Die Leiden des Internen Beraters

Interne Beratung ist ein anstrengendes Geschäft und erfordert das ständige Balancieren und Aushalten vieler systemimmanenter Widersprüche. So nennen Dr. Ingrid Kreuzer, Dr. Susanne Mingers und Herbert Schober von der C/O/N/E/C/T/A Organisationsberatung besonders folgende Spannungsfelder:

1. Beratungsfunktion....

Berater und ihre Auftraggeber und Klienten begegnen sich auf einer symmetrischen Ebene. Widersprüche und Konflikte werden als wesentlicher Motor der Entwicklung betrachtet. Konflikte wahrzunehmen und zu bearbeiten ist also ein wichtiger Bestandteil des Beratungsprozesses. Dabei nimmt interne Beratung eine „lösungsneutrale“ Position ein.

...versus Linienfunktion

Eingebunden in die Hierarchie ist interne Beratung nach oben und unten gleichzeitig in asymmetrische Beziehungskonstellationen eingebunden. Hierarchie fußt auf Widerspruchs- und Konfliktlosigkeit.

2. Katalysatorfunktion....

Ein Prinzip systemisch orientierter Beratung besteht im absichtsarmen Engagement des Beraters gegenüber dem Klienten: Das Problem und damit auch die Lösung des Problems liegt beim Klienten, nicht beim Berater. Es gilt, mit Unterstützung des Beraters die systemeigenen Kräfte zu mobilisieren. Welche Lösung gewählt, welcher Weg aber letztendlich eingeschlagen wird, obliegt nicht dem Interesse des Beraters, sondern dem Funktions-Kalkül des Klienten.

...versus Managementfunktion

Gerade interne Berater werden oft mit dem impliziten oder gar expliziten Auftrag konfrontiert, nicht nur Methodenkompetenz zur Verfügung zu stellen und Prozessbegleitung vorzunehmen, sondern auch inhaltlich zu steuern. Die Erwartung an den Berater ist, alles andere als absichtsarm Position für Veränderung zu beziehen und den Veränderungsprozess in die (vom Auftraggeber) gewünschte Richtung zu pushen.

3. Wasch mir den Pelz..

Im Kern jeder Auftragsklärung geht es um die fragen: Welches Problem wollen Sie mit dieser Beratung lösen? Was soll nachher anders sein?... Einen Beratungsauftrag klären heißt, die wechselseitigen Erwartungen und das Ziel der Beratung zu klären und zwar authentisch und explizit. So explizit, dass die Zielerreichung anhand der vereinbarten Erfolgsfaktoren messbar wird.

.. aber mach mich nicht nass

Kein Interner Berater dient gerne als Feigenblatt für Versäumnisse oder Schein-Aktionen des Managements. Fakt ist jedoch, dass Beratungsaufträge immer wieder Stellvertreter-Aufträge enthalten. Um in schwierigen oder lästigen Situation nicht nichts zu tun, setzen Manager gerne Beratungsaufträge auf die Schiene. Um unpopuläre Entscheidungen zu verkaufen, wird Beratung qua ihrer Fachkompetenz und „Objektivität“ zur Legitimation herangezogen.  Die unausgesprochene Erwartung – aber mach mich nicht nass! Betrifft interne wie externe Berater, erstgenannte aber viel massiver. Beraterinnen und Berater mit Stallgeruch können sich weit seltener leisten, , kritische oder sogar tabuisierte Themen auf den Tisch zu bringen. Sehr schnell gelten sie als Nestbeschmutzer.

Autor: Peter Wagner, 03.1999

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