Personalarbeit: Wert- oder Kostentreiber?

In Zeiten der Kurzfristigkeit ändern sich auch die Anforderungen an die Personalarbeit. Man kann es beklagen oder sich darauf einstellen.

Personalarbeit ist eine langfristige Angelegenheit. Das betonen Personalisten bei jeder Gelegenheit und damit haben sich auch recht. Aber ähnlich den guten Managern, die es schaffen, über kurzfristig notwendige Maßnahmen und langfristige Perspektive nicht in Entweder-Oder- sondern in Sowohl-als-Auch-Kategorien zu denken, müssen sich auch Personaler und Personalentwickler Gedanken darüber machen, welchen Nutzen sie in schnelllebigen Zeiten für das Unternehmen stiften können.

Dass Bildungsbudgets reduziert werden, kann man natürlich der Gleichgültigkeit des Managements anlasten. Genauso gut lässt sich aber auch beobachten, dass Manager gerade in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten Geld in die Hand nehmen, um Qualifizierungs-, Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen zu finanzieren, wenn ihnen der Nutzen fürs Unternehmen einleuchtet. Gerade auch in „wertorientierten“ Unternehmen.

Kein Wertorientierung ohne Mitarbeiterorientierung

Wenn etwa der Finanzvorstand der Generali Vienna Group, Walter Steidl, über die Etablierung Wertorientierter Unternehmensführung im Konzern meint, „Der Schritt vom Umsatzwachstums-Denken zur Wertorientierten Unternehmensführung  ist ein radikaler Paradigmenwechsel. Value Based Management heißt für das Unternehmen, sich auf eine Reise zu begeben. Das ist ein elementarer Change-Prozess, der viel schwieriger ist als man glaubt. Bis das gelebt wird, dauert das. Zum Beispiel ist es eng verbunden mit der Frage der Verantwortung. Wenn Sie wertorientiert führen wollen, dann kommen Sie um klare, ungeteilte Verantwortung nicht herum. Genauso wesentlich ist, die Entlohnungssysteme darauf abzustimmen und die Mitarbeiter zu qualifizieren, damit sie die geforderte Wertorientierung in ihrer konkreten Arbeit auch umsetzen können.“, dann liest sich das wie eine Aufgabenliste ans fürs Personalmanagement, dies es in sich hat.

Zum Beispiel:

     

  • Die Einführung von Value Based Management (kurz VBM)  beinhaltet möglicherweise – so wie bei der Generali geschehen - die Konzeption und Durchführung einer Seminarreihe für Vorstand und 1. Führungsebene, in der sich die Top-Manager intensiv mit der Grundidee das Value Based Managements und den Implikationen auf Strukturen und Prozesse auseinandersetzten (von wegen Topmanager setzen sich in keine Seminare). Ein klassisches Qualifizierungsthema, das geradezu danach schreit, in jeweils angemessener Form auch auf die nachgelagerten Ebenen ausgedehnt zu werden, um die Mitarbeiter mit den zugrundliegenden Prinzipien und Arbeitsweisen vertraut zu machen, den dahinterliegenden Sinn zu verstehen und so überhaupt erst die Chance zu schaffen, dass sich dieses Denken breitflächig durchsetzt.
  • Damit eng verbunden ist die wichtige Frage, welche Kompetenzen diese Manager brauchen, um – abgesehen von dem nötigen fachlichen Know-How - in dieser schnelllebigen Zeit und unter diesen Rahmenbedingungen ihren Job professionell ausfüllen zu können. Vielleicht heißt strategische Orientierung aus Personalsicht jetzt, sich zu überlegen: Wie gewinne ich Leute dafür, sich schnell auf neue Bedingungen einlassen zu können, statt dass sie überlegen wie sie Zukunft planbar machen? Diese Neudefinition von Kernkompetenzen hat wiederum weitreichende Auswirkungen auf die verschiedensten PE-Instrumente, da diese auf die definierten Kernkompetenzen abgestimmt und ausgerichtet werden müssen.
  • Wertbeiträge von Subsystemen zu definieren, macht nur Sinn, wenn auch die Entscheidungsverantwortung für Wertschöpfung und Wertvernichtung klar zurechenbar ist. Was aber, wenn ein Geschäft bislang von drei Abteilungen betrieben wird? Die für VBM erfolgsentscheidende, klar zurechenbare Verantwortung führt daher oft zu einer Neuorganisation der derzeitigen Strukturen und Prozesse  Ein Organisationsentwicklungsthema aller erster Güte.
  • Ebenso ein klassisches HR-Thema ist die Abstimmung der Lohn- und Gehaltsmodelle auf den verfolgten Steuerungsansatz: Unterstützen sie ihn, behindern sie ihn? Welche Modelle werden den Anforderungen besser gerecht? Wie könnte man das implementieren?
  • Die Standardfrage des VBM „Welche Aktivitäten sind Werttreiber (schaffen Wert fürs Unternehmen), welche sind Kostentreiber?“ betrifft nicht nur den Rest der Organisation, es bringt auch eine neue Perspektive für die Personalarbeit. Was könnte so ein Werttreiber sein? Herr Steidl: „Ein Wertreiber in der PE ist beispielsweise die Besetzungskapazität bei unseren Nachwuchsführungskräften. Man wird schauen: Wie viele Vorstände, wie viele Bereichsleiter haben wir bisher intern besetzen können? Wenn alle von außen kommen würden, wäre die Personalentwicklung bei dieser Aufgabe bisher ein Kostentreiber, kein Werttreiber. Oder man schaut, wie steht es um die Qualität unserer Führungskräfte? Das könnte sich wiederum darin ausdrücken, wie gut die bei der Definition und Erreichung der Werttreiber in ihrem jeweiligen Bereich sind. Haben sie das nötige Know-How, haben sie die erforderlichen Führungskompetenzen usw. Was sind da die Beiträge der Personalentwicklung?“

 

Veränderung im Unternehmen zu unterstützen, heißt immer auch, sich selbst mitzuverändern. Ist das nicht genau das, was Personaler immer den Führungskräften zu erklären versuchen? Derzeit gibt es jede Menge Gelegenheiten, das auch an sich selbst auszuprobieren. Wie überall, gibt es auch hier schon Vorreiter.

Autor: Peter Wagner, 08.2003

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