Studie: Führungskräfte sind schlechte Zuhörer

Am Kommunikationsverhalten der Führungskräfte hat sich in den vergangenen Jahren anscheinend wenig geändert. Nach wie vor gilt: Die Chefs können zwar Informationen schnell und gut verarbeiten, tun sich aber schwer zuzuhören, Feedback zu geben und Kritikgespräche zu führen.

Eine im Jahr 2008 durchgeführte Studie der "Akademie für Führungskräfte" hat die Kommunikationsfähigkeiten der Führungskräfte unter die Lupe genommen. Ergebnis: Immerhin 61,5 % der befragten 405 Managerinnen und Manager fühlen sich von ihren Chefs "sehr gut" oder "gut" informiert. 26,9 Prozent geben an, oft erst auf Nachfrage die gewünschten Informationen von ihrem Chef zu erhalten. 7,7 Prozent sind gänzlich unzufrieden und geben zu Protokoll, nicht ausreichend informiert zu werden.

Datenverarbeiter und Einweg-Kommunizierer

Was die Informationsaufnahme und -verarbeitung betrifft, halten viele ihre/n Vorgesetzte/n für ein Ass: schnell lesen, kurz und bündig formulieren, komplizierte Sachverhalte verständlich darstellen, scheint für die Chefs kein Problem. Aber Sprechen ist nicht gleich miteinander reden, sagt Daniel Pinnow, Geschäftsführer der Akademie für Führungskräfte. Die Stärken der Chefs liegen offenbar nicht im direkten Gespräch: Wer als Chef etwas zu sagen hat, sagt es vorzugsweise mit E-Mail. Zumindest legen dies die Studienergebnisse nahe: 75,5 Prozent der Befragten berichten, dass ihr Chef das Medium E-Mail "sehr oft" (33,3 Prozent) oder "oft" (42,2 Prozent) nutzt. Damit haben Outlook und Co. Meetings, informelle Gespräche, Telefon und offizielle Gespräche auf die Plätze verwiesen. Die Mitarbeiter goutieren das nur beschränkt und beklagen sich, von oben viel zu viele Mail ungefiltert "cc" weitergeleitet zu bekommen und damit in ihrer Produktivität behindert zu werden.

Reden top, Zuhören flop

Die Akademie-Studie untersuchte nicht nur, wie in deutschen Unternehmen kommuniziert wird, sondern auch, wie kommuniziert werden sollte. Deshalb wurden die Teilnehmer auch gefragt, welche Kommunikationskompetenzen eine gute Führungskraft mitbringen sollte, um im Alltag erfolgreich zu sein. Ganz oben auf der Wunschliste: Aktiv zuhören, also sich zurücknehmen und bemühen, die Aussagen des Gesprächspartners ebenso wie dessen Beweggründe zu verstehen.

98,8 Prozent aller Befragten halten das aktive Zuhören für "sehr wichtig" (75,6 Prozent) oder "wichtig" (23,2 Prozent). Diese hohe Zahl an Personen, die aktives Zuhören für "sehr wichtig" halten, ist bemerkenswert. Lediglich das "Gefühl für Zwischentöne in Gesprächen" kommt mit 59,8 Prozent für die Einstufung "sehr wichtig" in die Nähe der Zuhörkompetenz, dies allerdings mit deutlichem Abstand. Allerdings gibt es für die Vorgesetzten hier keine guten Noten - Anspruch und Wirklichkeit klaffen deutlich auseinander: Nur etwa 16 Prozent halten ihren Chef für einen guten Zuhörer mit einem Gefühl für Zwischentöne.

Ähnlich nüchtern bewerten die Manager die Feedback-Kompetenz ihrer Chefs. Nur 12,1 Prozent sagen, ihr Chef könne "sehr gut" Feedback geben; immerhin 43,5 Prozent sind der Meinung, ihr Vorgesetzter könne dies "gut". Am schlechtesten werden die Vorgesetzten von ihren Mitarbeitern in der Disziplin "Negative Botschaften übermitteln" bewertet: Nur 9,1 Prozent kreuzten hier "sehr gut" für den Vorgesetzten an, 42,2 Prozent bewerten seine Fähigkeit als "gut". Durchweg gute Noten dagegen erhalten die Vorgesetzten in Disziplinen, die eher mit Informationsaufnahme und Verarbeitung als mit zwischenmenschlichen Gesprächen und Dialogführung zu tun haben: schnell lesen, kurz und bündig formulieren, komplizierte Sachverhalte verständlich darstellen. Es sind also nicht Sachverhalte und Informationen, die Führungskräften das Leben schwer machen, sondern die Gefühle und Reaktionen ihrer Zuhörer und Gesprächspartner.

Fremdbild – Selbstbild

Neben der Beurteilung des Vorgesetzten wurde in der Studie auch die Selbsteinschätzung der befragten Manager in Hinblick auf ihre eigenen Kommunikationskompetenzen erhoben. Ähnlich verbesserungswürdig wie die Kompetenz ihrer Vorgesetzten bewerten die Befragten ihre eigene, wenn es gilt, negative Botschaften zu formulieren und Kritikgespräche offen zu führen. Auffallend ist jedoch: Während Vorgesetzte in der Disziplin "Aktiv zuhören" eher mäßig abschneiden, stellen sich die Befragten selbst ganz besonders in dieser Disziplin ein gutes Zeugnis aus. 29,9 Prozent gehen davon aus, sehr gut aktiv zuhören zu können. Weitere 51,1 Prozent geben sich selbst ein "Gut". Außerdem gehen die meisten davon aus, besser Feedback geben zu können als ihr Chef: 73,1 Prozent bewerten sich darin "sehr gut" oder "gut", dagegen würden nur 55,6 Prozent die Feedback -kompetenz ihres Chefs als "sehr gut" oder "gut" bezeichnen.


Die Studie als Download finden Sie unter:  www.die-akademie.de/studien

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