Kreativitätstechnik Brainstorming

Jeder kennt Brainstorming, doch kaum jemand hält sich bei der Anwendung an die Regeln, weshalb das Instrument meist weit unter seinem Wert geschlagen wird.

Sie stecken in einer Situation , in der es nicht genügt, vorhandene Informationen zusammenzutragen und bekannte Argumente sorgfältig zu analysieren, weil die bekannten Infos und Problemlösungen unbefriedigend erscheinen? Sie sind auf der Suche nach neuen Ideen? Also was tun? Oft lautet einer der Vorschläge: Machen wir doch ein Brainstorming!

Die Begeisterung der anderen Personen wird sich jedoch voraussichtlich in Grenzen halten. Zu oft schon waren sie wahrscheinlich Teilnehmer an Brainstormings, deren Resultate alles andere als berauschend waren. Das hat allerdings weniger mit dem Instrument an sich als mit der weit verbreiteten "freihändigen" Anwendung des Instruments zu tun. Daher nachfolgend noch einmal Regeln und Ablauf dieser 1953 von Alex Osborn erfundenen und von Charles Clark weiterentwickelten Kreativitätstechnik. Es könnte sich auszahlen, sich wirklich daran zu halten!

Brainstorming-Regeln

     

  1. Während der Ideensammlung ist jede Art von Kritik an anderen und an eigenen Vorschlägen verboten. (Ideen nicht schon im Kopf zensurieren)
  2. Während der Ideensammlung geht Quantität vor Qualität! Jeder soll so viele Ideen wie möglich produzieren, gleichgültig wie "gut" die Ideen sind.
  3. Gerade auch auf den ersten oder zweiten Blick unsinnig oder verrückt erscheinende Ideen dürfen, sollen, müssen ohne Hemmungen ausgesprochen werden.
  4. Greifen Sie möglichst viele Ideen, die vorher genannt worden sind, auf, verändern Sie sie und kombinieren Sie sie mit den Einfällen anderer. Nutzen Sie bereits vorhandene Ideen für Assoziationen.

Vorphase:

Mindestens ebenso entscheidend wie das regelkonforme Verhalten während des Brainstormings ist die Definition der zugrundeliegenden Fragestellung (Wofür genau sollen Ideen generiert und gesammelt werden?), vor allem das genaue "Wording". Denn die Art der Formulierung lenkt die geistige Aktivität der Teilnehmer in verschiedene Richtungen. Die Frage "Was könnten wir tun, um die verkauften Stückzahlen zu erhöhen?" wird andere Ideen hervorbringen als die Frage "Was können wir tun, um unseren Umsatz zu erhöhen?". Sehr bewährt hat sich zudem eine Gruppengröße von 5-8 Personen.

Phase 1: Ideen finden

     

  • Achten Sie darauf, dass niemand die Regeln verletzt.
  • Haben Sie keine Skrupel, etwas scheinbar Banales oder Unsinniges zu sagen. Vielleicht macht später ein anderer eine hervorragende Kombinationslösung daraus.
  • Fassen Sie sich kurz! Sprechen Sie im Telegrammstil!
  • Keine Erklärungen oder Begründungen!
  • Lassen Sie sich nicht irritieren, wenn einmal eine Ideenpause kommt.
  • Abkupfern ist erwünscht. Spielen Sie bewusst mit bereits vorhandenen Ideen, indem Sie sie neu verknüpfen, auf ihnen aufbauen, sie drehen und wenden, zerlegen und neu zusammensetzen usw. Gegebenenfalls sehen Sie dafür eine eigene Runde vor. (z.B. Schreiben Sie alle geäußerten Ideen untereinander auf Flipcharts und wenn nach der ersten Runde die Luft heraußen scheint, machen Sie einen senkrechten Strich, fordern sie die Teilnehmer auf, so viele Assoziationen wie möglich zu den links stehenden Begriffen zu entwickeln.)
  • Suchen Sie gezielt nach "absurden" Vorschlägen.

Variante: Bei größeren Gruppen kann man zwei Gruppen bilden, die getrennt Brainstormings durchführen und ihre Ideen dann jeweils von der anderen Gruppe sortieren und bewerten lassen.

Phase 2: Ideen sortieren und bewerten

Erst im zweiten Schritt geht es um die Bewertung der gesammelten Ideen. Die wichtige Grundfrage nach einem ersten Clustern der Ideen lautet: Nach welchen Kriterien bewerten wir die gesammelten Ideen? Bewerten wir sie nach dem potenziellen Nutzen, danach, was am schnellsten realisierbar ist, danach, was mit den geringsten Ressourcen umsetzbar ist, nach ihrer Neuartigkeit, etc....?

Anwendung:

     

  • Für Problemarten einfacher Komplexität
  • Gut geeignet für Problemlösungen auf rein sprachlicher Ebene (Namens- und Sloganfindung
  • Geeignet für Zielformulierung und Aussagen mit Symbolcharakter
  • Brauchbar als Einstieg in ein Thema, um das Feld der Lösungsansätze abzustecken
Kritik:

     

  • Mit seiner Behauptung, dass Individuen, die in Gruppen brainstormen, mehr Ideen finden als wenn sie alleine arbeiten, hat Osborn ein umfangreiches Forschungsprogramm stimuliert. Allerdings wird diese Behauptung inzwischen, denn Kommunikation kann die Ideengenerierung zwar stimulieren, aber die durch das Zuhören verursachten Unterbrechungen der eigenen Denkarbeit führen zu großen Beeinträchtigungen der Ideengenerierung, die den Stimulierungseffekt letztlich überschatten.
  • Stimulierungseffekte sind nur in solchen Situationen nachweisbar, in denen eine Produktionsblockierung ausgeschaltet ist, z.B. beim elektronischen Brainstorming oder Brainwriting (vgl. Stroebe & Nijstadt 2004).
  • Untersuchungen behaupten, dass schon die Äußerung einer Idee die Ideenfindung der anderen Teilnehmer beeinflusst. Daher ist es sinnvoll, jeden Teilnehmer vor dem eigentlichen Brainstorming seine Ideen aufschreiben zu lassen, um danach zunächst gänzlich unbeeinflusst davon berichten zu können.
  • Jede Variation in Umgebung und Art der Durchführung liefert neue Impulse. Vor allem geübt kreative Menschen sind in der Lage, sich innerhalb einer Brainstorming-Sitzung gegenseitig anzuregen und zu beflügeln. Die Brauchbarkeit der Ideen hängt zudem wesentlich von der Vertrautheit der Teilnehmer mit dem Problemgebiet ab, vielfältige Interessen und breite Allgemeinbildung sind ebenfalls vorteilhaft.
  • Oft werden Brainstorming und verwandte Methoden nur deshalb angewendet, um möglichst viele Personen an der Problemlösung zu beteiligen, also aus (betriebs-)politischen Gründen. In solchen Fällen spielt die Effektivität keine große Rolle. Wird Brainstorming streng ergebnisorientiert eingesetzt und auch nur von für diese Methode geeigneten Personen ausgeübt, kann es sehr schnell zu guten Teilergebnissen führen, die wiederum weitere Arbeitsschritte befruchten.

Autor: Peter Wagner, Leaders Circle

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