Einführung in die Großgruppenarbeit

Dr. Ruth Seliger

Carl-Auer Verlag

2008 125 Seiten

Euro 13,40

 

 

Während sich die meisten Bücher über Großgruppenarbeit auf eine detaillierte Beschreibung der unterschiedlichen Ansätze konzentrieren, weist dieses Büchlein zwei äußerst angenehme Besonderheiten auf: Zum ersten schildert es auf kurzweilige Art und Weise die Entstehungsgeschichte dieser Ansätze, der erst seit Mitte der 90er-Jahre im deutschsprachigen Raum Fuß gefasst haben, dann aber schnell ihr großes Potenzial bei der Veränderung von Organisationen unter Beweis gestellt haben. Zum anderen gelingt es der Autorin, die theoretischen Grundlagen dieser Ansätze auf eine äußerst klare und wirklich lesenswerte Art und Weise herauszuarbeiten.

Schon der Name "Großgruppenarbeit" selbst ist eine Einladung zu Missverständnissen. Denn in der Großgruppenarbeit geht es, so die Autorin, eben nicht um die bis in die 90er-Jahre hinein dominierende Arbeit mit Gruppen als zentralem Ansatzpunkt zur Veränderung einer Organisation. Im Vordergrund stehen hier nicht die einzelnen Menschen und ihre Beziehungen, sondern die professionellen Rollen, Funktionen und Positionen, die sie in der Organisation einnehmen. "Die Beziehungen sind Arbeitsbeziehungen, die sich aus den Funktionen ergeben. Bei Großkonferenzen können Personen ausgetauscht werden, wichtig ist nur, dass die Funktionen und Positionen und die daraus resultierenden Perspektiven vertreten sind."

Während die klassische Organisationsentwicklung versuchte, eine Veränderung der Organisation über eine sequentielle Reihe von Workshops zu bewerkstelligen, somit Schritt für Schritt und entsprechend langsam, bringt die Großgruppenarbeit "das ganze System in einen Raum". Warum diese Großgruppenarbeit – wenn sie richtig verstanden und gestaltet wird – so wirkungsvoll ist, hängt eng mit einer zentralen Annahme der Systemtheorie zusammen: Aus systemtheoretischer Sicht sind Organisationen "Kommunikationssysteme". Sie bestehen aus Kommunikation, nicht aus den Menschen, die die nötigen Kommunikationsakte der Organisation zur Verfügung stellen. Wenn also Organisationen aus Kommunikation bestehen, ist eine neu gestaltete Kommunikation "Motor und Angelpunkt der Veränderung". Wenn sich also die Kommunikation in Organisationen verändert, verändert sich die Organisation als Ganzes. Und genau diesen "Proberaum" für eine Veränderung der Kommunikation in einer Organisation und damit der Organisation selbst stellen Großgruppenveranstaltungen dar, wobei auch diese – so wirkungsvoll und energievoll sie auch sein mögen – in einen Gesamtprozess eingebettet werden müssen.

Fazit: Ein spannendes Buch, gerade auch für Manager, um besser zu verstehen, warum und wie Großgruppenveranstaltungen ein mächtiger Impuls bei der Veränderung von Organisationen sein können.

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