Führen oder coachen? Wichtige Unterschiede

Dr. Werner Vogelauer von der Trigon Entwicklungsberatung sieht einige zentrale Unterschiede zwischen der Coaching- und Führungsrolle, die dem Konzept der „Führungskraft als Coach“ zuwiderlaufen.

1. Auftrag

Beim klassischen Coaching wird der Coach wird von seinem Kunden mit einem Auftrag versehen, dafür bezahlt und auch wieder entlassen, wenn das Ziel erreicht ist oder nicht erreichbar scheint. Ein Mitarbeiter kann seine Führungskraft hingegen nur schwerlich engagieren und dann wieder entlassen.

2. Beziehungsdefinition

Klassisches Coaching beruht auf einer symmetrischen Beziehung und ist ein Gespräch zweier gleichrangiger Personen. Beim Mitarbeitercoaching ist die Beziehung komplementär. Vorgesetztenstruktur, Weisungsgebundenheit der Untergebenen, etc. werden nicht einfach aufgehoben.

3. Rollenverständnis

Der Coach hilft bei der Selbstklärung, ohne Besserwisser zu sein. Er ist Experte für die Prozessgestaltung und -steuerung, während der Klient Experte für den Inhalt ist. Dr. Eva Wagner von der Firma MOC beschreibt diese Grundhaltung prägnant durch den Satz „der Kunde ist kundig!“ Führungskräfte sind von ihrem Rollenbild hingegen prädestiniert zu glauben, sie hätten immer die richtige Lösung oder wüssten zumindest, wo und wie nach Lösungen zu suchen sei.

4. Freiwilligkeit

In einer „vertikalen Organisationsbeziehung“ wird die Freiwilligkeit zum Hohn. Kaum ein Mitarbeiter wird dankend ablehnen, wenn ein Vorgesetzter - freundlich oder insistierend - vorschlägt, dass der Mitarbeiter dieses oder jenes lernen oder dass er sich verändern müsse und er als Chef gerne diese Rolle der Unterstützung übernimmt.

5. Zieldefinition

Beim Coaching definiert der Klient die Ziele. Vorgesetzte sind hingegen immer interessensgeleitet und Repräsentanten der Unternehmensziele. Meist will der Vorgesetzte, dass der Mitarbeiter ein bestimmtes Verhalten zeigt, dass er seine Probleme in den Griff bekommt, mit bestimmten Personen anders umgeht etc. Da wird dann „Coaching“ schnell einmal verordnet und Ziele in Richtung „Erwartung des Vorgesetzten“ umgebogen.

6. Rollenkonfusion

Die völlig unterschiedlichen Anforderungen an die Rolle eines Vorgesetzten und die eines Coaches in der Praxis klar getrennt zu halten, erfordert eine Rollenklarheit, die wohl nur wenigen Führungskräften eigen ist. Es genügt schon ein unbedachter Hinweis des Vorgesetzten auf etwas, das der Mitarbeiter in einem früheren Coaching-Gespräch erwähnt hat und schon ist die Vertrauensbasis zerstört.

Autor: Peter Wagner, 01.1999

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Dr. Werner Voelauer