Wachstumsschübe fordern heraus!

Rasantes Wachstum stellt Organisationseinheiten täglich vor neue Herausforderungen. So kämpfte in der Aufbauphase auch der Servicebereich von Max Mobil (mittlerweile t-mobile) mit den Schattenseiten des raschen Kunden- und Unternehmensaufbaus, erarbeitete dann aber Schritt um Schritt einen Maßnahmenkatalog, dessen erfolgreiche Umsetzung sich bereits an den Ergebnissen der neuesten Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheitsmessungen ablesen läßt.

Zu Beginn des Jahres 1999 wäre ein Interviewtermin mit Michael Krammer, seit Sommer 98 neuer Bereichsleiter von max.service (heute Geschäftsführer von tele.ring), nur schwer zustande gekommen. Galt es doch zu dieser Zeit, die gerade entschiedenen Maßnahmen zur Neuordnung des Bereichs schnell auf den Weg zu bringen. Diese Maßnahmen fußten auf einer Analyse, die auf zahllosen Einzelgesprächen, Führungskräftemeetings und einer zu diesem Zweck durchgeführten Mitarbeiterbefragung basierte.

Was ist eigentlich los?

Wichtige Erkenntnisse dieser Analyse waren u.a.:

Rasantes Mitarbeiterwachstum

Als Max Mobil 1996 im Markt startete, hielt man unternehmensweit bei rund 100 Mitarbeitern. Im Sommer 98 gab es allein im Servicebereich mit sechs operativen Abteilungen bereits 220 Mitarbeiter, heute sind es bereits über 600. Dementsprechend aufwendig und zeitintensiv war die Integration der neuen Mitarbeiter, noch verschärft durch eine damals sehr hohe Fluktuation.

Junge Mannschaft

die Mannschaft war ambitioniert und sehr jung (Durchschnittsalter 23 Jahre) und mit einer ungeheuren Informationsflut konfrontiert, die es zu verarbeiten galt, um in Bezug auf Kundenanfragen ständig up-to-date zu sein. Es gab unklare Teamstrukturen (geringe Aufgabendifferenzierung) und so gut wie keine Entwicklungsperspektiven für die Call-Center-Mitarbeiter, die den größten Teil der Servicemitarbeiter stellen.
wenig Führungs-Know-how: die ebenfalls sehr jungen Teamleiter hatten eine relativ große Führungsspannen mit bis zu 18 Mitarbeitern, waren fachlich fundiert, hatten aber wenig Führungserfahrung und geringe Führungsausbildung.

Wo ansetzen?

Auf Basis der Analyse kam es seit Anfang 99 zu einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die ineinandergreifen und sich wechselweise verstärken:

     

  • Durch die Differenzierung der Teamstrukturen im Call-Center gibt es nun klar definierte Rollen, beginnend beim Trainee über Consultants, Seniorconsultants, die sich auf vier Fachbereiche spezialisieren, sowie schließlich Profi Consultants. Parallel dazu wurde ein spezielles Personalentwicklungskonzept erstellt, um die Mitarbeiter bei diesen Schritten durch Fortbildungsmaßnahmen adäquat zu unterstützen. 2-3 Jahre nach dem Einstieg gibt es dann die Möglichkeit, sich je nach Interesse in Richtung andere Fachabteilung oder in Richtung Führung weiterzuentwickeln.
  • Parallel zu den neuen Teamstrukturen wurde eine neue Telefonanlage mit skill based routing installiert, durch die der Computer nun, je nach Thema der Kundenanfrage, sofort an die richtige Ansprechperson weiterleitet.
  • Es kam zur Einführung leistungsbezogener Gehaltsbestandteile bereits auf Mitarbeiterebene, in die – je nach Position – Kennzahlen wie Produktivität des Teams, Fluktuation im Team etc. einfließen. Damit einher ging eine sukzessive Delegation von Entscheidungsbefugnissen nach unten.


Erlebnisorientiertes Lernen

Für die rund 50 Teamleiter des Servicebereichs entstand ein eigenes, mehrstufiges Curriculum zu den Schwerpunkten Teamentwicklung und Führungsverhalten, das öffentlich ausgeschrieben und dann mit der Firma EOC zwischen Frühjahr und Herbst 99 erstmals durchgeführt wurde.

