Jeder für sich und Gott gegen alle?

Employability und die "Selbst-GmbH" aus systemischer Sicht. Ein ebenso spannender wie amüsanter Vortrag von Prof. Dr. Fritz Simon, gehalten auf der "Weiterbildung 21" in Köln.

"Employability ist im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne das Key-Word, um das es hier gehen soll. Und da Employability – wie andere erwünschte Zustände – offenbar mit der Frage verbunden ist, wie man sie erreicht, wird im programmatischen Untertitel dieses Kongresses die Antwort auch gleich mitgeliefert: "Der Mitarbeiter als Selbst-GmbH". Damit könnte die Angelegenheit eigentlich erledigt sein, wenn da nicht schon die nächste Frage auftauchen würde, was unter "Selbst-GmbH" eigentlich zu verstehen ist. Denn es ist ja eine interessante Metaphorik: die Charakterisierung des Mitarbeiters als Gesellschaftsform – und ihre Implikationen sind weitreichend.

Gewöhnt ist man im Zusammenhang mit Mitarbeitern und Kollegen ja eher an mechanische oder biologische Bilder: Da wird der Unterschied zwischen einem Beamten und einem Stück Holz thematisiert ("Holz arbeitet"), oder ein Vorgesetzter benimmt sich wie ein Elefant im Porzellanladen, der Workaholik im Büro nebenan strampelt sich wie der Hamster im Rad ab, eine Kollegin erweist sich als dumme Kuh und, um hier nicht sexistische Ideen zu streuen, ein Kollege zeigt sich als der blöde Ochse, der er ist.

Im privaten Bereich, wo es um emotional wichtige Beziehungen geht, finden sich ebenfalls überwiegend Tiere, sie sind allerdings entweder kleiner und niedlicher oder sie haben ein weiches Fell: Es wimmelt von Hasis, Mausis und Bärleins. Der Vergleich eines geliebten Wesens mit Gesellschafts- oder Organisationsformen ist hingegen eher unüblich. Bettgeflüster, bei dem ein Partner den anderen mit innigem Blick verschlingt, ihm zärtlich über die Haut streicht und dazu flüstert: "Oh Du wonnige Kommanditgesellschaft!", sind meiner Erfahrung nach doch eher unüblich.

Das Wesen einer jeden Metapher besteht darin, dass sie stillschweigend einige grundlegende Ähnlichkeiten oder Gemeinsamkeiten zwischen dem Gegenstand, der charakterisiert werden soll, und dem verwendeten Bild unterstellt. Die Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten zwischen Hamstern, Elefanten, Mäusen und Menschen sind offensichtlich: Sie liegen in ihrem jeweiligen Verhalten oder aber in der Beziehung, die der Beobachter zu ihnen hat. Einmal strampelt sich jemand ab, ohne nach rechts und links zu schauen und ohne dabei auch nur einen Schritt vorwärts zu kommen; das andere Mal verhält sich jemand in einer Weise, die zeigt, dass er sich der Zerbrechlichkeit seiner Umwelt nicht bewusst ist, und bei den Mausileins und Hasis ist es wohl das Abrufen einer Art Kindchenschema, das beim Beobachter den Streichelreflex auslöst.

Was sind nun, wenn wir von "Selbst-GmbH" oder, wie man gelegentlich auch hört, von "Ich-AG" sprechen, die Gemeinsamkeiten zwischen einem, auf einem mehr oder weniger freien Markt agierenden  Unternehmen und dem Mitarbeiter eines Unternehmens? Der Fokus der Aufmerksamkeit ist in dieser Metaphorik nicht primär auf irgendwelche internen Prozesse des Mitarbeiters gerichtet, sondern auf Interaktions- oder, besser gesagt, Transaktions-Beziehungen: die Beziehung zu Kunden, Lieferanten und Mitbewerbern.

