Aktionen in der Krise planen und umsetzen

Energie durch den Blick auf den "Lebensweg", Orientierung durch "allgemeine Regeln" und konkrete Ansatzpunkte mit Hilfe der "Unternehmensidentität".

Gerade in Zeiten einer globalen Krise ist die Orientierungslosigkeit besonders ausgeprägt. Auf die Frage: "Was glauben Sie, wie es weiter geht?" antworten die meisten Gesprächspartner schulterzuckend: "Wenn ich das nur wüsste. Ich habe nicht die geringste Ahnung." Das vorherrschende Bild ist: "Stochern im Nebel". Angst und Verunsicherung nehmen zu. Wie aber wollen Sie als Manager zu sinnvollen Steuerungsentscheidungen kommen, wenn Sie das Gefühl haben, keinen sicheren Boden unter den Füßen zu haben?

Der Beginn wurde bereits gemacht. Aufgrund der bisherigen Schritte gibt es im Unternehmen bereits ein Bewusstsein der Krise, die klare Entscheidung, mit einer wirklichen Krise konfrontiert zu sein und vor allem eine klare Festlegung im Management auf ein bestimmtes Szenario. Wie geht es nun weiter? Nun gilt es, auf Basis des festgelegten Szenarios Strategien zu planen und die passenden Maßnahmen festzulegen:

1. Der Blick auf den bisherigen Lebensweg liefert erste Ideen

Der Blick auf den bisherigen Lebensweg kann helfen, ein Stück weit die anfängliche Lähmung zu überwinden, indem er erste kreative Ideen liefert und insofern inspirierend wirken kann, als er bewusst macht, welch ausgeprägten "Lebenswillen" das System bereits in früheren Krisen bewiesen hat.

  • War das Unternehmen bereits mit existenziellen Krisen konfrontiert?
  • Um welche Art von Krise handelte es sich?
  • Wie schnell oder langsam wurden damals Krisensignale wahr- und dann auch ernstgenommen? Wodurch wurde das gefördert, wodurch verhindert?
  • Auf welche Indikatoren (intern, extern) haben wir damals geschaut, worauf nicht? Durch welche neuen, zusätzlichen Informationen und Kriterien wurde das System schließlich ausreichend irritiert?
  • Welche Ideen liefert dieser Blick auf den Lebensweg in Hinblick auf heutige Möglichkeiten, das Unternehmen "aufzurütteln"
  • Welche Strategien wurden erfolgreich angewendet? Sind diese nachher wieder verschwunden oder ein Teil der naturwüchsigen Steuerung geworden?

2. Eine Reihe "allgemeiner Regeln" stiftet Orientierung

In einer Zeit hoher Unsicherheit Aktionen zu planen, ist nicht leicht, zumal man in dieser Situation oft einen "Tunnelblick" hat und ziemlich ratlos ist. Es gibt jedoch so etwas wie "allgemeine, generalisierende Strategien", die Ihnen in so einer Situation helfen können. Z.B.:

  • In der Krise ist es das Wichtigste, Liquidität zu erhalten: Unternehmen sterben oft nicht, weil sie Verluste machen oder schlecht aufgestellt sind, sondern schlicht weil sie zahlungsunfähig sind. So kann es in der Krise sinnvoll sein, den vorhandenen Kreditrahmen voll auszuschöpfen und dieses Geld auf das Sparbuch zu legen, um eine Liquiditätsreserve zu schaffen, selbst um den Preis eines Zinsverlustes. Oder aber man bevorzugt Geschäfte zu einem etwas geringeren Preis, dafür aber Barzahlung gegenüber Geschäften mit höherem Gewinn, aber langem Zahlungsziel. D.h. man macht Finanzpläne und analysiert die Zahlungsströme. In dieser Situation verändert sich die Steuerungslogik somit von der Frage "Wo mache ich den höheren Gewinn" hin zu "wo komme ich schnell zu Cash?"
  • In der Krise geht Sicherheit vor Ertrag. Z.B.: Beliefere lieber einen Kunden mit schlechter Spanne, aber hoher Bonität, als einen, der schon morgen wegbrechen könnte. Lieber eine Bank mit etwas schlechteren Konditionen, die mich weiter mit Geld versorgt als eine Bank, die im Bereich der Unternehmensfinanzierungen extrem zurückhaltend agiert.
  • Factfindung: In der Krise muss man auch fremdartige Infos suchen und zulassen. Z.B. Was passiert zwischen den Banken, in der IT-Branche, in den Entwicklungsländern, etc. Wichtig ist der Blick auf Dinge, die sonst nicht am üblichen Radar sind, um dann gemeinsam darüber zu reflektieren und sich auszutauschen.
  • Gewinner in der Krise sind meist die Marktführer: Nach der Krise kommt wieder ein Anstieg und meist ziemlich schnell. Wer dann am besten aufgestellt ist, hat die größten Chancen. Das macht es schwieriger, in der Krise kräftig zu redimensionieren, weil man damit Gefahr läuft, nicht die nötigen Kapazitäten und die nötige Reaktionsgeschwindigkeit zu besitzen, wenn es wieder bergauf geht.
  • Extreme Marktnähe ist wichtig: Man muss "draussen" sein, um zu hören was los ist und die Chancen zu erhöhen, schnell auf den Bedarf zu reagieren und marktgerechte Produkte herauszubringen.
  • Die Krise als Chance sehen: Abspecken, Altlasten beseitigen, wieder an Schnelligkeit gewinnen,…
  • Mut zur Reduktion der Komplexität haben, d.h. auch die Bereitschaft, Entscheidungen unter hoher Unsicherheit zu treffen
  • nach der Analyse auf das Beeinflussbare fokussieren, nicht über das Unbeeinflussbare jammern
  • Vertrauen in allen gestörten Relationen möglichst wieder aufbauen

Diese Liste allgemeiner Strategien hilft, auf neue Ideen zu kommen, was man tun könnte sowie dominierende Muster – zumindest temporär – außer Kraft zu setzen.

3. Die Unternehmensidentität mit ihren charakteristischen Relationen zu den relevanten Umwelten zeigt, wo Sie sinnvolle Aktionen planen können

Eine weitere, hilfreiche Maßnahme beim Planen der Aktionen ist es, das Konzept der Unternehmensidentität zu Hilfe zu nehmen und anhand des Aspekts "Relationen zu relevanten Umwelten" genauer zu analysieren, was genau in welchen Umwelten vor sich geht: Was passiert bei welchen Lieferanten, in welchen Kundengruppen, auf Eigentümerseite, bei den Banken, etc.? Wo genau ist die Krise? Auf Seite der Finanzierung, brechen Lieferanten weg, brechen Kunden weg, verändern sich Einkaufspreise, Verkaufspreise? Welche wichtigen Relationen sind fundamental gestört?

Im zweiten Schritt sind dann je Relation die jeweiligen Aktionen auf der "grünen Schleife" (dem "naturwüchsigen", vorhandenen Steuerungssystem) und auf dem "roten Band" (der "irritierenden" Steuerung, die auf Musterwechsel zielt) zu planen und abzustimmen. Wichtig ist ein prüfender Blick auf die Verteilung von grün/rot. Gibt nur wenige Maßnahmen "am roten Band", ist zumindest Skepsis angesagt. Wo sind die Knackpunkte? Welche Maßnahmen können Sie setzen:

  • bei der Belegschaft? Z.B. Kurzarbeit, Kündigungen, Gehaltsverhandlungen, Arbeitszeitmodelle, etc.
  • auf Seite der Lieferanten? Z.B. Preisverhandlungen, Reduzierung der Anbietervielfalt, dafür Abnahmeverpflichtungen bei den Verbliebenen, Lieferantenkredite, etc.
  • gegenüber den Eigentümern? Z.B. Dividendenpolitk, etc.
  • gegenüber den Banken? Finanzierungsrahmen, Veranlagungen, etc
  • gegenüber den Kunden? Z.B. Erfüllen von Sonderwünschen bei Produkten, Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Lebensfähigkeit und Motivation , mehr Kundennähe, etc.
  • gegenüber der Politik? Vergünstige Kredite, besondere Förderungen, andere Bilanzierungsregeln, etc.

Autoren: Axel Exner, Hella Exner, Gerhard Hochreiter, Autoren von "Selbststeuerung in Unternehmen", Campus Verlag 2009

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