für den Kunden wertvoll, selten und gleichzeitig nicht imitierbar oder substituierbar sind.
Entrepreneurship-Kultur misst, inwiefern innerhalb eines Unternehmens die Mitarbeiter dynamisch und unternehmerisch sind und auch bereit sind, Risiken einzugehen, inwieweit Führungskräfte Unternehmer und risikofreudige Innovatoren sind und inwieweit Werte wie Bekenntnis zu Innovation und Flexibilität dominieren und die strategischen Prioritäten auf Wachstum und Innovation gerichtet sind.
Kulturintensität Das Ausmaß, zu dem innerhalb einer Organisation eine ausgeprägte Unternehmenskultur zu finden ist, die in eine eigene Sprache und gemeinsame Rituale mündet. Eine starke Unternehmenskultur findet man vor allem, wenn Führungspositionen hauptsächlich intern besetzt werden und der Fokus auf interner Entwicklung liegt und Fehler eher toleriert werden, solange sich die Mitarbeiter an die Grundwerte des Unternehmens halten.
Innovationsorientierung des Top-Managements wenn es Mitarbeiter kontinuierlich dazu anregt, sich über originelle und neue Ansätze Gedanken zu machen und diese auch umzusetzen, ausreichend Resourcen für Innovationen zur Verfügung stellt, bereits ist, entsprechende Risiken einzugehen und Innovations- und Wachstumschancen am Markt zu nutzen und die obersten Führungskräfte permanent nach neuen und ungewöhnlichen Lösungen von Problemen suchen.
Marktposition misst den Marktanteil des Unternehmens

Wie spielen diese Faktoren nun zusammen und wo unterscheiden sich dabei Top-Performer von der Konkurrenz? Um diese Frage zu klären, wurden in der Studie eine Vielzahl von Indikatoren definiert, auf ihre Relevanz hin geprüft und dann gemessen, wie stark die jeweiligen Faktoren in jedem untersuchten Unternehmen ausgeprägt sind.

     

  • weil viele Aktivitäten zur Generierung von Informationen zu den Bedürfnissen der aktuellen und potenziellen Kunden gesetzt, der Aktivitäten der Wettbewerber etc. gesetzt werden
  • weil diese Informationen im Unternehmen auf breiter Basis kommuniziert und diskutiert werden
  • weil dieses Wissen eine wichtige Grundlage für unternehmerische Entscheidungen ist (z.B: die Entwicklung völlig neuer Produkte).

Was diese Studie für Führungskräfte so wertvoll macht, ist der Umstand, dass jedes dieser Merkmale in dem auf der Studie basierenden Buch "Was Top-Unternehmen anders machen" im Detail erläutert wird und es den Studienautoren vortrefflich gelingt herauszuarbeiten, wie Top-Unternehmen in den einzelnen Bereichen konkret anders denken und agieren als die Konkurrenz. Durch die zahlreichen konkreten Firmenbeispiele und Top-Manager-Interviews bekommt man ein gutes Gefühl für dieses "andere Mindset", das in diesen Firmen gelebt wird. Somit eine Lektüre, die man jedem an den Themen Innovation und Strategie interessierten Manager nur wärmstens empfehlen kann.

Das Buch zur Studie:
Frain Bailom, Kurt Matzler und Dieter Tschemernjak: Was Top-Unternehmen anders machen; Linde Verlag, 2006; Euro 25,80

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