Eine spitze(n) Focussierung

Die Ebit GmbH in Linz brachte es innerhalb von drei Jahren zum führenden Unternehmen in einem neuen Marktsegment.

Kleine und mittelgroße Software-Schmieden gibt es in Österreich wie Sand am Meer. Dazu kommen die großen, internationalen Konzerne, die den Markt für Unternehmenssoftware mit ihren Standardsoftware-Angeboten dominieren. Wie kann man da als kleines, junges Unternehmen seinen Platz finden und den dann auch erfolgreich verteidigen?

Ein möglicher Weg, den  Ebit beschritt, ist Spezialisierung und Focussierung auf ein kleines, genau abgegrenztes Marktsegment – in diesem Fall eigentlich zwei – für das dann aufgrund des speziellen Know-hows eine Lösung entwickelt wird, der selbst große Konzerne nicht viel entgegenstellen können. Wie ging das nun im Einzelnen vor sich?

Differenzierung muss man sich erarbeiten

Der Beginn der Firma Ebit verlief ganz unspektakulär. Der Eigentümer und Geschäftsführer, Johannes Siller, hatte sich nach einigen Jahren in einem Softwarehaus in Salzburg dazu entschieden, in Linz Wirtschaftsinformatik mit Spezialisierung auf Organisationsentwicklung und Geschäftsprozessoptimierung zu studieren und neben dem Studium weiterhin diverse EDV-Projekte zu übernehmen. Auf einer Veranstaltung traf er dann eines Tages zufällig einen alten Uni-Kollegen, damalig Geschäftsführer des in Linz ansässigen Call-Center-Betreibers CLC, der gerade auf der Suche nach einem neuen IT-Dienstleister war, und man kam ins Geschäft.

Während es bei CLC zu Beginn vor allem darum ging, kleinere Projekte durchzuführen, hatte Siller bereits ein längeres Entwicklungsprojekt mit dem World Widelife Fund, WWF, gestartet, einer großen Non-Profit-Organisation, die als eine durch Spenden finanzierte Organisation auf langjährige Erfahrungen im Direktmarketing zurückgreifen konnte. Lange bevor das Wort CRM, Customer Relationship Management zum neuen Modebegriff geworden war, verfügten Spendenorganisationen wie der WWF über Expertenwissen in Bezug auf komplexe Direktmarketingaktivitäten. Mit dem WWF bei den Spendenorganisationen und der CLC bei den Callcenterbetreibern konnte Ebit  bereits von Beginn weg auf große Player in den beiden Branchen bauen.

Was können die anderen nicht?

Auf den ersten Blick haben die beiden Branchen nicht viel gemein, auf den zweiten aber schon. Wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Beide bewegen sich im B2C-Bereich (im Business to Consumer-Bereich), haben es also mit einer großen Zahl von Kunden zu tun. Beide benötigen eine Datenbasis von höchstmöglicher Qualität. Beide benötigen eine direkte Koppelung der Daten mit den Medien Telefon, E-Mail und Internet. Bislang gab es am Markt einerseits Anbieter von Callcenter-Lösungen, andererseits Anbieter von Customer-Relationship-Management-Lösungen (CRM). Keiner aber konnte eine integrierte Lösung mit den Vorteilen beider Welten bieten. Genau darauf konzentrierte sich Ebit, destillierte aus den Entwicklungsprojekten die entscheidenden Kernelemente heraus, machte daraus Kernmodule und stellte diese zu zwei neuen Branchen-Standardlösungen zusammen, die am Markt komplett getrennt auftreten: Die Marke „AGILIA“ für Call-Center-Anbieter und die Marke „SICON“ für Fundraiser. Um sich von den Anbietern in den beiden Bereichen kräftig abzuheben, erfand man auch gleich eine neue Kategorie: webbasierte Customer Care-Software.

Eine Software, die mehr kann als andere, ist aber nur die halbe Miete. Es gab noch zwei weitere Vorteile: Zum einen war die Software aus dem Hause Ebit zwar hochkomplex in der Programmierung, dafür ist sie äußerst anwenderfreundlich in der Benutzung. Das bedeutete für die Kunden wenig Zeitaufwand und geringe Kosten bei der Einschulung und keinen Widerstand bei den Mitarbeitern, da diese das System sofort akzeptierten. Wahrlich keine Selbstverständlichkeit. Und – das System war aufgrund der neuen webbasierten Technologie in der Wartung viel günstiger als Konkurrenzprodukte.

Die nächste Generation

Ein Mitgrund für die ersten Entwicklungsaufträge war Sillers Entscheidung, von Beginn weg auf eine technologische Neuerung zu setzen: die webbasierte Programmierung. Während größere Unternehmen noch vor 15 Jahren sogenannte Host-Systeme mit einem zentralen Server und Terminals bei den Mitarbeitern genutzt hatten, waren in den 90er-Jahren mit den PCs die Client-Server-Systeme in Mode gekommen, wodurch viele Funktionalitäten, d.h. Anwendungsprogramme wie Word, Excel usw. auf den PC des Mitarbeiters wanderten. Das aber bedeutete auch einen höheren Aufwand für die EDV-Abteilungen. Programme mussten immer wieder auf den lokalen PCs neu installiert bzw. gewartet werden, es gab die Gefahr von Viren und von Datenverlust. Webbasierte Systeme, so Siller, vereinen die Vorteile beider Welten. Die Daten liegen wieder auf einem zentralen Server, am PC-Arbeitsplatz wird nur mehr ein Browser installiert und der Benutzer hat Zugriff auf alle Programme und Daten. Die Betreiberkosten, the total cost of ownership, sinken dadurch beträchtlich.

Während viele Konkurrenten erst einmal ihre eigenen Systeme umrüsten mussten (viele zögern bis heute), konnte Ebit bereits mit dieser neuen Technologie starten und sich so auch in diesem Bereich einen Know-how-Vorsprung aufbauen. Die Kunden scheint es jedenfalls zu überzeugen. Jedenfalls greifen inzwischen auch Branchengrößen wie die Mobilkom bei ihrem Callcenter oder der Arbeitersamariterbund beim Fundraising auf Software von Ebit zurück, wodurch sich der Umsatz von 400.000,- Euro im Gründungsjahr 2000 auf bereits 1,7 Mio. Euro im Jahr 2002 erhöht hat. Und potenzielle Neukunden gibt es noch jede Menge. Zumal die Konkurrenz da aktiv mithilft: „Viele geben im Internet auch Referenzen an. Da ich die Schwachpunkte der anderen Anbieter kenne, kann ich diese Firmen dann natürlich gezielt ansprechen“, so Siller. Dabei dürfte er ziemlich überzeugend sein.

Autor: Peter Wagner, 06.2003

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