Click, Click, Click... fertig ist der Prozess

Digitalisierte Prozesse können Unternehmen dabei helfen, sowohl schneller, kostensparender als auch kundenorientierter zu agieren. Vorausgesetzt, man bekommt die eigenen Abläufe in den Griff.

Egal, aus welcher Perspektive man sich dem Thema „Internet und seine Auswirkungen aufs Geschäft“ nähert, früher oder später trifft man in den Gesprächen mit Experten auf zwei zentrale Begriffe.

Der eine Begriff heisst „Medienbrüche“, der andere „Digitalisierung der Prozesse“. Medienbrüche bezieht sich auf ein Phänomen, das jedem arbeitenden Menschen wohlvertraut ist, nämlich darauf, dass Informationen bei ihrer Weitergabe immer wieder von einem „Zustand“ in einen anderen übergeführt werden: Z.B. wird im ersten Arbeitschritt ein Formular ausgefüllt, dann mit der Hauspost in eine andere Abteilung weitergeleitet, dort im Computer erfasst, elektronisch weitergeschickt, nach zwei weiteren Arbeitsschritten plötzlich ausgedruckt und ins Fax gesteckt. Bei der nächsten Firma werden diese Daten aus dem Fax wieder händisch in den Computer eingegeben usw. Jedes Mal, wenn Informationen so übertragen werden, entstehen Kosten, über den gesamten Prozess gesehen beträchtliche Kosten. Noch dazu ist jede „Tranformation“ der Information in einen anderen Zustand eine mögliche Fehlerquelle.

Der Mensch als Kitt in der Prozesskette

Auf der Wifi-Veranstaltung „Internet heute@morgen brachte der deutsche Autor Tim Cole ein anschauliches Beispiel zum Thema „Medienbrüche“ und „Digitalisierung der Prozesse“: Ein mittelständisches Familienunternehmen in Deutschland, das sogenannte C-Artikel für die metallverarbeitende Industrie anbietet, lud seine Lieferanten ein, um diese von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen, die gesamte Prozesskette über die Unternehmensgrenzen hinweg zu digitalisieren, d.h. elektronisch abzubilden. Um den Grundgedanken zu verdeutlichen, wählte man folgendes Beispiel: „Wie läuft es denn heute? Ein Mitarbeiter benötigt beispielsweise Schrauben.

Er füllt eine Bedarfsanforderung aus, die er an seinen Chef weiterleitet. Dieser genehmigt das und schickt das Papier via Hauspost an den Einkauf. Der Einkauf prüft das und schickt eine Kopie an die Buchhaltung, die den Betrag auf die jeweilige Kostenstelle bucht. Inzwischen generiert man im Einkauf eine Bestellung, die via Fax, Brief oder E-Mail an den Lieferanten geht. Der Lieferant prüft die Bestellung und sendet per Fax eine Bestätigung über den Auftragseingang. Dann wird bei ihm intern ein Prozeß angestoßen. Sind die Schrauben vorhanden, werden sie aus dem Lager geholt, gehen in die Auslieferung, werden konfektioniert, verpackt und versandt. Es wird ein Lieferschein ausgestellt und die Buchhaltung benachrichtigt, die eine Rechnung schreibt und irgendwann kommt dann das Geld.

Eine einzige digitale Kette

Wie schön wäre es nun, wenn dieser Prozess digital ablaufen würde: Der Mitarbeiter, der die Schrauben bestellt, clickt auf eine bestimmte Maske im PC und gibt seine Bestellung ein. Ein weiterer Click und die Bestellung geht an seinen Chef. Ein Click vom Chef, der damit die Bestellung autorisiert und das ganze wandert elektronisch in den Einkauf. Hier passieren genau zwei Clicks. Der erste generiert eine Bestellung, die automatisch ins System des vernetzten Lieferanten eingespeist wird.

Im Idealfall sieht der Einkauf bereits vor der Bestellung, ob die gewünschten Schrauben beim Lieferanten auf Lager sind. Der zweite Click leitet die Daten in die Buchhaltung weiter. Der Lieferant clickt einmal zur Bestätigung (falls überhaupt nötig) und ein zweites Mal zur Weiterleitung des Auftrags an die Auslieferung. Die Buchhaltung des Lieferanten schickt eine elektronische Rechnung und zieht das Geld möglicherweise gleich elektronisch ein. Statt eines Lieferscheins zieht schließlich der Mitarbeiter, der die Schrauben bestellt hat, einen Scanner über das gelieferte Paket. Nun erscheint am Bildschirm ein elektronischer Lieferschein. Der Mitarbeiter vergleicht bestellte und gelieferte Stückzahl und gibt entweder sein OK ein oder korrigiert im Falle einer Differenz mit einem einzigen Mausclick den gesamten Prozess.