Eigentümer sind austauschbar

Solange der Unternehmer solch eine natürliche Person war, waren die Arbeitsbeziehungen in der Firma oder zu der Firma immer auch persönliche Beziehungen zum Unternehmer. Er wurde mit der Firma identifiziert und er identifizierte sich mit ihr. Die weitgehende Namen- und Gesichtslosigkeit ist es, was Kapitalgesellschaften im Unterschied zu den durch Eigner geführten Unternehmen charakterisiert. Im Französischen heißt Aktiengesellschaft Societé Anonyme (SA), und dies bezeichnet den Kern dieser Organisationsform ziemlich genau.

Ihr wesentliches Merkmal ist die Austauschbarkeit der konkreten Akteure.

Das beginnt beim Eigentum: Aktionäre sind nicht an die Firma, deren Anteile sie in ihrem Portfolio haben, gebunden. Sie können sie von einem Tag zum anderen verkaufen. Wer die Anteile hält, spielt im Prinzip keine Rolle, sodass an der Börse nur die Transaktionen vermerkt werden, nicht aber diejenigen, die sie vollziehen. Die Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinen Eignern wird entpersonalisiert und anonymisiert, man braucht sich nicht näher zu kennen, und es besteht nicht notwendigerweise eine Bindung, die über den Tag hinaus geht. Die Beziehung zwischen Kapital und Unternehmen ist unzuverlässig und flüchtig, an relativ kurzfristigen Vorteilen orientiert.

Bei der GmbH sind die Scheidungsmodalitäten etwas komplizierter, aber das Prinzip ist dasselbe. Die Austauschbarkeit der Eigentümer ist ebenfalls gewährleistet. Dieser Unterschied zwischen Kapital- und eigentümergeführten Gesellschaften bezieht sich aber nur auf die Bindung des Kapitals, nicht auf die Beziehung zu den Mitarbeitern. Denn die Austauschbarkeit der Mitarbeiter ist ein wesentliches Merkmal von Organisationen. In ihr liegt der evolutionäre Gewinn dieser Art sozialen Systems. Man kann durch die Kreation von Organisationen Prozesse und Funktionen auf Dauer sicher stellen, ohne dabei an bestimmte Personen gebunden zu sein.

Mitarbeiter sind austauschbar

Jedes Unternehmen muss daher dafür sorgen, dass seine eigenen Kompetenzen personenunabhängig sind. In der Regel liegen sie ja auch nicht in den Köpfen der Mitarbeiter, sondern in den mehr oder weniger intelligenten Organisationsformen und Prozessen, sowie den kulturellen Mustern, die das Unternehmen in seiner Einzigartigkeit ausmachen.

Es gibt aber noch zwei andere Bereiche, in denen Unternehmen mit der Frage der Austauschbarkeit und Nicht-Austauschbarkeit konfrontiert sind, mit deren teilweise widersprüchlichen Logiken sie zu kalkulieren hat: Der Markt der Produkte und Dienstleistungen, der Personal- und Arbeitsmarkt, der Kapitalmarkt und schließlich der Markt der Staaten und politischen Systeme.

Was von alledem kann nun, wenn wir die Metapher des Mitarbeiters als Selbst-GmbH oder Ich-AG ernst nehmen, auf seine Situation übertragen werden? Sehen wir den Einzelnen als ökonomische Überlebenseinheit, so gilt so wie für das Unternehmen auch für ihn, dass er langfristig mehr Geld einnehmen muss als er ausgibt. Und auch er erhöht seine Chancen, dies sicher zu stellen, wenn er nicht nur ein Produkt und einen Kunden hat. Will er seine Unabhängigkeit sichern, so muss er dafür sorgen, dass die potentiellen Arbeitgeber für ihn austauschbar bleiben. Wenn sie bei ihm Schlange stehen, sich um seine Mitarbeit bemühen, kann er die Preise bestimmen.

Unternehmen sind austauschbar

Im Idealfall verfügt er über eine Kompetenz, die möglichst viele Unternehmen brauchen, aber nur wenige Menschen besitzen. Dann gilt für ihn wie für die GmbH, dass sogar Staaten um ihn werben, wie am Beispiel der indischen IT-Spezialisten zu beobachten ist. Sie haben die Wahl, ob sie in Bangalore, Walldorf oder Palo Alto arbeiten.

