Potenzialanalyse aus Geschäftsführersicht

Mag. Georg Stantejsky, Geschäftsführer der Elco Klöckner Wärmetechnik, über die Herausforderung, talentierte Mitarbeiter zu finden und zu halten.

Herr Stantejsky, wie finden Manager talentierte Mitarbeiter?

Bevor man das tun kann, muss man einige Fragen klären. Zuerst: welche Marktleistung will ich mit dem jeweiligen Bereich erbringen?  Dann: welche Prozesse stehen dahinter, damit ich diese Leistung überhaupt erbringen kann? Wenn ich die Prozesse klar habe, kommt der Schritt zur Struktur. Mit welcher Struktur bilde ich das ab? Jetzt erst kommt es zur Beschreibung, wer soll was machen und damit auch zur Antwort auf die Frage: Welche Kompetenzen, Talente brauchen wir überhaupt?

Also zuerst die Definition der Anforderungen...

Ja, diese Schritte sollte ich als Manager einmal gegangen sein, damit ich nicht den anderen Extremfehler mache, dass ich eine Organisation um lauter Talente herum aufbaue, die in sich super funktionieren, aber am Markt vorbei produzieren. Ich persönlich habe gute Erfahrungen damit gemacht, Leute direkt anzusprechen, deren Entwicklung ich schon kenne. Das ist mir einige Male gelungen, aber man kennt natürlich nicht immer die passenden Leute. Wichtig ist mir, dass dieser Auswahlprozess immer ein bilateraler Prozess sein muss, wo der Bewerber davon auch dann profitiert, wenn er im speziellen Fall nicht passt. Und zwar dadurch, dass er Neues über sich und seine Stärken bzw. Schwächen erfahren konnte.

Wie definiere ich nun Talente und wie erkenne ich sie in der jeweiligen Person?

Es geht bei den Kompetenzen vor allem um eine emotionale Ebene. Ein Beispiel: In einer bestimmten Position sollte es jemandem wirklich Spaß machen, in einem rasch wechselnden Umfeld Entscheidungen zu treffen. Dies auch in dem  Bewusstsein, dabei Fehler machen zu können, daraus aber dann zu lernen. Wenn jemand darauf keine Lust hat, wenn er das als stressig, als mühsam ansieht und in solchen Situationen ständig hin- und her gerissen ist, dann wird keiner der Beteiligten besonders glücklich werden. Nur wird das in dieser Klarheit keiner in einem Bewerbungsgespräch zugeben und daher ist es schwierig, das herauszufinden.

Wie finden Sie es dann heraus?

Zuerst und vor allem braucht man im Vorfeld ein klares Profil. Was ich dann bei Vorstellungsgesprächen gerne mache, ist, "worst case"-Szenarien zu besprechen. Es gibt ja Bewerbungsprofis, die sind schon so routiniert, dass sie auf die meisten Fragen schon fertige Antworten haben. Beim Durchspielen eines worst-case-szenarios könnte man beispielweise sagen: "Besonders kritische Situationen bei uns sind....... . – Wie würden Sie in dieser Situation handeln"  um zu  testen, wie geht der Kandidat damit um. Oder ich frage: "Was ist, wenn...." Dabei geht es mir darum, zu sehen, wie der andere mit so einer Frage umgeht:  Formuliert er es als Chance oder als Problem? Was würde er konkret tun? usw.

Wie finden Sie heraus, ob jemand die gesuchten Talente und Kompetenzen hat oder nicht?

Bei den vorhin erwähnten "worst case Fragen" kann man sich als Kandidat kaum vorbereiten. Das ist das eine. Das nächste ist schlicht und einfach: wenig reden und viel zuhören und zuschauen. Wie agiert der Gesprächspartner, welche Meinungen hat er, wie sagt er es, passt das alles zusammen? 

Wenn Sie jemand Guten gefunden haben, wie halten Sie ihn dann?

Indem ich drei Dinge mache. Erstens ein emotionales Umfeld schaffen, wo er sich wohl fühlt. Das braucht Zeit, aber es ist die vornehmste Führungsaufgabe, sich dafür die Zeit zu nehmen. Es ist ein Wahnsinn, wenn man Führungskräfte fragt, "welche Hobbies haben deine Mitarbeiter?" und sie sagen, "weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht." Man muss es nicht übertreiben, aber Führen heißt, eine Beziehung zu den Leuten zu haben. Zum zweiten muss von Anfang an der Sinn klar sein: Warum ist es wichtig, dass du so deine Leistung bringst? Welchen Sinn spielst du im Gesamten gesehen? Und drittens muss mich der Mitarbeiter ganz einfach spüren. Er muss wissen, da ist jemand, der ihn wahrnimmt, der ihm Feedback gibt. Der große Frust entsteht dadurch, dass die Leute den Eindruck haben, sie werden ignoriert. Keiner sieht, was sie tun. Wertgeschätzt, sprich gespürt zu werden, ist 80% der Motivation, wenn Gehalt und Rahmenbedingungen halbwegs passen.

Jetzt leben wir in einer Gesellschaft, wo Karrieredenken stark gefördert wird. Wie halte ich die Leute da, wo sie gut sind?

Schon beim Einstellungsgespräch ist die Frage wichtig: "Wo glauben Sie, stehen Sie in zehn Jahren?" Ich habe durchaus nicht die Erfahrung gemacht, dass alle karrieregeil sind. Das glaube ich nicht. Es ist einfach chic, es so zu sagen, weil man glaubt, dass es von einem erwartet wird. Ich würde sagen, ein Drittel ist wirklich karrieregeil, ein Drittel ist so lala, ein Drittel ist das überhaupt nicht. Die wollen das, was sie machen, am liebsten ewig - vielleicht in interessanten Varianten - so weitermachen. Ich sollte aber als Führungskraft sehr kreativ darüber nachdenken, was genau meint er denn mit Weiterentwicklung? Was genau fehlt ihm jetzt? Was genau sucht er, was er hier nicht findet? Das ist ja keineswegs immer ganz klar.

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