Die derzeit laufenden Versuche, Prozesse wie den oben beschriebenen zu digitalisieren, um ihn schneller zu machen und den Aufwand zu reduzieren, stossen immer wieder auf dieselbe Schwierigkeit: Geht man einen Ablauf Schritt für Schritt durch – und zwar so, wie er tatsächlich passiert und nicht so, wie er auf irgendeinem Chart abgebildet ist, dann merkt man, dass viele dieser Prozesse nur aufgrund eines einzigen Faktors bislang überhaupt funktioniert haben: aufgrund des menschlichen „Kitts“. D.h. die Schwächen des Prozesses wurden bisher von Mitarbeitern aufgefangen und ausgeglichen. Plötzlich wird klar: Der Versand funktioniert nur, „weil Frau Müller so ein Organisationsgenie ist“. Digitalisierung erfordert aber Eindeutigkeit, eindeutige Regeln. Der Computer kann nicht improvisieren. Wenn A, dann folgt B oder C, je nach Gemütslage, das ist elektronisch nicht abbildbar. Wenn jeder Kunde einen anderen Preis bekommt, welchen stellt man dann ins Netz? Wenn der Versand einmal zwei Tage dauert, ein andermal eine Woche, welche Lieferzeit gibt man dann an?

Digitalisierung bedeutet keineswegs menschenleere Unternehmen. Digitalisierung heißt nicht automatisch Ersatz des Menschen durch den Computer. Es meint aber sehr wohl veränderte Aufgaben. Im besten Fall weniger (Improvisations-)Arbeit mit der internen Organisation und mehr Zeit für den Kunden.

0 oder 1, mehr gibt es nicht

Das Problem der Datenintegration ist für Unternehmen alles andere als neu. Durch das Internet bekommt es aber eine neue Bedeutung, indem es sich schnell zu einem veritablen Wettbewerbsnachteil entwickelt. Der schnellste Konkurrent gibt den Takt vor.

Der wichtigste Vorteil des Internet liegt darin, dass es vielfältige Gelegenheiten bietet, Kunden und Partnern durch die neue Technologie das Leben zu erleichtern. Zumindest hat es das Potential dazu, denn noch sind viele Geschäftsprozesse davon meilenweit entfernt. Nehmen Sie als Beispiel Ihre Bank: Buchungen über Telebanking vorzunehmen ist eine Sache. Einen Kredit übers Netz abzuschließen schon eine ganz andere. Vielleicht ist das System bereits soweit, über eine vorgefertigte Maske zu verfügen, mit deren Hilfe Sie sich verschiedene Kreditvarianten ausrechnen lassen können. Selbst wenn der Kredit noch nicht über das Netz abgeschlossen werden kann, kann hier bereits viel an Vorarbeiten erledigt werden. Doch früher oder später müssen Sie aus dem System aussteigen, zum Telefonhörer greifen und Ihren Betreuer anrufen, der Sie dann meist auffordert: „Am besten kommen Sie einmal vorbei, dann können wir das in Ruhe besprechen.“ Toll wäre nun, wenn der Berater, so es von Ihnen gewünscht ist, auf Ihre Vorarbeiten zugreifen könnte. Indem z.B. auf seinem PC eine Maske aufgeht, auf der er Ihre bisherigen Schritte im Netz nachvollziehen und am richtigen Punkt ins Gespräch einsteigen kann.

Tatsächlich erlebt man als Kunde, sei es nun bei einer Bank oder jedem anderen Unternehmen, etwas ganz anderes. Man hat ein Informationsbedürfnis oder Problem, schaut auf die Homepage, ruft eine Hotline an, bekommt eine Broschüre zugeschickt, redet mit einem Kundenbetreuer oder Servicetechniker, doch diese Schritte werden bisher nicht „integriert“. Der Wissensstand des Unternehmens entwickelt sich nicht mit. Keiner der Beteiligten kennt die bisherige Geschichte. Und das heißt, wie jeder weiß: Sie fangen als Kunde mit jedem Kontakt von vorne an!

Die Lösung naht in Form der sogenannten CRM (Customer Relationship Management) Systeme, die genau hier Abhilfe versprechen. Im Idealfall klingelt nun das Telefon, sie heben ab, der Computer identifiziert automatisch die Telefonnummer und wie von Geisteshand geht am Bildschirm eine Maske auf, auf der alle relevanten Informationen des Anrufers gespeichert sind. Z.B. die bisherigen Kontakte samt Anliegen, Bestellungen, Anfragen etc. Doch halt, die Sache hat einen Haken. Auch das schönste CRM-System benötigt, bevor es seine volle Wirkung entfalten kann, integrierte Daten.

Autor: Mag. Peter Wagner, Leaders Circle, 01.2001

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