Wenn wir diese gegenseitige Austauschbeziehung betrachten, wird deutlich, dass es einen prinzipiellen Konflikt zwischen jedem Unternehmen und seinen Mitarbeitern gibt. Beide erhöhen ihre Überlebens- und Profitchancen, wenn sie sich gegenseitig füreinander austauschbar halten. Ein Mitarbeiter, der darauf angewiesen ist, bei einem bestimmten Unternehmen zu arbeiten – und nur bei diesem einen – ist dessen Macht und Willkür unterworfen; dasselbe gilt für ein Unternehmen, das auf die Arbeit eines einzelnen, unverzichtbaren Kompetenzträgers angewiesen ist.

Wer dabei am längeren Hebel sitzt und die Geschäftsbedingungen bestimmen kann, wird jeweils durch Angebot und Nachfrage auf beiden Seiten bestimmt. Wird man sich einig, so kann dies der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein. Aber ob es das wird, hängt natürlich von der weiteren Entwicklung ab, da Märkte sich verändern und der Erfahrung nach niemand, der eine Kompetenz allein besitzt, sich auf seine Monopolstellung verlassen kann. Auch der Mitarbeiter muss daher für seine Weiterentwicklung sorgen. Denn auch sein Kapital ist flüchtig. Kapital ist dabei aber im übertragenen Sinne zu verstehen - seine Kompetenz ist sein Kapital.

Erst Geld ermöglicht diesen Austausch

All dies ist die Folge einer weltweiten gesellschaftlichen Entwicklung, die durch das Medium Geld gesteuert wird. Geld sorgt für Austauschbarkeit der Güter und Leistungen, und diese Austauschbarkeit ist es, worauf sich heute jeder einzustellen hat. Für den Einzelnen heißt dies, dass er in der widersprüchlichen Situation ist, einerseits dafür sorgen zu müssen, dass er bzw. seine Leistungen für andere möglichst wenig austauschbar sind, andererseits aber die Umwelten, in und mit denen er überleben muss, für ihn möglichst weitgehend austauschbar werden oder bleiben.

Soweit so gut! Aber - das scheint mir die entscheidende Frage - ist es wirklich sinnvoll, die Beziehung eines Mitarbeiters zu dem Unternehmen, das ihn beschäftigt, als solch eine durch Zahlungen, d.h. durch das Medium Geld, gesteuerte Marktbeziehung zu betrachten? Lässt sich das, was Menschen an ihre Arbeit bindet oder deren Wert für sie ausmacht tatsächlich durch Geld ausdrücken, erfassen oder gar steuern? Ich habe da meine Zweifel, um nicht zu sagen: Ich halte solch eine Annahme für ziemlich dumm.

Nicht, dass ich die Bedeutung von Geld herunter spielen will oder gar den von mir soeben beschriebenen Trend der globalen Entwicklung leugnen möchte. Die Erfindung von Geld scheint mir neben der Sprache die wohl folgenreichste kulturelle Leistung in der Geschichte der Menschheit. Doch die geldgesteuerte Ökonomie ist nicht die einzige Form des Wirtschaftens. Es gibt noch andere Möglichkeiten, miteinander ins Geschäft zu kommen, und die sind für das Überleben des Einzelnen vielleicht sogar wichtiger. Es ist der Bereich der persönlichen, emotionalen Beziehungen.

Geld ist nicht die einzige Währung

Auch er kann als eine Art Markt betrachtet werden und auch er beruht darauf, dass die Akteure sich gegenseitig beobachten und bewerten, was wer wem zu bieten hat. Auch hier gibt es Angebot und Nachfrage, aber es ist ein Markt, dessen Logik nicht vom Medium Geld und den damit verbundenen Eigengesetzlichkeiten bestimmt wird. Es ist eine archaische Form des Marktes: ein Tauschmarkt, bei dem Geben und Nehmen nicht durch Geld aufgewogen werden und Geld keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt. Mütter stillen ihre Neugeborenen nicht, weil sie dafür bezahlt werden und sie schicken ihnen auch keine Rechnungen für die gelieferte Milch; und das nicht nur nicht, weil Babys sowieso kein Geld haben.

