OE, UE oder was? Teil 3

Im Gespräch mit Mag. Erich Kolenaty, geschäftsführender Gesellschafter der Firma „Transformation Unternehmensentwicklung“

Herr Mag. Kolenaty, was macht den Unterschied aus zwischen Unternehmensentwicklung und Organisationsentwicklung? Gibt es überhaupt einen Unterschied und wenn ja, worin ist es begründet?

Es ist schwierig zu sagen, weil die Begriffe ja keinen objektiven Gehalt haben. Früher gab es lange Zeit eine relative Übereinstimmung darin, was unter OE zu verstehen ist. Das war ein bestimmter Zugang zur Veränderung von Organisationen und in hohem Ausmaß ein Gegenkonzept zu traditionell betriebswirtschaftlichen Zugängen von Organisationen. Und ich denke, dass hier auch sehr viele ideologische Bedeutungen hineingelegt worden sind.

Wenn man heute von OE redet, meint man doch gewisse Grundprinzipien, wie “alle zu Beteiligten machen” etc. insofern ist ein neuer Begriff vielleicht ein Versuch der Überwindung dieses Konzepts bzw. einer Abgrenzung. Ist dem so?

Da möchte ich einen kleinen Umweg machen. Organisationen entwickeln sich ja ununterbrochen. Auch wenn man es nicht beobachtet oder so nennt, würde es trotzdem passieren. Im Gegenteil, wenn man dem Fritz Simon da folgt, dass Organisationen durch Handeln, durch Kommunikation ständig hervorgebracht werden, ist es in gewisser Hinsicht eigentlich viel überraschender, wenn diese Hervorbringungen sich überhaupt ähneln und so etwas wie Beständigkeit wahrnehmbar ist.

Also eher die umgekehrte Seite..

Ja, insofern ist Veränderung ein Prozess, über den man gar nicht besonders nachdenken würde. Eher schon über die Frage: wie schafft man es, ein wenig Konstanz hineinzubringen? Das ist das Phänomen, das eigentlich zu wenig angeschaut wird, das aber das verblüffendere ist. Andererseits versteht man unter OE ein gezieltes, geplantes Vorgehen mit bestimmten methodischen Instrumenten. Diese doppelte Bedeutung bringt immer ein Stück der Verwirrung in die Diskussion.

Was waren die Schwachstellen der klassischen OE?

Ich denke, dass man versucht hat, Organisationen von unten oder von der Mitte her aufzurollen und dass das in dem Augenblick scheitert, wo es beginnt Wirkung zu erzielen. Das ist eine der eine Punkt. Der andere ist,  man hat die Aufmerksamkeit zu wenig auf die konstituierenden Muster gelegt, die die Organisation ausmachen. Wenn man bei der Sprengerschen Idee bleibt, dass Leistung immer eine Kombination ist von Leistungsbereitschaft, Leistungsfähigkeit und Leistungsmöglichkeit, dann sieht man, dass ohne den Aspekt der Veränderung der Rahmenbedingungen und der strategischen Option Veränderung scheitert, weil die Organisation das Neue abwehrt.

Wie kann man nun, wenn man Unternehmensentwicklung betreibt, eine bestimmte Wirkung sicherstellen?

Sigmund Freud hat einmal gesagt: es gibt drei unmögliche Berufe: kurieren, lehren und regieren. Die Unmöglichkeit dieser Berufe hängt damit zusammen, dass man den Erfolg der eigenen Tätigkeit nicht in der Hand hat. Ob jemand was lernt, entscheidet der, der lernt. Ob ein Unternehmen etwas verändert, entscheidet das Unternehmen, nicht der Berater. Das ist die Schwierigkeit, insofern kann man Verantwortung nur übernehmen für eine professionelle Vorgehensweise und nicht für das Ergebnis. Aber natürlich, wenn ich als Arzt “professionell” vorgehen würde und alle Patienten wären danach tot, dann müsste ich mein professionelles Selbstverständnis und meine Vorgangsweise in Frage stellen lassen. Das heißt, man muss abschätzen können, ob das Vorgehen, das man vorschlägt, aussichtsreich und dem Ziel angemessen ist oder nicht. Das wird mit Recht erwartet.

Muss es so verschwommen bleiben? Viele Projekte sind ja alleine deswegen gescheitert, weil ein internes Projekt aufgesetzt wurde, ohne es mit der Marktentwicklung zu koppeln. Solche Erfahrungen gibt es doch.

Natürlich. Genauso denke ich, dass man sich mehr fragen sollte, wozu der angestrebte Wandel eigentlich gut sein soll. Wenn jemand kommt und sagt, er möchte ganz anders werden, dann ist es manchmal durchaus nützlich zu sagen: Sind Sie sicher? Vielleicht wird es schlechter, wenn Sie sich ändern? Vielleicht sollten Sie eine ganz andere Richtung beschreiten!
Gerade im Konzept der Organisationsentwicklung hat es zu vielen Verformungen geführt, dass die klassischen OE-ler eigentlich immer auf der Seite der Veränderung waren, dass Veränderung positiv belegt war und dass Stillhalten und  Bewahren von vornherein gaga war. Aus meiner heutigen Sicht ist das ein unangemessener Zugang für den Wandel in Organisationen.

Braucht man dafür einen neuen Begriff UE oder reicht eigentlich der Begriff OE in einer weiterentwickelten Form?

Wenn man Unternehmen als eine Subkategorie von Organisationen versteht, ist der OE-Begriff natürlich zutreffend. Mit kommt aber vor, dass der Begriff Organisationsentwicklung kontaminiert ist und dass er deswegen nicht so nützlich ist, denn es löst einfach ganz bestimmte Bilder aus, auf Berater- und auf Unternehmensseite.

Der Begriff Unternehmensentwicklung hat für mich den Vorteil, dass er ein Stück mehr den Hinweis enthält auf den Endzweck der Organisation, nämlich die Entwicklung des Unternehmens im Sinne des Unternehmensziels. Das schwingt bei Unternehmensentwicklung mehr mit. Aber, wie schon gesagt, das ist immer eine Frage der individuellen  Sprachbilder.

Herr Mag. Kolenaty, vielen Dank für das Gespräch.

09.1999

...zurück zum Seitenanfang

Teilen: