Burnout verläuft in Phasen

"Ich mag nicht mehr", "ich fühle mich ausgelaugt", "mir geht alles auf die Nerven" - so oder ähnlich beginnt der Zustand des ausgelöschten Feuers - sprich: Burnout. Ausbrennen kann aber nicht nur zur Berufskrise, sondern auch zur Identitätskrise führen. Die 12 Phasen des Burnout beschreiben Verlauf und Symptome.

Gerade in unserer hektomanen Zeit klagen immer mehr Menschen über das Schwinden Ihrer Kräfte und den Verlust Ihrer Kreativität und Lebensfreude. Besonders häufig trifft dies bei jenen Menschen zu, welche sich mit besonders hoher Motivation und Idealen über einen langen Zeitraum im Beruf engagiert haben. Perfektionisten sind besonders gefährdet und hier dann vor allem Frauen, welche auch noch versuchen, mit einer Doppelbelastung perfekt zurecht zu kommen. Treffen kann es allerdings jeden – vom Manager bis zur Hausfrau.

Was versteht man unter Burnout?

Burnout hat viele Gesichter. Die Auswirkungen zeigen sich in verschiedenen Erschöpfungs- und Überdruss-Symptomen, welche sehr individuell sind. Deshalb wird das Ausbrennen auch als Syndrom bezeichnet – ein Zustand, in dem verschiedene charakteristische Symptome zusammentreffen. Burnout zeigt sich deshalb als etwas sehr Persönlichkeitsabhängiges.
Ca. 130 Symptome beschreibt die gesamte Literatur in Bezug auf Burnout. Viele dieser Symptome gehören zur Symptomatik der Depression, andere wiederum sind Stress-Symptome, wieder andere sind als Folge von Arbeitsunzufriedenheit bekannt und schließlich gibt es den Bereich der psychosomatischen Symptome, die auch bei anderen Störungsbildern vorkommen. 30 Jahre wurde bereits geforscht und versucht, Burnout von anderen Krankheiten eindeutig abzugrenzen. Jedoch ohne Erfolg. Daher spricht man von einem Burnout-Syndrom. Das Burnout-Syndrom ist bis heute ein schwer abgrenzbares und somit unscharf definiertes Phänomen.

Ursachen für eine Burnout-Entwicklung

Ich möchte anhand der 12 Phasen (nach Freudenberger & North) darstellen, was alles auf ein Burnout hindeuten kann. Zwar werden diese Phasen hier klar abgegrenzt dargestellt, in der Realität überlappen und vermischen sich jedoch die einzelnen Stufen. Auch heißt das nicht, dass jede Phase zwangsläufig durchlaufen wird, ganz im Gegenteil, es gibt mitunter ein ständiges Vor und Zurück.

Aber Vorsicht: Nicht alles ist gleich Burnout. Einzelne Phasen können auch als ganz normale menschliche Reaktionen auf bestimmte Ereignisse eintreten, die nicht unbedingt mit Burnout in Verbindung gebracht werden dürfen. Sie sollten nicht gleich ein „Burnout-Syndrom“ diagnostizieren, nur weil Sie gerade das eine oder andere an sich erleben, vielleicht aus einer momentan schwierigen Lebens- oder Arbeitssituation heraus.

Phase 1: Zwang sich zu beweisen
Die Person stürzt sich mit voller Begeisterung in die Arbeit, gepaart mit einer hohen Erwartung an sich selbst. Wenn dies über einen lang andauernden Zeitraum der Fall ist und nach und nach eigene Bedürfnisse immer mehr hinangestellt und eigenen Grenzen missachtet werden, so ist  das bereits die erste Alarmstufe und der Eintritt ins Burnout.

Phase 2: Verstärkter Einsatz
Ein weiteres Merkmal ist die hohe Bereitschaft zur Übernahme von neuen Aufgaben, freiwillige Mehrarbeit und unbezahlte Überstunden. Auch an freien Tagen sowie am Wochenende und in der Urlaubszeit wird zumindest immer wieder gearbeitet. Es entsteht ein Gefühlt der Unentbehrlichkeit.
Wenn Führungskräfte dies beobachten, sollten bereits die Alarmglocken zu läuten beginnen.