Nach einer eintägigen Startveranstaltung mit der gesamten Führungsmannschaft (Team-, Abteilungs- und Bereichsleiter), bei der die Grundkonzeption des Programms vorgestellt und die Erwartungen der Führungskräfte noch einmal detailliert besprochen wurden, erfolgte die Detailplanung durch interne Personalentwicklung und externe Trainer. Den ersten Baustein bildete dann ein dreitägiges erlebnisorientiertes Teamtraining mit Outdoor-Elementen, an dem auch Abteilungs- und Bereichsleiter teilnahmen. Eines der unmittelbaren Ergebnisse dieses Trainings war die Etablierung monatlicher Teamleitersitzungen, um die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern und Schnittstellenprobleme künftig wenn möglich gleich untereinander zu regeln.

Nach diesen Teamtrainings folgte wieder eine halbtägige Großgruppenveranstaltung im Sinn von Auswertung und Rückblick sowie Ausblick auf das nun anstehende Führungstraining, das sich als ziemlich herausfordernd erweisen sollte. Fanden sich die Teilnehmer bei ihrer Ankunft am Seminarort doch vor die Aufgabe gestellt, drei Tage in einer Selbstversorgerhütte zu verbringen, in der sie sich nicht nur selbst organisieren, sondern auch diverse von den Trainern gestellte Aufgaben mit immer wieder wechselnden Führungsverantwortungen zu erfüllen hatten. Jeweils gefolgt von Reflexionsrunden, um die eben gemachten Erfahrungen, einmal aus Sicht der gerade „Führenden“, einmal aus Sicht der „Geführten“ auszuwerten.

Nach einer weiteren halbtägigen Großveranstaltung folgte dann als Abschlußtag mit der gesamten Führungsmannschaft ein weiteres „Outdoor-Erlebnis“ mit Kanus in den Donauauen.

Und die Auswirkungen?

Was hat sich aufgrund dieser Schulungen nun verändert? Eine erste, unmittelbare Konsequenz dieser Ausbildung war die Einführung vierteljährlicher „Teamchats“, beginnend zwischen Bereichsleiter und Abteilungsleitern und dann kaskadenförmig nach unten fortgesetzt. In diesen moderierten Gesprächen wurde jeweils zwischen Vorgesetztem und seinen Mitarbeitern anhand vordefinierter Kriterien die aktuelle Teamsituation mit Problemfeldern sowie mögliche Lösungen und Maßnahmen diskutiert. Durchaus eine Herausforderung für die Führungskräfte, wurde doch auch ihr eigenes Führungsverhalten einer kritischen Beurteilung durch die Mitarbeiter unterzogen, indem diese fleißig Klebepunkte verteilten, nachdem der Vorgesetzte kurzzeitig den Raum verlassen hatte, um dann mit dem nicht immer dem Selbstbild entsprechenden Ergebnis konfrontiert zu werden.

Die Auswirkungen dieser Arbeit an den „soft facts“ zeigen bereits heute, ein knappes halbes Jahr nach Abschluß der Führungsworkshops, eine ganze Reihe „harter“ und meßbarer Wirkungen: die neueste Mitarbeiterbefragung zeigt signifikant höhere Zustimmungswerte, die Fluktuationsrate sank in einzelnen Teams um über 60%, die Krankenstandsrate befindet sich ebenfalls im Sinkflug, die Produktivität der Teams nahm nicht zuletzt durch den stark verminderten Aufwand bei der Einschulung neuer Mitarbeiter und die klarere Aufgabenverteilung deutlich zu.

Die ehemals unbefriedigenden Werte bei der Kundenzufriedenheit haben sich auf der 5-teiligen Schulnotenskala konstant bei einem höchst respektablen Wert zwischen 1 und 1,5 eingependelt. Dieser Erfolg blieb, wenig verwunderlich, im Unternehmen nicht unbemerkt. Inzwischen haben zwei andere Bereiche bereits mit einem ähnlichen Programm begonnen, ein weiterer Bereich zieht dies gerade in Erwägung.

05.2000

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