Hier werden zwar ebenfalls Leistungen angefragt und honoriert, aber die Bezahlung besteht aus Zuwendung, Loyalität, Vertrauen, Anerkennung, Ehre und Liebe. Aber auch aus Abneigung, Verachtung und Hass, denn es gibt auch negativ bewertete Leistungen, wo einer sich vom anderen schlecht behandelt fühlt und ihm dies heimzuzahlen versucht. Bei alledem folgt der Markt des Privatlebens den Prinzipien des Tausches. Tust Du mir was Gutes, tu ich Dir was Gutes, haust Du meine Tante, hau ich Deine Tante.

Geld ersetzt Erinnerung

In ökonomischen Beziehungen, in denen Leistungen oder Produkte an einem gemeinsamen Maßstab, dem Geldwert, gemessen und bezahlt werden, kann jeder der Beteiligten für sich bilanzieren, wie viel er ausgegeben und eingenommen hat. Die Beziehung ist auf das einzelne Geschäft beschränkt. Wenn die Transaktion abgeschlossen ist, kann man auseinandergehen, man braucht sich nicht wieder zu treffen, und das eingenommene Geld ersetzt die Notwendigkeit, sich gegenseitig an die erbrachte Leistung zu erinnern. Geld ist das, was man aus der Vergangenheit in die Zukunft mitnehmen kann. Es ist das Gedächtnis früherer Einnahmen und es macht die Erinnerung an die beteiligten Personen überflüssig.

In den Tauschgeschäften persönlicher Beziehungen muss derjenige, der einem Mitmenschen etwas Gutes getan hat, darauf vertrauen, dass der oder die Andere sich erinnert.  Hofft er auf eine Gegenleistung, so kann er den Kontext nicht verlassen. Er ist gebunden an den anderen, bis der ihn bzw. seine Leistung honoriert hat. Nichts bindet Menschen so sehr aneinander wie offene Rechnungen. Wo einer dem anderen etwas schuldig bleibt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einer gemeinsamen Zukunft – ob man die nun anstrebt oder nicht. Um es auf eine Formel zu bringen: Solche Beziehungen sind nur schwer kündbar – und schon gar nicht einseitig.

Tauschpartner von Emotionen sind nicht austauschbar

Die Funktionalität ökonomischer, geldgesteuerter Transaktionen liegt darin, dass sie für die Beteiligten die Unabhängigkeit von längerfristigen Beziehungen und von spezifischen Kontexten schafft. Man kann sich auf punktuelle, kurzfristige Kontakte beschränken, auf Quickies. Eine längerfristige, zeitliche Kontinuität der Beziehungen ist nicht nötig und auch kein Geschichtsbewusstsein. Tauschbeziehungen hingegen erhöhen die Komplexität des Lebens und machen jeden Einzelnen abhängig von den konkreten Beziehungen, in denen er lebt. In beiden Fällen kalkulieren die Akteure, und in beiden Fällen verrechnen sie Geben und Nehmen. Nur handelt es sich im Bereich der persönlichen Beziehungen um einen Tauschmarkt, bei dem die jeweiligen Bewertungen von Leistung und Gegenleistung ganz und gar subjektiv und personorientiert sind.  Und – das scheint mir zentral – die Transaktionspartner sind nicht austauschbar. Sie können in einem Roman nicht einfach eine Figur durch eine andere ersetzen.

Wo immer der Einzelne nicht als Individuum überleben kann, ist diese Art der Bilanzierung von Leistungen in seiner Funktionalität unübertroffen. Sie schafft Bindungen, Zuverlässigkeit und Planungssicherheit. Sie erweitert die individuellen Kreditlinien in die Zukunft, für die guten Taten von heute kann auch erst Übermorgen die Honorierung erfolgen. Wenn wir in der Metaphorik des Tagungsthemas bleiben, so kann die Familie – zumindest in ihrer traditionellen Form – als Wir-GmbH oder Wir-AG bezeichnet werden. Man wirtschaftet nicht in die individuell eigene Tasche, sondern alles kommt in einen Topf, aus dem dann jeder erhält, was er braucht.