Phase 3: Subtile Vernachlässigung eigener Bedürfnisse
In Phase 3 beginnt bereits die chronische Vernachlässigung der eigenen Bedürfnisse. Es kann zu einem Mehrkonsum von Kaffee, Aufputschmitteln (z.B. Zigaretten, Alkohol etc.) kommen, sei es zur Belohnung oder zur Entspannung. Gelegentlich treten auch Schlafstörungen auf.

Phase 4: Verdrängung von Konflikten und Bedürfnissen
Durch die zu hoch gesteckten Ziele, den immensen Energieeinsatz und auch dem nicht Anerkennen wollen der Realität kommt es auch noch zur Aufgabe der noch verbleibenden Hobbys, die letzten Bedürfnisse werden beiseite gedrängt. Energiemangel und Schwächegefühle machen sich jedoch immer stärker bemerkbar. Fehlleistung wie z.B. Vergessen von Terminen, Nichterledigen von versprochenen Aufgaben, Ungenauigkeit und Fehler sind die Folge.

Phase 5: Umdeutung von Werten
Durch das Verdrängen bzw. Verleugnen eigener Bedürfnisse, einem permanente Sich-Selbst-Übergehen, kommt es zu Veränderungen des Wertesystems und der Wahrnehmungen. Hier beginnt das Meiden privater Kontakte. Diese werden zunehmend als belastend empfunden. Vielfach entstehen jetzt auch Probleme mit dem Partner mit Anzeichen eines Beziehung-Burnouts. Abstumpfung und Aufmerksamkeitsstörungen sind ebenfalls ein Kennzeichen dieser Phase.

Phase 6: Verstärkte Verleugnung von aufgetretenen Problemen
Das Gefühl mangelnder Anerkennung und Desillusionierung machen sich breit.  Widerstand zur Arbeit zu gehen entstehen immer öfter. Es kommt zu Arbeitszeiteinteilungen, die als innere Kündigung bezeichnet werden können, d.h. unter anderem vermehrte Fehlzeiten, verspäteter Arbeitsbeginn, vorverlegter Arbeitsschluss etc.

Phase 7: Rückzug
Der inneren Kündigung folgen oft Ohnmachtgefühle und eine innere Leere, es machen sich Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit breit. Um diese Leere zu füllen kommt es oft zu Ersatzbefriedigungen durch Essen, Alkohol, Drogen, Spielen, Kaufsucht etc. Gleichzeitig kommt es zu einem Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit. Desorganisation und Ungenauigkeit sind eine weitere Folge, ebenso die Entscheidungsunfähigkeit. Last but not least kommt es auch noch zu psychosomatischen Reaktionen wie Gewichtsveränderungen, Herzklopfen, Bluthochdruck, Magen-Darm-Problemen etc.

Phase 8: Beobachtbare Verhaltensänderungen
Wer in diesem Teufelskreis bereits so tief drinnen steckt, tut sich sehr schwer, da wieder heraus zukommen. Alleine gelingt es meistens auch nicht mehr. Denn jetzt kommt es bereits zur Verzerrung der Wahrnehmung. Die Person wird zum Eigenbrötler, Einsamkeit ist die Folge. Helfende ziehen sich ratlos zurück, da gutgemeinte Hilfsangebote mit ärgerlichen Reaktionen vom Tisch gewischt werden. Das nährt wiederum das Selbstmitleid des Betroffenen. Aus dem heraus verringert sich die Eigeninitiative noch mehr, es wird vielfach nur noch Dienst nach Vorschrift gemacht. Mehr ist meist auch gar nicht mehr möglich. Das emotionale Leben verflacht immer mehr, die persönliche Anteilnahme an anderen verringert sich auf ein Minimum, gleichzeitig kommt es aber zu exzessiven Bindungen an Einzelne. Ansonsten werden beruflich-soziale Kontakte vermieden.

Phase 9:  Depersonalisation/Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
Entfremdung, Gefühle des Abgestorbenseins und der inneren Leere breiten sich immer mehr aus. Man funktioniert wie ein Automat. Psychosomatische Reaktionen treten noch mehr in den Vordergrund.

