Differenzierung im Trainer- und Beratermarkt

Markttransparenz und Unterscheidbarkeit der Anbieter sind nicht gerade jene Charakteristika, die einem zum Bildungs- und Beratungsmarkt zuerst einfallen. Die aktuelle Wirtschaftsflaute erhöht den Druck, das eigene Profil zu schärfen, zusätzlich.

Rasante Zellteilung

Das „Gesetz der Teilung“ (Jack Trout) beschreibt das Phänomen, dass man am Markt ein sich ständig ausbreitendes Mehr an Produktkategorien beobachten kann. Ihren Anfang hat eine Kategorie immer in einem Produkt, z.B. dem Computer. Mit der Zeit teilt sich die Kategorie in verschiedene Segmente - in Großrechner, PC, Workstations, Laptops, Notebooks etc.

Auf den Weiterbildungsbereich übertragen: Am Beginn standen Mitarbeiterschulungen, dann kam die Teilung in Fachseminare und Persönlichkeitsentwicklung, in hard skills und soft skills. Dann folgte die zunehmende Aufsplitterung nach Themen (im Bereich soft skills etwa: Kommunikation, Team, Konflikt, Führung, Präsentation...) und die Unterteilung in Einzelseminare, modulartig zusammengestellte Seminarreihen und Curricula. Ähnlich der Prozess in der Beraterbranche: Am Beginn stand die Unternehmensberatung, dann kam die Teilung in Experten- und in Prozessberatung, die Segmentierung nach Themen wie Strategie, Marketing, Vertrieb, Controlling und in Felder wie Organisationsentwicklung, Personalentwicklung, Coaching (Einzelberatung).

Die Folge dieses „Gesetzes der Teilung“  ist eine Explosion der Auswahlmöglichkeiten für die Kunden. Mit der wachsenden Unübersichtlichkeit steigt auch die Anforderung an die Anbieter, sich von der immer dichter werdenden Konkurrenz abzuheben, um im Gedächtnis der Kunden einen Platz zu besetzen.

Wie kann man sich nun in der Trainer- und Beraterbranche gegenüber der Konkurrenz differenzieren? Unter anderem durch:

Marktführerschaft

Der Größte, der Marktführer zu sein, hebt einen Anbieter deutlich von anderen ab. Ein gewisses Problem bei diesem Differenzierungsmerkmal ist, dass in der Bildungs- und Beratungsbranche kaum verlässliche Zahlen, sondern allenfalls Schätzungen vorliegen. Behelfen kann man sich als Anbieter in diesem Fall mit dem Verweis auf Rankings von Verbänden, Studien oder Fachzeitschriften, meist basierend auf Eigenangaben der befragten Unternehmen. Bekanntes Beispiel dafür ist die Liste der weltweit größten Anbieter im Bereich Strategieberatung mit McKinsey an der Spitze.

Auch wenn solche Rankings von der Konkurrenz leichter als in anderen Branchen attackiert werden können - „wer weiß, ob die Eigenangaben stimmen, was da alles hineingerechnet wird?“ - entscheidend ist, wer als erster in den Augen der Kunden den obersten Podestplatz einnehmen kann. Zudem lässt sich Marktführerschaft vielfältig einsetzen: Wenn hinter großen österreichischen Mitspielern wie den Wifis, dem BFI oder auch dem ÖPWZ  die Wirtschafts- und Sozialpartner stehen, eröffnet das die Möglichkeit für einen Konkurrenten, sich als den größten „privaten“ Weiterbildungsanbieter in Österreich zu präsentieren. Ebenso gibt es die Möglichkeit, die Marktführerschaft in bestimmten Segmenten zu beanspruchen: Firma X,Y –der Marktführer in Österreich im Bereich „firmeninterner MS-Office-Schulungen“, „der Moderatorenausbildung“, „von Outdoor-Trainings im Bereich Teamentwicklung“ usw. (nach Umsatz oder nach Teilnehmern).

Spezialisierung

Bei einem Anbietermarkt, der gekennzeichnet ist von Kleinst- und Kleinanbietern, ist es naheliegend, sich als Spezialist, als Experte zu positionieren. Besser noch als „führender Experte“. Ein Name – ein Thema. Oder: Ein Name – eine Problemstellung, z.B. Firma X, der Spezialist für „die Einführung variabler Entgeltsysteme“, .“flexible Arbeitszeitmodelle“, „effizientere Meetings“, Führungskräfteentwicklung“, „Einführung von Mentoringprogrammen“. Oder: Ein Name – ein Thema plus eine bestimmte Zielgruppe: Firma X – Marketingkonzepte für Klein- und Mittelbetriebe. Oder:  Ein Name – ein Thema plus eine Branche: Firma X – Verkaufsleiterschulungen für Finanzdienstleister.

Bevorzugung

Menschen kaufen, was andere kaufen. Und sie orientieren sich an Experten, da sie diesen besondere Kenntnisse, Erfahrung und damit auch ein höheres Urteilsvermögen zubilligen. Ein Motto wie „die Zahnpasta, die die meisten Ärzte verwenden“ lässt sich auch auf die Bildungsbranche umlegen: Firma X – „das bevorzugte Ausbildungsinstitut von Österreichs besten Controllern“. „Potenzialanalyseinstrument Y – erfahrene Personalisten schwören darauf“, Firma Z – wo heimische Top-Manager wie ..... ihr Geschäft gelernt haben“.

Kundenanforderung, keine Positionierung

Ein bestimmtes Training in acht mitteleuropäischen Ländern mit den gleichen Inhalten und in gleicher Qualität, aber jeweils in Landessprache durchführen zu können, grenzt zwar die Zahl der möglichen Lieferanten bereits beträchtlich ein (auf international aufgestellte Anbieter), ist aber an sich noch keine Positionierung, sondern erst der Ausgangspunkt dazu, indem man sich für dieses spezielle Marktsegment fragen muss: Wer sind hier meine Konkurrenten, wofür stehen sie (laut Kunden), wofür nicht, wo können wir uns von ihnen deutlich abheben, haben wir irgendwo eine Alleinstellung, lässt sich das längerfristig verteidigen, welchen Platz wollen wir daher im Gedächtnis des Kunden besetzen?

Und als letzter Hinweis: Bei der Erarbeitung der zentralen, differenzierenden Idee (und zwar nicht im luftleeren Raum, sondern immer gegenüber den relevanten Wettbewerbern, die es erst einmal zu definieren und zu analysieren gilt!) geht es nicht um die Entwicklung irgend eines kreativen Slogans, es geht um einen tatsächlich vorhandenen, markanten Unterschied, den es dann auch konsequent herauszustreichen gilt. Soll heißen: Die jeweilige Positionierung muss auch beweisbar sein!

Autor: Peter Wagner, 06.2003

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