Der Vergleich hinkt

Lassen Sie uns damit zurückkehren zum Mitarbeiter und seinem Unternehmen. Die Unterscheidung zwischen privatem und professionellem Kontext, die ich hier entworfen habe, ist natürlich eine idealtypische Zuspitzung. Wer eine Anstellung antritt wird Teilnehmer an einem übergeordneten Überlebenssystem, dem Unternehmen. Und damit werde seine Aktionen in einen Rahmen gestellt, der ihren Wert und Sinn bestimmt. Er muss sich einfügen in ein komplexes Netzwerk von Interaktionen und Kommunikationen, das erst in der Koordination der Einzelleistungen zur Leistung des Gesamtunternehmens führt. Daher stimmt meines Erachtens die Metapher der Selbst-GmbH nur bedingt. Die Rolle des einzelnen Mitarbeiters in einem Unternehmen ist nicht analog der eines einzelnen Unternehmens auf einem freien Markt. Nur als Element eines größeren Prozesses, erhalten seine Aktivitäten ihren Wert. Es ist wie bei einem Fußballspiel: Die Ballkünste eines brillanten Stürmers erhalten ihren Wert erst, wenn sie in gemeinsame Spielzüge eingebunden sind. Der autistische Ballakrobat hat für die Mannschaft keinen Wert.

Das Kapital des Mitarbeiters ist also nicht allein sein sachliches Wissen oder sein fachliches Know-how, sondern mindestens ebenso seine Fähigkeit, sich in sozialen Systemen zu bewegen, sich in kooperative Zusammenhänge einzufügen, sie mitzugestalten und sich auf deren Veränderung  einzustellen. Nur wenn man in der Lage ist, in unterschiedlichen Systemen, mit ihren widersprüchlichen Geboten und Verboten, ihren ungewohnten Wirklichkeitskonstruktionen und Glaubenssätzen mitzuspielen und sich in die alltäglichen Prozesse einzufädeln, ist man flexibel beschäftigbar und kann sich im optimalen Fall seine Arbeit und seinen Arbeitgeber aussuchen. Um auch einmal in meinem Leben einen lateinischen Begriff zu kreieren, möchte ich diese Anschlussfähigkeit an unterschiedliche Kommunikationssysteme und ihre Spielregeln als "polykontexturale Kompetenz" bezeichnen.

Wer nur an sich denkt, verliert

Um noch einmal auf die Fußball-Metapher zurück zu kommen: Polykontexturale Kompetenz bedeutet nicht nur, bei Bedarf die unterschiedlichen Rollen des Stürmer, Liberos oder Torwarts übernehmen zu können, sondern auch, sich in bis dahin unbekannte Spiele einfügen und mitspielen zu können, ohne überall dasselbe Spiel zu vermuten und immer den Ball zu treten, auch wenn er beispielsweise mit der Hand in einen Korb geworfen werden muss. Wer nur in einem einzigen, für ihn nicht-austauschbaren, sozialen Umfeld leben kann, ist nicht nur ökonomisch beschränkt überlebensfähig, sondern auch und vor allem psychisch. Die Wechselbeziehungen, die in sozialen Systemen für die Etablierung und Aufrechterhaltung von Spielregeln sorgen, haben zur Folge, dass jeder die Verantwortung für diese größere oder geringere Funktionalität der Spielregeln hat, obwohl er sie nicht einseitig kontrollieren kann. Das führt fast zwangsläufig dazu, dass Kooperation einen evolutionären Vorteil hat und derjenige, der scheinbar nur an sich denkt, langfristig der Dumme ist. Denn in Systemen, in denen die Beteiligten eine gemeinsame Zukunft vor sich sehen – die also nicht nach dem Modell des Haustürgeschäfts strukturiert sind –, erweisen sich Verhaltensstrategien, die langfristig auf Kosten der anderen gehen, fast immer als irrational. Die Paradoxie des Überlebens in Unternehmen besteht darin, dass jeder nur dann für sich handelt, wenn er nicht nur für sich handelt.

Autor: Dr. Fritz Simon, 06.2002

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