Phase 10: Innere Leere
Innere Leere breitet sich immer mehr aus, im Wechsel zwischen starken schmerzhaften Emotionen mit dem Gefühl des Abgestorbenseins. Das kann zu phobischen Zuständen, Panikattacken und Angst vor Menschen führen. Eigenbrötelei, Einsamkeit, negative Einstellungen zum Leben sind immer mehr die Folge davon. Andererseits kann es zumindest fallweise zu exzessiver sinnlicher Befriedigung kommen, z.B. Kaufräuschen, Fressattacken oder exzessivem Sex ohne wirkliche Befriedigung.

Phase 11: Depression und Erschöpfung
Es zeigen sich immer öfter die Symptome der Depression wie negative Einstellung zum Leben, Hoffnungslosigkeit, Erschöpfungszustände, starker Wunsch nach Dauerschlaf bis hin zu existenzieller Verzweiflung, Selbstmordgedanken und –absichten.

Phase 12: Völlige Burnout-Erschöpfung
Rien ne va plus! Die völlige Burnout-Erschöpfung ist eine massive und lebensbedrohende Krise. Die Auswirkungen können sich sowohl auf der mentalen, physischen wie psychischen Ebene zeigen. Die Palette reicht von psychosomatischen Erkrankungen im engeren Sinne über Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Suchtkrankheiten mit ihren Folgen bis zur schweren Depression. Alarmstufe rot – es kann zu höchster Suizidgefährdung kommen. 

Welche Gegenmaßnahmen sind möglich?

Am sinnvollsten ist wohl die Prävention. Falls Sie sich jedoch bereits in einer dieser 12 Phasen wiederfinden, halten Sie inne und beschließen Sie so rasch als möglich – stopp, umdrehen, raus!

Es gibt nicht die Anti-Burnout-Methode, aber es gibt Wege und Möglichkeiten aus diesem Teufelskreis auszusteigen. Allerdings ist die Bewältigung des Burnouts ein Prozess, welcher Zeit und Geduld erfordert. Je früher Sie es erkennen und auszusteigen beginnen, desto leichter ist der Weg zurück. Wenden Sie das Blatt und machen Sie aus einer Krise die Chance für Ihr zukünftiges Leben. In Coachings ist glücklicherweise immer wieder "geglückte" Ausstiege aus dem Teufelskreis Burnout zu erleben. Bei entsprechender Bereitschaft oft erstaunlich schnell.

     

  • Ehrlichkeit zu sich selbst ist die erste Grundvoraussetzung. Prüfen Sie anhand dieser 12 Phasen, wo Sie sich befinden. Steigen Sie aus der Verleugnungs-Spirale und Selbst-Täuschung aus und lernen Sie die Realität zu akzeptieren.
  • Hinterfragen Sie Ihre Glaubensmuster und Haltungen in Bezug auf Ihr TUN. Wo neigen Sie zur Überforderung? Was erwarten Sie von sich selbst? Was glauben Sie, erwarten die anderen von Ihnen? Darf es überhaupt sein, dass ich im Burnout bin oder gefährdet bin? Wie bereit sind Sie, aktiv aus Gegenmaßnahmen zu ergreifen?
  • Was sind Ihre wichtigsten Werte und in welchem Ausmaß leben Sie diese derzeit?
  • Werden Sie sich Ihrer Träume wieder mehr bewusst. Wo sind diese geblieben?
  • Energieübungen sind eine gute Unterstützung, um wieder neue Energie aufzubauen und dadurch aktiver an die Lösung heranzugehen. (z.B. aus der Kinesiologie – siehe Leaders Circle, Ausgabe Leaders Update 6/2005 ).
  • Scheuen Sie sich nicht, auch professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie ersparen sich dadurch viel Zeit und Leid.

Zur Autorin: Brigitte Schweifer-Winkler ist Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens "Schweifer und Partner", das sich schwerpunktmäßig mit dem Thema "Gesunde Menschen in gesunden Unternehmen" beschäftigt.

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Brigitte Schweifer-Winkler, Schweifer & Partner