60 Neue pro Monat

2004 baute Connect Austria rund 250 Mitarbeiter ab. Ende der 90er-Jahre war die Firma noch innerhalb von 12 Monaten von 150 auf 770 Mitarbeiter explodiert. Damals lautete die Frage: Wie bewältigt ein junges Unternehmen so rasches Wachstum in so kurzer Zeit? Ein Gespräch mit dem damaligen Personalchef Mag. Ernst Zemsauer (heute Personalleiter der Spardat).

Herr Mag. Zemsauer, haben Sie, um so viele Leute in so kurzer Zeit zu finden, diese Mitarbeiter der Konkurrenz abgejagt?

Nein, man sollte nicht unterschätzen, wie viele Österreicher schon in dieser Branche arbeiten. Außerdem ist es gerade in dieser Branche eine bewährte Methode, dass man am Anfang für bestimmte Aufgaben von den Eigentümerunternehmen erfahrene Berater hereinholt und parallel dazu eigene Leute aufbaut. Da sind wir schon sehr weit. Bis Mitte 1999 werden die meisten Berater sukzessive ersetzt sein.

Wie bewältigt man es rein organisatorisch, in so kurzer Zeit so viele Leute zu finden?

Einerseits haben wir einfach einen Teil outgesourct. Wir arbeiten mit drei Personalberatern, die sich auf einzelne Gebiete spezialisiert haben und da schon sehr gut wissen, was wir suchen. Die machen die Vorauswahl und bei uns geht es dann darum, die Kandidaten intern entsprechend  schnell weiterzuleiten. Auch hier erfolgt jetzt langsam der switch. Mit einem Personalberater ist die Zusammenarbeit bereits beendet, der Bereich ist bereits voll, mit einem weiteren Berater läuft sie im ersten Quartal  aus. Jetzt übernehmen wir intern zunehmend selber, denn jetzt gibt es nicht mehr diese enorme Zahl an Neuaufnahmen.

Von wo genau kommen nun die neuen Mitarbeiter?

Einmal aus verwandten Bereichen der Telekommunikation, zum anderen aus der Nachrichtentechnik jeglicher Art, z.B. der Übertragungstechnik. Und in manchen Fällen macht man natürlich auch Abstriche. Bevor ich jetzt ein halbes Jahr suche, um jemanden zu finden, der genau passt, nehme ich lieber jemanden, der zu sagen wir 60% die Anforderungen erfüllt und bringe ihm den Rest bei, dann habe ich auch einen tollen Mitarbeiter.

Einerseits braucht man dringend die Leute, hat eine Unmenge von Arbeit, andererseits muss man die Leute erst schulen, um sie auf das nötige Ausgangsniveau zu bringen. Wie geht das zusammen?

In Wahrheit gar nicht. Es geht nur dezentral, indem die Führungskräfte schauen, dass sie die Leute so schnell wie möglich produktiv haben. Wir unterstützen wo wir können, aber eigentlich muss das die Führungskraft hinkriegen. Wofür man sich aber auf jeden Fall Zeit nehmen sollte, ist die frühzeitige Abstimmung im Gehaltsbereich, denn da kann man schon zu Beginn viel an noch nicht vorhandener Struktur zerstören. Wenn die Gehälter auseinanderlaufen, leiden wir  noch die nächsten Jahrzehnte darunter. Man braucht ein Gefühl, was man zu zahlen bereit ist und was nicht und dann muss man klare Grenzen ziehen und sich daran halten.

Wenn es sozusagen noch nichts gibt, was muss man als erstes aufbauen?

Interessanterweise merkt man diese Dinge sehr schnell, weil sie verlangt werden. Eine unbedingte Voraussetzung im Personalbereich ist etwa, dass die Verwaltung funktioniert, dass es da keine Blößen gibt. Es muss eine ordentliche Personalverrechnung da sein und man muss ordentliche Verträge machen, sonst verlieren die Leute schnell wieder die Lust, für einen zu arbeiten.

Das ist ein typischer Hygienefaktor: wenn es funktioniert, kräht kein Hahn danach, aber wehe es funktioniert nicht. Bestimmte Fragen kommen einfach schnell und stören den Tagesablauf, wenn sie nicht klar sind. Z.B. Wenn ich auf Dienstreise bin, buche ich erster oder zweiter Klasse? Was ist die Verantwortung einer Führungskraft? Wer kauft ein, wer nicht? Da gibt es eine Fülle von Dingen, wo man leicht verführt ist zu glauben, das ist nicht so wichtig, das machen wir besser informell und dezentral. Dann regelt das jeder Bereich selber und später kostet es eine Unmenge Energie, die drei unterschiedlichen Regeln wieder auf eine zusammenzuführen.

Wenn dieser “Switch” vom Aufbau zum Normalbetrieb erfolgt, was wird dann wichtig?

Jetzt beginnen langsam Fragen wie: wie halten wir unsere Strukturen, wie halten wir gute Mitarbeiter, damit die nicht gleich wieder abgeworben werden? Wie werden wir in der Führung produktiv? Jetzt geht es darum, erste Instrumente des Personalmanagements einzuführen, etwa strukturierte Mitarbeitergespräche. Weiters geht es darum, zu einem gemeinsamen Nenner im Zusammenarbeiten zu kommen, also gemeinsam geteilte Standards einzuführen. Einfaches Beispiel: wie formuliert man Ziele? Da gibt es vielleicht 20 Zugänge, aber es macht Sinn, sich im Unternehmen für einen zu entscheiden. Dasselbe gilt im Bereich Projektmanagement, Team etc.

Wovon hängt es Ihrer Erfahrung nach ab, ob so ein Blitzstart funktioniert oder nicht?

Dass man schon am Anfang sehr genau weiß, was man in dieser Startphase tun will, denn große Veränderungen kann man sich da nicht leisten, das führt zu enormer Verwirrung.

Herr Mag. Zemsauer, vielen Dank für das Gespräch.

12.1999

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